Dienstag, 10. Mai 1983
Der Arrangeur für GroßzirkusHolzer, beklagt sich, daß noch immer nicht
die Spielgenehmigungen in den einzelnen Bundesländern vereinheitlicht
sind, er bemüht sich immer den Zirkus Metrano nach Österreich zu bringen,
die Gewerkschaft Kunst, Freie Berufe ist auch interessiert, daß ausländi-
sche Zirkusse kommen, damit sie Künstler und Artisten und Musiker wäh-
rend des Gastspieles dort unterbringen. Jedes einzelne Bundesland
hat ein anderes Genehmigungsverfahren. Die Steiermark wünscht von Italien
eine Gleichstellungserklärung, in Kärnten wurde 4 Tage vor Spielbeginn
die zugesagte Genehmigung doch nicht erteilt, einige verlangen jetzt
sogar notarielle Beglaubigungen, obwohl Holzer jetzt 30 Jahre dieses
Geschäft macht. Vieles geschieht, um den Österreichischen Nationalzirkus
Althoff zu schützen, obwohl dieser, wie Holzer behauptet, oft nur mit aus-
ländischen Nummern und Beschäftigten arbeitet. SC Jagoda hat empfohlen
und wird ihn darin unterstützen, die Landesamtsdirektorenbesprechung
damit zu befassen. Die Verbindungsstelle der Bundesländer hat sich
in dieser Frage nicht durchsetzen können.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Versuche die wahren Hintergründe der Länderableh-
nung zu erforschen.
Die Ministerratsvorbesprechung war wieder sehr kurz, obwohl sie ein
wenig länger dauert als die letzte. Kreisky meinte, es gäbe bei den Ver-
handlungen mit der FPÖ nur eine Frage, nämlich die Finanzen. Bezüglich
der Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehaltes meinte er, könne man sich
einigen, daß die Steuerreform, die ja mit Privilegienabbau verbunden
sein soll, dieses Problem behandelt wird. Bei der Quellensteuer dagegen
möchten die Freiheitlichen keinesfalls zustimmen, sie schlagen dafür
vor, eine Vermögenssteuer aufs anonyme Konto einzuführen. Kreisky meinte,
er kapriziert sich nicht, wie jetzt allgemein heißt, auf die Quellensteuer,
doch meint er, es müssen die Freiheitlichen auch hier zu einem Kompromiß
bereit sein. Für diese Steuer haben sich die Sozialisten stark exponiert,
sie bezieht sich eigentlich ja nur auf die größeren Einkommen, das Ge-
genangebot, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, wird man vielleicht sowieso
machen müssen, aber kommt die Quellensteuer nicht, muß man sie noch mehr
erhöhen. Die AZ hat einen gefährlich blanken Unsinn geschrieben, als sie
jetzt in der heutigen Ausgabe die 30 %-ige Luxussteuer erhöht werden
soll. Der Redakteur Lackner als Ignorant hat damit nur den Scheinradi-
kalismus gewahrt und unterstützt. Die 30 % hat man nur auf PKW kontrol-
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lieren können, in der Vergangenheit wurde sie auch eingeführt, um Spitals-
finanzierung damit decken zu können. Allein bei Schmuck bringen die
30 % nichts, Salcher hat eingeworfen, weniger als seinerzeit bei den
18 %. Je höher die Steuer ist, umso mehr wird sie von einem Großteil
hinterzogen. Die Mehrwertsteuer müsse man außerdem mit den Ländern
teilen, sie schlage sich auf den Index bei den Lohnverhandlungen durch,
aber auch direkt beim Staat, wenn er die Beamten dann bezahlen muß, von
allen Staatskäufen muß die Mehrwertsteuer auch mitbezahlt werden und je
höher sie ist, umso größer ist die Versuchung sie zu unterschlagen. Die
gerechteste Steuer ist eben, wenn man Geld in dem Kapital, das man aufs
Sparbuch angelegt hat, zur Steuer heranzieht die ja auch bis jetzt
hätten versteuert werden müssen. Die Medienschelte, die die SPÖ dafür
bekommen hat, ist ja nur darauf zurückzuführen, weil es sie selbst trifft.
Andere Fragen sind untergeordneter Bedeutung, die Ressortwünsche muß
dann noch Sinowatz entscheiden, es gibt aber politische Erklärungen über
die Verstaatlichte, Sozialpolitik, Konferenzzentrum.
