Freitag, der 23. März 1973

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Freitag, 23. März 1973

Bei der Sportartikelausstellung d.h. der Fachmesse im Wiener
Messegelände zeigte sich wieder die überragende BEteutung der Winter-
sportgeräte. Die Ausstellung solltezwar alle Sportarten umfassen, in
Wirklichkeit aber haben die Produzenten von Ski, Skibindungen und -schuhe
dominierte. Komm.Rat Fischer hat mir angekündigt, dass er die inländi-
schen Preise wahrscheinlich wird nachziehen müssen, durch die Dollar-
abwertung und durch den Verlust der Exportrückvergütung konnten die
Skiindustrieller durch den schlechten Geschäftsgang beim Export-
geschäft überdies noch verstärkt, nicht die prälimierten Einkünfte
aus den Exporterlösen. Fischer erzählt mir, dass die Konkurrenz am
amerikanischen Markt, da die Franzosen mit ihren Preisen nicht hinauf-
gegangen sind, für sie fast verheerend sich auswirkt. Auch die österr.
Skiexporteure konnten keienrlei Preissteigerungen in den USA und
Kanada durchsetzen. Hier wirkt sich die Konzentration auf einen Sport-
artikel, nämlich eben nur Skier, verheerend aus. Für diesen Zweck
will scheinbar jetzt die Skiindustrie auf eine zweite insbesondere
Sommersportartikelproduktion mit aufziehen. Meine Erkenntnis aus
dieser Situatuin ist, dass eine Spezialisierung und Ausrichtung der
gesamten Produktion eines Unternehmen auf einen einzigen Artikel dann
ein ungeheures Risiko darstlelt, wenn dieser ARtikel eine so elastische
Nachfrage hat wie z.B. Ski. Sieg der Rennläufer, Schneeverhältnisse,
Urlaubstrend usw. sind grosse Unbekannte, die einem das ganz Geschäft,
d.h. sogar den Absatz ruinieren können, wenn man sie nicht richtig
einschätzt

ANMERKUNG FÜR WANKE: Wir haben zwar keinen Branchenreferenten für Sport-
artikel, doch wäre es sehr interessant, jemanden
mit Umfrage bei den bedeutendsten Firmen zu beauf-
tragen, um die Geschäftstendenzen und die Ge-
SCHÄFTSPOlitik zu erfahren.

Die Gasgerätefirma GEBE besteht 60 Jahre. Dortist ebenfalls eine Kon-
zentration auf die Gasheizgeräte und Gaskochgeräte eingetreten. Die
Gasheizgeräte machen 85 % des Marktanteiles aus. Gebe hat sich sehr
stark modernisiert und rationalisiert und sich durch ein modernes
Email-Werk und zwei Packstrasse auf diese Gasgeräteproduktion konzen-
triert. Dieser Betrieb aht aber durch die Gasumstellung in Wien einen
bedeutenden garantierten Absatz. Deshalb waren allein auch drei Stadt-
räte bei der Feier anwesend. Von Handelsministerium war Sekt.Chef Römer,
Min.Rat Gröger und sogar Peschka anwesend. Wen ich nicht gesehen habe,


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war der Branchenreferent. Ich glaube aber, dass dieser immer bei aller
solchen Feierlichkeiten aNWESend ist. ICh könnte bie dieser GElegenhei
dann den jungen und meistens in der Branche nicht so sehr bekannten
Mann vorstllen udn den Unternehmer als Dank für meine Ansprache
nachher verpflichten, mit diesem Branchenreferenten, den ich sozu-
sagen als meinen persönlichen VErtreter einführen würde, stän-
digen Kontakt zu halten. Noch besser wäre die Möglichkeit, wenn man
bei der Einladung, die man mir zu irgendeinerm Anlass eines Firmen-
jubiläums oder Fachmesseeröffnung oder sonst etwas schickt, gleih
den Branchenreferenten mit einem ANtwortschreiben von mir, wo ich
zustimme als meinen VErbindungsmann für diesen festlichen Anlass bezeic
ne, der dann den Kontakt mit den Firmenvertretern und vor allem
den Branchenvertretern aufnehmen könnte und sollte.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich glaube, dass unsere Branchenreferenten
viel zu wenig Kontakt besitzen und deshalb alles
genützt werden muss, um sie mehr zu installieren.

