Samstag, 9., und Sonntag 10. April 1983
Wahlkampfmaterial wird auf der Landstraße, wo immer es auf Märkten ver-
teilt wird, von der Bevölkerung gerne abgenommen, daraus schließen unsere
aktiven Funktionäre, daß die Situation gut steht, mit den verschiedensten
Veranstaltungen wie z.B. diesmal Preisschnapsen werden zusätzliche Ein-
nahmen für die doch verhältnismäßig teuren und aufwendigen Aktionen ge-
wonnen. All dies sind verhältnismäßig sehr angenehme Tätigkeiten, die
überhaupt nicht anstrengend sind. Daß ich anschnelle von Schnapsen Scha
spiele, sei nur nebenbei bemerkt; da beim Schnapsen sehr schöne Preise
winkten, mußten diesmal Funktionäre gar nicht als Lückenbüßer einspringen.
Die Fa. Tlapa hatte eine Modenschau in Oberlaa abgehalten. Favoritner
sind treue Stammkunden, Tlapa hat mit seinen 300 Beschäftigten sich unge-
heuer expandiert und mehrere Geschäfte jetzt schon neben der Favoriten-
straße ganz modern ausgerüstet. Früher einmal, sein Großvater hat ja
noch produziert, jetzt wird nur mehr Handel betrieben. Mit einer amerika-
nischen Showgruppe hatte er mit einem deutschen Kommentator sehr lebhaft
und mit tänzerischer Leistung seine innsbesondere sportlichen Modelle
sehr gut präsentiert. Die paar Kleider, die vorgekommen sind, waren eigent-
lich mehr wirklich ehem. Favoritner Geschmack, wie meine Frau feststellte.
Als Schneidermeisterin und bei allen Modenschauen bei Adlmüller dabei
kann sie dies vielleicht auch wirklich fachlich gut beurteilen. Da er
diese Veranstaltung wiederholt, erfaßt er tausende von Menschen; die
Eintrittskarten, die man kauft, werden dann beim nächsten Tlapakauf voll
abgezogen. Bei dieser Veranstaltung habe ich den Bezirksobmann der SPÖ,
NR Braun, getroffen, vor allem aber auch den Nationalbankdirektor Lachs.
Dieser erzählte mir, daß Tourismuseinnahmen wesentlich günstiger verlaufen,
als man sich aufgrund der Nächtigungsrückgänge ergeben dürfte. Er meint,
die Erklärung ist darin zu suchen, daß durch die Qualitätsverbesserungen
des Handelsministeriums die Hoteliers und Pensionen in andere Kategorie
aufsteigen, Nächtigungsrückgänge deshalb nicht den starken Einfluß haben
als die Mehreinnahmen durch die bessere Kategorie.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lachs möchte die Kategorieumstufungen.
Am Sonntag war ich für den Bezirk Hollabrunn, Bezirksobmann Nationalrat
Abg. Pfeifer, unser einzig wirklich echter , und LAbg. Dr. Bauer eingeteilt.
In den verschiedensten Dörfern, manche hatte ich schon früher zu Mai-
kundgebungen und auch oft Nationalratswahlkämpfen besucht, kannte ich,
manche habe ich zum erstenmal besucht. Das Wetter war sehr schlecht,
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es regnete den ganzen Tag. In Niederösterreich ist es üblich, daß die
Versammlungen immer im Freien abgehalten werden. Die Organisation erhofft
sich seit eh und je dadurch, daß selbst in den kleinsten Ortschaften
Leute mit Hilfe der Lautsprecheranlagen viele hinter den Fenstern mithören
können, die entweder sich nicht zur Kundgebung früher getraut haben zu
kommen oder jetzt ganz einfach zwar auch interessiert sind, aber nicht
selbst daran teilnehmen möchten. Die Versammlungen waren verhältnismäßig
gut besucht. Manche Ortsobmänner waren zwar nicht zufrieden, weil
meistens andere Katastralgemeinden, die auch hätten kommen wollen, sozusagen
ausgelassen haben. Bei dem Wetter hat mich dies nicht gewundert.
