Freitag, 28. Jänner, bis Sonntag, 30. Jänner 1983
Bei der Staatswappenverleihung für den kommunistischen Zeitungs- und
Druckverlag Globus hatte ich vorerst Gelegenheit die Druckerei zu be-
sichtigen. Die Rotationsmaschine ist uralt, darauf wurde, wie mir der
Geschäftsführer sagte, schon eine Nazi-Zeitung gedruckt. Die Offsetanla-
ge aber ist mit modernen Zwei-, Vier-, Sechsfarbenplanetamaschinen
ausgestattet. Zur feierlichen Übergabe in dem großen Saal, in keiner
Druckerei habe ich einen so großen Versammlungsraum je gesehen, waren
auch Vertreter der Innung, selbstverständlich der Gewerkschaft erschienen.
Die Pensionisten wurden zu diesem feierlichen Akt auch eingeladen. Dies
war auch notwendig, denn ansonsten wäre dieser Riesensaal gar nicht
zu füllen gewesen. Als man am Höchstädtplatz die neue Druckerei baute,
hat man eben schon daran gedacht, daß man für die kommunistische Partei
ein so großes Versammlungslokal auch brauchen wird. Ein Pensionist meinte
zu mir, die Ungerechtigkeit gegenüber dem Globusverlag besteht darin, daß
sie z.B. keinerlei Druckaufträge von Staat, AK, ÖGB usw. bekommen. Insbe-
sondere wurde bekrittelt, daß sie noch kein einziges Schulbuch haben
drucken können. Auch der Vorsitzende des Aufsichtsrates und gleichzeitig
auch Vorsitzender der KPÖ, Muhri, hat bei seiner Dankansprache dann auf
diese Ungerechtigkeit verwiesen. Ich habe beiden versprochen darüber mit
Unterrichtsminister Sinowatz zu reden.
Sinowatz war zu meiner freudigen Überraschung auch bei der von Kreisky
eingeladenen Runde der Wissenschaftler und Wirtschafter. Ich habe ihm
den Wunsch von Globus sofort vorgetragen, Sinowatz klärte mich darüber
auf, daß nicht das Unterrichtsministerium die Schulbuchdruckaufträge ver-
gibt, sondern ausschließlich die Verlage. Sinowatz ist aber einverstanden,
wenn ich Globus darauf aufmerksam mache, wenn trotzdem jemand zu ihm
kommen will, ist er damit einverstanden.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Muhri verbinden.
Kreisky hatte zu dieser wirtschaftspolitischen Aussprache diesmal nicht
nur allein Univ.-Professoren und Wirtschaftsforschungsleute, sondern
von der Zeitschrift Profil den Chefredakteur Lingens, von Finanznach-
richten Chefredakteur Horst Knapp und von der Kronen-Zeitung Wirtschafts-
redakteur Wailand eingeladen, auch eine ganze Reihe von neuen Professoren,
aus Klagenfurt den Philosophen Heintel, aus Wien den Finanzwissenschaftler
Winkler und auch vom Planseewerk den Dir. Bildstein. Auch die EVA war
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durch Kaniak vertreten, die Z durch Vak, die anderen üblichen Vertreter
des WIFOs Schulmeister, Walterskirchen.
Von der mir bekannten sozialistischen Seite, vielleicht waren auch an-
dere Professoren, zumindestens Sympathisanten, von der Uni Frisch, NR
Nowotny, Matzner.
Levcik und Busek, der den schwächsten Eindruck bei mir hinterließ.
Von der Regierungsseite waren neben Sinowatz, der allerdings nur den
ersten Tag dabei war, Lausecker und ich, am zweiten Tag dann Dallinger,
der als Hausherr auch den Bundeskanzler besonders begrüßte. Staatsse-
kretär Seidel vertrat das Finanzministerium. Salcher war sicherlich
irgendwo unabkömmlich. Einige sagten mir allerdings, daß es für sie un-
verständlich ist, daß Salcher bei dieser so wichtigen Aussprache nicht
dabei ist. Die AK, Wehsely und Chaloupek, ÖGB, Schmidt, Heinz Kienzl und,
wenn man so will, auch als Nationalbank-GD daneben dann noch Tommy Lachs.