In der fraktionellen Sekretärbesprechung der Lebensmittelarbeiterge-
werkschaft habe ich auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass unsere
Funktionäre kaum bereit sind, entsprechende Aktivitäten zu ent-
wickeln. Das einzige GEbiet, wo sie sich betätigen, ist, wenn es
um Lohnforderungen geht. In diesem FAll aber müssen die Sekretäre, ob.
wohl ich immer wieder betone, dass man die Funktionäre wie ein
rohes Ei behandeln muss, doch solidarisch vorgehen und keinesfalls
glauben, sie können sich mit Einzelinteressen von Funktionären
liieren und dann gegen die anderen Sekretäre eine Eigentour reiten.
Die Hauptschiwerigkeit für eine Sekretär besteht darin, dass wenn
er starke Betriebsräte in einer Sparte hat, er natürlich mit diesen
gut auskommen muss und soll, andererseits aber nicht vergessen darf,
dass er mit den anderen Sekretärkollegen doch eine einheitliche Linie
und eine einheitliche Politik machen sollte. Da wir nur einen fraktio-
nell anderen Sekretär nämlich Hacker von der Christl. Gewerkschaft hab
erörterten wir dann die zukünftige Lohnbewegung und die ANsätze von
den einezlne Gruppen. Vor vielen Jahen, es wär glaube ich noch in der
Oppositionszeit, habe ich vorgeschlagen, man soll eine neue Lohnpo-
litik in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft installieren.
Meine Grundidee war, dass in jedem Kollektivvertrag nur ein soge-
nannter Grundlohn fixiert wird. Derzeit haben wir noch eine ganze
Anzahl von Kategorien, wo die einzelnen Löhne vereinbart und im
Vertrag fixiert werden. DIe-s bedingt, dass es natürlich zu Unzufrieden-
heiten insbesondere für die Frauenlöhne kommt, die verhältnismässig


