Freitag, 28. Juni 1974
Herr Wlaschek, Firma Billa, erklärt sich bereit, bei der Preis-
senkungsaktion mitzumachen. Als erste Phase wird natürlich nur
immer von diesen Firmen Preissenkungen angeboten, die sie selbst
gemacht hätten, Danach wäre eigentlich Kritik der Handelskammer-
funktionäre zutreffend, dass diese Aktion eigentlich gar keinen
besonderen Effekt hat. Trotzdem glaube ich, dass dies nicht
ganz zutrifft. Erstens wird von uns versucht, in weiterer Folge
auch noch andere zusätzliche Artikel in die Aktion einzubeziehen
und zweitens werden wir natürlich, wenn erst einmal ein guter
Kontakt zwischen unserem Projektteam, insbesondere zwischen
Welser und Wais und der Firma hergestellt ist, dann versuchen
die Aktionen zu verlängern und gleichzeitig auch auszudehnen.
Von Wlaschek erfuhr ich auch gleichzeitig, dass die Zuckerabschöpfung
wesentlich reduziert wurde und dadurch besonders billige Zuckerl
und Dragees von ihm aus Ungarn importiert werden. Ausserdem kann
er jetzt aus Frankreich Keks billigst importieren. Ich erklärte
ganz offen, dass diese Möglichkeit die Süsswarenindustrie hart
treffen wird, Wlaschek hat die Firma Gebr. Krippner gekauft und
verwendet diese Firma jetzt als Importeur. Besonderes Inter-
esse hatte er daran, von Ungarn grössere Mengen Teigwaren zu
importieren. Dafür erhielt er keine Einfuhrgenehmigung.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Wieso wissen unsere Branchenreferate diese
Details nicht oder informieren mich nicht ?
Hier wäre die Schnellinformation notwendig.
Firma Löwa, Inhaber die deutsche Gruppe Tengelmann, hat wöchent-
liche Preissenkungsaktionen, die nächste 94 Artikel, wo er
angeblich anstelle 16,4 Bruttoertrag von oben, 7,9 % er-
reicht, wo er noch zusätzlich Opfer von 3,5 % bringt. Vom 4.7. –
13.8. wird er eine 25 Artikel umfassende Preissenkungsaktion,
wo er von 17 auf 5,6 geht und 5 % Zusatzopfer bringt. Darüber
hinaus verschiebt er Kronenöl Osolio wo eine Preiserhöhung von
der Paritätischen Kommission schon genehmigt wurde, von 15.6. auf
14.8., für Nescafe vom 1.7. auf 31.7. und Cronat von 14.7. auf
1.8. Dieses Hinausschieben von der Paritätischen Kommission ge-
nehmigten Preiserhöhungen kann er natürlich nicht propagieren,
weil er wahrscheinlich befürchtet, dass ansonsten die Konsumenten
irrsinnige Käufe auf diesem Sektor bei ihm tätigen.
Längerfristige Aktionen kann er leider weder ankündigen noch
machen, weil er befürchtet, dass die Konkurrenz dann seine Sonder-
angebote unterbietet. Deshalb sind seine Monatspreislisten, die er
mit Flugblättern in die Haushalte verteilen lässt, die nächste
vom 24.7. bis 21.8. sowie eine um 108 Artikel Haushaltswaren bis
30.9. Lieferungen von der Firma Ackermann und ganz besonders auch
eine Warenschwemme im Juli, weil er Tardi, welchen er aufgekauft hat,
die Lager räumen lässt, auch nur seine üblichen Aktionsmassnahmen.
Hier zeigt sich, dass wenn wir den Unternehmen nicht versuchen,
neue Wege zu gehen, dass doch die Preissenkungsaktion nur in solche
Sonderaktionen steckenbleiben könnte. Die Unternehmen erwarten
andererseits, dass ich sie bei anderen Wünschen unterstütze. Tengel-
mann möchte einen grossen Verbrauchermarkt in Wien errichten und
50 – 70 Mill. S Kapital aus der BRD importieren. Die OeNB hat sich
natürlich dagegen ausgesprochen. Dass die Firma Kredite dringend
benötigt, hat wahrscheinlich seinen tieferen Sinn, dass die derzei-
tige Zinsbelastung bereits 1 % des Umsatzes ausmacht. Ich musste
auch Löwa erklären, dass die OeNB für Tertiär-Sektor derzeit keine
Einfuhrgenehmigungen gibt.