Wenn ich eine neue und andere Gruppierung machten sollte, so müßte ich
sagen, daß, als die beiden Optimisten vom Dienst, Hofrat Kausel, Statisti-
sches Zentralamt, und auch ich dort das Wort ergriffen haben, tnteressan-
terweise hat dann auch in der Zusammenfassung Kreisky sich sozusagen als
dritter im Bunde diesem Optimismus angeschlossen .
Einleitend stellte Kreisky fest, daß die österreichische wissenschaft-
liche Ausbildung schon zu seiner Zeit sehr mangelhaft war, auf der Uni
Spann, Mayer, Degenfeld waren seine schlechten Ökonomielehrer. Erst als
er nach Schweden emigrierte, hat er dort mit der modernen Nationalökono-
mie Kontakt bekommen. Diese wurde dann auch von der sozialistischen
schwedischen Regierung übernommen. Die Österreicher haben ein ähnliches
intellektuelles Potential, das diesen ebenbürtig ist. Indirekt konnte man
daraus hören, daß Kreisky eben die Versammelten als eine solche Brain-
Trust-Gruppe für die österreichische Regierung wünscht und als heutiges
Thema notwendig wäre die Dämme gegen die Krise wissenschaftlich sozusa-
gen zu untermauern. Er erwähnte auch Ostleitner, der übrigens Ostleiter
auch eingeladen war, für Klub oder sein Berater ist in dem Falle egal,
der bei einer internationalen sozialistischen Konferenz erklärt hat,
Austrokeynesianismus gäbe es jetzt, wobei sich allerdings dieser zu Keynes
so verhält wie seinerzeit der Austromarxismus zu Marx. Er hat jetzt in
Frankreich durchgesetzt, daß die Sozialistische Internationale Alterna-
tiven zu der konservativen Politik, d.h. eigentlich zu der Nichtpolitik,
wie sie derzeit international existiert, aufstellt. Nach Beschluß der
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Internationale würden dann die Länder in der OECD im Internationalen
Währungsfonds, in der EG usw. sozusagen diese Grundlinien und, wie er
hofft, sehr konkreten Vorschläge vertreten. Aufgabe dieser Politik würde
es dann sein, die Krise, die eine andere ist als die der 30-er Jahre und
die man mit einem Rüstungsaufschwung hat bekämpfen können, jetzt eben
auf den internationalen Geldmärkten, auf den Währungsgebieten für die
unterentwickelten Länder usw. eben als politische Maßnahme bekämpfen
muß. Er fordert die Diskutanten gleich auf ihre Programme resp. Vor-
schläge zu erstatten.
Schulmeister vom WIFO meinte nach einigen Wortmeldungen, wichtig sei
die Abkoppelungsstrategie der Weltwirtschaft, Aufträge an die österrei-
chische Industrie durch Exportmöglichkeiten, der wichtige monetäre, finan-
zielle Sektor müsse jetzt in Angriff genommen werden und die soziale
Innovation für jugendliche Arbeitslose usw. müßte verstärkt werden. Die
einzige Lösung sieht er in der Arbeitszeitverkürzung. Überhaupt war
bei vielen Diskutanten die Frage der Arbeitszeitverkürzung eine Primär-
lösung. Nur Kienzl sprach sich besonders gegen die Arbeitszeitverkürzung
aus wirtschaftlichen Gründen aus.
