Freitag, 11. März 1983
Die BAWAG-Hauptversammlung, zu der ja nur 2 Aktionärsvertreter, Präs.
Benya für den ÖGB, GD Kadits für die Konsumgenossenschaft, erschienen sind,
ist trotzdem ein Ereignis für hunderte von Teilnehmern. Die BAWAG mietet
den Festsaal vom Intercont GD Flöttl hält seinen bekannt optimistischen
Tätigkeitsbericht. Diesmal erklärte er, 1982 war das beste Bankjahr der
BAWAG, starke Expansion, aber keine finanzielle Festigung, von der Flöttl
allerdings nicht sprach.
Bei dem Buffet kam ich zufällig zwischen Benya und Dallinger zu sitzen.
Dallinger versuchte Benya klarzumachen, daß die Arbeitszeitverkür-
zung, die er jetzt überall predigt, von der Arbeiterschaft, also von unten
verlangt wird. Er hätte dies z.B. wieder in Oberösterreich bei einer
großen Konferenz festgestellt. Benya replizierte sofort, aber die Träger
dieser Arbeitszeitverkürzung seien Funktionäre der Privatangestellten.
Zuerst also wird bei den Privatangestellten beschlossen, Arbeitszeitver-
kürzungen durchzuziehen, betrieblich wird sich dies nämlich sehr schwer
machen lassen, und dann kommt der Druck auch wieder von den Privatange-
stelltenfunktionären bei Konferenzen. Dallinger prellt also vor, verärgert
alle Leute im ÖGB, will dieses Problem aber erst Ende der 80-er Jahre
lösen.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB berichtete Jagoda, daß die Gewerbestruktur-
verbesserungsgesetzrichtlinien über die Zinsobergrenze jetzt wieder
verhandelt werden müssen. Der Vertreter der Banken in der HK, Bronold, schlägt
1 % über die Anleihen vor, Jagoda wird ihm höchstens 1/2 % zugestehen.
Eine ähnliche Regelung soll bei der Stammaktion Platz greifen.
Die Anregung der LUGA den Semmelpreis, der jetzt im April fällig wird,
womöglich mit dem amtlichen Brotpreis gleichzeitig zu erhöhen, wird
von AK und ÖGB unterstützt. Da die Bauern bereits jetzt wieder eine
Getreidepreiserhöhung eingereicht haben, wird, da sicherlich im April
durch die Wahlen keine Preiserhöhungen mehr genehmigt werden, das ganze
Problem im Mai, Juni zur Verhandlung kommen und frühestens im Juli ge-
löst werden und der neue Getreide-, Mehl, Brot- und Semmelpreis gleichzei-
tig im Juli beschlossen werden. Für die Getreideexporte wurden heuer
um 400 Mio. Stützung ausgegeben, 200 Mio. trägt der Bund; da die Bauern
mit einem Verwertungsbeitrag, der zu gering festgesetzt wurde, den Stütz-
anteil nicht aufbringen können, wurden jetzt Kredite aufgenommen und der
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Bund wird auch die Zinsen für diese Kredite tragen. Der Verwertungsbeitrag
beträgt für Weizen schon 26,5 Groschen pro kg, müßte jetzt einmal, um die
Schulden des laufenden Jahres abzahlen zu können, um 17 Groschen erhöht
werden.
GD Grünwald, ÖIAG, berichtet über die Auftrags- und Ertragssituation der
Verstaatlichten, die Aufträge nehmen überall zu, die finanziellen Ergeb-
nisse nehmen leider nicht im selben Ausmaß ab. Der 3-1/2-Mrd.-S-Zuschuß,
den die ÖIAG bis jetzt bekommen hat, wird höchstens bis zur Mitte des
Jahres reichen.
