Während ich bei Radio-Interviews oder bei Fernsehinterview überhaupt
keine Schwierigkeiten habe, muss ich feststellen, dass ich bei
Statement ausgesprochen unsicher war. Ich ersuchte deshalb Stockmeier
im Studio des ÖGB eine Statement-Diskussion mit mir zu führen. Ich
machte dort Koppe war selbstverständlich anwesend,- einige Versuche
und die ersten waren schrecklich. Ich liess mich wahrscheinlich von
dem Gedanken leiten, dass ein Statement eine ernste Angelegenheit ist
doch Stockmeier erzählte mir und korrigierte mich sofort. Wir kamen
dann überein, dass ich erstens lächeln musste, zweitens mit einem
gewinnenden Satz eröffnen und freundlich agressiv, sagte er mir,
wie ich das ohne es geübt zu haben, bei Radiointerviews immer richtig
getroffen habe. Und ich sollte schliessen, mit einem Satz: Sie werden
von mir hören, ich werde ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben, aber
auch hier immer wieder freundlich lächeln. Ausserdem müsste ich mich
ganz natürlich bewegen, die Hände ebenfalls mit bewegen ins Statement,
das heisst ins Spiel bringen. Die Anrede: meine Damen und Herren, nie-
mals verwenden, das hört man ununterbrochen, ebenso den Ausdruck
Konsumenten vermeiden. Wenn man auch ein Problem bespricht, darf
man niemals das Wort Problem verwenden, denn das will der Zuhörer
und Zuseher nicht und schon gar nicht darf man von ihm reden, sondern
von der gesamten Bevölkerung, von Westen und Osten, von Bregenz
nach Eisenstadt, vom Bodensee zum Neusiedlersee. Nach eineinhalb Stun-
den harten Trainings hatte ich dann selbst über schwierige Probleme
Statements abgegeben, von denen auch Koppe Fritzl begeistert war
und das sagt etwas, aber ich habe wirklich sehr viel dazu gehört.
Das Studio, welches einen grossen Batzen Geld gekostet hat, ist voll-
kommen unausgenützt, die Genossen dort sagten mir, dass fast überhaupt
niemand diese Einrichtung benützt, obwohl sie wahrscheinlich wesentlich
mehr notwendig hätten als ich. Ich glaube man sollte wirklich irgend-
etwas organisieren, damit andere Genossen das auch ausnützen.
Die Zündholzindustrie kam, um mich zu interviewen, welche Möglichkeit
es für sie gibt, da ein Antidumpingsverfahren nicht zielführend für
sie wäre. Sie nehmen an, dass Schweden nicht nur einen Waren- sondern
jetzt auch ein Währungsdumping von 15 – 18 % durchführen wird. Ich
erwiderte sofort, dass ich mir nicht vorstellen könnte, dass Schweden
die Währung um 15 – 18 % abwerten würde. Sicher ist eines, dass seit
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eh und je die Zündhölzer vom Ausland billiger sind und deshalb
die Händler insbesondere Trafikanten nur verkaufen, da sie eine
höhere Spanne dadurch lukrieren. Dr. Sigman von Solo erzählte
mir, dass die Russen jetzt 5 – 7 neue Strassen bei Voith bestellt
hatten und Voith hätte insgesamt mit Humboldt bis jetzt gemeinsam
118 Einheiten in die Welt verkauft und deshalb käme von nur eine
sehr starke Konkurrenz nach Österreich. Auch glaubt er, dass die
Russen, wenn diese neue Strasse aufgestellt sein werden, dann sehr
stark den österreichischen Markt beliefern werden. Die Delegation, die
auf Vermittlung von Broda sich bei mir gemeldet hat und sehr schnell
einen Termin bekommen hat, war begeistert, dass ich mit ihnen über-
haupt über diese Frage sprach, allerdings konkrete Massnahmen konnte
ich ihnen nicht vorschlagen. Da weder die Antidumping-Bestimmun-
gen noch ein Marktstörungsgesetz , ja nicht einmal eine Preise
regelung ihnen helfen würde. Zum Glück kannte ich einige Herren aus
dem Preisunterausschuss der Paritätischen Kommission seit 17 Jahren,
wie er behauptete und ich könnte deshalb sagen, dass ich ihr Problem
sehr genau kenne und ihnen halt damals und heute wirklich beim
besten Willen nicht helfen könnte.