Das Journalistenfrühstück war verhältnismässig gut besucht, aber
doch nur mit wenig aktiven Journalisten. Diskussion gab es gar
keine. Man sieht, wie wichtig es ist, den bestimmten Jour-Fixe-
Tag Montag 10 Uhr einzuhalten als Pressefrühstück, weil gleich-
zeitig mit meinem auch der Bundeskanzler und der Landwirtschafts-
minister eine Pressebesprechung hielten. Das Fernsehen wollte
nachher mit mir ein Interview über Getreidepreisentwicklung machen
und ich hatte grosse Mühe durch Wais eine Anfrage an mich richten
zu lassen, was eigentlich bei den gestrigen Getreidepreisverhand-
lungen herausgekommen ist. Der Kampf, der hier geführt wurde und
das indirekte Verschulden der Bauernvertretern, dass sie die Kom-
promissbereitschaft Kreiskys nicht ausgenützt haben und anstelle
von den letzten Endes von der Preiskommission beschlossenen 20 gr
eigentlich 25 gr hätten erreichen können, ist untergegangen. Viel-
leicht ist dies aber gut, ich bin überzeugt, dass Bierbaum die Ab-
sicht hat und deshalb auch so wenig kompromissbereit war, die Bauern
neuerdings zu dokumentieren, wie bauernfeindlich diese Regierung ist.
Er hat deshalb lieber 50 Mill. weniger, ca. 1 Mio t Marktleistung
wird bei Roggen und Weizen erwartet, zusätzliches Einkommen den
Bauern vorenthalten, als ein Kompromiss anzustreben. In der
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weiteren Auseinandersetzung werde ich dringendst ausser der hohen
Zinsbelastung für den Preis den Nachweis brauchen, dass der Dünge-
aufwand bei normaler Witterung einen höheren Ernteertrag als 34,1
mq erbringen muss.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte durch Düngefachleute von den Stickstoff-
werken – Rimski kann Dir helfen – und durch Vertrauenspersonen des
LWM oder Hochschulen eine solche Zusammenstellung machen lassen.
Gleichzeitig benötige ich eine detaillierte Aufstellung, wie von
1966 bis 1970 die Kostenbelastung für die Getreideproduktion ge-
stiegen ist, wo man dann letzten Endes aber den Weizenpreis um
7 Groschen gesenkt und den Roggenpreis nur um 5 gr erhöht hat.
Demgegenüber brauche ich die detaillierte Aufstellung für das Jahr
1970 bis jetzt, wo wir natürlich trotz höherer Steigerung der Pro-
duktionskosten insbesondere Düngemittel und Dieseltreibstoff aller-
dings gegengerechnet auch die Treibstoffverbilligung die Erhöhung
um 40 gr bei Weizen und 26 gr bei Roggen. Die Auseinandersetzung
mit den Bauernvertretern wird sehr hart werden.
Ein weiterer Streitpunkt zeigt sich jetzt bereits, nachdem die
Düngemittel neuerdings um 40 % erhöht werden sollen, ein diesbezüg-
licher Antrag von den Importfirmen incl. der WÖF liegt bereits
vor, mit dem Zuckerpreiserhöhungsantrag wird ebenfalls eine harte
Auseinandersetzung zu erwarten sein, nachdem Habig sich trotz
eines Vier-Augen-Gespräches mit mir davon nicht abhalten liess,
den Antrag von 1.40 S Erhöhung einzubringen.
Das Gespräch mit Klaus Emmerich war ganz uninteressant. Wir erfahren
zwar über unseren Botschafter Reiterer keine interessanten Details
von einer wirklichen Insider-Informationen kann ich überhaupt nicht
reden, Emmerich dürfte aber selbst auch nicht sehr viel wissen.
Eine Verbesserung unseres Vertrages, glaubt Emmerich auch, ist jetzt
bei der EG unter gar keinen Umständen zu erreichen. Interessant war
nur seine Frage, ob wir wirklich für die Landwirtschaft bei der
Verhandlung seinerzeit um den Vertrag ein Maximum erreicht haben.
