Samstag, 19. März 1983
Bei der Besichtigung von Voitsberg III, insbesondere beim Überblick
über die Region von der höchsten Stelle des Kraftwerkes, konnte man
eindeutig feststellen, wie sehr diese Gegend durch Immissionen bela-
stet ist, bevor noch das Kraftwerk in Betrieb gegangen ist resp.
jetzt geht. Die ganze Gegend ist ja ein richtiges Industriegebet.
Als früh morgens der Tagabbau von der GKB besichtigt wurde, wird ein
ganzer Berg abgegraben, zeigt sich klar und deutlich, wie sehr diese
Arbeit in das Gelände eingreift, es natürlich während der Abbaumaß-
nahmen verschandelt wird, um später dann besser rekultiviert wieder
hergestellt zu werden. Mit dem Abraum, 150 Mio. m³, werden jetzt in der
Gegend die ehem. Bohr- und Grubenlöcher vom Karlschacht aufgefüllt,
bei dieser Gelegenheit wurde mir auch mitgeteilt, daß die Absicht be-
steht zwischen Köflach und Voitsberg nach der Auffüllung der Grube
auch noch einen 60 m hohen Berg künstlich aufzubauen. Dadurch befürch-
ten die Köflacher, daß ein Kältestau für sie entstehen würde. Der
verantwortliche Gemeinderat Scheucher hat mich daher ersucht, daß
Handelsministerium sollte sich auch an einer Studie des Landschafts-
planes Köflach-Voitsberg beteiligen. Diese Studie wird 750.000 S kosten,
1/3 bezahlt das BKA, Sektion IV, 1/3 die steirische Landesregierung.
Das letzte Drittel, meinte er, sollte das Handelsministerium übernehmen,
ich habe im Prinzip zugesagt mich dafür einzusetzen, daß die GKB, die
ja letzten Endes dorthin ihren Abraum verfrachten will, sich beteiligen
müßte.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: MR Sterk soll dieses Problem sofort
recherchieren und mit mir besprechen.
Im Piberstein liegen noch größere Kohlenmengen, 2 Mio. to, die GKB
hat die Absicht diese Mengen auch tatsächlich abzubauen, aus arbeits-
platzpolitischen Gründen sollte dies aber erst geschehen, bis andere
Bergbaue ausgekohlt sind, daß man die Bergarbeiter dann dort beschäfti-
gen kann. Da in Maria Lankowitz aber Gemeinderatswahlen 1985 sind, hat
mich der Bürgermeister ersucht, sollte jetzt bereits dezidiert von der
OB und von der GKB festgelegt werden, daß dieser Abbau auch tatsächlich
erfolgen wird und 85 womöglich schon die ersten Vorarbeiten dort
geleistet werden. Eine diesbezügliche Zusage habe ich sofort gemacht.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte vertraulich feststellen, wie die
Abbaupläne sind, damit tatsächlich dann 85 die Arbeit begonnen werden
kann.
Übereinstimmend wurde festgestellt, daß 1973, als ich das erste Mal
in dieser Gegend Gespräche mit dem Bürgermeistern, den Bergarbeitern,
aber auch insbesondere mit den Bergdirektionen geführt habe, nicht so
schnell entschieden hätte, daß wenn Kohle im Tagbau dort gewonnen
wird, die Elektrizitätswirtschaft, ÖDK, Voitsberg III errichten wird,
wäre es niemals zu dieser für diese Region so wichtigen Arbeitsplatz-
beschaffung gekommen. Jetzt allerdings gibt es von Seiten der Bürger-
initiativen dagegen großen Widerstand, wahrscheinlich könnte man jetzt
eine solche großzügige Lösung gar nicht mehr durchführen.
Bei der GAST-Eröffnung in Klagenfurt waren 6 Redner vorgesehen. Der
Präsident der Messe, Dermuth, ersucht zwar vorher jeden Redner sich
kurz zu fassen, aber selbst er hat sehr lange gesprochen. Da ich vor
der Eröffnung des Bundespräsidenten der letzte Redner war, habe ich
zwar die wichtigsten Daten und insbesondere die Tätigkeit der öster-
reichischen Bundesregierung für den Fremdenverkehr kurz und bündig
schnell dort deponiert, aber doch verhältnismäßig nicht allzu lange
gesprochen, mit 5 Minuten fand ich das Auslangen.
An der Messe haben auch die Jugoslawen eine Pavillon errichtet, dies-
mal allerdings nur beschickt von den Slowenen. Die slowenische Frem-
denverkehrsministerin Mitic war ebenfalls anwesend, ich habe sofort
auch bei der offiziellen Ansprache darauf verwiesen, daß wir heute
ja noch gemeinsame Gespräche führen werden. Die Kärntner sind nämlich
noch immer wegen der Depotgebühren und der Beschränkung des Reise-
verkehrs sehr verärgert und führen den Rückgang insbesondere im November
bis Jänner auf diese Maßnahmen zurück. Im Februar haben wir ja öster-
reichweit und damit auch in Kärnten erstmals ein positives Ergebnis,
3 % Übernachtungszuwachs.