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weil sie überhaupt als ich Obmann wurde in dieser Gewerkschaft sehr
zurückgeblieben waren, nur schwerlich auf ein beefriedigendes Mass
nachgewogen werden können. In den Verhandlungskomitees sitzen meistens
auch Männer und zwar hauptsächlich Facharbeiter, die natürlich verständ-
licherweise primär ihre Lohnkategorie vor Augen haben und diese ent-
sprechend erhöhen wollen und auch tatsächlich erhöhen, ich musste des-
habl einen schon vereinbarten Lohnsatz für die Frauen, den ich, weil
er zu tief war, abgelehnt habe, beim Verhandlungskomitee desavoieren
und erklären, dass ich unter diesen Umständen nicht bereit bin, den
Vertrag zu unterschreiben. Wenn man nun einen Basis- oder Grundlohn
ausmacht, dann wird wahrscheinlich dieses Problem nicht so stark wirken.
Die Idee ist, dass dann die Facharbeiter durch entsprechende perzentuelle
Zuschläge auf diesen Basislohn ihren endgültigen Lohn errechnen können.
Diese Regleung, d.h. der perzentuelle Zuschlag, kann entweder im Kollek-
tivvertrag festgehalten werden oder sogar den Betriebsräten in den
einzelnen Fabriken überantwortetwerden. Dadurch werden wir auch von der
furchtbaren Optik, einen hohen Kollektivvertragslohn für die Facharbei-
ter im Vertrag ausgewiesen zu haben, entgehen. Da bie uns z.B.in den
Brauereien der Kollektivvertragslohn meistens gleich auch der Ist-Lohn
ist, ergibt sich zwar ein optisch sehr schöner Vertrag, aber in der
Praxis sind viele andere Branchen durch ihre Ist-Löhne nicht nur wesent-
lich höhersondern haben auch weniger diesen optisch ungünstigsten Effekt
in der Öffentlichkeit. Damals habe ich über dieses Lohnsystem durch
Monate, ja sogar durch Jahre hindurch mit den Kollegen verhandelt. Inter-
essanterweise war es damals die Getränke-Gruppe, die Brauereiarbeiter
ganz besonders, die dieses System abgelehnt haben. Sie haben zwar immer
bei jeder Kollektivvertragsverhandlung die sie begonnen haben, zuerst
erklärt, man solle über dieses neue System sprechen, sind aber dann sofort
da sie diesnur als Schreckschuss gegen die Unternehmer verwendeten, zu der
ursprünglichen perzentuellen Zuschlägen zu den bestehenden Kollektiv-
vertragslöhnen zurückgekehrt und haben alle Kategorien im Einzelnen
durchverhandelt und fixiert. Jetzt sind die Brauer auf dieses ursprüng-
lich von mir propagierte System eingeschwenkt. Innerlich konnteich
triumphieren, doch nach ausserhin war es für mich eine böse Über-
raschung. In der jetzigen politischen Situation wird es gar nicht
leicht sein, dieses System ohne Kampfmassnahmen durchzusetzen. Die
Brauereiarbeiter sind nämlich auch noch von der Unternehmerseite her
bei der letzten Verhandlung aufgespalten gewesen. Da die Unternehmer
der Brauindustrie sich in zwei Gruppen konzentrieren, auf der einen
Seite die Brau AG mit ihren Betrieben fast in jedem Bundesland, auf


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der andren Seite die BBB, wo Schwechat und Reininghaus und andere
noch sich für ein einheitliches VOrgehen in der Verkaufspolitik usw.
zusamengeschlossen ahben. Ich habe unserem Brauer-Sekretär Macho einge-
prägt, er möge sich nicht allzu sehr von diesen starken Funktionären
leiten lassen und stärkere Solidarität mit den anderen Sekretären in Form
von INformation und von Heranziehen zur entsprechenden Unterstüzung seinr
Position.

Bei dem Österreich-Gespräch in Tulln hatte mich vormittags ein Bauernbund-
vertreter angerufen und mitgeteilt, sie möchten mit mir diskutieren und
mir eine Resolution resp. Bittschrift überreichen. ICh habe die 8 Bauern-
vertreter dann bei Beginn der VErsammlung tatsächlich getroffen und
sie ersucht, sie mögen doch, nachdem ich nur eine Viertelstunde mit ihnen
diskutieren konte, zweckmässigerweise in die VErsammlung kommen. Sie
meinte, sie wollten diesen Veranstaltung nicht stören, da sie doch zu ein
einem anderen Zweck einberufen wurde. Ich habe ihnen ganz im Gegenteil
zugesichert, dass im Rahmen des Österreich-Gespräches gerade die Agrar-
fragen eine BEduetung in Tulln haben und dass sie dort doch bitte in
der Versammlugn alle Möglichkeiten haben, ihre Kritik anzubringen und
wir würden uns in demokratischer fairer Weise unterhalten.Leider haben
sie abgelehnt. In der Versammlung waren dann doch noch zwei soz.
Bauern, wie mir der Bezirksobmann Landesrat Grünzweig mitteilte, anwesend
die auch für die Bauernfragen diskutierten und sich sehr sachlich mit
mir auseinandersetzten. Eine ganze Reihe anderer Probleme kamen ebenfalls
zur Sprache.

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Tagesprogramm, 23.3.1973

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sekr. Brauereiarbeiter


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: christl. Lebensmittelarbeitersekr.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Bildungs-LR bzw. LH-Stv., SPÖ


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Personalvertreter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Fischer-Ski


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: MR; Falschschreibung?


                Einträge mit Erwähnung: