Freitag, 4., bis Sonntag, 6. Februar 1983
Dir. Schmid von der Wiener Städtischen Versicherung erklärt mir, daß
es ohne weiteres möglich ist, für den zweiten Teil meiner Wohnung in Hüttel-
dorf die Versicherung auch auf die gelegentlich dort wohnenden Freunde
von Wolfgang auszudehnen. Er wird dies veranlassen.
Gesandter Dr. Schubert, den ich in Portugal kennengelernt habe,
überbringt mir sein Lissabon Buch in Portugiesisch. Der Grund seines
Kommens ist aber, daß er sich für den Botschafterposten in Griechen-
land sehr interessiert. Bis jetzt hat er bereits in den Volkshochschu-
len über Griechenland Vorträge gehalten, war zufällig nach dem jetzigen
Botschafter Backes in Athen vor Jahren schon Erstzugeteilter, spricht
Neugriechisch. Da Backes jetzt auf alle Fälle abgelöst wird, er ist
schon 5 Jahre in Athen, verspreche ich Schubert darüber mit Außenminister
Pahr zu reden, bei dem ja letzten Endes die Entscheidung liegt.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Unterlagen nächsten MR mitgeben.
Die Fa. Tekum erzeugt PVC-Rohre. Der Besitzer Steffl hat 1958 mit
5 Leuten in dem ehem. USIA-Betrieb in Liesing begonnen, nachdem er
seinen Betriebsleiter Ing. Hofmann gelungen ist PVC-Rohre kalt zu
biegen. Das Ansuchen ist bereits seit 1975 anhängig, anfangs gab es
Schwierigkeiten mit dem Österreichischen AK-Tag, diese sind jetzt alle
beseitigt und die Chemiegewerkschaft und die Privatangestelltengewerk-
schaft war sogar durch ihre zuständigen Sekretäre vertreten. Steffl
sagte, er hat mit ihnen und dem Betriebsrat ständige Aussprachen, fast
verbindet ihn ein freundschaftliches Verhältnis zu den Arbeitnehmer-
vertretern. Mein Ersuchen ev. noch zusätzliche Lehrlinge aufzunehmen,
hat er sofort zugesagt, da er ja, seitdem wir den Betrieb des Kunst-
stoffwerkes haben, eine eigene Lehrwerkstätte führt.
ANMERKUNG FÜR VECSEI: Die Lehrlingsabteilung soll sich mit ihm ins
Einvernehmen setzen.
Dir. Gmeinhart von der TKW beschwerte sich genauso wie Hautzenberg
von der ÖDK darüber, daß in meinem Brief an Kreisky der Rechnungshofaus-
druck eingeschränkte Unternehmerfunktion übernommen wurde . Als der
Rechnungshof die wirklich untragbaren Zustände über die Privilegien ins-
besondere bei der ÖDK kritisierte, hatte er, sicherlich für den jetzigen
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Vorstand nicht zutreffend, berechtigte Kritik geübt. Der größte Teil
davon ist von mir schon lange abgestellt. Ich habe stets auch gegenüber
Hautzenberg und Gmeinhart abgelehnt, daß Dienstvillen gebaut werden,
die dann den Direktoren, wenn sie in Pension gehen, billigst überlassen
werden. Andererseits trifft gerade auf die beiden nicht zu, daß sie
eine eingeschränkte Unternehmerfunktion ausüben. Gmeinhart z.B. hat
seinem Aufsichtsrat Haffner und mir den letzten Stand der notwendigen
Bauarbeiten im Zillergründl erklärt. Da, wie ich bei einer Besichtigung
seinerzeit schon vermutet habe, die vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen,
damit der Geröllsand nicht immer in die Sperrenbaustelle vordringt,
sich als unzulänglich gezeigt haben, muß jetzt ein, fast würde ich sagen,
zweiter kleiner Damm errichtet werden, der diese Schwemmsandeinbrüche
zurückhält. Ich habe Gmeinhart erklärt, der Rechnungshof wird in Zukunft
sicherlich kritisieren, daß unzulängliche Bausicherung vor dem Sperren-
bau gemacht wurden . Nachher kann man nämlich furchtbar leicht Ezzes
geben, was man hätte machen sollen. Durch diese Maßnahmen, die jetzt
getroffen wurden, ist das Präliminare um 19 % überschritten, die end-
gültigen Mehrkosten sind noch immer nicht genau festzulegen. Solchen
zu erwartenden technischen Kritiken sehe ich aber gelassen entgegen,
aus jedem neuen Bau lernt man, die Erkenntnis, die Gmeinhart jetzt ge-
wonnen hat und die ich teile, ist, daß es in Hinkunft nicht genügt
Probebohrungen vorzunehmen, sondern daß man wahrscheinlich wird abteufen
müssen, bis man an den Felsgrund gekommen ist.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Beim Zillertalbesuch sollte ich doch unangemeldet
eine Baustellenbesichtigung einplanen.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB wurde über das letzte Informationsgespräch
mit der ÖMV berichtet, den Wunsch der ÖMV, den Inlandsgaspreis um 10
Groschen zu erhöhen, hat die AK genau geprüft und ist damit einverstanden.
