Montag, 24. September 1973
Beim jour fixe ist diesmal Mussil allein. Er erzählt, dass er mit der
Gewerbeordnung grosse Schwierigkeiten innerhalb der ÖVP hat. Der ÖAAB
hat einen Brief an Schleinzer und Koren geschrieben und darin festgehal-
ten, dass seinerzeit die ÖVP beschlossen hat, in der Pakettheorie, dass
die Landarbeiter nicht zur Arbeiterkammer kommen dürfen. Ein diesbezüg-
liches Schreiben hat nun Sozialminister sehr höflich aber ablehnend
beantwortet. Mussil regt nun an, wie ich zu einer solchen Forderung
stehe. Wie ich seinerzeit den Wunschkatalog der ÖVP den zuständigen
Ministern zugeleitet habe, sehe ich meine Aufgabe als erfüllt an.
Eine weitere Unterstützung von mir kommt nicht in Frage und lehne ich
kategorisch ab. Ein weiterer schwieriger Punkt wird mit dem Bauern-
bund die Genossenschaftsbesteuerung werden. Hier hat der Finanzminister
nicht einmal noch eine diesbezügliche Sitzung anberaumt. Hier erkläre
ich, keine Zuständigkeit zu haben.
Mussil schlägt vor, dass wir infolge des Entscheides des Verfassungs-
gerichtshofes eine Verfassungsbestimmung in die Gewerbeordnung aufneh-
men sollen, wonach Privatzimmervermieter bis 7 Betten ein Gewerbeschein
dass Frühstück und in entweder einschichtige Höfe oder in Streulagen
oder zumindestens ausserhalb verbauter Ortschaften auch Verpflegung ab-
geben, d.h. auskochen dürfen. Ich erkläre, dass wir dieses Problem stu-
dieren wollen, aber unter gar keinen Umständen eine Verfassungsbestimmung
aufnehmen werden. Wenn wir nämlich eine Verfassungsbestimmung
aufnehmen, besteht die grosse Gefahr, dass dann der ÖAAB oder der Bauernbund
dies zu Erpressungen für ihre Wünsche im Parlament noch nützen
können.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Die Verhandlungen über die Wünsche der Handels-
kammer sind dilatorisch zu führen, aber keiner-
lei Verfassungszusagen zu machen, damit die Ge-
setzwerdung im Parlament nicht gefährdet wird.
Mussil möchte, dass ich mit dem Finanzminister neuerdings Verhandlungen
aufnehme, damit weitere Mittel für GAF bereitgestellt werden, dass
die Mühlen über den 31. Oktober hinaus die höheren Getreidepreise, die
sie bezahlen, abgegolten bekommen. Da der Finanzminister bereits
die jetzige Regelung hart bekämpft hat, sehe ich keine Möglichkeit
dazu. Wir werden mit Anfangs Oktober nach einjähriger Laufzeit
Anträge an den Lohnunterausschuss wegen Freigabe der Löhne stellen.
Es liegt dann an der Handelskammer das ganze Problem inclusive
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der Frage der Lohnerhöhungen der Bäcker und damit im Zusammenhang dann
auch der Preiserhöhung für die noch preisgeregelten Mehl- und Backwa-
rensorten unverzüglich in Angriff genommen wird. Ich lasse keinen
Zweifel, dass eine neue Verlängerung von Stützungen nicht in Frage
kommt, im Gegenteil, teile ich Mussil mit, dass ich mit Jahresan-
fang, wenn die Kompetenz über die Preisbestimmung bei mir liegt,
ein anderes System Platz greifen sollte.
Bei dieser Gelegenheit urgiere ich neuerdings seine Vorschläge
über die zukünftige Preispolitik. Mussil sagt, dass sie sich durch-
ringen werden, dass dort, wo keine Wettbewerbspreise herrschen, ein
geregeltes System eingeführt werden kann. Die Frage, vor der sie
stehen, ist, ob dort simulierte Wettbewerbspreise vom Staat dekre-
tiert werden sollen, oder ob sie Kostenpreise verlangen sollten.