Die Aussprache mit Mitic ergab, daß nach wie vor das Depotgebühr mit
5.000 Dinar festgelegt bleibt, die seinerzeitige Ankündigung Dr. Mazi,
Fremdenverkehrsverantwortlicher in Belgrad, bei seinem Besuch in Wien,
man wird auf 3.000 S reduzieren, ist noch nicht genehmigt. Genauso wenig
wurde auch für Gruppenreisen eine Ausnahme vorgesehen. Ds Depotgebühr
ist zwar bis 31.12.83 befristet, doch ist dies nicht auf eine Zusage
der Belgrader Regierung, sondern auf einen Verfassungsgerichtshofent-
scheid in Belgrad zurückzuführen. Es besteht eine begründete Gefahr,
daß nach diesem Zeitpunkt neuerdings eine Restriktion erfolgen wird.
Verbessert wurde der Übertritt für die Jugoslawen jetzt, wenn sie
zurückfahren, einmal im Jahr hatten sie die Genehmigung 1.500 Dinar Wa
einzuführen, jetzt wurde dies auf 5.000 Dinar erhöht und 5-mal jähr-
69-0369
lich. Die Gastarbeiter haben dazu noch eine Möglichkeit + 25.000
Dinar Waren einzuführen. Auch die Kaffeegrenze wurde von 1/2 kg auf
5 kg erhöht. Dies, stellte ich fest, wird dazu führen, daß unser Kaffee-
import, derzeit schon 50.000 to, wieder ansteigen wird. Diese Maßnahme
trifft also das Handelsministerium mit einem weinenden und mit einem
lachenden Auge. Der Übertritt für Slowenen, sofern sie Studenten,
Kultur, Folklorevorführungen oder auch Verwandtenbesuche betrifft,
wird wesentlich jetzt erleichtert, diese Genehmigung liegt nämlich
bei den slowenischen Behörden.
Bei der anschließenden Pressekonferenz, die sehr intensiv war, habe ich
natürlich sofort über dieses Gespräch berichtet, weil die Kärntner Presse
sich besonders für diese Fragen interessierte. Die andere dann sehr
lebhafte Fragendiskussion zeigte mir, daß es zweckmäßig ist, wann immer
ich in einem Bundesland bei irgendeiner Messeeröffnung bin, dort, wie
ich dies traditionsgemäß ja auch immer gemacht habe, diese Presse-
konferenzen abzuhalten. Weit über die Mittagszeit hinaus haben diese
Gespräche gedauert, die Journalisten sind dann später zum Mittagessen
gekommen, wir selbst mußten sofort zur Eröffnung der viertelfinale Weltmeisterschaft im Schach nach Velden fahren.
Diese Schachmeisterschaften, Damen und Herren gemischt, eine Chinesin,
ganz jung, gegen eine Russin. Dr. Hübner, der deutsche Schachmeister,
gegen den russischen Smyslow wären das große Weltereignis für die
Schachleute in Velden in den nächsten Wochen. Die Meisterschaft soll
vom 19. März bis 9. April laufen. In Velden wird diese Meisterschaft
vom Casino organisiert und mit anderen Firmen finanziert. Der Direktor
vom Casino konnte darauf verweisen, daß im Fremdenverkehr in den
letzten Jahren von der Casino AG direkt 240 Mio. und indirekt 400 Mio.
Fremdenverkehrswerbung betrieben wurde. Außer in Velden finden die
anderen drei Viertelfinale in Moskau, Bad Kissingen und in Alicante
statt. Wesentlich dazu beigetragen, daß diese Surfweltmeisterschaft nach
Österreich gekommen ist, hat der Präs. der österreichischen Schachvereine
und Vizepräsident des Weltschachbundes, LRat Prof. Jungwirth zustande-. Ich bedankte mich bei allen Organisatoren. Insbesondere aber
gebracht
verwies ich auf die große Tradition Österreichs bis eigentlich vor den
zweiten Weltkrieg. Nach Meinung von Fachleuten ist das zurückzuführen,
daß früher in den Kaffeehäusern insbesondere bei den Juden viel Schach
gespielt wurde. Ich führte daher aus, wenn jetzt 300 Jahre Kaffeehaus
in Österreich gefeiert wird, das Kaffeehaus jetzt auch eine großre Renais-
sance erlebt, vielleicht auch wieder das Schachspiel in Österreich
69-0370
zu größerer Bedeutung kommt. Glauben tu ich daran allerdings nicht.