Peter ist ein Problem, aber dies seit Jahrzehnten schon, er hat eine innere
Wandlung durchgemacht und seine Beziehungen zur SPÖ sind seit Jahren
die besten. Er war damals 18 Jahre alt und nach 40 Jahren beginnen jetzt
Magenschab, Chefredakteur der Wochenpresse, und Lingens, Chefredakteur
vom Profil, dies wieder aufzurühren.
Sinowatz bemerkte dann, es hat wenig Sinn jetzt im Ministerrat darüber
zu reden, nachdem nachmittags im Parteivorstand zu verhandeln ist.
Kreisky erwähnte dann noch es gibt sehr wohl große Wirtschaftsprobleme
mit den VMW, Semperit, Niklasdorf, die jetzt von den sozialistischen
Direktoren, in Wirklichkeit meint er er natürlich insbesondere Androsch
von der CA, aktualisiert werden, obwohl dazu jetzt gar kein Grund besteht,
man wünscht nur sozusagen die jetzt kritische Zeit auszunützen.
Im Ministerrat erwähnte Kreisky dann, daß beim Sudetentag das letztemal
Sinowatz war. Diesmal, meint Sinowatz, müsse man aber die Wertigkeit
seiner Funktion berücksichtigen. Ob jemand geht, wird eigentlich gar nicht
mehr weiter erörtert. Die Tagesordnung wird so wie immer ganz normal
abgewickelt. Broda ergänzt dann nur als Außenministervertreter in einem
mündlichen Bericht, der schriftlich vorliegt, daß Österreich die Schutz-
macht Brasiliens und Libyens sein soll.
Broda als Außenminister meint, auch die Beamten hätten vorgeschlagen,
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man sollte den Generalkonsul von Istanbul für seinen Einsatz bei der
Brandkatastrophe und allen anderen Dank aussprechen. Kreisky erklärte
sofort, und da sieht man sein politisches G'spür, zuerst wäre den Ange-
hörigen Beileid zu sagen. Die Beamten hätten doch in Wirklichkeit nur
ihre Pflicht erfüllt. Sinowatz ergänzte dann, daß auch man den Dank
den türkischen Behörden für ihren Einsatz aussprechen müßte.
Broda fährt zu einer Justizministertagung nach Rom, Firnberg nach Ungarn
zur europäischen Wissenschaftstagung. Unwahrscheinlich, wie anders
Minister ihre mit der Führung der Geschäfte beauftragt auslegen als
ich. Ich bin nicht einmal zu der schon so lange eingeplanten IAEA-
Tagung Samstag, Sonntag nach Paris geflogen.
Staatssekretär Lacina, der sowieso vom Bundeskanzler geschickt worden
war und daher an meiner Stelle die Delegation geführt hat, berichtete
mir dann über deren Verlauf, die Schweden wollten mit den neutralen
Österreichern und Schweiz eine Art besondere Gruppe für eine offenere
Energiepolitik insbesondere gegen den amerikanischen Wunsch, Einschrän-
kung aus dem Osten, bilden, die Schweiz hat dies aber sofort abgelehnt
und auch Lacina meinte, und da stimme ich ihm 100 % zu, so eine Vorgangs-
weise wäre unzweckmäßig gewesen. Ich habe auch stets immer versucht
Gruppenbildungen auszuweichen.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Wie hat MR Hladik das gesehen?
Der Bürgermeister von Recklinghausen und jetzige Bundestagsabgeordne-
te Wolfram ist wieder einmal zu Besuch in Wien und hat zuerst mich
und dann Klubobmann Fischer besucht. Er ist sehr interessiert Kontakte
über die Energiepolitik mit Österreich zu halten, ich habe ihm sofort
mit SL Zluwa in Verbindung gebracht und dann insbesondere NR Heindl
als weiteren Energiesprecher empfohlen. Selbstverständlich erfolgte die
übliche Einladung, wenn ich auch nicht mehr Minister bin, obwohl ich auch
hier an meinen bekannten Ausspruch denke. Bis jetzt war es natürlich
so, daß, wer immer eingeladen hat, wurde, was überhaupt keine Schwierigkeit
gemacht hätte, alles vom Ministerium oder ein Teil von dem Einlader be-
glichen. In Hinkunft würde ich schauen, wenn ich dort überall auftauchen
würde, wenn man sich dann den Kopf zerbrechen müßte, wer wird das bezahlen.