Die Frage, ob im Lavanttal durch die GKB Kohle gewonnen werden soll,
müßte man nach Vorschlag von Grünwald durch eine ausländische Betriebs-
prüferfirma kontrollieren lassen. Booz Allen hat z.B. für die Kontrolle
der VEW 15 Mio. S bekommen, insgesamt für die gesamte Stahlindustrie
sind es gut und gerne 40 Mio. S Grünwald meint aber, damit hätte man sich
Milliarden ersparen können, wenn man die Prüfungsvorschläge verwirklicht
hätte. Zum Teil, meint aber Grünwald, wäre es ohne diese Prüfung nicht
möglich gewesen in den geprüften Unternehmungen, insbesondere bei den
VEW, dann doch gewisse Ersparnisse durchzusetzen. Ich werde diesen Weg
kaum gehen, für mich ist dies ein zu aufwendiger für den verhältnis-
mäßig geringen Erfolg.
Koppe berichtet, daß der VKI sich mit der Messe jetzt bezüglich der
Preisauszeichnung geeinigt hat, er konnte feststellen, daß auf der
Messe jetzt 100 Firmen ca. keine Preisauszeichnung vorgenommen haben, die
Messedirektion hat angeblich erklärt, sie würden Firmen, die sich hart-
näckig weigern, in Hinkunft keinen Stand mehr vermieten. Ich habe die
AK neuerdings gewarnt gegenüber der Wiener Messe eine zu harte Politik
einzuschlagen, ich kann mir nicht vorstellen, daß die Messe, die an
einem dauernden Ausstellerschwund leidet, allen Ernstes eine größere
Anzahl von Messeausstellern, nur weil sie keine Preisauszeichnung vor-
nehmen, den Stand nicht mehr vermieten wird. Alle anderen Messen in
Österreich scheren sich nämlich um die Preisauszeichnung nicht oder zu-
mindestens fast nichts, die AK in den Bundesländern entwickeln auch
keinesfalls diese Aktivität wie die Wiener AK; wenn die Wiener Messe
einmal aus welchen Grünen auch immer ihre schlechte Situation erklären
wird müssen, wäre schon die Ausrede, daß sie durch die AK Wien immer
wieder durchgeführten Attacken geschädigt wurde.
SC Marsch berichtet über die Verhandlungen mit GD Bettschart von Nestle.
Grimmenstein kann auf die Dauer wahrscheinlich nicht aufrechterhalten
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werden, die ÖMOLK, auch als Exportvereinigung der Genossenschaften harte
Konkurrenz von Nestle, dominiert diese Sparte vollkommen. Nestle wollte
z.B. mit der Fa. Hipp zu einem Arrangement kommen, die Genossenschaften
haben Hipp für die Agrarindustrie in Gmünd zur Kooperation gewonnen.
Die Masterfoods haben jetzt die Futtermittelverordnungsformulierung akzep-
tiert, damit stünde theoretisch einer Produktion von Hunde- und Katzen-
futter in Österreich nichts mehr entgegen. Die AK hat nach wie vor
veterinäre Bedenken, was mir nicht ganz erklärlich ist.
Dr. Burian von der Grundsatzabteilung berichtet über die Verhandlungen
mit den Italienern zwecks Einschießung der 140 Mio. für Pöls. Die Italiener
möchten eine Fristerstreckung bis Ende September, auch dann ist mehr
als fraglich, ob sie einzahlen werden. Jetzt wird auf alle Fälle ein
neuer Syndikatsvertrag verhandelt, der noch in diesem Monat beschlossen
werden soll.
Dir. Lachs von der OeNB berichtet über die Leistungsbilanzentwicklung,
die Behauptung der Handelskammer, daß diese Verbesserung ausschließlich
auf terms of trade zurückzuführen ist, kann nicht stimmen, dies hätte
sonst bedeuten müssen, daß man für Maschinen und Anlagen bis zu 25 %
Preissteigerung hätte erzielen müssen. Die Verbesserung ergibt sich
größtenteils doch aus der Exportsteigerung, wo auch im Jänner wiederum
eine 10 %-ige zu verzeichnen ist. Dadurch hat sich die Handelsbilanz
im Jänner um 1 1/2 Mrd., aber auch die Dienstleistungsbilanz wieder um
1 Mrd. verbessert. Allerdings ist letztere Post darauf zurückzuführen,
daß im Vorjahr Banken falsch der Nationalbank gemeldet haben, unbeabsich-
tigt wurden konsularische und diplomatische Vertretungsaufwendungen durch
eine durch den OPEC-Fonds eine Mrd. S Kapitalverkehr falsch verbucht.