Sie haben ausländische Vorschläge studiert, haben in ihren Be-
sprechungen auch ausländische Fachleute herangezogen und er nimmt an,
dass man in kürzester Zeit von ihm einen sehr konkreten Vorschlag
bekommen wird. Er bemerkt, dass ja auch auf unserer Seite diesbezüg-
liche Überlegungen angestellt werden. Er dürfte etwas von der Arbeits-
gruppe der Ökonomischen Versammlung gehört haben. Wir einigen uns dahin
gehen, dass bevor in der Öffentlichkeit eine Diskussion über die
Vorschläge ausbricht, wir in kleinstem Kreis – Sallinger, Mussil
und da er die Industriellenvereinigung – wie er sich ausdrückt –
einbinden muss, Igler, Kottulinsky, auf unserer Seite Benya,
wahrscheinlich Hofstetter, eventuell Hrdlitschka – das Feld ab-
stecken sollen. Mussil meint, dass bei seinem, wahrscheinlich
aber auch bei meinem System die Paritätische Kommission sehr ge-
stärkt werden wird, was zutrifft, ohne dass sie gesetzlich ver-
ankert werden soll.
Betreffend de Sanierung des Vereins für Konsumenteninformation
wird er im nächsten Vorstand einen Bericht erstatten. Er erwartet,
dass das Handelsministerium, wenn es Mitglied wird, nicht die
Geschäftsführung beeinflussen wird und vor allem eine Erklärung
abgibt, dass sie dem Wunsch auf Einführung der Werbesteuer nicht
beitritt. Zu einer solchen Massnahme erkläre ich sofort meine
Zustimmung, da ich ihm zur Sanierung erkläre, rückwirkend mit 1.7.
beitreten werde, wenn die Handelskammer ihr Veto fallen lässt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: UND WANKE: In diesem Fall müssen wir 3 Mill. S
aus eigenen Budgetmitteln, weil der Finanzminister
garantiert erst ab 1974 übernimmt, bereitstellen.
Bei der BÜRGES ist die Aufnahme von Busek und Lacina noch immer
nicht genehmigt, was ihn schon beunruhigt. Er drängt allerdings
auf eine Richtlinienänderung, da nach seiner Mitteilung nur mehr
75 % des Antragsvolumens von früher derzeit vorliegt. Er möchte
insbesondere eine Erhöhung der 8 %-igen Kreditgrenze. Da ich zu einer
Änderung der Richtlinien n icht bereit bin, fragt er, was mit dem
Rest von 12 – 15 Mill. geschieht, die bei der Bürges übrigbleiben.
Früher wurden diese Restbeträge immer den Wifis zur Verfügung gestellt.
Da ich verhindern will, dass er auf eine Änderung der Richtlinien
hart drängt, erkläre ich sofort, dass an dieser Praxis – die Restbe-
träge den Wifis und damit automatisch auch dem BFI zu geben – fest-
halten werde, ja natürlich sofort eine Einnahmenquelle für die Wifis
erkennt. Durch diese Taktik wird er auch in Hinkunft nur mit geringer
Energie eine Richtlinien-Änderung weiter verfolgen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Nach der nächsten Aufsichtsratssitzung der Bürges
ein Restfinfanzierungskonzept für das Jahr 1973
aufstellen, und versuchen, die Grösse der nicht
ausgenützten Budgetmitteln, die den Wifis zu-
fliessen, feststellen.
Die Vereinheitlichung der diversen Aktionen, meint Mussil, würde
mir auch nicht gelingen, wie er mir bereits vor Jahren prophezeiht
hat. Er selbst hätte einmal intern vorgeschlagen, alle Aktionen
zu streichen und dafür die Debetzinsen zu senken. Dies wäre auf
einen ungeheuren Widerstand in den Ländern gestossen. Man hätte ihn
damals fast in der Luft zerrissen. Die Länder, aber auch die Bürokratie
in den Ministerien wünschten die weitere Fortführung der entspre-
chenden Aktionen. Auf Grund seiner und auch meiner Erfahrung glaube
ich, dass der einzige Ausweg darin besteht, ohne dass ich ihm dies
natrülich gesagt habe, wir lassen die Aktionen schön langsam
eintrocknen, leiten alles ins Gewerbestrukturverbesserungsgesetz
über und kommen vielleicht so aus der Vielfalt der Aktionen heraus.
Über das Algerien-Gas ist er teilinformiert und meint mit Recht,
dass wir uns um dieses sehr bemühen müssen. Ich versichere ihm,
dass wir ein Konzept für die Abgrenzung der diversen Gasimport-
möglichkeiten und über die Funktion der einzelnen Gesellschaften er-
stellen müssen.