Ich sage daher immer gleich, daß ich kaum kommen werde.
Waagner-Biro hat eine Betriebsrätekonferenz vor längere Zeit nach Wr.
Neustadt einberufen und mich dazu geladen. Selbstverständlich bin ich dort
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erschienen, ich war sehr überrascht, als der ganze Vorstand dort an dieser
Betriebsrätekonferenz auch teilnimmt. Natürlich hat mich sowohl der
Betriebsratsobmann als auch dann der Generaldirektor besonders geehrt,
indem sie sagten, noch niemals hat ein Handelsminister oder überhaupt
ein Minister so viel für sie gemacht. Mein Referat, wie es in Österreich
weitergehen soll, vor allem die Diskussion zeigte mir aber dann, daß
in vielen Wirtschaftsfragen der Betriebsratsobmann aus der Steiermark
LAbg. Namensberger ?? erklärte, er wäre immer ein Anhänger der großen
Koalition gewesen, mit der kleinen könnten die Arbeiter jetzt in Schwie-
rigkeiten geraten, die Landwirtschaft und die Handelskammer könnten alles
blockieren, man müsse verhindern, daß die Arbeitnehmer für Kompromisse
mit der FPÖ dann womöglich zahlen müssen.
Einmal mehr habe ich mir gedacht, hätte Benya nicht als ÖGB-Obmann und
vor allem natürlich als ehem. Metallarbeiterobmann so entschieden sich
sofort hinter die Linie Kreiskys, nur eine kleine Koalition kommt infrage,
gestellt, kann ich mir gar nicht ausmalen, was das in der Gewerkschaft
und vor allem in der Partei für eine schwere Auseinandersetzung gegeben
hätte.
Im Parteivorstand berichtete Kreisky dann über die Verhandlungen mit
der ÖVP und der FPÖ. Jene hatte ein umfangreiches Papier vorgelegt,
das allerdings nur die Wahlpropagandathesen beinhaltete. Sachkundige
Berechnungen hätten ergebe, daß dafür 55 Mrd. S notwendig wären. Im Papier
gab es keinerlei Steuererhöhungen und der Einnahmeverzicht hätte ebenfalls
25 Mrd. S gekostet. Die einzig politische Aussage war, daß man für Koali-
tion der Partnerschaft sei, also keine konkrete Abmachung, wie es eigent-
lich weitergehen sollte. Die Frage Kreiskys, ob Bergmann und Steinbauer
dann auftreten können wie bisher, meinte Mock, selbstverständlich.
Mit der FPÖ gab es drei Plenarsitzungen. Dazu kam, daß Sinowatz und
Fischer noch Detailbesprechungen führten und Kammerpräsident Czettel
insbesondere die Sozialprobleme und Sozialversicherungsprobleme auch
im Detail besprochen hat. Jetzt liegt von den Freiheitlichen von ihrem
Vorstand, wo 82 Teilnehmer teilgenommen haben, ein einstimmiger Beschluß
vor, daß die FPÖ Politik auf lange Sicht machen wird. Kreisky machte dann
den historischen Exkurs, daß es von der Sozialdemokratischen Partei
in der ersten Republik ein großer Fehler war, daß man sich so in den
Haß gegen Schober verbissen hat, die österreichische Politik hätte eine
andere Wendung genommen, wenn man sich damals schon mit dieser Gruppe
zusammengeschlossen hätte. Die Sozialdemokratische Partei damals wollte
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sich aber nicht mit der Krise geschene verstricken lassen.
In der jetzigen Verhandlung macht natürlich auch der Ton die Politik.
Die Verbalextremisten im Wahlverhalten der ÖVP haben zur jetzigen Stim-
mung wesentlich beigetragen. Die Freiheitlichen dagegen haben keine
einzige Klage beim Wahlschiedsgericht anhängig. Sie haben sich in dieser
Beziehung immer sehr zurückgehalten.
Kreisky kam dann auf die Steuerfrage zu sprechen und meinte, der 13. und
14. wird mit der Steuerprivilegienkommission gelöst werden, hier muß
ja sehr schnell eine Steuerreform Platz greifen. Dort wird man aller-
dings nicht abwarten können, bis eine endgültige allumfassende zustande
gekommen ist, sondern man wird im Detail und Etappenlösungen vorgehen.
Die Steuern müssen auch geregelt werden, denn man braucht mehr Geld.
Bezüglich der Zinsertragssteuer meinte er, das Kapital unterliegt ja
jetzt eigentlich schon der Steuerpflicht und wird nur unterschlagen.
Die FPÖ könnte sich also vorstellen, daß auf die Sparbücher, die ja
anonym sind, eine 1 %-ige Abgabe erfolgt. Die zweite Variante wäre, daß
man doch von der Zinsertragssteuer mehrere Ausnahmen, die allerdings
nicht allzu viele sein sollen, macht.
Bezüglich der Ressorts haben sie drei Wünsche, vor allem wünschen sie
das Handelsministerium, Justiz nehmen sie auch noch, an der Landesver-
teidigung ist keiner besonders interessiert. Außerdem bekommen sie den
Vizekanzler und drei Staatssekretäre. Ferrari-Brunnenfeld, der auch noch
in die Regierung kommen soll, möchte aber gerne ein Ministerium. Bei
dieser Frage darf man nicht vergessen, daß die ÖVP bereit wäre der
Freiheitlichen Partei wesentlich mehr anzubieten.
Klargestellt wurde auch, daß in der Sozialversicherung die Selbstverwal-
tung herrscht und daß daher keine Mitbestimmung von der FPÖ dort möglich
ist, sondern daß sie nur darüber informiert werden. Bei der Verstaatlich-
ten wird es ohne wesentlichen Personalwünsche von der FPÖ weitergehen.
Die Industriepolitik hat für die SPÖ eine ungeheure Präferenz, sie ak-
zeptieren auch daher einen Staatssekretär im Handelsministerium.
Nach Kreiskys Abgrenzung würde die sozialistische Seite sich mehr für
die Arbeiter, also die Unselbständigen, interessieren, die Freiheitlichen
wollen sich dagegen bei den Gewerbetreibenden und Bauern profilieren.
Der Zeitplan wäre
18., würde man den Bundespräsidenten einen Regierungsauftrag zu geben ,
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Donnerstag, den 19., ist die Konstituierung des Nationalrates und Frei-
tagen, den 20., würde dann die Vereidigung der neuen Regierung erfolgen.
Über Pfingsten könnte man sich dann die Regierungserklärung erarbeiten
und dann dem Nationalrat sie vorstellen.
Sinowatz, der von Kreisky aufgefordert wurde dann das Arbeitsprogramm
zu erörtern, stellte dann gleich einleitend fest, eine Regierung ohne
die Sozialisten sei für ihn unvorstellbar. Der VP-Vorschlag beinhaltete
nur reine Wahlkampfparolen. Er hat daher in Oberösterreich festgestellt,
die ÖVP hat das Regieren verlernt. Die Freiheitlichen müssen aber erst
regieren lernen. Derzeit, hat er den Eindruck geschieht, das noch sehr
amateurhaft. Es gibt für sie natürlich ein Problem, wie sie über ihren
Wahlkampfschatten springen. Derzeit zeigen sei ein Maßhalten; wie das in
den nächsten Monaten anhalten wird, kann er natürlich nicht vorhersagen.
In Sachfragen war es möglich zu einer Einigung zu kommen, Bundespartei-
vorstand der Freiheitlichen, wie er soeben verständigt wurde, hat mit
18 Mitgliedern bei 16 anwesenden auf Antragstellung von NR Stix den
Bericht Stegers einstimmig billigend zur Kenntnis genommen.
Sinowatz berichtet, daß Fischer ein Arbeitsübereinkommenspapier auch
für die parlamentarische Zusammenarbeit ausgearbeitet hat, das ebenfalls
von den Freiheitlichen akzeptiert wird. Es soll im Parlament eine
starke Bindung SPÖ-FPÖ geben. Die ÖVP dagegen wollte nur eine Regierung
der Partnerschaft, Koalition, freier oder sogenannter Freiraum, keiner
hätte gewußt, wie es weitergeht.
Die Freiheitlichen werden jetzt 4 Jahre gemeinsam die Verantwortung
tragen, das Arbeitsprogramm wird dann die Regierungserklärung werden.