Dadurch ergibt sich im jetzigen Jänner dieses günstigere Ergebnis.
Erstmals machen sich auch GM-Motor- und Getriebeexporte bemerkbar, bei
voller Kapazitätsauslastung wird noch heuer die Handelsbilanz um 3 Mrd.
S durch die GM-Exporte verbessert.
Interessanterweise wurden dann von allen die verbesserten Prognoseziffern,
die noch nicht offiziell bekannt sind, diskutiert. Der Verbraucherpreis-
index wird jetzt statt 4,2 % Jahressteigerung auf 3,7 bis 3,8 % runter-
revidiert, die Arbeitslosenrate von 4,6 % auf 4,4 %, die Bruttoinlands-
produktsteigerung um 1/2 % wird lt. Kausel 3 1/2 % betragen, soviel
nehmen allerdings nicht einmal die größten Optimisten an, eine Steigerung
wird es aber sicherlich geben.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND BURIAN: Bitte die Unterlagen vom WIFO ver-
schaffen.
Auf der Wiener Messe wurden die Preise der Ministerien und der Handels-
kammer verliehen. Über 30 Erfindungen hatten sich gemeldet, 3 hat
das Handelsministerium mit 3.000 S, 3 die Handelskammer mit 5.000 S
und 3 das Wissenschaftsministerium mit Pokalen ausgezeichnet. Ich habe
dem RRat Sekira, der uns in dieser Jury vertritt, aufmerksam gemacht,
man hätte mir schon längst sagen müssen, daß die HK 5.000 S und wir
nur 3.000 S . Bei aller Sparsamkeit, diese Diskriminierung wäre nicht
notwendig und zweckmäßig gewesen.
Arch. Brenner vom Österr. Patentinhaber- und Erfinderverband hat vorge-
schlagen, daß Studien über den Umweltschutz, über die Abfallwiederverwer-
tung, überhaupt über Auftragserfindungen vom Handelsministerium und
Wissenschaftsministerium vergeben werden sollten. Diese Studien be-
kommen heute ausschließlich Universitäten und sonstige Institute, nicht
aber ein Einzelerfinder. Ich versprach mit dem Wissenschaftsministerium
diese Frage prüfen zu lassen und ihm dann schriftlich eine Antwort zu
geben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Sekira soll Entsprechendes veranlassen.
In der Bezirksjahresversammlung Leopoldsdorf, wo eine große Zuckerfabrik
besteht und wo man mich sehr freudig begrüßt hat, gab es dann nach meinem
Referat und zuerst einer langsam anlaufenden Diskussion, als ich selbst
die Privilegien provozierte, eine umso heftigere und längere. Ich habe
einmal mehr feststellen können, daß es eine einzige Möglichkeit gibt
über diese sicherlich für manche unangenehmen Fragen frei zu diskutieren.
Als der Vorsitzende beabsichtigte diese Diskussion zu unterbrechen
resp., fast würde man sagen, abzuwürgen, habe ich mich sofort dagegen ausge-
sprochen und erklärt, es hilft gar nichts, wenn man darüber schweigt
oder nicht hier diskutiert, am Montag in der Fabrik werden die Genossen
von den anderen gefragt werden, na, hat der Staribacher auch über seinen
Bezug und seine Privilegien gesprochen oder hat er euch nur erklärt,
man soll ja recht brav sozialistisch wählen, diese, meine Auffassung
wurde von den Teilnehmern mit Beifall aufgenommen, aber dafür umso länger
und härter diskutiert.