Übereinstimmend wurde festgehalten, daß ich trotzdem dem Verlangen des
LH und Bgm. Gratz entsprechend eine genaue Prüfung der Preisanträge
vornehmen muß, da Wien derzeit eine neuerliche Belastung ihres Gasab-
nahmepreises nicht erträgt, gleichzeitig aus es zu prüfen, ob der
Wunsch der Chemie Linz nach einem gespaltenen Gaspreis nicht doch noch
zumindestens theoretisch möglich wäre.
Durch Senkung des Rohölpreises hat die Fa. Avanti, Ing. Nouza, der ja
hauptsächlich auf Spotmärkten kauft, den Dieselpreis jetzt um 40 Gro-
schen gesenkt, der Benzinpreis wird im März wahrscheinlich folgen. Der
ansonsten stets während der Preisregelung für entsprechend höhere
Preise plädierende GD Hirnigel von BP hat ebenfalls jetzt angekündigt,
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daß pro $ Barrel Preissenkung der Benzinpreis um 10 Groschen zurückge-
nommen werden müßte. Wäre der Benzin noch amtlich preisgeregelt, hätte
es sicherlich im letzten Halbjahr eine 40-Groschen-Benzinpreiserhöhung
gegeben, um die jetzt 880 S betragende Unterdeckung abzudecken.
Der Antrag der TIWAG auf 24,7 % Erhöhung des Strompreises, 1982 hat
sie eine 9 %-ige Erhöhung zugestanden bekommen, wird von der AK auch
vom Bundesland Tirol ganz entschieden abgelehnt. Die diesbezüglichen
Überprüfungen werden bestimmt das ganze Jahr geführt werden, eine Extra-
Erhöhung ist vollkommen unmöglich. Die Vorarlberger Kraftwerke wollen
das SAFE-Modell übernehmen, dies ist sehr zu begrüßen, einer Aufsplitterung
aber in Sommer- und Winterhaushaltstarif, den die Vorarlberger ebenfalls
wünschen, wird kaum zu entsprechen sein.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
GD Kienzl berichtet, daß die DM jetzt dauernd schwächer wird, dies ist
auf die schlechte wirtschaftliche Lage in der BRD zurückzuführen. Die
Unternehmer sind verunsichert, ob am 6. März die Wahlen stattfinden,
wird sich herausstellen, wenn der Verfassungsgerichtshof in Karlsruhe
das Verlangen der 4 Abg. abgelehnt hat, die sich wegen der vorzeitigen
Auflösung des Parlaments beschweren. Da an die DM nicht nur der
österreichische Schilling, sondern auch viele Hartwährungen in Europa
gebunden sind, stellt Kienzl eindeutig fest, daß wir vom OeNB-Bilanzstand-
punkt diese Abwärtsbewegung nicht mitmachen müßten. Zum Glück aber
macht in diesem Fall die OeNB nicht die in den vergangenen Jahren von
der Schweizer Nationalbank sehr wohl durchgeführte Abkoppelung mit,
seit der Zeit ist die DM 7 und der sfr 8,20 S, obwohl sie vor dieser
Schweizer Aufwärtsbewegung die gleiche Relation gegeben hat. Die OeNB
hat Devisenreserven von 75 Mrd. S, Ziehungsrechte des Internationalen
Währungsfonds von 15 Mrd., die Goldvorräte mit 650 to sind mit 60.000
S pro kg, das sind 39 Mrd. S, in der Bilanz; wenn man die Goldvorräte um
das Vierfache erhöht, der heutige Goldwert ist 240.000 S, ergäbe sich ein
Goldwert von rund 160 Mrd. S, wodurch die berühmten 250 Mrd. zustande
kommen, denen Kreisky die damit leicht gedeckten Schulden Österreichs
immer gegenüberstellt.