Neuwahlen können nur im Einvernehmen zwischen beiden ausgeschrieben wer-
den, die Ministerverantwortlichkeit, die Einstimmigkeit im Ministerrat,
alles bleibt. Meinungsverschiedenheiten werden zwischen dem Bundeskanz-
ler und Vizekanzler durch Gespräche mit einvernehmlichen Lösungen aus
der Welt geschaffen. Meinungsverschiedenheiten dürfte es dann im Parla-
ment nicht mehr geben, die parlamentarische Zusammenarbeit muß über das
Präsidium und über die Ausschüsse funktionieren. Regierungsvorlagen wer-
den gemeinsam vertreten, Abänderungen im Parlament von Regierungsvorla-
gen müssen die Zustimmung des zuständigen Ministers bekommen.
Mehreinnahmen sind notwendig.
Es wird eine aktive Außenpolitik geben, die Entspannung und Rüstungskon-
trolle wird das außenpolitische Ziel sein.
Ein hohes Beschäftigungsniveau muß erreicht werden. Über das schon
beschlossene 10-Jahre-Regierungsprogramm wird es weitere Investitionen
geben wie den Marchfeldkanal, 10.000 Wohnungen, 1 Mrd. für Klein- und
Mittelbetriebe, Umweltfonds, ÖBB und Straßenausbau.
Jetzt begann dann Sinowatz mit Nummerierungen, die ersten hat er ohne
diese aufgezählt, 5. die Verstaatlichung , Förderung von Investitionen
in der Rohstofferzeugung, aber auch in der Finalindustrie, die ausgebaut
werden muß.
6. Klein- und Mittelbetriebe, unsere Wettbewerbsfähigkeit muß gestärkt
werden, die Arbeitsplätze muß man dort auch sichern und die Exportpoli-
tik ist dort zu fördern und insbesondere der Fremdenverkehr. 7. Abwehr
der weltweiten Wirtschaftskrise, es wird zwar von einem 0-Budget ausge-
gangen, Subventionen seien zu überprüfen, immer müsse man aber bei je-
der Budgetausgabe die Folgekosten und die Verteilerwirkung besonders
berücksichtigen. Die 30 S, die jetzt den Beschäftigten entzogen werden,
werden weitere Mehreinnahmen bringen. Auch Steuerpflicht, der man sich
bis jetzt entzogen hat, muß stärker herangezogen werden, Umweltschutz wird
ein eigener Fonds aus zweckgebundenen Abgaben auf dem Energieverbrauch
errichtet, eine Mehrwertsteuererhöhung wird geprüft, auf die Kredit-
steuerabschaffung wird man erst später zu sprechen kommen. Eine Steuer-
reform soll eine Vereinfachung bringen. Mit den Ländern und Gemeinden
ist ein Finanzausgleich zu machen, wobei zu prüfen ist, wie weit die Lohn-
summensteuer und die Gewerbesteuer vom Kapital aufgehoben werden können.
8. Das Konferenzzentrum ist auf kostengünstige Weise fertigzubauen und
auch für Kulturaktivitäten heranzuziehen.
9. Die Energiepolitik ist mit ausreichenden Investitionen durchzuführen,
das Donaukraftwerk Hainburg ist auf einem noch festzulegenden Standort
zu bauen.
Jetzt hat dann Sinowatz wieder aufgehört die Nummerierung vorzulesen,
weil er das Gefühl hat, sein Vortrag dauere zu lange, es wurde auch wirk-
lich teilweise schon unruhig, was für mich ein vollkommenes Rätsel ist,
ich hätte eher erwartet, daß sich jeder für besondere Details interessiert.
