Freitag, der 9. August 1974

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Freitag, 9. August 1974

Meinen Aufenthalt in Tirol nützte ich um LH Wallnöfer meinen Dank
auszusprechen, daß er als erster LH sich entschlossen hat bei der
freiwilligen Preissenkungsaktion auch auf Landesebene mitzumachen.
Wallnöfer sagte mir, er hätte seinerzeit als Raab diese Aktion ge-
startet hat, nicht sehr viel davon gehalten. Raab hat damals ver-
sucht, in einer Zeit, wo ebenfalls die psychologische Einstellung
in den 60 Jahren auf immerwährende Preiserhöhungen weder durch
freiwillige Preiskontrollen noch durch die amtliche Preisregelung
gedämpft werden konnte mit einer groß angelegten freiwilligen
Aktion ohne Kontrolle ausgehend vom Brot, Bier und einigen anderen
Nahrungsmittelpreisen eine Preissenkungsaktion zu starten. Wallnöfer
meinte, zuerst wäre damit überhaupt kein Erfolg zu verzeichnen gewesen
und er war sehr skeptisch, doch im Laufe der Tage und Wochen zeigte
sich dann daß doch eine solche Aktion vor allem eine psychologische
Wirkung hat. Er hoffe, daß auch diesmal ein solcher Erfolg zu ver-
zeichnen wäre. Er selbst konnte mir allerdings nur einen Bericht
zeigen wonach der zuständige Hofrat seines Landesamtes ihm nur konkret
berichtete, daß einige unbedeutende Wurstsorten um 3 Schilling pro kg
gesenkt wurden, trotzdem will Wallnöfer insbesondere im Hinblick auf
die Olympiade so wie 1963 er eine vorolympische Preiskommission einge-
setzt hat, diese Preiskommission auf freiwilliger Basis auch heuer
wieder als eine solche ausbauen. Wallnöfer spürt, daß er mit einem
noch so großen Erfolg für das Land Tirol bei einer Olympiade wenn die
Preise gleich irrsinnig steigen die eigene Bevölkerung sehr verärgern
würde. Ich habe Wallnöfer unsere Zusammenfassung aller Preissenkungen
gegeben obwohl diese Unterlagen natürlich die Landesregierung d.h. der
Beamte schon längst bekommen hat. Er war darüber sehr erfreut.

Wallnöfer wollte auch von mir erfahren wie weit die Marktordnungen
tatsächlich gefährdet wären. Er selbst meinte, diese seien vorbildlich
in Europa und sollten unter allen Umständen beibehalten werden, z.B.
hat in der Viehwirtschaft jetzt Tirol eine furchtbar schwierige Phase,
das Land gibt selbst 1.500 Schilling insges. 30 Mill. Schilling zu den
1.500 Schilling, die der Bund je Export-Kuh gibt riesige Mittel aus,
ähnlich ist auch bei anderen agrarischen Produkten, trotzdem sind die
Bauern natürlich durch den fallenden Viehpreis im Export auch mit
diesen großen Stützungen nicht zufrieden, sollten allerdings die Markt-
ordnungsgesetze nicht mehr existieren wäre dies für die Landwirtschaft
ein schwerer Schlag, ich habe natürlich keinerlei Stellung abgegeben


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sondern erklärt, dafür ist der Landwirtschaftsminister zuständig
und es wird ja wahrscheinlich jetzt über dieses ganze Problem
eine eingehende Verhandlung und Diskussion geben.

Für den Fremdenverkehr und sonstige Wirtschaftsförderung meinte
Wallnöfer nachdem auch in Tirol die Zinsen von 8 auf 10 % und
noch höher gestiegen sind, sollte man auch den Zinsenzuschuß über
3 % hinaus erhöhen. Ich erklärte ihm sofort, daß ich dafür keine
wie immer gearteten Geldmittel habe auch eine solche vom Finanz-
minister nicht beanspruchen werde, sondern daß maximal die Ober-
grenze von 8 % in der nächsten Zeit erhöht wird werden, damit die
3 %-igen Zinsenzuschüsse ausbezahlt werden können.