Ich erörterte Kienzl und den Kammervertretern, daß meiner Meinung nach die
Leistungsbilanz mindestens gegenüber den 16 Mrd. S im Jahre 1981
jetzt eine positive Leistungsbilanz von mindestens 5 Mrd. S gegenüber-
steht. Das Handelsbilanzdefizit hat sich von 83 Mrd. auf 65,7 Mrd. ver-
kürzt, die Fremdenverkehrseinnahmen sind von 90 Mrd. auf 93,6 Mrd. ge-
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stiegen, die Ausgaben für den Auslandstourismus von 45,3 Mrd. gleichge-
blieben, sodaß sich der Saldo von 44,7 Mrd. auf 48,3 Mrd. verbessert hat.
Kienzl möchte diese Ziffern im Detail nicht bestätigen, da der neue
Vorstandsdirektor Lachs allerdings erst in ein paar Wochen die Leistungs-
bilanz genau aufgegliedert der Öffentlichkeit darlegen wird. Wir be-
schließen trotzdem, daß Montag im Pressegespräch diese höchst aktuellen
Ziffern verlautbart werden sollen. Gerade in einer Zeit, wo die Regie-
rung stets nur über die negativen Maßnahmen attackiert wird, Maßnahmen-
paket, Arbeitslosigkeitsentwicklung usw., muß man und kann man gar nicht
oft genug die positiven Ergebnisse dem gegenüberstellen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Mit dem Statistischen Zentralamt muß jetzt
nicht nur von Dir, sondern auch von Kiefer ein besserer Kontakt herge-
stellt werden.
Gesundheitsminister Steyrer hat mit dem SGP-Direktor Woltron auch über
das Kohlekraftwerk Dürnrohr verhandelt. Bei dieser Aussprache habe ich
Steyrer versichert, daß ich seinen Skeptizismus gegenüber den Aussagen
der E-Wirtschaft und ganz besonders der Industrie bezüglich des Standes
der Technik jetzt auch schön langsam teile. Immer wird zuerst erklärt,
es ist nicht möglich, er hat z.B. dafür auch den vereinbarten Maßnahmen
nolens volens zugestimmt. Im weiteren Laufe der Ereignisse aber
hat die E-Wirtschaft und ganz besonders aber die österreichische Indu-
strie dann unter dem Druck der Grünen stets erklärt, daß es doch Mög-
lichkeiten gibt. Im Falle Dürnrohr hat der GD der NEWAG Gruber bereits
vor Wochen in den USA umfangreiche Besichtigungen durchgeführt. Niemand
hat uns dies erzählt, jetzt erklärt die NEWAG, obwohl sie vorher dezi-
diert das Gegenteil mir gegenüber behauptet, daß sie die bessere Ent-
schwefelung auf alle Fälle bei ihrem Block einführen wird. Der 1
%-ige Wirkungsgradverlust, 60 bis 70 Mio. S Jahresverlust laufend pro
Jahr, wird jetzt ohne weiteres übernommen.