Die jetzigen Bemerkungen waren daher nur mehr hingeworfene Überschriften:
Forschung und Entwicklung, Luftreinhaltung, der Umweltschutzfonds sowie
der Wasserwirtschaftsfonds, organisiert mit Darlehen und Haftungen, Sozi-
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alpolition, Arbeitsverfassung und Mitbestimmung, Pensionsgarantie, Re-
form der Sozialversicherung unter Wahrung der zukünftigen Gewährleistung
der Pensionen, Arbeitszeitverkürzung wird abgewartet, was der ÖGB be-
schließt, die Familien, der Konsumentenschutz, der Wohnbau wird es mehr
auf die Familien abstimmen müssen, Sonderwohnbau zwischen Ländern und
Bund, der Bund möchte 5000 Wohnungen bauen, die Althaussanierung mit
1 Mrd. soll bleiben, die Bausparer werden jetzt auslaufen, daher muß
man hier Vorsorge treffen, die Verzinsung für den Wohnbau soll 6 %
bleiben, die nächste Schulorganisationsnovelle, Schuko 7, wird kommen, hier
muß eine Berufsschulreform vorgesehen werden, die Lehrerausbildung,
Wissenschaft und Forschung wird die Reform fortgesetzt, neue Technolo-
gien, auch für Klein- und Mittelbetriebe, müssen erschlossen werden,
Freiheit für Kunst, das Bundestheatergesetz muß kommen, sicherer Ver-
kehr, die ÖBB wird weiter rationalisiert und hat ein Investitionspro-
gramm vorzulegen. Die Agrarpolitik soll ein drittes Bergbausonderprogramm
gemacht werden, die Produktion muß sich dem inländischen Verbrauch an-
passen, die Einkommen der Bauern sind zu erhalten, Bauern sind für Kultur-
und Landschaftsschutz notwendig, eine vierte Betriebsklasse soll einge-
führt werden, die Landesverteidigung wird umfassend sein, das Milizsy-
stem wird ausgebaut und die demokratische Beschwerde bleibt. Justiz wird
die Rechtsreform fortgesetzt, insbesondere Sozialgerichte kommen, parla-
mentarisch wird man auch eine Weiterentwicklung machen, ein Mindestman-
dat, Kontrollrechte, Privilegienabbau aber werden kommen, auf der Basis,
wie der soz. Antrag noch im letzten Parlament gelautet hat und was
Löschnak-Kommission mit Lacina bereits ausgearbeitet hat.
In der Diskussion hat sich als erster sofort Benya gemeldet, um, fast
würde ich immer sagen, nibelungentreu zu sagen, das ist ein sehr, sehr gutes
Ergebnis, mit den Freiheitlichen in der Regierung wird man jetzt gegen die
ÖVP kämpfen müssen, er hätte nur einen einzigen Wunsch, daß man, wenn
man schon den 13. und 14. über 20.000 S jetzt in die Steuerreformkommis-
sion bringt, das nämlich schon die christlichen Gewerkschafter im Prin-
zip akzeptiert haben, so dürfe man aber jetzt bei der Zinsertragssteuer
nicht nachgeben. Die Freiheitlichen sagen, sie haben sich festgelegt, auch
die Sozialisten haben sich festgelegt. Aber das sei auch nur eine Bemer-
kung von ihm, er gratuliert allen, die verhandelt haben und ist überzeugt,
daß es ein sehr gutes Abkommen ist.
Mühlbacher hat dann darauf verwiesen, daß die Freiheitlichen jetzt den
Mittelstand übernehmen werden, das wird den Ring der Freiheitlichen
stärken und er sieht für den Freien Wirtschaftsverband dann die Gefahr,
daß er in der Handelskammer auf die dritte Stelle abrutscht. 85 gibt
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es Handelskammerwahlen.
Staatssekretär Karl wollte dann noch mehr Informationen über die Fami-
lienpolitik, denn die Auffassungen der Freiheitlichen weichen beträcht-
lich von denen der Sozialisten ab.
Salcher erklärte, die Kreditsteuer würde 1,2 Mrd. kosten und sie war nur
im Zusammenhang mit der Zinsertragssteuer vorgesehen aufzulassen. Die
von den Freiheitlichen vorgesehene Anonymitätsabgabe bringt weniger als
die Zinsertragssteuer. Ebenso muß man sich jetzt überlegen, wie man die
Gewerbekapitalsteuer, die ja auch wegkommen sollte, die Freiheitlichen wollen
ja gleich die ganze Gewerbesteuer , und vor allem, wie man die Lohnsummen-
steuer, die 6 Mrd. die Gemeinden kostet, ergänzt.