Beim Freien Wirtschaftsverband in Klagenfurt gab es dann eine öffent-
liche Versammlung, die verhältnismäßig gut besucht war. Selbstverständ-
lich berichtete ich über die Wirtschaftsmaßnahmen, auch das dritte
Beschäftigungsprogramm und das steuerliche Maßnahmenpaket. In der
Diskussion wurde insbesondere auf die steuerliche Belastung der Unter-
nehmer verwiesen und erwartet, daß ich ihnen erkläre, wie es weitergehen
soll. Darunter haben die meisten Diskussionsredner aber verstanden,
daß ich mich dafür einsetzen sollte, daß die entsprechenden Steuer-
und Sozialabgabenermäßigungen erfolgen müßten. Eine solche Zusage habe
ich nicht gemacht, weil ich sie auch für falsch halte. Richtig dagegen
ist die Kritik, daß die Verwaltung immer komplizierter wird. Ich ver-
wies darauf, daß tatsächlich ein Würstelstand 140 Gesetze und Verord-
nungen kennen müßte, ich konnte daher mitteilen, daß mit AK und ÖGB
und jetzt der Handelskammer vereinbart wurde, daß wir in der nächsten
Legislaturperiode diese Hypertrophie der Gesetze und Verordnungen
durchforsten sollen, um sie entsprechend zu reduzieren. Selbstverständ-
lich gab es die verschiedensten Interventionswünsche, bei der TKW
wurde eine Firma, die Bestbieter war, jetzt durch Konkurrenzmanöver
wieder ausgebootet.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Gmeinhart verbinden.
Die Fa. Feste Ferdinand Stefitz hat sich beschwert, daß das Bundes-
heer je 70.000 Schlafsäcke ausgeschrieben hat, mit 720 S einer Firma
zugeschlagen hat, während früher diese Aufträge aufgeteilt wurden.
Der Inhaber Stefitz ersuchte mich um Intervention.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Rösch verbinden.
Die Import-Export-Firma Sutex erklärt, sie könnte im Konsum wesentlich
günstigere Anbote machen, als dieser jetzt kauft. Dr. Schumi ersuchte
um Intervention bei der Konsumgenossenschaft.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit GD Kaditz verbinden.
Der Obmann des Klagenfurter Freien Wirtschaftsverbandes Toni, aber
insbesondere der Landesobmann Poleßnig gratulierten mir nicht nur
zu meinem Namenstag, ich bekam auch eine Flasche Schnaps, sondern
meinten, sie rechnen auch fest damit, daß in der neuen Regierung Stari-
bacher wieder Handelsminister wird. Dazu habe ich mich aber wohlweis-
69-0371
lich überhaupt nicht geäußert.
Sonntag, 20. März 1983
Gleich bei der Ankunft des algerischen Staatssekretärs Oubouzar
diskutierte ich mit ihm die Probleme der algerisch-österr. Gemischten
Kommission. Der Staatssekretär erklärte dezidiert, daß die algerische
Seite größten Wert darauf legt eine ausgeglichene Handelsbilanz in
Hinkunft durch Öl- oder Gaseinkäufe mit Österreich zu erreichen. Die
ÖMV hat zwar einvernehmlich die 700.000 to auf 500.000 mit der Sona-
trach reduzieren können, doch hat sie 81 noch 646.000, 1982 aber
bereits nur 290.000 to importiert. Im Jahre 83 wurden bis jetzt erst
60.000 to geordert. Die ÖMV würde am liebsten 250.000 to Kondensat,
Nebenprodukt der Erdölförderung und daher entsprechend preiswerter,
kaufen. Oubouzar hofft, daß aus der österreichisch-algerischen Kom-
mission nicht nur Anregungen, sondern womöglich feste Programme
kommen. Hier, fürchte ich, wird er schwer enttäuscht sein. Ich habe
ihm sofort dezidiert erklärt, daß ich für die Kreditgewährung, die
Algerier bestehen auf 6 % Zinsenzusage des Bundeskanzlers, der Finanz-
minister, für die Entwicklungshilfe selbst der Bundeskanzler zuständig
sei. Da er mit beiden Gespräche führen wird, wird er Gelegenheit haben
seine Wünsche dort nicht nur zu deponieren, sondern gegebenenfalls
auch durchzusetzen. Die Algerier haben durch die Reduzierung des Öl-
preises 15 % ihrer Einnahmen verloren, sie müssen sich so wie alle ande-
ren erdölfördernden Länder oder, wenn man so will, die OPEC-Staaten mit
wesentlich geringeren Einnahmen in Hinkunft begnügen. Er befürchtet,
daß alle Ölstaaten versuchen werden mehr Erdöl zu verkaufen. Die Mengen-
situation, 18 1/2 Mio. Barrel per day auf 17 1/2 Mio. Barrel per day bei
jetzt allerdings defacto nur 15 Mio. Barrel per day Absatzmöglichkeiten,
muß früher oder später durch größere Anbotsmenge zu einem weiteren
Preisverfall führen, solange der Ölbedarf der westlichen Industriena-
tionen nicht infolge eines Konjunkturaufschwunges wesentlich steigt.
Oubouzar erklärte dezidiert, daß sich Algerien unter gar keinen Um-
ständen weiter verschulden wird. Lieferungen auf Kredit sind weitestgehendst auszuschließen. Ich fürchte, hier wird mit dem Ergebnis der
algerisch-österr. Gemischten Kommission nicht allzu glücklich sein.
Tagesprogramm, 19.3.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)