Montag, 18. November 1974
Beim Jour fixe kam Sallinger darauf zu sprechen, was ich von
den Moskauer Hotelbauten wüßte. Der Konkurrent von Mitterer, Komm.Rat
Dittrich, wird sich jetzt mit Gen.Dir. Haas von der Neuen Reform-
baugesellschaft nach Moskau begeben. Bürgermeister Gratz hat die
Wiener Handelskammer davon verständigt, daß der Moskauer Bürger-
meister ihm vorgeschlagen hat, Österreich soll sich um Hotelbauten
in Moskau für die Olympiade bewerben. Ich erklärte, daß Gratz mir
ebenfalls diese Tatsache mitgeteilt hat und ich bestrebt bin, jetzt
in Österreich festzustellen, welche Baufirmen dafür in Frage kommen.
Seinerzeit haben auch die Polen uns eine solche Möglichkeit geboten
und letzten Endes aber hat keine österreichische Firma sich gefunden,
daß Projekt ging an Schweden und jetzt ist in Warschau ein riesig
modernes Hotel, daß wir Österreicher hätten errichten können.
Sallinger meint, die Bauwirtschaft ist so schlecht ausgelastet, daß
es jetzt leicht sein müßte, zumind. ein Hotel in Moskau zu bauen.
Er meint, daß zwar noch nicht die Firmen die Arbeiter größeren Aus-
masses entlassen, aber so wie auch in seiner Firma von 50 Beschäftig-
ten da die kleinen Aufträge fehlen, oft 10 Stunden ja tageweise nichts
zu tun haben.
Anmerkung für WANKE und BUKOWSKI: Fälbl, das Branchenreferat soll
klären, wer dafür in Frage kommt und wie man das Anbot stellen soll.
Die Grundsatzgruppe mit Interessensvertretungen soll das Problem ge-
nau diskutieren.
Mussil regte sich furchtbar auf, daß der Beirat im Bundeskanzleramt,
der sich mit der Mondforschung space light beschäftigen soll, unter
Vorsitz von Kapral, Industrieellenvereinigung, stattfindet. Die
Handelskammer wird deshalb daran nicht teilnehmen. Mir ist es voll-
kommen unerklärlich, wieso tatsächlich sich die Industriellenver-
einigung eine solche Position, wenn auch in einem unbedeutenden Aus-
schuß, erringen konnte.
Anmerkung für BUKOWSKI: Kläre, was dort geschehen ist und wie und
welche Aufgabe der Ausschuß hat.
Mussil teilte auch mit, daß er jetzt von Gen.Dir. Gruber, Niogas, und
Newag hart attackiert wird, weil die Handelskammer die Vorschläge
der Fachverbände nicht an das Ministerium weitergeleitet hat, sondern
für das Energiekonzept eben einen koordinierten Vorschlag ausge-
arbeitet hat. Da ich ja wußte, daß sich Frank die gesamten Stellung-
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nahmen verschafft hat, resp. jederzeit verschaffen konnte, habe
ich Mussil versprochen, bei Angriffen gegen ihn, nicht zuletzt
weil ich auf die Newag sowieso schlecht zu sprechen bin, zu unter-
stützen. Ich erklärte Sallinger und Mussil neuerdings, die Ausein-
andersetzungen, die ich wahrscheinlich jetzt wegen der Kooperation,
d.h. Zusammenführung von der Enns- u. der Donaukraftwerke haben werde.
Wobei ich jetzt, obwohl rein sachliche Gründe dafür sprechen, von
dem Vorsitzenden der DoKW, Landeshauptmann Maurer, einen größeren
Widerstand erwarte. Mussil versicherte ich, daß jetzt im Energie-
beirat das ganze Konzept durchgesprochen wird und jedwede Abänderungs-
wünsche zumind. besprochen, wenn nicht sogar berücksichtigt werden.
Mussil fragte auch, was mit dem Energieforschungskonzept geschehen
soll, nachdem die Wissenschaft auch nach seiner Meinung nach sehr
kostspielige und wahrscheinlich zu sehr späten Zeitpunkt da aus-
wirkende Vorschläge gemacht hat. Ein wenig machte er sich über die
Geothermik, daß man in Wien tausende Meter bohren soll, bis man auf
heißes Wasser kommt, über die Nutzung der Sonnenenergie, die
riesige Flächen beansprucht usw., lustig. Ich muß sagen, daß er
in diesem Punkt sich mit meinen Auffassungen deckt.
Anmerkung für GEHART: Verfolge und berichte mir gelegentlich, was
wirklich im Konkreten bei der Energieforschung jetzt geschieht.
Da mir Bukowski mitteilte, daß wir von 2 Mill. Auslandsreisenbudget-
posten noch 1 Million Rest haben, dagegen von den Repräsentations-
500.000 Schilling, die um 30 % gekürzt werden, daher nur mehr 350.000
zur Verfügung haben, nur mehr 100.000, die Inlandsreisen aber mit
543.000 bereits mit 21.000 überschritten sind, habe ich der Handels-
kammer vorgeschlagen, daß wir die Auslandsreisen ihnen jetzt nicht
mehr verrechnen, sondern selbst bezahlen, dafür sollen sie aber die
Repräsentationsaufwendungen wie bisher weiter übernehmen. In diesem
Fall hätten sie auch, wie dies ihnen Mussil und Sallinger zugab,
bereits zweimal geschah, den Aufenthalt von Aussenhandelsminister
Sölle aus der DDR übernehmen müssen. Sallinger stimmte dem insofern
zu, als er erklärte, es müßte jeder einzelne Fall heuer noch mit
ihm besprochen werden, was jetzt bei Sölle der Fall ist und damit
im Prinzip genehmigt und für das nächste Jahr meinte er, sollten
wir zuerst unsere Budgetposten ausschöpfen und dann würde er ein-
springen; dies habe ich natürlich abgelehnt und erklärt, wir müßten
dann im nächsten Jahr so wie bisher jeden einzelnen Fall mit ihm
besprechen. Sallinger und Mussil haben nur sich jetzt schon im
Präsidium und scheinbar auch im Vorstand festgelegt und möchten
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nun von ihrem Schema nicht mehr abweichen. Ich dagegen möchte,
daß wir unbedingt beweglich weiterhin nach unseren Bedürfnissen
und nicht nach einem Schema vorgehen.
Anmerkung für BUKOWSKI: Ich habe Sallinger erklärt, daß du mit
ODER, der auch schon verständigt ist, das Problem Sölle und wei-
tere Abwicklung besprechen wirst.
Sallinger zeigte mir ein Schreiben, wonach zwar auf einem Formular,
wo der Handelsminister, damals auch noch Bauten zuständig, die
Handelskammer verständigt, daß er die Herren sowieso zum Kommerzial-
rat beantragt. Dieses "beantragt" war durchgeixt und es stand dort,
daß ich daran sehr interessiert sei. Sallinger wollte von mir
wissen, ob ich mich tatsächlich jetzt in einem konkreten Fall so
einmischen möchte. Ich erklärte rundweg, daß ich dieses Schreiben
das erste Mal sehe, gar nicht die Absicht hätte, mich in die Ver-
teilung der Komm.Räte einzumischen und versprach, diesem Fall nach-
zugehen. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch neuerdings darauf
hingewiesen, daß ich nicht bereit bin, in Vorarlberg eine Entscheidung
zu treffen, wer die Komm.Rat-Titel bekommen soll. Bukowski hat mir
mitgeteilt, daß Erschen vom FPÖ-Klub ihn verständigt hat, daß an-
geblich die Handelskammer, insbes. Sallinger bereit wäre, in Vorarl-
berg der FPÖ zwei Komm.Rat-Titel zu geben und ich mich nur dagegen
ausspreche. Ich habe Mühlbacher vom Freien Wirtschaftsverband sofort
gefragt, und er hätte die Idee, daß wenn sie dort in Vorarlberg ge-
meinsame Listen machen, er dann sehr wohl der Freiheitlichen Partei
zustimmen würde, daß sie zwei Komm.Rat-Titel, jeweils einer auf
Kontingent ÖVP und FPÖ, bekommen könnten. Ich erklärte rundweg, daß
ich mich in die Aufteilung nicht einmischen werde, dies habe ich
Sallinger und bei der anschliessenden Aussprache mit Mühlbacher
im Parlament gesagt.