Finanzstadtrat Mayr meinte, die kleine Koalition ist das kleinere Übel,
zwingende Staatspolitik verlangt Notwendigkeiten Steuern zu erhöhen, da
20 Mrd. S pro Jahr nötig sind. Beim Umbau des Konferenzzentrums hätte
man die Wiener nicht jetzt gefragt, das größte Problem sei aber jetzt,
er käme gerade von einer Parteiveranstaltung im Bezirk, die Bestellung
des 3. Präsidenten. Peter sei für viele untragbar. Zum Schluß polemi-
siert er aber gegen die eigene Politik einzelner Gruppen, wie auch der
SJ und der JG. Jetzt ergab sich dann eine lange Diskussion über das
Problem Peter. Fischer erklärte sofort, daß die einzelnen ja sich über-
legen müssen, wer aller den Präsidenten wählt. Benya kann auch mit den
sozialistischen Stimmen allein gewählt werden. Jede Partei schlägt
eben ihren Kandidaten vor, wer dann mit wie vielen Stimmen gewählt wird,
wird sich zeigen.
Interessant waren dann noch die Ausführungen Hillinger, der meinte, 1967,
als die Sozialisten die stärkste Partei in Oberösterreich bei den
Landtagswahlen wurden, hat auch in der Landespartei die Meinung geherrscht,
man kann mit den Nazis nicht zusammengehen. Gleißner hat sofort mit
Peter koaliert, hat ihm damals den Landesschulinspektorposten verschafft,
die Sozialisten haben die große Gelegenheit versäumt, Bernaschek war
damals Landesparteiobmann, mit den Freiheitlichen einen sozialistischen
Landeshauptmann zu installieren. Sinowatz hat dann in seinem Schlußwort
nur teilweise auf die offenen Fragen geantwortet. Er hat allgemein zu-
sammengefaßt, daß man eben jetzt weiterverhandeln wird und daß der Partei-
tag nicht unter dem Motto stehen dürfe, die Freiheitlichen seien das
kleinere Übel. Man brauche eine Vertrauensbasis für die nächsten Jahre
und die könne man nicht mit einer solchen Polemik erreichen.
Kreisky hat dann noch einmal auch zusammenfassend gesagt, warum er für
die kleine Koalition eintritt. Insbesondere hat er dann einmal mehr
in immer stärkerer Ausmalung erklärt, wie ich in seinem Büro damals, also
70, die Minderheitsregierung mir angekündigt hat, ihn entgeistert ange-
stiert habe, geglaubt, er ist geisteskrank und ihn dann sogar gefragt
habe, ob er deppert ist. So war es sicherlich nicht, aber die plakative
Darstellung Kreiskys ist ja bekannt. Jetzt erklärte er aber dann, daß
er ja vorher mit van Tongel und Peter schon Gespräche geführt hat, damit
man die ÖVP nicht immer in der Regierung hat, die Radikalen ?? einmal
rausbringt, wenn sie diese Minderheitsregierung tolerieren. Peter hat
aber vorher im Wahlkampf erklärt, sein Ziel ist es einen roten Bundes-
kanzler zu verhindern. In der Habsburgfrage hatte man, da die FPÖ damals
mit der SPÖ gegangen ist, ihnen einen Botschafter in Deutschland, den
Rechnungshofpräsidenten und eine Wahlrechtsreform versprochen. Von
diesen drei Punkten wurde insbesondere der letzte nie erfüllt. Peter
war daher, als Kreisky ihm das angeboten hat, ein zuverlässiger Gesprächs-
partner. Er hat auch den Umerziehungsprozeß in der FPÖ herbeigeführt.
