Montag, 21. Oktober 1974
Nekula verständigt mich, daß jetzt mit Index-Spezialisten den
neuen Strompreisantrag von der Gemeinde Wien durchberaten haben.
Die Gemeinde hofft, daß sie eine Lösung findet, wo sie die be-
nötigten 130 Millionen Schilling Einnahmensteigerung kriegt,
ohne daß die ärmeren Leute zu stark belastet werden und damit
auch der Index nicht zu stark belastet wird, obwohl eine solche
Lösung niemals geben kann. Das Zurückbleiben der Grundgebühr
für die ersten zwei Tarifräume, mit 2 Schilling seinerzeit fest-
gelegt, kann, wenn sie hier eine Korrektur vornehmen, nur immer
wieder Belastungen der großen Masse, sicherlich vielleicht er-
trägliche, aber immerhin Belastungen und damit nur auch entsprechen-
de Belastungen im Index bringen, weil dort bis zu 3 Tarifräume er-
faßt sind.
Ges. Bauer von Ostberlin teilt mir mit, daß nach wie vor zwischen
den Ostdeutschen Behörden und dem Handelsdelegierten Castek große
Spannung herrscht. Ich frage Bauer, ob er jemals schon mit der
Handelskammer darüber gesprochen hat, er erklärt mir, daß sich
Koch einen Besuch bei ihm angemeldet hat. Scheinbar will jetzt
Gleissner und Koch dieses Problem zumindestens einmal mit ihm
besprechen.
Beim Jour fixe mit Sallinger und Mussil frage ich diese, ob sie
nicht zweckmässigerer Weise einmal mit dem Gesandten Bauer sprechen
wollen, nachdem dieser in Wien ist und sie vereinbarten sofort eine
Aussprache. Beide nehmen zur Kenntnis, daß ich primär nicht daran
interessiert bin, ihre Personalpolitik bei der Bestellung der Außen-
handelsstellenleiter zu beeinflussen, doch scheint es mir wichtig,
daß, wenn wir größere Geschäfte mit der DDR machen wollen, der
Außenhandelsstellenleiter nicht immer wieder ausgeschaltet wird.
Anmerkung für BUKOWSKI: Versuche mit Bauer nach der Aussprache zu be-
sprechen, um die Meinung seiner weiteren Vorgangsweise zu erfahren.
Sallinger ersucht mich, daß ich als stellvertretenden Vorsitzenden
für die Hauptwahlbehörde der Handelskammer anstelle des vorgesehenen
Fries, der angeblich dies auch schon jahrelang gemacht hat, Thun-
Hohenstein bestimme. Ich erkläre, daß es mir persönlich im Prinzip
ganz wurscht ist, wer Vorsitzender und Stellvertreter der Hauptwahl-
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behörde ist, doch möchte ich dies mir noch überlegen. Als
ich mit Jagoda über dieses Problem sprach, meinte er sehr ver-
wundert, es sei auch der Vorsitzende, bisher soll es MR Fenz
gewesen sein, so sagte mir zumindest Sallinger, doch hätte man
sich geeinigt, daß nicht ein Beamter der schon pensioniert ist,
dafür in Frage käme. Vielleicht hat dies Sallinger verwechselt,
oder Jagoda kann sich nicht genau daran erinnern. Auf alle Fälle
muß dies bis zum nächsten Jour fixe geklärt sein.
In das Energiesparkomitee für Mussil hat die Sektion V einige
Fachverbände der Handelskammer eingeladen, wieder aber vergessen,
daß die Handelskammer als solche eingeladen wurde. Mussil hat des-
halb ersucht, man möge den Dr. Rief von der Handelskammer ebenfalls
dazu einladen, der die Koordinierung der Energiefragen in der
Handelskammer vornehmen soll. Ich habe mir als Arbeiterkammerdir.
auch nicht vorschreiben lassen, wer von den einzelnen Abteilungen
eingeladen wird, sondern immer darauf bestanden, daß dieses Ent-
scheidungsrecht selbstverständlich der Vorstand der Arbeiterkammer
hat. Trotzdem kann ich mir vorstellen, daß einzelne Sektionen mit
gewissen Dachverbänden, Gremien usw. so gute Beziehungen haben, daß
sie deren Delegierten in Ausschüssen wünschen. Dann muß aber zu-
mindestens die Handelskammer zusätzlich eingeladen werden.
Anmerkung an ALLE: Bitte in Hinkunft dies doch stärker beachten,
und gegebenenfalls mich besonders darauf aufmerksam zu machen,
wenn andere Entscheidungen getroffen werden sollen.
Der Sekretär von Sallinger, Pichler, war in Japan und hat mit dem
dortigen Handelsdelegierten Pfeiffer auch über die japanischen
Wünsche, den Artikel XXXV nicht mehr anzuwenden, gesprochen. Ein
gewisser Emdo aus dem japanischen Handelsministerium hätte in-
offiziell wissen lassen, daß die Japaner bereit sind, ein Jahr
noch den Artikel XXXV zu akzeptieren, wenn sie dann eine Zusicherung
bekommen, daß nach dieser Periode endgültig die Diskriminierung
Japans aufgehoben wird. Mussil möchte nun, daß wir dieses Ver-
längerung tatsächlich durchführen, in der Zwischenzeit Verhandlungen
führen, um wie er glaubt, mindestens dieselben Klauseln zu bekommen,
wie die Japaner, am Anfang wie sich noch für die Nichtanwendung
des Artikels XXXV viel haben kosten lassen, z.B., den Belgiern
oder Holländern gegeben haben. Ihm konnte nicht einmal beeinflussen,
daß ich ihm auseinandersetzte, bereits vor vier Jahren mit einer
japanischen Delegation darüber gesprochen zu haben und feststellen
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mußte, daß die Japaner nicht bereit sind, der Europäischen
Gemeinschaft hier eine besondere Schutzklausel zu geben. In der
Zwischenzeit haben die EG-Staaten beschlossen, nachdem sie nur
eine gemeinsame Politik machen können, die Japaner nicht bereit
sind, die Schutzklausel, die sie einzelnen EG-Mitgliedern gegeben
haben, auszudehnen, daß jetzt bilaterale Verhandlungen zwischen
diesen Staaten und Japan beginnen müssen.
Anmerkung für WANKE und BUKOWSKI: Bitte dieses Problem in der Grund-
satzgruppe neuerdings, aber insbesondere mit Meisl durchbesprechen.
Bei den Strumpfhosenimporten glaubt die Handelskammer, daß sie
Gesetzesbeschränkung deshalb nicht durchführen kann, weil die Firma
Ballograf mit den französischen Strumpfhosen BIC sich nicht an
Vereinbarungen halten wird, obwohl sie natürlich auch israelische
Strumpfhosen importiert. Über die Liberalisierung hat dann, nachdem
Sallinger bereits weggegangen war, Mussil gemeint, daß wir äußerst
vorsichtig vorgehen müssen und vielleicht in einem oder anderen
Fall sogar eine Entliberalisierung vornehmen. Ich erwiderte sofort,
daß ich nicht den selben Fehler machen möchte wie Amtsvorgänger,
die z.B. Streichhölzer entliberalisiert haben und dann noch 1 1/2
Monate diese Maßnahme sofort wieder aufheben mußten. Gegen Frank-
reich vorzugehen erscheint mir nicht sehr sinnvoll, da in diesem
Fall das Außenministerium, insbesondere Bielka, mir mit Recht sagen
würde, daß dies außenpolitische Schwierigkeiten bereiten könnte.
In den vorhergehenden Regierungen war es so, daß das Außenministerium
auch dann, wenn es die ÖVP gehabt hat, unter Toncic mit dem Handels-
minister Bock z.B. zu dieser Zeit überhaupt nicht harmonisierte.