Das von der amerikanischen Magnesitindustrie in Hochfilzen verwendete
Erze ehe Magnesiumoxidverfahren mit einer 98 %-igen Entschwefelung
ist auch angeblich eine Lizenz der SGP, kann aber in Dürnrohr nicht
mehr eingebaut werden. Das Anbot ist zu spät erfolgt. Ich frage mich
allerdings, warum dann die SGP nicht dieses Verfahren bei der Anbots-
erstellung an die Verbundkraft und NEWAG berücksichtigt hat.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Was sagen unsere Abteilungen dazu.
Woltron hat erstmals gegenüber Steyrer mitgeteilt, daß jetzt ein Ver-
suchswärmeaustauscher, den sie in Dänemark aufgrund des Nirosystems
haben, anstandslos funktioniert, sodaß ein sehr geringeres Risiko be-
steht, die dritte Straße, das heißt die 100 %-ige Rauchgasentschwefe-
lung sofort einzubauen. Da ich ja überzeugt bin, daß im Berufungsver-
fahren der Gemeinderat von Zwentendorf die 100 %-ige Rauchgaserfassung
vorschreiben wird, LH Ludwig hat ja bei der Bürgerinitiativenversammlung
in Tulln so eine ähnliche Zusage schon gemacht, werde ich in Hinkunft
auf Aussagen der Industrie oder der E-Wirtschaft noch vorsichtiger
reagieren. Ich hoffe, daß man mich in Hinkunft nicht mehr so leicht
reinlegen kann wie diesmal, wie Haffner immer wieder sagt, bei der Ent-
schwefelungsfrage bei Dürnrohr.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Unsere E-Sektion soll sich über die Wärme-
austauscherfahrung in Dänemark genau erkundigen.
GD Vlcek von der Universale teilt mir mit, daß jetzt der Irak seine
Bezahlungen einstellt. Die Saudis, die bisher dem Irak scheinbar alles
gezahlt haben, sollen die letzten Waffenlieferungen aus der SU, 2 1/2
Mrd. $, unmittelbar gleich der SU gezahlt haben, da sie den Irakern kein
Geld mehr direkt überweisen wollen. Die Iraker haben keine Möglichkeit
derzeit Öl zu exportieren. Die Pipeline über Syrien ist geschlossen,
die über die Türkei resp. eine ans Rote Meer über Saudi-Arabien ist
erst in Bau resp. letztere erst geplant. Die Deutschen hätten von 10
Mrd. DM an Irak Lieferungen zugesagt, 8 Mrd. davon aber noch nicht gelei-
stet. Österreich hat 10 Mrd. S zugesagt, der größte Teil davon ist aller-
dings auch noch nicht geleistet. Die Firmen haben eine 80 %-ige Bundes-
haftung über die Österreichische Kontrollbank. Fraglich ist aber, wenn
die Iraker nicht zahlen, wer die 20 % der Selbstbehalt bei den Firmen
liegt, risikomäßig übernimmt. Vlcek erwartet, daß der Irakhandel da-
durch stark zurückgeht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte vorsichtigst prüfen lassen.
In Algerien hofft Vlcek, daß weitere Aufträge über die 30 Mrd. Eisen-
bahnprojektrahmenverträge kommen werden. Der Auftrag an die österrei-
chische Bauindustrie mit 4,2 Mrd. S, je 35 % Universale und Porr, ist je
1,2 Mrd., 30 % Fa. Hofman & Maculan, ist 1 Mrd., gliedert sich auf in
3 1/2 Mrd. Bauleistung und 700 Mio. Elektroausrüstung. Ich erkläre Vlcek,
daß der Finanzminister nicht bereit ist eine zweite Tranche von diesem
30-Mrd.-Rahmenkredit um 6 % Verzinsung zu geben. Die österreichischen
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Firmen werden damit rechnen müssen, die Zinsdifferenz zu dem dann nor-
malen Österreichische-Kontrollbank-Kredit, wahrscheinlcih 8 – 8 1/2 %,
irgendwie im Preis unterbringen zu müssen.