Er urgiert die Richtlinien für die Schaffung neuer Arbeitsplätze in
den Entwicklungsgebieten. Die Handelskammer wird eine Forderung erhe-
ben, dass es sich nicht nur um die Schaffung neuer Arbeitsplätze sondern
auch um die Erhaltung der Arbeitsplätze in den Entwicklungsgebieten han-
delt und deshalb die Richtlinien entsprechend modifiziert werden sollten.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Kläre bitte, was er sich eigentlich hier vorstellt.
Ich informiere Mussil, dass ich Ausschreibungen über den Präsidenten des
Patentamtes, der lt. Gesetz nur aus dem Patentamt selbst kommen kann und
über die Besetzung der Sektion Elektrizitätswirtschaft vornehmen werde.
Für diese Sektion kommt nach Auffassung Mussils nur zwei Leute in Frage,
der derzeitige Leiter der Obersten Bergbehörde, Min.Rat Gasser oder
Min.Rat Frank. Ich verneine dies ganz entschieden und meine, es können
sich auch, wenn diese Ausschreibung nicht in der Wiener Zeitung offiziell
veröffentlicht wird, ich aber die Presse davon verständingen werde, auch
andere Interessenten bewerben. Der beste Mann wird dann zum Zuge
kommen.
Beim Journalistenfrühstück, wo wir als einziges Thema nur die Stützungs-
aktion für die Papierindustrie vorgesehen haben, ergibt sich inter-
essanterweise eine Diskussion über verschiedene andere Probleme, ohne
dass wir dies organisieren oder lenken mussten. Diese Imponderabilien
machen mich ein bisschen nervör, da ich noch immer Angst habe, dass
die Journalistenrunde früher oder später an Aktivitäten an Attraktion
verlieren wird und dann aber feststellen muss, dass ich hier scheinbar
vollkommen falsch urteile.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Vielleicht kann man dieses Problem einmal analysieren
und einen entsprechenden Vorschlag vorbereiten.
Zum 25. Firmenjubiläum der Motorradfirma Faber sind sowohl die Italiener
die Tschechen, aber auch die Japaner angereist, um zu gratulieren. Faber
hat mit 15 Mill. sich ein neues Verkaufszentrum gebaut. Unwahrscheinlich,
was man doch an Motorrädern verdienen kann.
Mit Grünwald erörtere ich die Finanzierung der ÖIAG. Grünwald hat als
neue Konzeption vorgesehen, dass die ÖIAG, die ein Eigenkapital von
10 – 11 Mia S besitzt, Wandelschuldverschreibungen von 2 Mia S aufnehmen
möchte. Diese sollten den Gesellschaften, hauptsächlich der VÖEST-Alpine,
als Gesellschaftsdarlehen gegeben werden. Ein grösserer Betrag ist derzeit
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nicht möglich, da das Anlagevermögen, welches der ÖIAG gleichzeitig
das Eigenkapital der Unternehmungen ist , neben dem Kapitalmarkt eine
grössere Anleihe oder ähnliche Kreditoperation nicht möglich macht.
Die VÖEST-Alpine hat derzeit 2,6 Mia S Eigenkapital wozu eine Reserve
von ca. 2,5 Mia S kommt. Seiner Meinung nach müsste nun ca. 400 Mill.
ohne weiteres verkraftet werden können. 1972 hat die Dividendenausschüt-
tung 90 Mill. nah dem System "Schütt aus – hol zurück " betragen.
Eine solche kommt dann in Frage, wenn die vorzeitige AfA genützt ist
und der Restliche Gewinn auf alle Fälle bei der Ausschüttung nur mit
dem halben Körperschaftssteuersatz belastet ist. Die ÖIAG erwartet nur,
dass der Bund eine Erklärung abgibt, dass wenn die Untrnehmungen infolge
einer Wirtschaftskrise nicht imstande sind, Gewinne zu erwirtschaften,
dann der Staat einspringt und die Kreditverpflichtungen der ÖIAG zu
unterstützen. Ich bin froh, dass ich nicht für die Verstaatlichte Indu-
strie verantwortlich bin, weil es hier glaube ich starke Differenzen
zwischen dem Finanzminister, der die Mittel dafür aufbringen müsste oder
zumindestens Verpflichtungserklärungen abgeben müsste und dem Bundes-
kanzleramt gibt, bzw. geben muss.