Toncic war als EG-Gegner immer der Meinung, man sollte bi-
laterale Verträge mit den einzelnen Staaten schließen und weit-
gehendst liberalisieren. Mitterer wieder war als gewachsener Händler
überhaupt für eine Liberalisierung, weil er dadurch für seine Kreise
entsprechende größere Möglichkeiten gesehen hat. Toncic ging sogar
so weit, daß er sich vorstellte, gegebenenfalls die Außenhandels-
stellen doch ins Außenamt in irgend einer Weise, wenn schon nicht
einzugliedern, so enger zu binden. In der ÖVP-Regierungszeit, als
die Ostexporte stark zurückgegangen sind, hat man geglaubt, mit
der Zusage der Multilateralisierung, aber auch der Liberalisierung
dort stärker wieder ins Geschäft zu kommen, insbesondere Mayer-Gunt-
hof
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fürchtete, daß die deutsche Industrie nachdem sie irgendwann
einmal anerkannt werden, sofort den Ostexport an sich reißen
wird. In der zukünftigen Argumentation für mich wird es unge-
heuer wichtig sein über diese Zeitphase mehr authentisch zu er-
fahren.
Anmerkung für BUKOWSKI: Vielleicht kann man im Außenamt darüber
aktmäßige Details, insbesonderte aus der Zeit Toncic und Waldheim
in Erfahrung bringen.
Die Handelskammer befürchtet, daß nun die Verleihung des § 58
Staatswappen sich zu sehr verbreitet und wollte von mir eine
Einschränkung. Ich habe mich maximal bereit erklärt, man soll
mir gegebenenfalls entsprechende Vorschläge von der Handelskammer
unterbreiten. Ich persönlich denke nicht daran, die Richtlinien
mit scharfen Einschränkungen zu erlassen.
Das Journalistenfrühstück war diesmal sehr flau und eigentlich
schon nach 3/4 Stunden beendet. Ich glaube, wir müssen mehr Füller
auf Lager haben.
Anmerkung für KOPPE: Wo bleibt unsere längerfristige Konzeption
für die Frühstücksrunde?
Bei der Verleihung der Staatspreise für gute Form hatte ich mich
auf Wunsch von Frau Dr. Rameder mich bei Fr. Totzer, die Seele
der Organisation, dort bedankt. Diese Frau organisiert die Aus-
stellung immer, tröstet die Teilnehmer die zu keiner Preis- oder
Anerkennung kommen, ist sozusagen der Motor und das Herz dieser
ganzen Organisation und ich habe dies gar nicht gewußt. Zum Glück
konnte ich bei der zehnten Ausstellung dies jetzt endlich nach-
holen. Wahrscheinlich könnte man noch viele solche im verborgenen
wirkenden Arbeiter, auch wenn sie bei anderen Institutionen beschäftigt
sind, für uns gewinnen.
Anmerkung für BUKOWSKI: Wie können wir Rameder, Totzer usw. stärker
noch aktivieren.
Unilever kam mit dem neuen Gen.Dir. Seefranz, Dr. Büttner und Dr. Eigl,
um doch jetzt mit der Arbeiterkammer Blaha und insbesondere Gewerk-
schaftsbund, Schmidt, das leidige Margarineproblem friedlich zu lösen.
Seefranz hat scheinbar sich doch durchgesetzt und möchte die Unter-
lagen, die die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund jetzt will,
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zur Verfügung stehen. Nach 2-stündiger Beratung, wo ich zwischen-
durch andere Sachen erledigen konnte und mußte, war man so weit,
daß man auf alle Falle erst nach der Butteraktion des Land-
wirtschaftsministers an eine Erhöhung des Margarinepreises gehen
wird. Die Butteraktion, hat mir Weihs mitgeteilt, wird vom 28.10.
bis 11.11. mit 3.500 Tonnen statt 54.-- Schilling 40.-- Schilling,
insges. 49 Millionen Schilling Zuschuß gestartet werden. Die
Unilever-Leute haben also scheinbar eingesehen, daß es für sie
nicht zielführend ist, wenn ich die Margarinepreise amtlich regele,
wie Büttner ursprünglich erklärte, daß es ihm lieber ist.
