Montag, 16. Mai 1983
Die chin., fast ein Dutzend umfassende, Metaller-Delegation mit ihrem
Minister Li Dongye kam erst statt Sonntag spät abends, Montag Früh
mit der ersten Maschine von Sabena aus Brüssel. Beim Empfang habe ich
dann erfahren, daß die Chinesen in Luxemburg waren, dann nach Brüssel
zurückmußten, weil von dort ein Flugzeug nach Wien zur Verfügung stand,
die Sabena erklärte aber, daß nicht die ganze Delegation am Sonntag, ob-
wohl vorher die Buchung als okay getätigt wurde, nach Wien fliegen könnte.
Angeblich haben sie verlangt, daß die Hälfte davon in der 1. Klasse flie-
gen muß. Da die AUA-Maschine nicht voll war, wie MR Tschach weiter anfechtete , frage ich mich, wieso Sabena sie nicht mitfahren ließ. Der Ver-
dacht kommt auf, daß Sabena wollte, daß am nächsten Tag, eben in der Früh,
ihre Maschine besser ausgelastet ist. Obwohl ich eine solche Vorgangs-
weise gar nicht vorstellen kann, wäre sie auf alle Fälle skandalös.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß den Sachverhalt prüfen.
Das Arbeitsgespräch mußte wegen der verspäteten Ankunft gleich in ein
Arbeitsessen umgewandelt werden, vorher hatte die Delegation noch Aus-
sprache in der BuKa. Ich habe den Minister zu Sallinger gebracht und
mich dann dort natürlich sofort verabschiedet.
Das Arbeitsessen war zumindestens für die Tischordnung von Vorteil: auf der
einen Seite Chinesen, auf der anderen Seite die österreichische Delegation.
Da Dr. Gleißner neben mir zu sitzen kam, habe ich mit ihm gleich die Idee
einer Unterstützung von Organisation oder Schaffung einer neuen Organisa-
tion für den Export der Klein- u. Mittelbetriebe gesprochen. Obwohl die
Handelskammer in der Steiermark als auch in Kärnten solche Exportorganisa-
tionsunterstützungen geschaffen hat, will die BuKa von einer entsprechen-
den Subvention, die Organisationen nichts wissen. Gleißner behauptet, daß
insbesondere in der Stmk. der steir. Exportring die Abwicklung der Export-
geschäfte übernimmt; da die einzelnen Firmen keine spezifisch höheren Ko-
sten verrechnet bekommen, werden oft Kleinstexporte, die vollkommen unren-
tabel sind, auf Kosten des Exportringes durchgeführt. Der Exportring be-
kommt die Ware in Graz, übernimmt dann den Transport, Verzollung, die Ver-
teilung und ich weiß nicht, was alles. Nach Meinung Gleißners wird er
überhaupt keine Exporterziehung der Firmen geleistet, sondern eben nur eine
unrentable Exportabwicklung. Präs. Kaufmann der Landes-HK der Stmk. will
jetzt in den nächsten Tagen mit Präs. Sallinger eine diesbezügliche Aus-
sprache haben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND DR. BURIAN: Die Steirer sollen Euch entsprechend
berichten.
Bei der Arbeitsgesprächssitzung erwähnte ich einleitend, daß trotz
größter Bemühen österreichischerseits, Empfang von vielen chin. Delega-
tionen, der chin.-österr.Handel keine Aufwärtsentwicklung, sondern Gegen-
teil eine Rückentwicklung genommen hat. Ich habe dem Metallurgiemini-
ster entsprechende Exportwünsche-Liste überreicht. Dieser interessierte
sich aber wesentlich mehr für die landwirtschaftl. Probleme. Überrascht
war er von unserem Erfolg der Überschußproduktion unserer Bauern zu
hören. Vor allem war er überrascht, daß nur 8 % der Bevölkerung jetzt
in der Landwirtschaft tätig sind. In China sind bei 1 Mrd. Bevölkerung
800 Mio., also 80 %, nach seiner Auffassung, Mitteilung in der Landwirtschaft
tätig sind. Sie haben jetzt einen großen Plan, wie die Landwirtschaft
ausgerichtet und durch Investitionen verbessert wird. Ein weiterer großer
Plan sieht die Besserung der Energie- und Transportsituation vor. Bei der
Energie ist der Verbrauch sehr hoch, mindestens nach chin. Auffassung,
wenn man bedenkt, daß sie fast überhaupt keine Privatautos haben, sondern
alles mit dem Fahrrad erledigt wird, kann man sich vorstellen, wie in
anderen Maßstäben dort gemessen wird.
Was die Industriebetriebe betrifft, so ist es so, daß die meisten doch
aus 50 – 60er Jahren Investitionen ausgerüstet sind , die sind total ver-
altet und sollen daher auch jetzt modernisiert werden. Die Japaner hätten
ihnen allerdings vorgeschlagen, am besten wäre es, sie wegzureißen und
neue zu bauen. Dafür aber haben sie nicht das Geld.
Bei der österr. Delegation war ein halbes Dutzend von Industrievertretern.
Ich habe ihnen die Möglichkeit gegeben, jedem einzelnen seinen Betrieb
entsprechend vorzustellen und die entsprechend Liefer- respektive Kon-
taktwünsche zu begründen.
Die österr. Banken, Creditanstalt, Länderbank, sind an diesen Kontakt so
interessiert, daß sie der gesamten Delegation entsprechende Abendessen
geben. Dasselbe gilt auch für die Firmen, die die entsprechenden Aufent-
haltskosten in den Ländern dann übernehmen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was hat MR Schwarz in der BuKa wegen der Kosten-
übernahme erreicht?