Da bei der Ordensverleihung Peschke mir zu verstehen gegeben hat,
dass er sich sehr gerne in seiner Pension mit Problemen und Aufträge
beschäftigen würde, ersuche ich ihn, nachdem er bei der Fa. van Sickle
tätig war, über die Lagerung von Erdgas die Pipelines und insbesondere
die Errichtung einer zweiten Raffinerie, Informationen zu sammeln.
Um mir die Meinung anderer als der ÖMV und den internationalen Gesell-
schaften mitzuteilen. Bei dieser Gelegenheit fragt Peschke an, ob
ich etwas dagegen habe, wenn die VÖEST-Alpine ihn als Konsulenten für
die OECD und ECE beschäftigt. Derzeit macht diese Arbeit irgendein
Konsulent, der weit über 70 ist und vom Fachverband seinerzeit nomi-
niert wurde. Ich erkläre sofort meine Zustimmung, wenn es Peschke gelingt
hier sich aktiv einzuschalten.
Gen.Dir. Bauer hat mit Kreisky in seinem Urlaubsort Besprechungen über
die zukünftige Öl- und Gasprobleme geführt. Insbesondere hat er sich
auch beim Bundeskanzler darüber beschwert, dass die OPEC – Gen.Dir.
Khene - sich in Wien infolge mangelnder Betreuung nicht sehr wohl fühlt.
Khene möchte deshalb nach Madrid den Sitz der OPEC verlegen. Ausser
Algerien haben aber alle anderen Staaten dies infolge der hohen Über-
siedlungskosten – ca. 1,5 Mill. S – und sonstiger Ausgaben abge-
lehnt. Ich erkläre Bauer, dass ich bereit bin, jedwede Veranstaltung
die er wünscht zu protegieren, resp. daran teilzunehmen.
Betreffend das Algeriengas hofft Bauer jetzt auf Grund des Ein-
spruches von Kreisky – scheinbar hat er auch diesbezüglich die ableh-
nende Haltung mitverschuldet – dass die Austro-Ferngas bereit ist,
das handeling, d.h. die Übernahme des algerischen Gases in Monfalcone
und die Übergabe an die einzelnen Landesgesellschaften zu erreichen.
Seinerzeit hatte er mit diesem Vorschlag bereits bei Gen.Dir. Gruber
Schiffbruch und starke Ablehnung erlitten. Bauer schwebt vor, dass die
Bohrung, der Import, die Verteilung und der Transport sowie die La-
gerung der ÖMV vorbehalten bleiben soll. Die Landesgesellschaften
hätten nur mehr den Landestransportweg und die Verteilung und den
Verkauf an die Letztverbraucher. Ich habe ihm selbstverständlich
nichts von der Aufgabenstellung von Reisinger und Meszaros, die
fraktionell ein Konzept erarbeiten sollen, gesagt. Ich bin neu-
gierig, ob sich wenigstens die beiden einigen können. Ich glaube
eher nein.
Die Betriebsdirektoren Ritter von Scana und Jeschko von Felix-Austria
unter Führung des Präs. Babanitz von der AK und den Gewerkschaftsfunk-
tionären und den Betriebsräten wollen Absicherungen gegen Ost-
liberalisierung resp. Ober- und Gemüseimporte aus den Oststaaten,
ich erkläre und Min.Rat Hauffe bestätigt dies, dass wir bestrebt sind
ein Kompromiss zwischen den Interessensvertretungen zu erreichen.
Generelle Erklärungen sind sinnlos, hier müsste im konkreten Fall
Einzelprodukt und einzelnes Land durchdiskutiert und dann entspre-
chende Vorschläge erstattet werden. Babanitz wird übernehmen, mit
der AK Wien, die derzeit ein Veto eingelegt hat, zu sprechen,
um die Verhandlungen wieder flottzumachen. Auf alle Fälle stelle
ich auch gegenüber dieser Berufsgruppe fest, dass die Ostliberali-
sierung bereits von meinem Amtsvorgängen zugesagt wurde.