Der Ausschuß Wirtschaftswerbung hat ein Jahr fast nicht getagt und
ich habe deshalb die Gelegenheit benützt, um dort zumindestens kurz-
fristig anwesend zu sein, um gleichzeitig aber zu ersuchen, daß er
mehr Aktivität entfaltet. Mittag selbst, der Leiter dieses Arbeits-
ausschusses, stellte einleitend gleich fest, daß in Wirklichkeit
jetzt durch die Liquiditätsschwierigkeiten der Firmen immer mehr
Einschränkungen in der Werbung vorgenommen werden. Er möchte
deshalb die Werbeteams noch viel mehr als bisher für allgemeine
Fragen und nicht nur für spezifische Produktwerbung der Privat-
firmen einsetzen. Wenn einmal entsprechende Vorwürfe von Seiten
der Opposition wegen Regierungspropaganda kommen, könnte man meiner
Meinung nach ohne weiters, wenn man jetzt entsprechende Unterlagen
von Mittag verlangt, nachweisen, daß dies im Interesse der Werbe-
wirtschaft auch geschehen ist.
Anmerkung für WAIS: Vielleicht kannst du und Welser Mittag zu einem
solchen Elaborat anregen.
Eva Preiß, die sich immer um Welser gekümmert hat, möchte gerne
wissen, wie es mit Welser jetzt weitergehen wird, nachdem dieser
scheinbar mit Konsumentenpolitik nicht vollkommen sich ausgelastet
fühlt. Ich konnte ihr gar nichts zusagen, da wir auch bei uns
intern noch nicht wissen, wie es weiter geht. Ossi Grünwald hat
als erklärtes Ziel, was ich vollkommen verstehe und sogar unter-
stütze, die Verwaltungsakademie zu machen, um damit er einmal
einen A-Posten bekommen könnte. Wenn man nämlich nicht eine Garantie
dafür hat, sagt er mit Recht, wird er bei der Gemeinde Wien besser
befördert und günstiger behandelt. Personalprobleme sind in einem
Ministerium deshalb so furchtbar, weil es fast nicht möglich ist,
sich außerhalb des Schemas zu bewegen.
Die Unterzeichnung des Briefwechsels mit Botschafter Fleck
war eigentlich eine Ergänzung des seinerzeit in Berlin ge-
schlossenen Vertrages, fand in einem Speck-Kammerl statt.
Den Marmorsaal aufzusperren und einen Tisch hineinzustellen
und 2 Sessel, war angeblich in 15 Minuten nicht möglich. Wenn
ich dies geahnt hätte, hätte ich wirklich die Unilever-Leute
aus meinem Zimmer rausgeworfen. Eine so blamage Unterzeichnung
bei einem so auf Prestige bedachten Staat wie die DDR dürfte
uns unter gar keinen Umständen passieren. Mir ist es unerklärlich,
warum man nicht von allen Anfang an den Marmorsaal vorgesehen
hat.
Anmerkung für BUKOWSKI: In Hinkunft muß auf das Protokoll und
auf die Etikette gerade bei den Staats-
handelsländern mehr geachtet werden.
Die Aussprache mit Engelmayer bestätigte mir wieder einmal, welch
kleverer Bursche Engelmayer ist. Die Personalvertretung hat immer
Schwierigkeiten mit dem Präsidium gehabt. Meine neuen Ideen, wie
Beamtenschulung, aber auch die Organisation des Ministeriums, steht
Engelmayer positiv gegenüber, er kennt natürlich die politische
Gefahr. Trotzdem war er bereit, entsprechend, wenn er eine Mit-
sprache des Personalausschusses dadurch erreichen kann, mitzutun.