Meine Argument war natürlich, die Landwirtschaft hätte viel mehr auf-
geschrien, wenn auch nur die Spur einer Möglichkeit bestanden
hätte, sie einzubeziehen und wir dies nicht genützt hätten. Wenn
Reiterer mit Jahresende den Posten räumen muss, wird es vielleicht
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notwendig sein, jetzt zu klären, dass der einzig tüchtige Ver-
treter Min.Rat Hausberger schon jetzt telefonisch mich entspre-
chend von entscheidenden Massnahmen, die er erwartet und die
letzten Endes dann auch wahrscheinlich meistens kommen, informiert.
Vielleicht habe ich nicht aufgepasst, aber es war für mich er-
schütternd von Emmerich zu hören, dass die Fleisch- und Viehimport-
beschränkung, d.h. das Verbot sich nur auf einen Zeitraum von
10 Tagen erstreckt.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Hier müssen wir ein besseres Informations-
system ausarbeiten.
Bei der ÖGB-Konferenz soz. Gewerkschafter, der Saal war bummvoll,
über die Kandidatenaufstellung hat auch Benya seine Verwunderung
darüber in seinem Referat zum Ausdruck gebracht. Seine Bemerkung,
wenn es um Kandidaturen geht, sind immer alle da, war sehr polemisch
aber ich glaube zutreffend. Da Hrdlitschka aber auch Benya meinten,
man sollte jetzt über die Preisgesetze im Parlament durch die Novelle
bessere Formulierungen bekommen, habe ich anschliessend mit Weihs
Benya Hrdlitschka über die weitere Vorgangsweise gesprochen. Da
die ÖVP nicht einmal bereit war, den Verfassungsausschuss dafür
einzuberufen, resp. die Gesetze nicht auf die Tagesordnung
dort zu setzen, wird sofort im Plenum in der zweiten und dritten
Lesung über unsere Regierungsentwürfe verhandelt und abgestimmt.
Irgendwelche Verbesserungen, Abänderungsanträge oder Zusammen-
fügung von Gesetzen in ein Gesetz wie es die ÖVP wünscht, sollte
deshalb vermieden werden. Natürlich besteht die Gefahr, dass
die ÖVP das Preisbestimmungsgesetz, welches sie eventuell bereit
wäre, die Verpflichtung, die Zollsenkung weiterzugeben, ins Preis-
regelungsgesetz zu übernehmen, durch die Ablehnung des gesamten
Gesetzes zu gefährden. Benya meint, dass dies auch nichts ausmacht.
Wenn die ÖVP unsere Vorschläge ablehnt, dann wird er dafür plä-
dieren, dass mit Jahresende die Marktordnungsgesetze und de Preis-
gesetze, d.h. alle Wirtschaftsgesetze eigentlich auslaufen. Nach
seiner Auffassung dürfte man der Landwirtschaft jetzt keine Konzes-
sionen mehr auf diesem Sektor mit Jahresende machen. Benya ist
davon überzeugt, dass die Landwirtschaft in der ÖVP stark genug
sein wird, um unsere Wünsche dann bei der Koppelung auch tatsächlich
durchzusetzen. Benya ist ansonsten fest entschlossen, einige Monate
einen gesetzlosen Zustand auf dem Sektor der Marktordnungen d.h.
Getreide, Milch und Vieh, in Kauf zu nehmen. Er glaubt, die
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Landwirtschaft würde dies nie durchstehen. Ich bin auch davon über
zeugt, dass dies ein ganz schwerer Schock und ganz neue Schwierig-
keiten und Probleme für die Landwirtschaft bringen würde, weshalb
sie wahrscheinlich innerhalb der ÖVP sehr wohl dann entspre-
chende Änderungen, die wir verlangen, durchsetzen würde. Inter-
essant war die Bemerkung von Robert Weisz, wenn wir keinerlei
Preisgesetze mehr haben, müsste man halt wie ich das jetzt machen
auch auf freiwilliger Basis eine Möglichkeit schaffen, doch
Preissenkungen usw. durchzusetzen. Über die Breitenwirkung
meiner Aktion und ganz besonders über den positiven Einfluss
bei Spitzenfunktionären war ich eigentlich sehr erstaunt. Noch
mehr allerdings über den Optimismus, den man dieser Aktion entge-
genbringt.
Bei der Eröffnung des Möbelhauses der Firma Pastejrik auf
der Pragerstrasse begründete ich, warum ich gerade zu dieser
Eröffnung gekommen bin. Wenn eine Firma sich bereiterklärt, mit
mir in der Preissenkungsaktion zusammenzuarbeiten, bin auch
ich bereit für diese Firma in aller Öffentlichkeit etwas zu
tun. Hier war es der Wunsch die Eröffnung vorzunehmen, man hat
sogar zu diesem Zweck die Fertigstellung beschleunigt und nach
dem Prinzip, eine Hand wäscht die andere, kam ich gerne. Schein-
bar spielt es doch für den normalen Staatsbürger eine grosse Rolle,
den Minister bei irgendwelchen Anlässen präsentieren zu können,
ich selbst habe dafür kaum ein Verständnis, stelle aber jetzt
wirklich fest, dass die grosse Masse der Bevölkerung hier eine
andere Meinung hat. Hier muss ich nur aufpassen, dass ich nicht
allzu sehr von meinen Grundsätzen abweiche. Natürlich sind diese
kleinen Anerkennungen, die ich ja nur geben kann, sei es wie
Heindl von mir wünschte, ein Geburtstagsschreiben für den
84-jh. Schöps, der angeblich im Sterben liegt, sei es der
Wunsch von Frau Kuchar, der Besitzerin von der Firma Pastejrik,
ihr Haus zu eröffnen, seien es die persönlichen Einladungen in
mein Ministerium zu Gespräche mit Einzelfirmen oder gar die Aus-
zeichnung nach § 58 Gew.O oder sonstigen Orden, ich muss auf-
passen, dass ich nicht allzu viel von meinen Grundsätzen aufgebe.
Sicher ist allerdings eines, viele Firmen sind bereit, jetzt
bei der Preissenkungsaktion mit mir zusammenzuarbeiten, wenn man
will sogar durch Verbindung ihrer normalen Aktionen mit meinem
Namen mein Image als Preissenker richtig erst aufzubauen, oder
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zumindestens zu verbessern, ist eben mit Firmen, denen ich
vorher sei es eben durch Eröffnung, Auszeichnung oder sonstige
eine gewisse Anerkennung ausgesprochen habe. Hier gilt wirklich
der Grundsatz, eine Hand wäscht die andere, nur eben nicht in dem
negativen Sinne verstanden, dass man sich gegenseitig gute Ge-
schäfte zuspielt oder gar kleinere oder grössere Beträge bekommt
sondern in aller Öffentlichkeit eben als Minister in Erscheinung
tritt. Für die Firma sicher ein Werbeeffekt vor allem aber natürlich
eine persönliche Anerkennung.
Bei der Vorbereitung für Algerien habe ich dann ausser den
sehr umfangreichen Unterlagen, die ich im vergangenen Jahr über
Algerien-Gas sammelte noch die neuestens Informationen von GenDir
Reisinger und Gesch.Führer Schmidt von der Austria-Ferngas erhalten.
Je mehr ich mich mit den Details beschäftige, umso mehr kommt mir
zu Bewusstsein, welche grossen Fehler die ÖMV gemacht hat, sich
nicht auch auf diese Lieferquelle zu stürzen. Für mich vom Standpunkt
der Versorgung muss es recht sein wenn so wie beim Öl die ÖMV
auch hier bei Gas nicht ein Monopol bei der Einfuhr hat. Je
breiter gestreut unsere Energiebasis ist, umso besser für mich
und natürlich auch für die österreichische Wirtschaft. Ich bin
sehr gespannt, was ich in Algerien zu diesem Problem hören werde.
Die Algerier sind angeblich daran interessiert, auch mit anderen
Firmen über Öllieferungen und einer eventuellen Raffinerie in
Österreich Besprechungen zu führen. Wenn ich nicht, wie der österr.
Botschafter scheinbar als grosse Leistung vereinbart, alle die
Minister und Staatssekretäre besuchen muss sondern vielleicht mich
wirklich auf ein paar Fragen konzentrieren kann, müsste die Algerien-
Reise sehr interessant sein. Mir eine Lastwagenfabrik zu zeigen,
halte ich allerdings für sinnlos. Was mich in Algerien interessiert
ist Gas und Öl. Fälbl der als Vorausabteilung bereits drüben ist,
wird versuchen, ob und inwieweit es diesbezügliche Möglichkeiten
gibt.
Tagesprogramm, 28.6.1974