Kreisky hatte für deine Plauderei im Runkfunk, die Sendung des
Bundeskanzlers wird jetzt immer in einer Diskussion abgeführt, und
Androsch hat ihn scheinbar hängen lassen, Auf alle Fälle hat er mich
angerufen, ob ich nicht sofort kommen könnte, er müsste mit Seidel
und mir über die preisdämpfenden Massnahmen im Rundfunk diskutieren.
Ich hatte zwar wenig Zeit, fuhr aber ganz schnell hinüber und gab
einige Erklärungen ab und verschwand sofort. Ich glaube er war auch
zufrieden, dass ich wenigstens diese Zeit erübrigte.
Der ehemalische Handelsminister DDDr. Illiig und der Landtagsabge-
ordnete Horwatek beide Obleute der Lurgrotte kamen um eine
Unterstützung für diese Fremdenverkehrsattraktion. Insgesamt sagten
sie, hätten sie 10 Mill. S investiert, wovon 6 Mill. aus Eintritts-
geldern erwirtschaftet wurden und nur 3 Mill. hätten sie Subventionen
bekommen. Solange er Handelsminister war, hätte er sogar 420.000 S
Subventionen bezahlt. Ein Hochwasser hat nun diesen 5 km langen Gang
in der Mitte ganz entscheidend verstopft und sie fürchten, wenn ein
neues Hochwasser kommt, dann müssten sie die Lurgrotte wahr-
scheinlich aufgeben, weil sie vollständig zerstört werden würde.
Ich setzte mich mit dem Heeresminister Kreisky ins Einvernehmen und
sein Verbindungsmann, Major Schaffer, übernahm es, bei den Pionieren
nachzufragen, wie und in welchem Ausmass geholfen werden könnte. Für
die Räumung dieser Lurgrotte könnte ich mir vorstellen, dass wir
dann wirklich einen gewissen Betrag auch von meinem Budget bereit-
stellen.
Dr. Wilhelm, der Besitzer der Teppichfabrik Eybl, und ehemaliger Bürger-
meister von Krems, ein ÖVP provozierter, ehemaliger agressiver Vertreter,
hatte mit einer jug. Delegation bei mir vorsprechen wollen. Es wurde ihm
dieser Termin letzten Endes dann wirklich gegeben, obwohl wir zuerst eigent-
lich nicht wollten. Zum Glück kam aber diese Aussprache dann zustande und
er erschien mit annähernd zwei Dutzend von Vertretern, die in einer Koopera-
tion mit ihm Teppiche erzeugen und er vertreibt sie. Insgesamt behaup-
tet er, dass 5.000 Beschäftigte mit einem Umsatz von 1 Milliarde Schilling
daran beteiligt sind. Ich kann mir dies zwar nicht vorstellen, lobte aber
die Tatsache, dass endlich eine Kooperation auf so grosser Basis zwischen
uns und den Jugoslawen zustandegekommen ist. Ich stehe auch tatsächlich
auf dem Standpunkt, dass Handelsbeziehungen mit den Oststaaten sich nur
verbessern können, wenn wir Kooperationsabkommen ganz konkret schliessen
und dadurch die Zahlungs- und Handelsbilanz insbesondere in diesen Staaten
wesentlich verbessern können.
Präsident Kamler von der Industriellenvereinigung und Dr. Kottulinsky
wollten mit mir über das Kartellgesetz sprechen. Sie hatten zwar nicht ge-
sagt, um was es sich handelt, aber ich vermutete dies ganz richtig. Wanke
kam dazu und Kamler griff gleich an, indem er erklärte, ihm sei eine Unter-
lage zugekommen, aus der er entnehmen konnte, dass wir über Kartellfragen
sprechen. Seiner Meinung nach wäre es zweckmässig, wenn die sozialistische
Partei schon etwas ändern wollte, dass sich wieder er und ein zweiter
Herr von der Bundeskammer , von unserer Seite Wirlandner und Auracher zu-
sammensetzen gegebenenfalls konkrete Vorschläge zu verhandeln und gleich
abzuschliessen. Er komme zwar – wie er betonte,- aus einer Beamtenfamilie
aber er glaube, es wäre zweckmässiger, wenn man so wie in den vergangenen
Jahren dieses Prinzip aufrechterhalten würde und nicht Beamte hier beauf-
tragen würde, solche Untersuchungen und Vorschläge zu erstellen. Da wir
eine Lockerung des Kartellgesetzes aber wollen, insbesondere soll die
starre Regelung vom Justizministerium und von den Gerichten da wegkommen,
konnte ich auf diesen Vorschlag nicht eingehen. Er hätte letzten Endes
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dazu geführt, dass Kleinigkeiten novelliert worden wären. Was wir brau-
chen ist eine freie und offene Diskussion. Andererseits war mir vollkommen
klar, dass aus den letzten Vorsprachen der Bundeskammer und der Industriel-
lenvereinigung, die sich gegen die Grundsatzgruppe richteten, in Wirklich-
keit Kamler der gefürchtete Mann war, der – wenn er es wie er mir
andeutete – erfahren würden ohne seinen Namen zu nennen, der Betreffende
wäre, der also die betreffenden ? würde. Kottulinsky und insbeson-
dere Dr. Fetzer, der Geschäftsführer, machten ein deutliches Zeichen damals mit
der Hand, dass sie sich den Hals abschneiden lassen würden. Ich musste deshalb
und habe dies sofort kapiert, zurückschalten und erklärte mich selbstver-
ständlich bereit, dass jetzt eine zwar nicht endgültige Formulierung be-
sprechen sollte, aber dass jetzt einmal die Unternehmer unter sich ein
Papier produzieren sollten, was sie zu den Vorschlägen, die eben z.B.
der Präsident Günther vom Deutschen Kartellamt bei einem Vortrag hier ge-
macht hat, sagen sollte oder wollte. Kamler lehnte diesen Vorschlag ab
Er war maximal bereit, mit Wirlandner über ein Papier zu diskutieren, das
wir vorlegen sollten. Ich einigte mich dann mit ihm dermassen, dass die
Bundeskammer und die Industriellenvereinigung jetzt einmal vorschlagen
werden von ihrer Seite kommen wird. Dann würde ich Wirlandner als
einen Vertreter einer Investitionssbank und auch als einen Unternehmer
dazu bitten und wir könnten dann einmal in kleinerem Kreis über irgendwelche
Gesichtspunkte diskutieren. Bis dahin hoffe ich, dass entsprechende Vor-
schläge von der Abteilung Hofmann vorliegen und wir dann diese gegebenen-
falls zur Diskussion stellen. Offizielle Verhandlungen lehnte ich einst-
weilen entschieden ab, weil ich über die Besetzung dieser Verhandlungen mir
noch nicht endgültig klar war. Wenn man nämlich die bisherigen Verhandlungs-
personen wieder einschaltet, dann ergibt, dies dann selbstverständlich nur
kleine Korrekturen an dem jetzigen System, denn letzten Endes werden sie
doch die Betreffenden nicht selbst desavourieren und damit zu erkennen geben,
dass sie in Wirklichkeit auf einem Holzweg mit den Gerichten und mit der
sogenannten Missbrauchverhinderung sich befinden.
Der csl. Handelsrat Dipl.Ing. Jurik kam um sich zu verabschieden und
um seinen Nachfolger Herrn Kohout vorzustellen, Jurik hatte in den ver-
gangenen fünf Jahren sich sehr aktiv in Österreich betätigt und auch immer
in der Zeit des csl. Frühlings und Umsturzes sehr anständig verhalten. Wie
mir Wanke und Fälbl, mitteilten, die beiden anwesend waren, wird
er jetzt zurückberufen und weiss eigentlich noch nicht, welche Tätigkeit
er drüben aufnehmen wird. Der neue Handelsrat Kohout war Sekretär bei
sechs Ministern bis jetzt und hat sich angeblich besonders ausgebeten,
wenn es irgend möglich ist, nach Österreich zu kommen. Wir werden ja sehen,
Welche Erfahrungen wir mit ihm machen werden.
