Donnerstag, der 8. August 1974

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Donnerstag, 8. August 1974

Sallinger und Mühlbacher hatten sich auf meine Empfehlung über
die Aufteilung der zusätzlichen Komm.Rat Titeln für 125 Jahre
Handelskammer Salzburg und Vorarlberg getroffen, Sallinger be-
fürchtete, daß Mühlbacher sich mit ihm nicht einigen wird, weshalb
ich sofort zu dieser Sitzung in die Handelskammer eilte. Als ich
ihnen mitteilte, daß sie damit rechnen könnten, daß der Bundes-
präsident 10 zusätzliche Komm.Rat Titel Salzburg und Vorarlberg
zur Verfügung stellt, war ich erstaunt zu erfahren, daß man in
Wien und Burgenland immer ein Drittel zu zwei Drittel aufgeteilt
hat, während man in Salzburg und Vorarlberg Mühlbacher nur von
den 10 zwei beanspruchte, weil Sallinger sofort erklärte, er könne
den Aufteilungsschlüssel im Osten nicht akzeptieren. Ich schlug
darauf vor, man sollte mindestens sieben zu drei, die interne
Aufteilung vornehmen. Sallinger stimmte dem zu, verlangte aller-
dings, dann zumindestens für Salzburg ein 11, d.h. also 8 zu 3.
Dies war deshalb möglich weil Wien mit 65.000 Mitglieder 15,
Aufteilungsschlüssel 9 zu 6, Burgenland mit 8.000 Mitgliedern
bei 50 Jahre-Feier 6, Aufteilung 4 zu 2, Salzburg mit 18.000
125 Jahre 11, Aufteilung 8 zu 3 und Vorarlberg 11.000, 10 Auf-
teilung 7 zu 3 als gerecht von mir empfunden wurden.

Sallinger stellte neuerdings fest, daß er mit Benya über die
leidige Zuckeraffäre gesprochen hat und Benya ihm zustimmt, daß
er erst im September sein Präsidium wegen der eventuellen Freigabe
§ 3a einberufen kann.

In der Zuckersache hat dann Mauthner mit mir Kontakt gesucht um
mir mitzuteilen, daß ihm Dr. Habig versicherte, er wäre zu einem
neuen Kompromiß bereit. Anstelle der 80 Groschen Würfelpreiserhöhung
von 7.90 auf 8.70 wäre die Möglichkeit mit 8.40 abzuschliessen.
Insbesondere aber bei Gelierzucker, der von 12.20 auf 14 Schilling
erhöht wurde, wäre die Zuckerindustrie bereit auf 12.50 zurückzu-
gehen. Bei Kleinwürfeln könnte man auch noch über die Preiserhöhung
reden. Details konnte Mauthner mir nichts sagen. Mauthner hat des-
halb ein großes Interesse daran, daß dieser Streit bereinigt wird,
weil er sonst kaum eine Aussicht hat, das Import-Exportgeschäft
abzuschliessen, er ist sich vollkommen klar darüber, daß er, wenn es
zu keiner befriedigenden Regelung mit der Arbeiterkammer kommt, daß
es beim Import-Exportgeschäft zumindestens, wie er sich ausdrückt,
25 Auflagen kommt, die ihm dann die Abwicklung des Geschäftes


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kaum ermöglichen, Ich selbst stehe nach wie vor auf dem Stand-
punkt, daß es notwendig wäre zu versuchen, andere Importeure
für eventuellen Zucker jetzt schon zu sichern. Mauthner hat
scheinbar auch die Landwirtschaft mobilisiert weil durch das
Exportgeschäft ja bekanntlicherweise ein gewißer zusätzlicher
Betrag für die Rübenbauern sowie im Jahre 73, 74 herausgewirt-
schaftet werden soll, solange aber nicht ein endgültiger Abschluß
getätigt werden kann, besteht die Gefahr, daß es zu keinen größeren
Exporten kommt und dann natürlich auch die zusätzlichen Rüben-
groschen für den Erzeuger nicht mehr bezahlt werden können. Mauthner
ersuchte mich, ich sollte mit dem Gewerkschaftsbund und der Arbeiter-
kammer über diese neue Situation reden. Ich habe diesbezüglich
dann mit Benya und Lachs über dieses Problem bei Anwesenheit sogar
noch von Sekretär Dallinger, Privatangestellte, verhandelt. Benya
war sofort bereit, die Preisunterkommission einzuberufen um über
das neue Angebot zu verhandeln und wenn es zu einem brauchbaren
Ergebnis kommt auch tatsächlich abzuschließen. Er meinte nur, man
müßte auch noch Hrdlitschka fragen damit nicht neuerlich sich die
Arbeiterkammer benachteiligt oder gar vielleicht erklärt, an den
Verhandlungen nicht teilzunehmen. Tatsächlich hat dann ein Telefon-
gespräch zwischen ihm und Hrdlitschka ergeben, in das mich Benya
auch einschaltete, daß Hrdlitschka derzeit überhaupt nicht bereit
ist über irgend etwas zu debattieren. Er meinte mir gegenüber, man
sollte nicht so nachgiebig sein und die Zuckerindustrie soll sich
direkt an die Arbeiterkammer wenden. Benya war über diese Haltung
sehr verärgert, weil er auf dem Standpunkt steht, wenn die Zucker-
industrie ein solches Angebot anbietet, dann sollte man dieses
auch akzeptieren. Vorher muß man aber darüber reden und nicht so
stur schalten, wie dies Hrdlitschka momentan tut. Für mich ist
überhaupt unerklärlich warum er es bis auf die Spitze treiben will,
nachdem er sich nicht bereit erklärt hat, den § 3a tatsächlich an-
zurufen. Hätte der Gewerkschaftsbund diesen Brief nicht geschrieben,
dann hätte überhaupt bis zur nächsten Paritätischen Kommission nichts
geschehen können. Hrdlitschka war angeblich nur bereit und hat dies
auch durchgeführt, einen Protestbrief an Sallinger zu richten.
Sallinger erklärte, daß ihm Gen.Sekr.-Stellvertreter Walkolbinger
von der Handelskammer erklärt hat, daß dieser einem § 3a gegen die
Zuckerindustrie zustimmen wird. Sollte dies tatsächlich der Fall
sein, dann ist die ganze gute Argumentation, die Handelskammer


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hat noch nie einem § 3a zugestimmt, hinfällig. Eine Einbeziehung
in die Preisregelung von Würfelzucker ist nach Auffassung Dr. Singers
nicht möglich. Die Preise für Würfelzucker wurden nicht sistiert
sondern durch eine Kundmachung aus der Verordnung ausgenommen.

Anmerkung für WAIS: Bitte laß den Rechtsstatus genau prüfen ob tat-
sächlich bei einer Herausnahme mit Kundmachung nicht wieder mit
Kundmachung dies in die Preisregelung einbezogen werden kann.

Staats.Sekr. Haiden, er wollte von mir wissen ob das Marktordnungs-
gesetz in der Fassung des Landwirtschaftsministeriums, welches er
als äußerst dürftig bezeichnet, überhaupt Chancen hat beim Gewerk-
schaftsbund und bei der Arbeiterkammer durchzukommen. Ich erklärte
ihm sofort, daß ich dies kaum der Fall sein wird. Haiden möchte
deshalb in den Entwurf die Vorschläge der Arbeiterkammer, Blaha,
die er schon kannte, einbauen. Für ihn erschien nur wichtig, ob
der Gewerkschaftsbund tatsächlich nicht nur keinen Wert darauf
legt in die Verwaltungskommissionen aufgenommen zu werden, sondern
dies ganz entschieden ablehnt. Ich erklärte, mit Benya darüber zu
reden wobei ich vorwegnahm, daß Benya sicherlich, wenn eine ver-
nünftige Marktordnungsgesetznovelle beschlossen wird, sicherlich
auch bereit ist, daß der Gewerkschaftsbund in den Kommissionen mit-
wirkt, wenn dagegen nur der Gewerkschaftsbund in ein unzulängliches
Gesetz aufgenommen wird, wird man ihm dann vorwerfen, er stimmt dem
Gesetzentwurf jetzt nur deshalb zu, weil er sich in die Kommissionen
verankert hat. Benya hat mir dann auch tatsächlich bestätigt, daß
dies seine Machination war und er nach wie vor aufrecht hält, nur
dann einem Gesetzentwurf zuzustimmen, wenn der Gewerkschaftsbund
mitwirken kann, wenn der Gesetzentwurf auch in materieller Hinsicht
die Erwartungen der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes er-
füllt.

Haiden möchte den Gemeinden die Seeufer der Bundesforste abtreten.
Derzeit besteht ein Erlass, daß die Gemeinden dafür 4 % Pachtzins
zahlen. Haiden möchte dem Finanzminister dafür gewinnen, daß er
hier eine wesentlich geringere Pacht verlangen kann, glaubt aber,
daß auch dann die Gemeinden nicht imstande sind, die Pacht aufzu-
bringen und meint ob die aus dem Fremdenverkehrsbudget hier irgendwie
welche Zuschüsse geben können. Ich habe ihm sofort erklärt, daß ich
dazu keine Möglichkeit habe. Das Einzige wo wir helfen können
daß ist, daß wir den Gemeinden für die Ausgestaltung der Seeufer


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für Infrastruktur-Investitionen Zinsenzuschüsse gewähren.

Anmerkung für GRÜNWALD: Bitte Haiden Detailinformationen von der
Abteilung zukommen lassen.

Die Sägewerke sind an Haiden herangetreten, damit sie für ihr Schnitt-
holzlager Zinsenzuschuß vom Handelsministerium bekommen sollen. Ich
habe ihm nicht im unklaren gelassen daß eine solche Stützungsaktion
von uns nicht in Frage kommt. Ich habe weder dazu budgetäre Mittel
noch bin ich bereit solche zu verlangen.
Mit Benya und Balinger besprach ich das Problem der Überstellung
von Arbeitern in den Angestelltenstatus. Der erste größere Fall
war bei der Metallarbeitergewerkschaft die Firma Eumig. Dort hat die
Firma alle Arbeiter zu Angestellten gemacht. Benya steht auf dem
Standpunkt daß wir dagegen nichts unternehmen können, wohl aber
verlangen müssen, dass das Tätigkeitsmerkmal das entscheidende für die
weitere Einstufung in den Kollektivvertrag entweder der Arbeiter
oder der Angestelltengewerkschaft ist. Bei Eumig ging man her und hat
die Zeitlöhne durch eine entsprechende Einstufung in das Gehalts-
schema der Angestellten auch hier defacto zu Angestellten gemacht.
Nur bei Akkordlöhnen war dies nicht möglich, weshalb dort nicht der
Kollektivvertrag der Metallarbeiter gilt. Eine ähnliche Situation
ergab sich bei den Bauarbeiter der Firma Leitl der Oberösterreichischen
Ziegelei mit Gewinnbeteiligung. Auch dort hat das Unternehmen alle
Arbeiter zu Angestellten gemacht und die Angestelltengewerkschaft
hat angeblich sich um die Organisation der dort schon organisierten
Bauarbeiter interessiert. Auch für die Lebensmittelarbeiter kann
für den Bereich der Konsumgenossenschaften in nächster Zeit so etwas
aktuell werden. Betriebsratsobmann Sireni von der KGW möchte mit den
Konsumgenossenschaftsausschuß, wo alle Konsumbäcker und Fleischer
usw. vertreten werden, versuchen die Überführung in das Angestellten-
status zu erreichen. Dies hätte für die Metallarbeiter, Bauarbeiter,
aber auch für die Lebensmittelarbeiter eine entscheidende Bedeutung,
weil es früher oder später dann in allen Betrieben dazu kommen wird,
daß man die Arbeiter schon allein aus Kostenersparunggründen zu
Angestellten macht. Je mehr nämlich die Arbeitergewerkschaften die
Angleichung an die Angestelltenrechte erreichen, umso geringer wird
das Interesse der Unternehmer sein, die jahrzehntealte Differenzierung
zwischen Arbeitern und Angestellten aufrecht zu erhalten. Im Gegenteil
das Unternehmen wird durch die Tatsache dann Angestellte nur mehr zu
haben, in der Pensionsversicherung, aber vor allem aber in der Unfall-


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versicherung bei der Krankenkasse sich entsprechende Pflichtbei-
träge zu dieser Versicherung ersparen. In der Unfall ist es gleich
1 1/2 %, ein l/2 % bei Angestellten, 2% bei Arbeitern. Das Risiko
aber für die Unfälle bleibt nach wie vor gleich und es wird daher
früher oder später, wenn diese Bewegung immer größer wird, die Unfall-
versicherung schwer defizitär. Nach den Arbeiterkammerwahlen wird sich
der Gewerkschaftsbund mit diesem Problem eingehend beschäftigen
und auf den nächsten Bundeskongress werden wir darüber Beschlüsse
fassen müssen. Die ursprüngliche Idee war, eventuell Industrie-
gewerkschaften zu errichten. In diesem Fall wäre nicht nach Kategorien
Arbeiter und Angestellte die Organisation erfolgt, sondern es hätte
für jeden Betrieb eine Organisation, z.B. eben die Metallarbeiter
existiert, dort wären die Arbeiter und die Angestellten organisiert
worden. In der Bundesrepublik Deutschland hat man dieses Organisations-
prinzip eingeführt und dabei ganz schlechte Erfahrungen gemacht. Die
Angestellten waren nicht bereit, sich bei Arbeiterorganisationen
organisieren zu lassen. Wir haben deshalb in Österreich sehr ge-
schickt und richtig eine eigene Angestelltengewerkschaft geschaffen.
Jetzt hat es aber den Anschein wie wenn das Industriegruppenprinzip
über die Hintertreppe eingeführt wird. In diesem Fall wären alle
Angestellte und es gäbe keine Arbeitergewerkschaften, dies bedeutet
aber, daß dann die echten Angestellten benachteiligt wären.

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Tagesprogramm, 8.8.1974


Tätigkeit: Beamter HM


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    Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


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      Tätigkeit: AK, ÖIAG
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        Tätigkeit: BRO KGW


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          Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


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                Tätigkeit: AK


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                  Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
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                    Tätigkeit: Präs. Verb. d. öst. Zuckerindustrie


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                      Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                        Tätigkeit: Lebensmittelhändler
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                          Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                            Tätigkeit: GS-Stv. HK


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