Der österr. Erfinderverband möchte gerne die Abgrenzung zwischen
der Arbeitsgemeinschaft, die jetzt durch die Vereinsgenehmigung
aktiv werden wird und seinem Verband genau festgelegt werden sollte
Insbesondere kommt es dem Erfinderverband darauf an, dass die Be-
treuung der Erfinder, bevor sie sich an die Arbeitsgemeinschaft
wenden, durch den Verband weiterhin erfolgen sollte. Ebenso die Er-
findermesse. Ich erkläre sofort und Gehart bestätigt dies, dass
keinerlei Kompetenzsschwierigkeiten etnstehen werden, da der Er-
finderverband seine Tätigkeit nicht nur fortsetzen soll, sondern
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auch immer womöglich immer in dem Beirat der Arbeitsgemeinschaft aufge-
nommen wird, eine enge Koordinierung erfolgen soll. Sie werden sich mit
dem Geschäftsführer, Ing. Maier, ins Benehmen setzen, um eine Koordinierte
Zusammenarbeit festzulegen. Finanzielle Mittel sehe ich derzeit vom
Handelsministerium nicht, da alle budgetären Möglichkeiten für 1974
der Arbeitsgemeinschaft zufliessen werden.
In der Ministerratsvorbesprechung kläre ich mit Lanc die Personal- und
organisatorischen Änderungen der Gruppe Strassenverkehr und KFZ. Er fragt,
ob ich, nachdem er sich damit abgefunden hat, dass Sedlak bei uns bleiben
wird, bei der Aussprache mit Metzner anwesend sein möchte. Ich überlasse
es ihm, ob er auf meine Anwesenheit Wert legt, wenn er mit Metzner die
Detailbesprechungen führt. Mit der Einsetzung von Arbeitsgruppen wegen
der Problematik Tempo 100 ist er einverstanden.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte die entsprechenden Arbeiten einleiten. Die
nächste Enquete aber bereits mit Lanc resp. Korher
besprechen und drüber abhalten.
Leodolter erklärt mir, dass sie die Vidierung der Gesundheitspässe nicht
der AUA überlassen kann, weil kein einziger anderer Staat dies macht.
Nach ihrer Information muss dies eine staatliche Stelle sein.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte eine Zusammenstellung der anderen Staaten,
wo dies Fluggesellschaften selbst machen dürfen und
die entsprechenden Unterlagen von Koholzer ver-
langen.
Kreisky berichtet, dass auf Grund der Pressekonferenz, die Bacher zur
Beschimpfung nur benutzt hat, endgültig jede Gesprächsbasis verloren sei.
Wenn er sich den Ton eines Psychoterrors gefallen lässt, wird in Hinkunft
ähnlich auch verstaatlichte Betriebe und sonstige Gruppe mit ihm als
Bundeskanzler so sprechen. Bacher sei auch deshalb verärgert, weil der
Redakteursrat mit 16:6 den Vorschlag angenommen hat. Für das Kabelfern-
sehen soll eine Studiengesellschaft herangezogen werden, der Bundeskanzler,
das Verkehrsministeriums und das Unterrichtsministerium werden sich
dieses Problems besonders annehmen.
Die ÖVP hat eine Meinungsumfrage, die verheerend für sie ist. 39 % ÖVP,
49 % SPÖ. Dies sie wie eine Bombe drüben eingeschlagen und deshalb hätte
ein VP-höherer Funktionär sich an ihn gewandt, man möge doch die grosse
Koalition in Erwägung ziehen und gegebenenfalls für die nächsten Wahlen
ankündigen. Die ÖVP ist sich nämlich auch jetzt nicht mehr sicher,
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dass der ÖGB für eine grosse Koalition eintritt. Kreisky dürfte über die
zukünftigen Wahlen sehr zuversichtlich sein. Wenn ich an unsere schlecht
besuchte Veranstaltung dann am Abend – Diskussion mit dem Freien Wirt-
schaftsverband – denke, teile ich diesen Optimismus nicht. Versammlungen
und Stimmungen können allerdings sehr täuschen. Am 21. Oktober werden wir
mehr wissen.
Der Vizepräsident des Verwaltungsgerichtshofes ist zu besetzen und er
wird das System, den rangältesten Senatspräsidenten zu bestellen, aufrecht-
erhalten. Strau soll angeblich ein guter Richter sein.
Für die Abrüstungsgespräche MPFR ist derzeit keine Unterkunft vorhanden.
Das Kongresszentrum ist besetzt, der Redoutensaal geht nicht wegen der
Theater, es bleibt nur das Militärkasino am Schwarzenbergplatz. Dort ist
das Verkehrsministerium einquartiert und er setzt sich deshalb
mit Lanc über die Räumung ins Einvernehmen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Da sich dort die Energiesektion befindet, werden auch
wir indirekt von dieser Aktion betroffen. Kläre bitte mit Korherr, wie
sie dieses Problem lösen.