Er sagt, mit Recht, er hätte erwartet, daß Kieslich sich mit ihm
stärker ins Einvernehmen setzt, das Präsidium hat den großen Fehler
gemacht, daß sie ihm bei der Einteilung der Geschäftsordnung jetzt
vollkommen ausgeschaltet hat. Engelmayer weiß natürlich auch, daß
bei den Vorbesprechungen die Entscheidungen fallen und nicht nachher
bei der Begutachtung, wenn man ihm das ganze Elaborat auf den Tisch
knallen wird. Kieslich hat es leider nicht verstanden, diese Ge-
legenheit zu nützen, um den guten Kontakt, den Engelmayer ihm ange-
boten hat, auszubauen. Bukowski wird versuchen, dies zu reparieren
und sich in Hinkunft stärker einschalten. Engelmayer gibt zu, daß
die Verwaltungsreform überhaupt nur gelingen kann, wenn Außen-
stehende tatsächlich dies überprüfen. Er selbst ist sehr fort-
schrittlich und wollte in der Gewerkschaft jetzt mit der Regierung
gemeinsam eine entsprechende Verwaltungsreform-Diskussion beginnen,
er ist schwer enttäuscht, daß ihm nicht nur seine eigenen Leute
sondern selbstverständlich auch die Sozialisten auf diesem Weg
nicht folgen. Die Gewerkschaft ist, wie könnte es anders sein,
auch in den Arbeitergewerkschaften ist es nicht anders, jeder
Änderung zuerst sehr skeptisch gegenüber und möchte dies am liebsten
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wenn sie es nicht verhindern kann, so doch weitestgehend zurück-
drängen.
Anmerkung für BUKOWSKI: Wenn das Präsidium am Kieslich-Tisch schon
nicht machen, dann informiere bitte du Engelmayer laufend.
Der Ministerrat vor der Ministerratsvorbesprechung war notwendig,
um Androsch die notwendigen Finanzgesetze zu geben, damit sie noch
ins Parlament am Dienstag eingebracht werden können. Hinweis der
Sektion II, eine Gebührengesetzänderung vornehmen zu müssen, wurde
von Androsch sofort dahingehend akzeptiert, daß alle offenen Fragen
im Ausschuß besprochen werden sollen. Solche gibt es nicht nur im
Handelsministerium sondern auch im Sozial- u. Justizministerium.
Kreisky gibt am 5.11. um 19.30 Uhr für die Auslandsjournalisten
im Bundeskanzleramt einen Empfang, wo alle womöglich daran teil-
nehmen sollen.
Anmerkung für WIESINGER: Bitte vormerken!
Die St. Pöltner Kirchen-Zeitung hat geschrieben, daß der letzte
Katholikentag in einer marxistischen Stadt stattfinden wird,
gemeint war Wien, davon distanziert sich die Katholische Sozial-
akademie, genauso wie der Pater, der Moderator war und jetzt sich
ebenfalls dafür entschuldigt, daß dieser Katholikentag unter dem
Motto "Versöhnung" stand und wegen der Fristenlösung durch den
phonetischen Applaus das Gegenteil einer Versöhnung in Wirklich-
keit als Gegensätze sich ergeben. Kreisky hat ein ungeheuer gutes
Gspür und meinte, er kann schwer auf diesen Brief antworten und
wird deshalb dem Pater ein Buch von ihm schicken. Kreisky gibt
auch zu, daß er bereits der Presse nachmittags mitteilte, die
Bundespolitik keinen Einfluß auf die steirischen Wahlen gehabt
hat, dies allerdings könne man schwer sagen. Eine Umfrage Kienzls
hätte ergeben, die Steirer 42 % der Landtagswahlen, die Landespolitik
30 % aber schon überwiegen die Landespolitik, 5 % die Bundespolitik
und 13 % überwiegen die Bundespolitik beurteilen wollen. Mehr getan
für Steiermark haben 265 für Niederl gestimmt, 260 für Sebastian.
Wenn man allerdings die sonstigen Landesräte dazuzählt, so sind
bereits 400 für die ÖVP und 298 der Meinung, daß die SPÖ mehr getan
hat. Das Stimmenverhältnis war dann 383.000 zu 297.000, insbesonder
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ergibt aber die Analyse, daß Frauen doppelt so stark der
Meinung waren, daß Niederl und die ÖVP mehr für sie tut.
Daraus schließt Kreisky, daß wir in Hinkunft viel mehr für
die Frauen entsprechende Wahlprogramme und Wahlpropaganda
machen müssen. Also wieder hat jetzt auch in der Steiermark,
aber auch in Vorarlberg festgestellt, daß wir in unseren
Hochburgen in Wirklichkeit die größten Verluste haben, Dies
gilt bei allen Landeswahlen als auch bei der Arbeiterkammer-
wahl. Man fragt, ob wir bereits schwedische Verhältnisse haben,
wo sich ehemalige sozialistische Wähler schon als etwas Besseres
fühlen und deshalb uns nicht mehr wählen oder, wie in Hessen fest-
gestellt wird, daß eine Komtaktmöglichkeit in der Stadt viel
schlechter ist als auf dem Lande, weshalb sich auch hier die
Zuwanderer dem Einfluß der Sozialisten weitgehend entziehen. Ob
Meinungsumfragen oder ein breiterer Kontakt mit unseren Mit-
gliedern und Funktionären dies jemals klarstellen wird, bezweifle
ich. Wenn man nicht unmittelbar nach der Wahl, womöglich bevor sie
noch bekannt wird, eine solche Umfrage macht, bekommt man natürlich
dann sofort vom Wahleinfluß und von den Monnentaren der Massen-
medien beeinflußte Informationen.
Für mich war es interessant, daß bei der Diskussion am Abend
mit der Jungen Generations-Mitgliedern ich auch dort feststellen
konnte, daß sie auf Grund der steirischen Ergebnisse vereinzelt
gar nicht mehr glauben, daß wir die relative Mehrheit erhalten
würden. Kreisky hat daher vollkommen recht, daß jetzt eine riesige
depressive Stimmung in unseren steirischen Vertrauensapparat
einziehen wird, der sich sehr geplagt und sehr enttäuscht sein wird.
Was es zu verhindern gilt, ist, daß wir womöglich jetzt in der
Steiermark nicht dieselbe Entwicklung haben wie in Oberösterreich.
dies könnte nämlich dann garantiert zu einem Debakel bei der nächsten
Nationalratswahlen führen.
Androsch berichtete in der Ministerratsvorbesprechung, daß der
Schweizer Finanzminister Chevallaz, aber auch die Deutschen nicht
bereit sind, das Algeriengasprojekt in der jetzigen Konstruktion
zu finanzieren. In Algerien beginnt man deshalb zu überlegen, ob
man mit Frankreich und Belgien allein 6 Milliarden cbm machen
soll. Über unsere Botschaften wird man das Problem vom Finanz-
ministerium aus gesehen klären.
Androsch hat jetzt neue Berechnungen des Anteils der Unselb-
ständigen Einkommen anstellen lassen, weil unter Hinzurechnung
der 7 Milliarden Vorratsentlastung zu gewinnen, der Volksein-
kommensanteil der Gewinne stark gestiegen sind, obwohl seiner
Meinung nach diese Zurechnung vollkommen falsch ist, Korrigiert
ergibt sich von 72 65,9 auf 73 66,8, 74 69,7 und 75 wird 71,7
erwartet.
Anmerkung für GEHART: Bitte dieses Material, das Statistische Zen-
tralamt soll eine Ergänzung auch dazu geliefert haben, verschaffen.
Weihs berichtet, daß die Marktordnungsgesetze jetzt verhandlungs-
reif werden und es ergibt sich eine Diskussion, ob sie begutachtet
werden müßte oder nicht. Moser berichtet, daß noch immer von den
Deutschen und den Italienern die Idee der Alemagna-Autobahn durch
das Zillertal besteht. Moser möchte wieder dezidiert erklären,
daß dies unter gar keinen Umständen in Frage kommt, obwohl angeblich
ÖVP-Abgeordnete erwarten, daß die Deutschen dann einen ungeheuren
Druck durch ihre wirtschaftlichen Exporte nach Österreich, bedingt
ausüben können und werden. Ich selbst glaube dies keinesfalls,
solange nicht österreichische Interessen und starke Interessens-
gruppen sich hinter dieses Projekt stellen, können wir es sicherlich
abwehren, dies geht allein schon deshalb, weil wir mit der Brenner-
Autobahn und dann mit der Tauern-Autobahn mehr als genug Übergänge
über die Alpen geschaffen haben.
Tagesprogramm, 21.10.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 137. Ministerratssitzung, 21.10.1974
23_1276_02Information für den Herrn BM betr. TOP 8 (Gebührengesetz 1975)
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