Peter war der einzige, der sich gegen Götz gewendet hat und für Steger
war. Götz war der gefährlichste Gegner der Sozialisten. 1970 hat er
nämlich schon seinen Leuten verkündet und hat auch eine schriftliche
Abmachung gehabt, Götz und Taus, die neue Koalition. Peter hat einen
politischen Charakter, eine Einsatzbereitschaft und ist zur Zusammen-
arbeit bis zur Selbstvernichtung mit den Sozialisten gegangen. Jetzt
müsse man ihn gegen die Magenschabs, Lingens, Caps und Konsorten vertei-
digen. Der Mahlvorgang wird eben sein, daß Benya von den Sozialisten
und von den Freiheitlichen, wahrscheinlich auch von der ÖVP gewählt wird,
dann kommt die Wahl des zweiten Präsidenten Minkowitsch, hier wird man
sehen, wie Benya von den ÖVP-lern gewählt wird, und dann auch ihn entspre-
chend zu wählen oder eben nicht und dann kommt der dritte Präsident
und hier werden die Sozialisten mithelfen müssen, das Vorschlagsrecht
der Freiheitlichen steht ja außer Diskussion. Sie werden sich also über-
legen, wenn sie Peter wirklich nominieren. Es gibt einen einzigen Grund,
den er den Freiheitlichen schon gesagt hat, die Koalition zur Sozialist
und der Freiheitlichen wird heftigst attackiert werden im Nationalrat
und Peter ist der beste Verteidiger. Die Freiheitlichen werden sich
eben überlegen müssen, entweder Geste der Dankbarkeit oder Militanz
im Nationalrat durch Peter, wenn er eben nicht Präsident wird. Das Gefühl
muß man aber den Freiheitlichen geben, daß die Sozialisten anständige
Partner sind, auf die man sich verlassen kann. Ob das ganze 13 Jahre
halten wird wie in Deutschland, weiß ich nicht, aber sicherlich 4 Jahre.
Über die Anträge gab es dann die Abstimmung. Blecha schlug vor, die Re-
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gierungskoalition soll auf der Grundalge des Arbeitsprogrammes beschlos-
sen werden und auch auf dem außerordentlichen Parteitag. Blecha meinte,
wer ist gegen diesen Vorschlag. Kreisky hat sofort korrigiert und meinte,
hier wünscht er eine klare Abstimmung positiv durch Handheben. Selbst-
verständlich erfolgte dann sowieso die einstimmige Annahme. Zweitens
wurde das Verhandlungskomitee ermächtigt, entweder die Zinsertragssteuer
oder die Abgabe auf anonyme Sparbücher, also Vermögenssteuervariation zu
verhandeln und abzuschließen und drittens ein außerordentlicher Partei-
tag mit den beiden Referaten, Kreisky, Motto Fortsetzung des österreichi-
schen Weges, und Sinowatz dann Bericht über die Koalitionsverhandlungen
und Arbeitsprogramm. Alles wird einstimmig genehmigt.
Da ich durch die Abstimmung im Bundesparteivorstand zur Fraktion zu spät
gekommen bin, habe ich dort nur mehr die Diskussion gehört, auch hier
ging es hauptsächlich um das Problem Peter als dritter Präsident.
Der Jugendobmann Sujarsky meinte, die ÖGJ will es nicht in der Öffent-
lichkeit diskutieren, aber intern sagen alle, wenn einer bei der HJ war,
da war er noch zu klein, aber bei der SS ist das was anderes, bei den
Freiheitlichen gibt es dann auch noch den Abg. Ofner, der die rechts-
extremistischen Gruppen, ANR usw., mehr oder minder toleriert, der neue
Generalstabschef Bernadinger war beim Soldatenring unter falschem Namen.
Chemieobmann NR Teschl wieder war ein wenig angerührt und hat gemeint,
Benya soll das nicht so bagatellisieren, das seien nur Berufsprotestie-
rer, Peter-Problem geht tief in die Organisation. Dr. Lachs meinte
dagegen, Peter sei das Resultat eben der Nationalratswahl. Die Freunde,
die sich gefreut haben, daß jetzt die SPÖ-Mehrheit getroffen ist, möchten
jetzt haben, daß die SPÖ verhindert, daß Peter Präsident wird. Das hätten
sie sich eben alles früher überlegen sollen.
Metallarbeiterobmann Wille stellte fest, daß die Koalition nur so lange
dauern wird, als die Vertrauensbasis hält. Damit wollte er scheinbar
sagen, man muß eben im Vertrauen der FPÖ mehr entgegenkommen. Der
Bericht vom Komiteemitglied Czettel, der in der Fraktion gebracht wurde,
wurde dann eigentlich ohne Abstimmung und ausdrückliche Erklärung, ob
er zur Kenntnis genommen wird, mehr oder minder akzeptiert. Wie üblich
meinte man eben, es hat sich niemand mehr gemeldet, die Sitzung ist ge-
schlossen.
Tagesprogramm, 10.5.1983
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 176. Ministerratssitzung, 10.5.1983
70_0605_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)
Tagesordnung Sitzung Bundesparteivorstand, 10.5.1983
hs. Notizen (TO Sitzung Bundesparteivorstand Rückseite)
hs. Notizen