Der Wirtschaftsredakteur Wailand wieder meinte, die Bürokratie sei zu
groß, arbeitet zu lange, um Entscheidungen herbeizuführen und habe eigent-
lich abgewirtschaftet. Die Förderungen, die es heute gibt, gehören durchfor-
stet, der ERP-Fonds sollte erhöht werden, etwas, was Kreisky auch von der
Nationalbank immer wieder verlangt. Tommy Lachs versuchte ihm zu erklären,
da da er ja gleichzeitig in der OeNB und in der ERP-Kommission sitzt,
daß dies gar nicht die wichtigste Frage ist. Die Althausaktion mit der
Milliarde S wurde zu lange diskutiert und ist noch immer nicht angelaufen.
Die Technologieverbesserung aus dem Inland, aber auch aus dem Ausland
müßte durch eine Bündelung bei der ÖIAG oder bei privaten Wirtschaftern
verstärkt werden. Die Infrastruktur müßte sinnvoller ebenfalls gebündelt
werden, er könne sich z.B. für die ÖBB wesentlich größere Projekte noch
vorstellen. Zwischen der Privatwirtschaft und der verstaatlichten Wirt-
schaft müsse die Risikoteilung genau besprochen werden, letzten Endes
vor allem aber kombiniert und verstärkt vorgegangen werden.
Chefredakteur Lingens wieder meinte, jetzt redet man sich auf die Öl-
schockkrise aus, die nicht allein schuld sei, daß es derzeit so schlecht
ist, die 73-er- aber auch die 78-er-Ölschockfrage müsse man zwar be-
rücksichtigen, aber sei nicht der alleinige Grund der jetzigen Wirtschafts-
rezession. Auch die Monetarismuskrise, von der jetzt wieder gesprochen
wird, sei nicht die alleinige schuldige Frage. Die derzeitige Produktion
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sei zweimal so groß als in den 60-er Jahren, damals hätte bei einer
wesentlich geringeren Produktion und Produktivität niemand von einer
Krise gesprochen. Es gäbe diese auch nicht. Das einzige Krisensymptom
ist eben weltweit die Arbeitslosigkeit. Der Überhang des Angebotes hat
sich durch die Industrialisierung ergeben, das Angebot könnte nur re-
duziert werden, indem man entweder keinen Produktivitätsfortschritt mehr
hat und den bis jetzigen sozusagen vergißt oder daß man eben eine
Arbeitszeitverkürzung durchführt, die kosten- und konsumentenneutral
durchgeführt werden muß. Seiner Meinung nach müßte man die Kaufkraft
erhalten; wie die Kosten aber nicht steigen sollten, hat er im Detail
aber nicht angeführt. Er plädiert aber immer wieder, eine radikale Ar-
beitszeitverkürzung sei die einzige Lösung.
Eine riesenlange Diskussion gab es über die internationale monetäre
und fiskale Situation. Die freie Wechselkursbildung, sozusagen die
Abschaffung von Bretton Woods, wurde allgemein als Fehler betrachtet.
Kienzl verwies allerdings mit Recht darauf, daß die OeNB durch die Anbin-
dung des Schillings an die DM niederländischen Gulden und vor allem an die
skandinavischen Währungen sowie des sfr 60 % unseres Außenhandels eigent-
lich mit festen Währungen rechnen kann. Heintel, der Philosoph von der
Uni Klagenfurt, meinte, es gäbe jetzt eine Fundamentalkrise, die system-
theoretisch zu erklären sei. Er verlangt die Individualisierung der
Produktion, in der Vergangenheit gab es über die Massenproduktion, überall
in der Arbeitsorganisation dominieren die ökonomischen Gesichtspunkte,
seine Forderung ist, man müsse Zeit in der Arbeitszeit zur Verfügung
stellen, um über neue Produkte und neue Produktionsmöglichkeiten dem
Arbeiter bis zum Manager hinauf die Möglichkeit geben darüber nachzudenken.