Am meisten hat mir die Musik leid getan, die, so verlangt es wahrscheinlich
die Regel, nicht nur am Anfang spielten, sondern während der ganzen Veran-
staltung stehen blieben und am Schluß noch ein oder zwei Stücke zum
besten gaben.
Besser war es schon, wenn wir Pensionistenveranstaltungen in Zellerndorf
und in Hollabrunn besuchten. Diese fanden eben im Gasthof resp. im AK-
Saal statt. Dort war natürlich die Stimmung besser. Für mich war es ein
richtige Sauna, aus der Kälte in die Hitze, von der Hitze in die Kälte.
Unser nördlichster Punkt war die Stadt Hardegg, diese scheint jetzt aber
nirgends mehr auf , sondern der neue Teil der Gemeinde und auch die größe
Einwohnerzahl ist Niederfladnitz; da die Gemeinderäte sich dort Stadt-
räte nennen können, wurde eben Niederfladnitz ganz einfach sogar mit
Zustimmung der Bewohner Hardegg sind durch die Abwanderung nur mehr
ganz wenige Bewohner übriggeblieben.
Angekündigt war bei den Wahlkundgebungen eine Stadtkapelle, tatsächlich
haben dann 4 aufgespielt. Die größte war die Deutschmeisterkapelle
von Ravelsbach, die ich bereits bei einer Maifeier kennengelernt habe.
Überall musizieren viele junge Menschen mit.
Bei der vorletzten Versammlung am Abend hat man mir dann die Sondernummer
des Niederösterreichreport gegeben, diese Sonntagszeitung, die von der ÖVP
verteilt wird, darin wird nicht nur Kreisky hart als Schmähführer ange-
griffen, insbesondere wird gesagt, daß er 1970 das übernommene Erbe
restlos verwirtschaftet hat und er daher kein Geld mehr hat. Es wird
auch versucht darzustellen, daß Kreisky ständig krank ist und dies
unter der Überschrift, das sollte sich ein Arbeiter einmal leisten.
Augenoperation, Kur, 8 Tage, Blutstau in der Lunge, 14 Tage, Kur in Mallorca,
64 Tage, Bronchitis, Lungenentzündung, Nierenschwäche, 20 Tage, Kuraufent-
halt 12 Tage, Weihnachtsurlaub 21 Tage, 81, 1982 schwere Grippe und hohes
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Fieber, 14 Tage, Osterurlaub 21 Tage, Pfingsturlaub 14 Tage, Sommerurlaub
44 Tage, Verkühlung 7 Tage, Weihnachtsurlaub 19 Tage, alles wird zusammen-
gemischt, seine Krankheit besonders herausgestrichen. Die ÖVP greift
jetzt im wahrsten Sinne des Wortes in die untersten Laden. Dies publi-
ziert sie in Niederösterreich jetzt schwarz auf weiß, hier kann man also
nicht mehr von Übergriffen einzelner Referenten sprechen. Pech, was sie
hat, ist nur am selben Sonntag im Kurier eine IMAS-Erhebung über die Be-
liebtheit der Politiker abgedruckt worden , darin stellt der Kurier
fest, daß Kreisky nach wie vor unangefochten an der Spitze steht, mit
dem besten Ergebnis, einige soz. Funktionäre haben sich sogar noch ver-
bessern können, während die ÖVP, insbesondere Mock, ständig verliert.
Dies 1 Monat vor dem Wahltermin für die ÖVP muß natürlich solche Ergeb-
nisse in einer der ÖVP nahestehenden Zeitung verheerend sein. Ob sie
allerdings mit den jetzt von ihr selbst gedruckten Methoden die Bevöl-
kerung wirklich zu einem anderen Wahlverhalten bringen kann, bezweifle
ich. Die ÖVP ist es aber auch nicht, die uns die absolute Mehrheit
im Nationalrat streitig machen kann. Die Gefahr, die ich sehe, obwohl ich
dafür keinerlei konkrete Unterlagen habe, ist nach wie vor die Grüne Be-
wegung. In 14 Tagen wird man es genau wissen.
Tagesprogramm, 9.4.1983
Tagesprogramm, 10.4.1983