In Durchführung des Ministeriengesetzes möchte er eine interministerielle
Kommission einsetzen. Er hat vom Verfassungsdienst einen konkreten Vorschlag
und meint, dass eine einheitliche Durchführung der Geschftseinteilung lt. An-
schnitt 3 zu gewährleisten, jeder Minister eine Vertrauensperson in diese
interministerielle Kommission schicken soll. Er selbst beauftragt den
Staatssekretär Lausecker, der in Hinkunft, wie er sich ausdrückt, von
Veselsky alle Verwaltungsagenden übernehmen wird, incl. der Verwaltungs-
reform und Verwaltungsakademie. Vom Verfassungsdienst wird Min.Rat Bahr
dieser Kommission angehören, wie er sich ausdrückt, ein sehr loyaler
und absolut verschwiegener Beamter. Ausnahmsweise melde ich mich zu
Wort, erkläre, dass ich mit einer solchen Kommission sehr einverstanden
bin, um einheitliche Lösungen zu erzielen, doch unbedingt auf eine
baldiges Einsetzen und vor allem einmal positives schnelles Arbeiten der
Kommission drängen muss. Mit Jahresbeginnn sollte man die notwendigen
Massnahmen einvernehmlich schon setzen können. Kreisky verweist noch da-
rauf, dass die bei den einzelnen Ministern vorgesehenen Stäbe nicht an
den Dienstpostenplan, d.h. dem Finanzminister trotz seiner Abwesenheit
erwähnt er dies, scheitern dürften. Scheinbar ist Kreisky jetzt draufge-
kommen, dass in Wirklichkeit nur das Organisationsprinzip, wie wir es
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sofort vor drei Jahren im Handelsministerium eingrichtet haben,ziel
führend sein kann. Ich bin gespannt, wie die anderen Ministerien
dieslösen werden.
Beim Universitäts-Organisationsgesetz bemängelt er, dass in Hinkunft
die Rektoren auch von den Studenten mitgewählt werden. Er meint,
dass damit automatisch reaktionäre Rektoren auf ewige Zeit verankert
werden.
Am 1. Oktober wird zum Jahrestag der chin. Volksrepublik nicht nur
Kreisky sondern auch noch eine grosse Anzahl von Ministern gehen, nach
dem das Aussenministerium grössten WErt darauf legt, weil auch beim
österr. Jahrestag viele Chin. Minister anwesend waren. Dadurch wird
die Zusammenkunft bei GÖC auf 20 Uhr verschoben.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Ich habe keinerlei Zusagen gemacht.
Die Meinungsumfrage wegen der Gesundenpolitik wird Kreisky doch
Fessel mit 470.000 S, Blecha mit 447.000, die beiden haben sich abge-
sprochen und koordiniert, wahrscheinlich bekommen. Das deutsche
Wicher-Institut, das nur 103.000 S verlangt und das Blecha als
kriminell bezeichnet, wird trotz der Empfehlung von Nedomansky
nicht zum ZUge kommen.
Ds Maklerunwesen will Kreisky jetzt dadurch bekämpfen, dass auch die
öffentliche Hand sich um eine Makler-Konzession bewirbt.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte jetzt endlich einmal eine eingehende
Darstellung dieses Maklerproblems und Grund-
stückkaufs und -verkaufs vom Gewerberechtl.
und sonstigen Gesichtspunkten erstellen lassen.
Am besten eine Aussprache fraktionell zwischen
Jagoda, Holoubek und wer sich sonst noch dafür
interessiert, bei mir organisieren.
Kreisky fragt Weihs, ob tatsähclich Poschacher eine entsprechende
Stellung bei ihm bekommen sollte, was Weihs ganz entschieden ablehnt.
Kreisky meint, Poschacher hätte sich disqualifiziert! Ich glaube,
dies geht auf den senerzeitigen Artikel, den er angeblich schon
längst vergessen und verziehen hat, noch immer zurück.
Die NDP entwicklet immer grössere Aktivitäten und Kreisky fragt, wann
denn endlich ein Gesetz gegen deren Tätigkeit kommen wird. Broda
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verweist auf das Strafrecht, wo gegen Verhetzung entsprechend eingeschr
itten werden kann. Das neue Strafrecht wird diesbezügliche Lösungen brin-
gen. Kreisky ist damit nicht allzusehr einverstanden.
Die Energiewirtschaftsvertreter waren bei ihm und wünschen einen Brief
Kreiskys an die Landespartei, dass sie entsprechend auch bei den Lan-
desgesellschaften gehört werden. Kreisky nimmt dies zum Anlasse, um
vorzuschlagen, es sollten die Minister sich überlegen, wie man insti-
tutionalisieren könnten, dass die Betriebsvertretungen in allen Mini-
sterien und in allen öffentlichen Stellen nach gleichen Gesichtspunk-
ten behandelt werden. Er meint, es wären Kontakteinrichtungen zu
schaffen. Häuser weist darauf hin, dass sie auch bei ihm waren und
dass in Wirklichkeit in Villach die soz. Arbeitsgemeinschaft, insbe-
sondere von Schatzmeier und Perl geschaffen wurden, damit sie ihre
persönlichen Aufstiegsmöglichkeiten besser untermauern können. Häuser
sagt, die Fraktionsarbeit beginnt im Betrieb, dort könnten sie sich
betätigen, aber nicht durch entsprechende Organisationsformen, auf
die Postenbesetzung Einfluss nehmen wollen. Ich verweise darauf,
dass ich bereits mit Perl, obwohl ich noch gar nicht dafür kompetent
bin, Kontakt aufgenommen habe und auch in Hinkunft natürlich mit den
Belegschaftsvertretern reden werden.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Vielleicht sollten wir wirklich eine Form finden.
wie wir als ständige Einrichtung neben den Di-
rektoren auch mit den Betriebsräten unter meinem
Vorsitz und teilweise zumindestens Anweseneit
ein solches Kontaktforum schaffen.
Kreisky fragt dann Sinowatz wegen der Rücksendung der Schulbücher
und dieser erklärt, dass er noch nicht weiss, in welchem Umfang
diese ÖVP-Aktion Erfolg haben wird. Wenn natürlich einige tausende
dies tun, dann ist es im Verhältnis zu den Millionen noch immer nicht,
doch würden ihm organisatorische Schwierigkeiten am Minoritenplatz brin
gen. Er ist bestrebt, so schnell wie möglich die Schulbücher auf
Wegwerfbücher umzustellen. Die ursprüngliche Konzeption war ja,
dass letzten Endes Skripten kommen. Die Hauptschiwerigkeit liegt
darin, dass natürlich die Lehrer, die die Bücher ja auch schreiben
bei dem hohen Bücherpreis grössere Honorare bekommen und deshalb sich
einer solchen Änderung der Schulbücher widersetzen werden. Was letzten
Endes berichtet und beschlossen wurde, weiss ich nicht, da ich be-
reits um 1/2 8 Uhr zur Diskussion mit dem FWV auf der Landstrasse
weggehen musste.
Obwohl der Freie Wirtschaftsverband angeblich 4.000 Einladungen ausge-
schickt sind nur 40 anwesend. In dem grossen Saal ein jämmerliches
Häufchen. Ich bin üerzeugt, dass die ÖVP einen entsprechenden Beobachter
geschickt hat, mich stört an und für sich wenig, wenn ich mit einer
kleinen Anzahl von Menschen diskutieren muss, optisch allerdings ist
glaube ich dieses Bild nicht sehr günstig, wenn es der Gegner erfährt.
Ich habe nur neuerdings wieder bestätigt gefunden, dass Organisationen
von der Partei, die irgendwelche Veranstaltungen durchführen, ausser-
stande sind wirklich grössere Menschenmassen zu mobilisieren. Während
die Lehrlingsdiskussion in Linz bei einem vollen Saal durchgeführt
wurde, allerdings vom ÖGB organisiert und im Einvernehmen fest mit der
Handelskammer, die am nächsten Tag dann ihre Refrenten und Diskutanten
zur Verfügung stellte, sind reine Parteiorganistionsveranstaltungen
leider immer sehr schlecht besucht. Es hilft dann auch gar nichts,
wenn bei de Diskussion z.B. der Vertreter der Fa. Ginstl, den ich
in Moskau behilflich gewesen bin, dort aufsteht und seinen Dank
ausspricht und über die gute Zusammenarbeit berichtet, weil in Wirk-
lichkeit niemand dort ist, der dies hört. Nicht das ich eine Propa-
ganda brauche, aber hier handelt es sich doch grösstenteils im
Leerlauf.
Tagesprogramm, 24.9.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesprogramm, 24.9.1973, 2. Variante
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