Beim Optimisten vom Dienst, Hofrat Kausel vom Statistischen Zentralamt,
dem ich mich dann theoretisch als Optimist genauso anschloß, war eine
OECD-Delegation, die ihm anhand der Wirtschaftsdaten nachweisen wollte,
wie schlecht es in Österreich ist. Er bewies ihnen dann genau das Gegen-
teil, Zahlungsbilanzdefizit 32 Mrd. auf heuer 0 sogar positiv. Dazu kommt
nach seiner Aussage, daß 20 Mrd. positiver Technologieexport drinnensteckt,
die Arbeitslosigkeit ist verhältnismäßig geringfügig mit 3,7 %, worin
1 % strukturell unter gar keinen Umständen beseitigt werden kann, die
Saisonarbeitslosigkeit, 1 1/2 bis 2 %, durch den schlechten Fremdenver-
kehr und die Bauwirtschaft im Winter stets ausgelöst wird. Die Auslands-
schuld mit 20 % sei nicht beängstigend, denn in anderen Ländern gibt es
eben hohe Inflationsraten, daher können dort die Inlandsschulden sehr
hoch sein, denn sie werden über die Inflation rückbezahlt. 82 war ein
gutes Jahr für das Gewerbe, gewinnträchtig von 5 % bei geringerer Steuer-
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leistung. In Deutschland hat es eine 4 %-ige Lohnerhöhung gegeben, in
Österreich eine 7 %-ige, in Deutschland aber keine Industriealproduktivitätssteigerung , in Österreich wohl eine 4 %-ige trotz der höheren
Lohnbewegung.
Ich führte aus, daß ich als Handelsminister schon ressortverpflichtend
Optimist sein muß. Die Hauptschwierigkeit sah ich darin, daß in der Ver-
gangenheit in einer Generation mindestens 1 großer Krieg, meistens sogar
2 stattgefunden haben, die die Geld- und Kaptitalseite der Wirtschaft
vollkommen entlasteten, indem sie nämlich Spareinlagen usw. total ver-
nichteten. Jetzt haben wir Gott sei Dank schon 1 1/2 Generationen keinen
Krieg gehabt, die Geldseite funktioniert daher bei uns nicht. Die Ar-
beitszeitverkürzung ist für mich keine Wirtschaftsfrage mehr, sondern
eine rein sozialpolitische Frage, meiner Meinung nach jetzt schon da-
durch entschieden, daß die katholische Kirche den Slogan geprägt hat,
Brot und Arbeit teilen.
Kreisky, der dann seine Analyse gab, meinte, die skandinavische Werftkapa-
zität sei zu groß, die Schiffe werden in der Krise nicht gebraucht. Die
Stahlwerke produzieren daher auch zu viel Stahl, den man wieder in den
Werften früher verarbeitet hat und jetzt nicht mehr anbringt. In Afrika,
hätte er immer vorgeschlagen, müsse eine Infrastruktur verbessert werden,
dort hätte man Bahn bauen müssen, dies hätte für die Stahlindustrie wieder
einen gewissen Aufschwung gebracht. In den afrikanischen Ländern hat
die fehlerhafte Wirtschaftspolitik von Europa und Amerika deren Krisen
dort verursacht. Er hat bereits vor Jahrzehnten der UNO den Vorschlag
gemacht, eine Indizierung der Rohstoffe, sein größter Gegner war damals
der deutsche Bundeskanzler Schmidt. Jetzt plädiert er so wie viele andere
auch , daß die OPEC nicht aufgelöst wird. Kredite kann Österreich solange
aufnehmen, als es damit Infrastrukturmaßnahmen finanziert, kritisch wird
es erst, wenn die Kredite aufgenommen um den Konsum zu finanzieren.
Dies lehnt er ja ganz entschieden ab. Er plädiert für eine Diskussion
der Arbeitszeitverkürzung, ist sich aber mit Dallinger einig, daß die alt
Arbeiter, 20 bis 30.000 in Österreich, die schwer und schwerst arbeiten,
in Frühpension geschickt werden müssen. Dadurch würden dann junge Arbeiter
den Arbeitsplatz erhalten oder nachrücken können, für ihn kommt jetzt
einmal die Lebensarbeitszeitverkürzung infrage.
Die Infrastrukturverbesserungen begrüßt er, doch verweist er darauf, daß
durch die Telefonentwicklung seit Jahrzehnten der Effekt ist, die Kartell-
vereinbarung der vier großen österreichischen, größtenteils aber aus-
ländischen Konzernen gehörenden Telefonproduktionstätten, auch etwas
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Negatives. Die Telefonindustrie war durch die Postaufträge vollbeschäf-
tigt und hat sich nicht um eine weitere Entwicklung gekümmert. Jetzt
müssen sie für die neuen Systeme von Northern Telecom Lizenzen nehmen,
jetzt wird es dann Schwierigkeiten geben dieses System von Österreich nach
den Osten exportieren zu können.
Er ist jetzt 30 Jahre in der Regierung, die Koalitionsregierung hat
die Wirtschaftsfragen nie lösen können, immer delegiert, erst seit 72
hat jetzt wieder die Regierung Wirtschaftspolitik gemacht, die Sozial-
partner immer aber verständigt. Die Arbeitszeitverkürzung kann nicht mehr
von der Tagesordnung verschwinden, den Gegnern bleibt nur mehr ein ge-
ordneter Rückzug. Die Frage des Lohnausgleiches wird über die Sozialpart-
ner spielend gelöst werden.
Ostleitner vom Klub hat dann zuletzt nach Rücksprache mit einem kleinen
Komitee, Seidel, Nowotny, Frisch und Chaloupek, in 8 Punkten zusammengefaßt.
Erstens die Kriseneinschätzung, konjunkturell oder schon ein Trendumbruch,
zweitens die internationale Entwicklung der Wirtschaftspolitik, Monetaris-
mus ist tot, neue Instrumente müssen gesucht werden. Drittens die öster-
reichische Situation, viertens das niedrige Bruttoinlandsprodukt mit
Auswirkungen auf die Beschäftigung, Finanzmärkte, Finanzfragen des
öffentlichen Sektors und die Sparquote der Einkommensverteilungsfrage.
Die Vorschläge, die dann erstattet wurden, betrafen 5. Geldpolitik,
Reform der Finanzmärkte, international die Verschuldung, die Verteilung,
die Wechselkursfrage, die Kapitalgüterfrage, die Zinsenpolitik der OeNB
und die Geldversorgung, in Österreich ganz besonders das Bankenengage-
ment im Ausland.
Pkt. 6, die reale Wirtschaft, die sich über die Außenhandel wesentlich ver-
bessert hat und jetzt die Rohstofffrage besonders herausstreicht.
Pkt. 7. die binnenwirtschaftlichen Fragen, insbesondere die Technologie-
frage, die wie die Investitionsförderung in der Forschungsförderung, aber
auch in der Dienstleistungsfinanzierungsfrage sowohl für den öffentlichen
als auch den privaten Sektor eine große Rolle spielt.
Pkt. 8, die langfristige Beschäftigungspolitik, die doch zu einer Arbeits-
zeitverkürzung führt, mit dem Problem der Abkoppelung der Beschäftigung
von dem zurückgegangenen Bruttoinlandsprodukt.
Prof. Heintel meinte, es ist aber wieder nicht sein neues System und seine
Fundamentalkritik aufgenommen, Schulmeister, WIFO, dagegen, die konkre-
ten Projekte für die Jugendarbeitslosenbekämpfung, Althaussanierung,
z.B. auch Initiative einzelner statt Hausbesetzung, Übergabe eines Alt-
hauses, das dann von den Jugendlichen renoviert wurde, müsse man auch
stärker berücksichtigen.
Bei diesem Stand am Ende der Diskussion zeigte sich, daß Kreisky sofort
viel flexibler ist als manche andere und meinte, das könne man ja auch in
einen Punkt aufnehmen, die analytischen 4 Punkte könne man zusammenfassen
in einen, sodaß nicht eine allzu große Punktation entsteht, in Wirklichkeit
kam es Kreisky prinzipiell darauf an, daß jetzt die Redakteure und vor
allem alle Wissenschaftler in der Programmschlußfolge eingefaßt werden.