In meinem Programm wurde nachträglich eingetragen, dass ich um 16 Uhr
eine Sitzung im Bundeskanzleramt über das Milchproblem hatte. Irgendwer
dürfte also vom Bundeskanzleramt angerufen haben, denn ursprünglich war
diese Sitzung sicher nicht geplant, Zu meiner grössten Verwunderung
fand diese Sitzung aber gar nicht statt. Frl. Schmidt war darüber sehr
unglücklich, da Kreisky als sie mich bei ihm anmeldete, er hätte ihr ja
gesagt, die Sitzung sei abzusagen, da wir sie bereits am Mittwoch nach der
Paritätischen Komssision abgewickelt hatten. Da Frl. Schmidt scheinbar wirk-
lich daran schuld war, sagte ich sofort, das ist überhaupt kein Prob-
lem und für mich schon erledigt, ich erklärte ihr, dass ich ein Antiradfah-
rer bin. d.h. dass ich niemals nach unten trete sondern höchstens nach
oben. Denn ich erklärte Kreisky ebenfalls sofort, das war sein Glück,
dass Frl. Schmidt hier einen Fehler gemacht hätte, denn bei ihm hätte ich
wesentlich mehr geschimpft. Ich konnte bei dieser Gelegenheit wenigstens
gleich die Frage der Bestellung des Herrn Dürers zur Wien-Film
Geschäftsführer anbringen und ausserdem mein Lurgrotte-Problem
dem derzeitigen Heeresminister unterbreiten. Betreffend der Bestellung
von Dürer zum Geschäftsführer sagte er mir, dass er auch grosse Bedenken
gehabt hat, aber Androsch, der das vorgenommen hat, hätte seine Bedenken
zerstreut. Ich werde deshalb mit Androsch sprechen müssen. Dürer sei an-
geblich mit 19 Mill. S verschuldet und würde diese jetzige Funktion aus-
schliesslich dazu benützen, um seine Privatgeschäfte abzuwickeln.
Zum ersten Mal in meinem Leben referierte ich in einer Bezirksversammlung
wo auch meine Frau anwesend war. Sie hatte mir bereits beim Eintritt ge-
sagt, ich müsste mich sehr zusammennehmen, sowohl Kreisky als auch Androsch
hätten in den letzten Bezirkskonferenzen einen sehr guten Eindruck ge-
macht. Da ich aber weder Angst habe, wenn Kreisky oder Androsch vor mir
geredet haben noch natürlich mich von der Anwesenheit meiner Frau beein-
flussen liess, hatte ich so wie üblich eine mit Wiener Schmäh gewürzte Da –
stellung der jetzigen politischen und insbesondere wirtschaftspolitischen
Situation gegeben. Nach Beendigung meiner launigen Ausführungen, die des
öfteren durch Beifall und sogar Heiterkeitsausbrüchen unterbrochen wurde,
meldeten sich ein Dutzend Diskussionsredner und im Präsidium war man
bass erstaunt, denn noch niemals hatten sich nach einer Bezirkskonferenz
überhaupt eine Diskussion entwickelt. Ich hatte auch sofort den Fehler
heraussen und und deshalb insbesondere habe ich diese Diskussion erwähnt,
nämlich der Vorsitzende wollte unbedingt haben, dass jeder Diskussions-
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redner zum Mikrophon heraufkommt. Ich glaube, dass dies einer der
grössten Fehler ist, den man machen kann. Ich habe sofort erklärt,
nein, nein, bleiben sie nur dort wo sie sind und sagen sie, was für
ein Problem sie haben, ich höre sie sehr gut und werde gegebenenfalls
für die anderen bei der Beantwortung dann noch beim Mikrophon noch
die Frage wiederholen. Man vergisst immer wieder, dass die Leute ja nicht
bereit sind, an ein Rednerpult zu gehen, von allen angestarrt zu werden
und dann letzten Endes schüchtern wieder das Rednerpult verlassen. Es
ist viel zweckmässiger, er soll in der gewohnten Umgebung, wo er sitzt
seine Frage stellen und nachher kommt sicher eine wesentliche längere
und bessere Diskussion zustande. Das Beispiel hat mir recht gegeben.
Tagesprogramm, 6.11.1970
Aktenvermerk betr. Teppichhandel mit Jugoslawien
03_0755_02Aktenvermerk betr. Zündholzimporte
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