Auf dem Energiesektor meinte Wallnöfer, es werde jetzt im September
der Baubeschluß der TIWAG über Sellrain, Silz 700 MW gefaßt werden
können. Bezüglich von Schwierigkeiten mit den Deutschen, insbesondere
bei der Kapitalbeschaffung, wollte oder wußte er tatsächlich nichts,
meinte aber, es wäre immer noch die Möglichkeit dann in Osttirol ent-
sprechende Kapitalinvestitionen in der Energiewirtschaft, sei es
österreichischerseits oder sei es von der deutschen Seite zu tätigen.
Ich verwies darauf, daß derzeit die Wasserkräfte in Österreich auch
nach dem Gesichtspunkt ausgebaut werden sollten, sie auf alle Fälle
der österreichischen Wirtschaft zu erhalten.

Bezüglich der Beteiligung von Tirol bei der Austria-Ferngas, Wallnöfer
schwebt eine ca. 2 %-ige vor, habe ich ihm dezidiert gesagt, daß ich
sehr einverstanden bin und wünsche, daß alle Landesgesellschaften
in die Austria-Ferngas eintreten sollten damit ein überregionales
Verteilungssystem mit allen Ländern gemeinsam aufgebaut werden kann.
Wallnöfer möchte auf alle Fälle, daß Tirol bei den Gaslieferungen
von Algerien entsprechende berücksichtigt wird, er meinte, Tirol
hätte auch eine Gelegenheit gehabt eine Raffinerie im Zusammenhang
mit der Ölleitung Thal zu errichten. Mein Hinweis, daß der Bedarf
dafür überhaupt im Westen nicht gegeben ist sondern wahrscheinlich
über ein Zwischenlager sei es durch die ÖMV sei es durch Landesge-
sellschaft sei es durch private Händler viel besser zu erreichen sei
hat Wallnöfer dann veranlaßt mir zu erklären, er hätte sowieso schon
mit Gen.Dir. Bauer von der ÖMV diesbezügliche Besprechungen geführt und
werde sie fortsetzen.

Die Aussprache mit Wallnöfer war sehr erfreulich, sehr positiv und
hat mir wieder einmal mehr bestätigt, daß dies ein gewachsener Politiker
ist, der sich nicht auf die ÖVP-Oppositionslinie zwängen läßt, sondern


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eben für sein Land versucht mit allen Ministern auszukommen damit
für Tirol eine maximale Lösung erreichen kann. Ich konnte ihm aller-
dings keinerlei Zusagen machen da ich in dieser Hinsicht sehr vor-
sichtig bin, er selbst glaube ich, hat allerdings keine erwartet.

Mit den Herren der Tiroler Wasserkraftwerke, Praxmarer, Sommersacher
und insbesondere dem Bau-Direktor Pichler besprach und besichtigte
ich das Kraftwerk Sellrain-Silz, die TIWAG hat hier von der Verbund
die Genehmigung bekommen, es hat darüber glauche ich nicht einmal eine
harte Diskussion gegeben, dieses Kraftwerk so zu errichten, daß zwei
Drittel davon von den Deutschen finanziert werden und ein Drittel
von Österreich. Dafür wird die TIWAG dann entsprechende Stromexport-
mengen nach Deutschland liefern, solange bis der Kredit abgezahlt ist.
Die Baukosten belaufen derzeit sich auf 4 Milliarden Schilling und
für Zinsen wird ca. 1 Milliarde ohne Gleitung also 5 Milliarden Schilling
gerechnet. Ich habe zwar von der Sektion V entsprechende Unterlagen
bekommen, aber die wirklichen Probleme wurden dabei nicht einmal berührt.
Ich fürchte sogar, daß die Sektion die Details gar nicht kennt.

Anmerkung für GEHART: Versuche zu klären, wieweit die Sektion oder wir
fraktionell überhaupt von den Landesgesellschaften über deren finanzielle
Gebarung und Absicht wirklich konkret wissen.

Tätigkeit: Dir. TIWAG


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    GND ID: 118764136


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      Tätigkeit: GD ÖMV


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