Das letzte Pressefrühstück hat mein ehemaliger Pressesekretär Dr. Koppe
angeregt und Sts. Albrecht hat es dann entsprechend gestaltet. Mir war es
fast peinlich, denn sie brachte nicht die Staribacher-Leistungsbilanz,
sondern eine Laudatio, die sicherlich vom Herzen kam, aber ich fürchte
vielen als zu positiv gezeichnet, insbesondere, was meine Person betrifft,
überzeichnet. Überraschend viele Journalisten sind gekommen. Der Rund-
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funk und das Fernsehen haben sogar mit aufgezeichnet, was auch schon
sehr lange nicht der Fall war. Dr. Koppe, zwar als Redakteur, wenn man
so will, des Konsumenten von der Konsumenteninformation auch berechtigt
sich zu melden, hat zwar dann zu Recht auch die Tätigkeit Albrecht ge-
bührend gewürdigt, für mich aber dann sehr peinlich, auch über Privilegien-
abbaumaßnahmen, die lange, bevor dies zur Diskussion gestellt wurde, ich
vor Jahrzehnten schon einleitete. Koppe steht auf dem Standpunkt, irgend-
wer muß ja einmal in der Öffentlichkeit sagen, was ich alles in diesem
Ministerium geändert habe. SC Jagoda faßte die Meinung der hohen Beamten
zusammen, indem er erklärte, die größte Leistung war, daß ich auf Weisun-
gen verzichtet habe und einen kooperativen Stil anstelle des Anordnens
1970 bereits in das HGI einführte.
Die aktuellste Frage war sicherlich vom Radio, was ich zur Wahl Peters
zum 3. Präsident des NR sage. Meine Antwort war kurz und bündig, no comment.
Ich bin sehr froh, daß ich aus verschiedensten Gründen auch mein NR-Man-
dat nicht angenommen habe. Einer, der jetzt noch dazukommt, ist, wie mir
Vecsei vorher berichtete, es hätte tatsächlich innerhalb der SPÖ-NR-Frak-
tion der Obmann der SJ, Cap, hätte es ihm mitgeteilt, aber auch innerhalb
der ÖVP die Idee gegeben, anstelle von Peter bei der Wahl des 3. Präs.
des NR ganz einfach nicht auf den Wahlzettel zu schreiben. Da er zur Wahl
nur 92 Stimmen notwendig sind, wäre der Ausgang wirklich sehr fraglich
gewesen.
Ein weiterer Tagesordnungspunkt des Pressefrühstücks waren die Exportchan-
cen für neue österr. Transporttechnologie. Dr. Hüttner, den ich bei meinem
Besuch der Flugschule in Schwechat einmal kennengelernt hat, hat seine
Transportgeräte vorgestellt. Dies gilt als ein Plastikkettentransport
für Lasten, die der einzelne auch über Hindernisse transportieren muß, als
auch für die Sommerrodel. Im Hof wurde eine entsprechende Bahn aufgebaut
und zwei Kinder, aber auch ich sind dann letzten Endes dort gerodelt.
Aus der Geschichte des HGI hat Dr. Konas eine Kurzzusammenstellung ge-
bracht. Das HGI wurde im Zuge der bürgerl. Revolution 1848 als Ministerium
für Landeskultur, Handel u. Gewerbe beschaffen, 1859 aber im Zuge eines
Spar- und Reformprogrammes wieder aufgelöst, 1861 dann als Ministerium
für Handel und Volkswirtschaft wieder errichtet und besteht mit Ausnahme
der Hitler-Zeit ohne Unterbrechung. X-Mal wurden die Kompetenzen gewechselt,
22 als Handel und Verkehr, 45 dann Industrie, Handel, Gewerbe und Verkehr
als Staatsamt mit der Wiederaufrichtung betraut, 1946 dann in Bundesmini-
sterium für Handel und Wiederaufbau umgewandelt, 66 dann ein neu geschaffe-
nes Bautenministerium mit den Agenden Bauten und Technik ausgegliedert
und 1973 durch Abgabe der Verkehrssektion ans Verkehrsministerium, der
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Elektrizitätswirtschaft vom Verkehrsministerium an das HGI in seiner
jetzigen Gestalt geschaffen. Natürlich wurde auch beim Pressegespräch
gefragt, wie es jetzt mit der in den Zeitungen angekündigten Umwandlung
sei, Außenhandel weg, Konsumentenfragen ins neue Familienministerium usw.
Genaue Auskunft konnte niemand geben, weil, ehrlich gestanden, niemand
etwas Konkretes weiß.
Für mich war die Entwicklung des HGI auch persönlich sehr interessant,
nicht nur, daß ich jetzt mit über 13 Jahren der älteste amtierende Han-
delsminister war, Vizekanzler und Handelsminister Bock erreichte nur
11,5 Dienstjahre, sondern daß ich 1945 mit einem Druck der Soz. Jugend,
damals haben alle Jugendverbände bei der Aufräumungsarbeit mitgewirkt, zu-
fällig am Stubenring also das HGI zugeteilt bekommen habe. Als ich dort
den Schutt wegräumte, hatte ich mir wirklich nicht träumen lassen, daß
ich einmal in diesem Haus als Minister und noch dazu so lange tätig sein
werde.
Tagesprogramm, 16.5.1983