Jedermann soll sich dann mit diesen Konklusionen dieser Diskussion iden-
tifizieren können, wenn nämlich in einem Monat dann die Zusammenfassung
dieser Aussprache vorliegen wird, wird Kreisky sicherlich, ohne daß
sich die Professoren oder die Redakteure davon distanzieren können, mit-
teilen, daß er ja seit Anfang der 70-er Jahre stets mit der Wissenschaft
und auch praktischen Ökonomen engen Kontakt hat, sich von diesen nicht
nur beraten läßt, sondern auch eine Wirtschaftspolitik macht, die als von
seinem Standpunkt optimal und selbst von Skeptikern als noch akzeptabel
akzeptiert werden kann. Dies schien mir der Hauptgrund dieser Aussprache,
wenn Kreisky auch kein Wort davon fallen ließ. Er hat nur bei der Einlei-
tung schon den Wissenschaftlern die Entwicklung in Schweden charakterisiert,
die dortigen Nationalökonomen in der 30-er-Krise haben die Grundlagen
geliefert, daß die sozialdemokratische schwedische Regierung dann auf
deren Wissen aufbauend eben gute schwedische Politik der Zwischenkriegs-
zeit machen konnte. Was würde sich ein Wissenschaftler mehr wünschen als
solche Verhältnisse auch für Österreich. Ob allerdings außer der allge-
mein gehaltenen Zusammenfassung mehr herauskommen wird, wird erst das
Papier, das diese Kommission jetzt erstellen soll, zeigen, das aufgrund
der oft sehr ins Detail gehenden Diskussion beinhalten soll.
Am ersten Tag war noch Blecha anwesend, am zweiten Tag dann, fast könnte
man sagen, an seiner Stelle, Klubobmann Fischer. Ich weiß nicht und bin
sehr gespannt, wie diese Ergebnisse dann parteipolitisch und vor allem
dann auch im Parlament klubmäßig genützt werden können.
Für mich ging dann in Velm die Tagung mit den Funktionären der Landstraße
nahtlos in einen Bericht und Diskussion über unsere Wahlaktivitäten
über. Für mich war sozusagen der Gegensatz besonders kraß wirksam:
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1 1/2 Tage höchste Wissenschafts- und theoretische Diskussion über die
österreichische Situation, 1 1/2 Tage dann Klein- und Kleinstarbeit einer
Bezirksorganisation, beides allerdings gleich wichtig, daß es dabei
auch sehr interessante theoretische Diskussionen gab, die sich eben auf
Bezirksebene abspielen, sei nur nebenbei erwähnt. Auf höchsten Niveau
und, wenn man so sagen kann, auf tiefstem, im Basisniveau, werden alle An-
strengungen unternommen, um den Wahlkampf mit Energie, neuen Ideen und
vor allem, wie wir glauben, so erfolgreich zu führen, daß doch wieder die
absolute Mehrheit möglich ist. Ich selbst glaube nach wie vor, daß wenn
Kreisky diesen mörderischen Wahlkampf durchsteht und er die Bevölkerung
so überzeugen kann, wie er jetzt Professoren überzeugt hat, daß er weitest-
gehend noch der Alte ist er selbst wieder die absolute Mehrheit erringen
kann. Natürlich hängt das letzten Endes davon ab, ob die neuen Kräfte
Alternative Liste Österreichs, die Grünen usw., die sich bis jetzt ja
nicht einigen konnten, aufgesplittert kandidieren und kein Grundmandat
erreichen. Sollte dies der Fall sein, ich kann es nicht ausschließen,
dann schaut alles anders aus. Ich bin schon sehr gespannt, was die Mei-
nungsumfragen in den nächsten Woche zeigen werden.
Tagesprogramm, 28.1.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 29.1.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
hs. Notizen
68_0113_03Typoskript "Verbesserung der Leistungsbilanz"