Vlcek ersucht um Intervention, damit am 22. Februar das Hotel in Vösen-
dorf, welches aus ERP-Mitteln resp. ERP-Ersatzkredit finanziert werden
soll, positiv genehmigt wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie steht der Fall.
Überraschend ruft mich Dir. Stock vom Kongreßzentrum Hofburg an und
teilt mir mit, Parteiobmann-Stellvertreter Blecha hätte ihm zugesagt,
daß er mit mir vereinbart hat, ich soll eine Ost-West-Konferenz Sonntag
in der Hofburg begrüßen. Stock ist verzweifelt, weil er für diese aus
300 Teilnehmern bestehende Konferenz kein Regierungsmitglied dafür
bekommen konnte. Bgm. Gratz hat ihm eine Begrüßungsansprache zugesagt.
Da Stock uns auch in vielen Beziehungen immer wieder unterstützt, er
insbesondere jetzt das Verkehrsbüro für Finanzminister Salcher, ich
glaube sogar sehr gut, führt, vor allem aber im Konferenzzentrum mit
seinem Angestellten Hrabac , der in Hinkunft dieses Konferenzzentrum
führen soll, eindeutig der Regierung hilft, will ich ihn auch nicht im
Stich lassen und sage die Begrüßungsansprache zu.
Sonntags muß ich dann feststellen, daß es sich hier um eine Friedens-
initiative "Kein Krieg in Europa" handelt. Einige mit Friedensnobel-
preis ausgezeichnete Leute des Westens, insbesondere der Endländer
MacBride, der vor mir auch spricht und die Konferenz präsentiert, kann
bei seiner Einleitung darauf verweisen, daß 50.000 Atombomben existie-
ren, daß alles unternommen werden muß, damit hier Friedensinitiativler
mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dagegen auftreten.
Gratz selbst ist allerdings zu dieser Veranstaltung nicht erschienen
sondern hat auch keinen Stadtrat geschickt, wahrscheinlich hat er auch
keinen dafür gewinnen können, sondern den Messedirektor Hintschig.
Stock wäre wirklich in einer bösen Situation gewesen, wenn nicht wenig-
stens ich erschienen wäre. Empfangen wurde ich durch den Präsidenten
des Sowjets aus Moskau Dschitikov und vor allem dem mir sehr gut
bekannten Gwischiani.
Ich selbst habe dann darauf verwiesen, daß jetzt bei der zweiten
Sonderversammlung der UNO bezüglich Abrüstung nichts anders rausgekomnen
ist als eine Resolution, daß man jedwede Abrüstungsinitiativen unter-
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stützen soll. Hoffnung, erklärte ich, besteht vielleicht jetzt darin,
daß in Genf die Gespräche zwischen den beiden Supermächten wieder aufge-
nommen wurden, die Madrider Verhandlungen als Helsinkinachfolgekonferenz
sind ja leider nicht weitergekommen, und man wird sehen, wie es jetzt
im Frühjahr bei der Fortsetzung der Konferenz weitergeht. Ich verwies
ganz besonders auf die in meinem Ressort Handel und Fremdenverkehr
notwendigen wirtschaftlichen Grundlagen, die letzten Endes aber auch be-
sonders friedensfördernd sein können. Der nach dem zweiten Weltkrieg
verzeichnete Aufschwung des freien Handels, vor allem aber der fast
völkerwanderungsmaßstabnehmende jährliche Tourismusstrom in Westeuropa
ist ein Meilenstein der Geschichte der europäischen Völker. Hätte man
vor dem ersten Weltkrieg z.B. die Italiener so gut gekannt, wie jetzt
durch die großen Besucherströme in Europa der Fall ist, dann hätte
man den Österreichern sicherlich nicht über den Katzelmacher ein so
falsches Bild geben können. Ich wünschte der Konferenz einen vollen
Erfolg, bin allerdings davon überzeugt, daß sehr Konkretes dabei nicht
herauskommen wird.
