Freitag, der 4. September 1970

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Bei der Grundsteinlegung in Amstetten für die Keksfirma General
Biscuits De Beukelaer hatte ich die Möglichkeit, auch Amstetten
kennenzulernen. Der Bürgermeister fuhr mit mir durch den Ort
und ich konnte feststellen, dass Pölz sehr viele Projekte gleich-
zeitig in Angriff genommen hat. U.a. hat er jetzt das Spital mit
Hilfe eines Kredites der Unfallversicherung vergrössert und will
jetzt gleichzeitig ein sehr schönes Schwimmbad als Hallenbad noch
ausbauen. Er gibt freimütig zu, dass die Gemeinde schon derartig
verschuldet ist, dass er z.B. dringend erwartet, dass bei der
Budgetberatung 100 Mill. S die Unfallversicherung bekommt, bekannt-
licherweise hat jeder Finanzminister bis jetzt 200 Mill. S der Un-
fallversicherung weggenommen, damit diese die Finanztransaktion mit
Amstetten machen kann. Die Firma De Beukelaer, deren Präsident ge-
kommen war, ist der erste im EFTA-Raum errichtete Betrieb, ausgelöst
wurde die Investition, da sich beim Absatz der im Ausland erzeugten
und nach Österreich importierten Produkte grosse Schwierigkeiten er-
gaben. Wie der Präsident sagte, hat die Konkurrenz sich immer da-
gegen beklagt und deshalb wurden auch mit Hilfe von Schutzzöllen
und wahrscheinlich womöglich mit administrativen Schwierigkeiten
diese Importe immer schwieriger. Deshalb entschloss sich die Firma
in Österreich diesen modernen Betrieb zu errichten. List hatte
seinerzeit Erziehungsschutzzölle verlangt und nun könnte man sagen,
dass sich durch die Schutzzollpolitik eine internationale Konzern-
firma bereiterklärt, in Österreich dann einen eigenen Betrieb zu
errichten. Eine neue Variante der Zollschutzpolitik. Da diese
internationalen Firmen nicht mit einem Zollschutz dann in Öster-
reich rechnen, sondern eben auf Grund ihrer Arbeitsteilung und ihrer
auf wenige Produkte konzentrierte Produktion nicht nur in Österreich
sondern auch von hier aus in die Oststaaten und sonstige Staaten
Produkte liefern werden. Der Direktor glaubt z.B., dass er imstan-
de sein wird, von Österreich auch in die EWG nach Deutschland seine
Produkte liefern zu können. Bei der Grundsteinlegung war auch
Ing. Riedl von Manner anwesend und erklärte mir, dass in der Frage
der Schokoladeverordnung die Firma Suchard einverstanden ist mit
der 90 gr-Tafel aber erst im Laufe des Monats November in Kraft


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setzen kann, da sie bereits die Emballagen und vor allem die
Schachteln auf 80 gr auf Vorrat hat und deshalb erst aufbrauchen.
-muss und neue Schachterln erzeugt werden müssen.

Bei unserer Besprechung fraktioneller Art über die Fremdenver-
kehrspolitik hat Newole für Kärnten im Auftrag seiner Finanz-
referenten deponiert, dass sie eine Vereinheitlichung der Fremden-
verkehrszinsenzuschüsse nicht wollen. Derzeit ist es so, dass die
entsprechenden Zuschüsse, sei es von der Bürges oder vom Ministerium
in der Höhe von 3 % gegeben werden, ohne dass das Land gegebenenfalls
einen zusätzlichen Zuschuss gibt. Nach unserem neuen Konzept sollte
aber zwischen Land und Bund eine Teilung erfolgen, da nur auf
diese Weise die ca. 500 Mill. S subventioniert werden können, die
der Fremdenverkehr angeblich im nächsten Jahr investieren muss.
Über diese Frage werde ich noch mit den soz. Finanzreferenten reden
müssen.

Eine Vorsprache von Lord Nelson of Stafford und dem Generalsekre-
tär Groenhart von der ORGALIME zeigte, wie sehr die Engländer ver-
stehen öffentliche Funktionen mit ihren Privatfirmeninteressen
ich will nicht sagen zu verquicken, aber doch sehr gut in Einklang
bringen. Bei dieser Besprechung, bei der Min.Rat Peschke und
Koll. Gehart teilnahmen, sagte insbesondere der letztere, dass ihn
dies am meisten verwundert hat. Die Orgalime, die nichttarifarische
Handelshemmnisse zum Verschwinden bringen soll und sowohl in EFTA-
wie auch in EWG-Staaten aktiv ist, hat in Österreich eine Sitzung gehabt,
an der von Seiten der Bundeskammer Bucher für den Fachv-
erband Maschinen, Dolinay, Fachverband Elektrotechnik und Maier für
den Fachverband Eisenverarbeitende Industrie, teilgenommen haben.
Die staatlichen Stellen sind bei Orgalime nicht vertreten und ich
glaube der tiefere Grund liegt darin, dass sie dann befürchtet, dass
diese Organisation keine so guten Fortschritte erzielen als
angeblich jetzt zu erreichen ist, wo nur Interessenvertretungen an
diesen Besprechungen teilnehmen. Ich glaube, wenn ich das Tages-
programm mir überdenke, dass es ein Fehler ist, in diesem Tages-
programm immer unsere fraktionellen Besprechungen mit dem vollen
Titel anzuführen. Z.B. ist es unzweckmässig, die kleine Fremden-
verkehrskommission im Haus hier aufzuführen, da ja bekanntlicherweise


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dieses Programm im Präsidium und wahrscheinlich auch an anderen
Stellen bekannt wird. Da im Haus sofort recherchiert werden kann,
dass weder ein Beamter noch irgendjemand von einer anderen Seite
an einer kleinen Fremdenverkehrskommission teilnimmt, so liegt nahe,
dass es sich hier um eine fraktionelle Sitzung handelt. Endergebnis
sind dann Artikeln, wie wir sie in der Presse feststellen können,
die zwar gar nicht gehässig, aber doch sachlich richtig feststellen
können, dass Staribacher ein fraktionelles Beratungsgremium sich ge-
schaffen hat. Ich schlage deshalb vor, dass wir in Zukunft z.B. nur
eintragen: Besprechung mit Heindl, und mit intern dann nur mitgeteilt
wird, dass es sich um die fraktionelle Sitzung der Fremdenverkehrs-
kommission handelt.

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Tagesprogramm, 4.9.1970


Tätigkeit: Fremdenverkehrsverband Ktn.


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
    GND ID: 102318379X


    Einträge mit Erwähnung:
      GND ID: 125942052


      Einträge mit Erwähnung:


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Sekr. Fachverband Elektroindustrie [1971]


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Bgm. Amstetten


            Einträge mit Erwähnung: