Sonntag, 27. Oktober 1974
Die Eröffnung des Gewerkschaftstages der Privatangestellten
war diesmal sehr geschickt mit dem Empfang im Rathaus durch
den Bürgermeister kombiniert. Zuerst wollte Häuser, um die
Regierungsmitglieder nicht so sehr zu belasten, gar nicht die
Regierung einladen, dann aber hat er es sich scheinbar doch
überlegt, so daß Androsch, Lausecker und ich anwesend waren.
Kreisky selbst war ja eingeladen gewesen und hat auch eine
Ansprache gehalten. So wie immer hat er sehr geschickt damit
begonnen, daß er in Schweden einer Gewerkschaftsorganisation
angehört, die die Vorläufer der dortigen, jetzigen Privatan-
gestellten waren. Dann verwies er noch darauf, daß man in der
Gewerkschaftsbewegung der Privatangestellten verschiedener
Meinung sein kann. Eines steht aber unumstritten fest, daß der
Obmann dieser Gewerkschaft Vizekanzler in einer Regierung
wurde und dies das erste Mal in der Gewerkschaftsbewegung.
Androsch hat Gen.Dir. Reisinger gesprochen und erklärt, daß
er keine Möglichkeit sieht, die Finanzierung des Algeriengas-
projektes durchzuführen. Die Schweizer haben ebenfalls nur
eine Garantieerklärung gegeben und die hat der österreichische
Nationalrat bereits beschlossen. Bei den Deutschen wurde bis
jetzt überhaupt noch keine konkrete Maßnahme gesetzt.
Abends traf ich Vizepräsidenten Waldbrunner von der Öst. National-
bank und er erklärte mir ebenfalls, er sieht keine Möglichkeit
die notwendigen Milliardenbeträge aufzubringen. Derzeit besteht
keine Möglichkeit, die Finanzierung selbst der Voest-Exporte für
dieses Projekt zuzusagen.