Bei der Konferenz habe ich auch den ehem. polnischen Botschafter in Wien
und dann auch Außenhandelsminister Karski getroffen, mit ihm habe ich
vereinbart, daß wenn die Gemischte Kommission in Polen stattfindet,
sie am Freitag bei der Posener Messe beginnen sollte und Samstag,
Sonntag dann zu Ende geht. Karski war über diese Mitteilung hoch er-
freut und wird alles veranlassen. Er meinte sogar, er hoffe, daß ich
dort sein Gast bin. Karski ist heute zu einer besonderen Verwendung,
ZBV im Ministerrat, tätig.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.
Bei der Verabschiedung habe ich dann Stock gefragt, wer eigentlich diese
Konferenz finanziert. Stock selbst erklärte mir gleich, für ihn war
es nur wichtig 300 Delegierte für 4 Tage nach Wien zu bringen, die
Sowjets hätten 400.000 S auf der Länderbank zu seiner Disposition de-
poniert. Darüber hinaus wurde zwischen ihm und den Sowjets vereinbart,
daß bis zu 35.000 Rubel Gegenwert er noch dann österreichische Touristen
nach Moskau schicken kann. Die Sowjets bezahlen dort sozusagen die
Hotelrechnungen für Reisende in die SU. Damit schädigen sie zwar die
Touristorganisation, aber geben Stock die Möglichkeit die Kosten dieses
Kongresses unterzubringen. Als ich die Delegationsliste der Organisation
erstmals dort bei Stock gesehen habe, war mir von vornherein klar,
um welche Art der Friedensinitiativen sich es dabei handelt. Da ich
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aber prinzipiell jede Friedensinitiative unterstütze, ganz egal von
Ost oder West, dort auch stets auf die aktive Neutralitätspolitik
Österreichs verweise, konnte ich ohne weiteres den Wunsch Blechas und
Stocks erfüllen, dies sogar umso mehr, als ich am Sonntag Nachmittag
wirklich zu meiner größten Überraschung dieses Wochenende Zeit hatte.
Bei Diskussionen mit Bekannten mußte ich einmal mehr feststellen, was
Kreisky auch immer wieder sagt, das Maßnahmenpaket ist keinesfalls
noch von den Leuten akzeptiert. Weitere Aufklärung ist dringendst not-
wendig. Selbst Mitglieder noch viel mehr Sympathisanten kritisieren das
Maßnahmenpaket, in den Betrieben und in der Gewerkschaftsbewegung ist
dafür noch mehr Verständnis als in der sonstigen Öffentlichkeit. Die
ablehnende Haltung der Kronen-Zeitung macht sich hier immer stärker
bemerkbar. Nimmerrichter als Kolumnenschreiber Staberl behauptet sogar
von den 2 Mio. Lesern der Kronen-Zeitung geben ihm immer 1 1/2 Mio. min-
destens Recht. Ich finde diese Aussage zwar sehr überheblich, da er
diese Meinung aus ein paar Leserbriefen, die ihm zugehen, ableitet. Da
Staberl aber niemand widersprechen wird, gegenteilige Ziffern kann man
ihm ja kaum nachweisen, erweckt er den Eindruck, als ob er sozusagen
das Gewissen und das Sprachrohr der österreichischen Bevölkerung ist.
Da er den Leuten ja ausschließlich nach dem Mund redet resp. schreibt,
ist sein Einfluß immer wieder festzustellen. Dazu kommt noch, daß die
anderen Medien, sowohl Print als auch ORF, ebenfalls alle Maßnahmen der
Regierung jetzt hart attackieren, fürchte ich fast, daß wir durch noch so
eine große Aufklärungskampagne kaum etwas wirksam dagegen unternehmen
können. Für mich ergibt sich daher einmal mehr die Überzeugung, daß
die nächsten Wahlen ausschließlich vom Einsatz und der Überzeugungskraft
Kreiskys gewonnen wird können. Falls sie aber danebengehen sollten,
dann stehe ich persönlich auch auf dem Standpunkt, Kreisky hat sie
durch 13 Jahre hindurch gewonnen, er hat auch das Recht sie zu verlieren.
Tagesprogramm, 4.2.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 6.2.1983