Das Journalistenfrühstück war sehr schlecht besucht, kommt aber
sicherlich wesentlich besser heraus, weil das Fernsehen anwesend
war, um über die Irak-Verhandlungen noch eine Tonaufnahme ebenfalls
zu machen. Kreisky meinte bei der Regierungsvorbesprechung, daß
das Informationsbedürfnis der Zeitungen jetzt sehr nachgelassen hat,
weil die großen Zeitungen jetzt, insbes. der Kurier und die Presse,
ganz sich auf die Regierung einschiessen, nicht zuletzt wegen der
nächsten Wahlen. Seiner Meinung nach haben die Chefredakteure
beschlossen, soweit sie nicht unserer Partei angehören oder zum.
sympathisieren, die ÖVP in jeder Beziehung jetzt zu unterstützen.
Kreisky meint allerdings, es soll jeder machen, wie er will, und
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den Kontakt mit den Zeitungen aufrecht erhalten, er selbst gibt
sich keiner Illusion hin. Ich selbst habe immer schon keine
Politik über die Zeitungen gemacht und schon gar nicht mich mit
einzelnen Redakteuren getroffen, Informationen gegeben, um das
Wohlwollen des Redakteurs zu erhalten. Unsere Pressepolitik war,
daß wir alle in den wöchentlichen Pressegesprächen informierten,
damit wahrscheinlich auch als objektiv gelten, niemanden bevor-
zugen, aber auch niemanden benachteiligen. Dieses offene Haus, und
wie ich auch glaube die ehrliche Aussprache, die manchmal, auch
wenn eine ungerechtfertigte Kritik an unserem Haus geübt wurde,
von mir auch wieder ganz öffentlich beim Pressefrühstück dagegen
aufgetreten wurde, gibt mir das Recht, bei meiner bisherigen
Pressepolitik zu bleiben. Richtig ist, daß insbesondere die aus
der Katholischen Jugend kommenden Redakteure wie Vorhofer, Szoklich
und wahrscheinlich auch einige des Kuriers wegen der Fristenlösung
dann natürlich alle Redakteure, die sich beim Rundfunk-Volksbegehren
engagiert haben, ausser die Kronen-Zeitung, jetzt besonders gegen die
Regierung und damit gegen Kreisky Stellung nehmen. Richtig ist
auch, daß natürlich diese Leute auf alle Fälle wenn sie könnten,
das nächste Mal eine konservative Regierung, womöglich eine Allein-
regierung am liebsten sehen würden. Broda und Kreisky sagen auch
richtig, daß wenn man Informationen hat, sie auch wenn die Presse
auf einen bös ist, diese Informationen bringen müssen. In Wirklich-
keit aber ist dies in meinen Augen eine falsche Pressepolitik, weil
die Massenmedien einen Minister, auch dann wenn er recht hat, und
auch dann, wenn er sich noch so einsetzt für eine gerechte Sache,
in der Öffentlichkeit vollkommen ruinieren können. Ich weiß, wie
mir das persönlich im Vorjahr mit der Ölkrise gegangen ist. Ich
werde deshalb mein Verhältnis zu den Zeitungen und dem Rundfunk
weder ändern noch mich der Illusion hingeben, daß ich es verbessern
kann. Ich glaube allerdings, daß ich am richtigen Weg war und bin,
um wie es meiner Auffassung wirklich entspricht, nicht über die
Presse Politik zu machen, sondern äußerstenfalls meine Politik zu
erklären, wobei ich mich in der Zukunft sowie in der Vergangenheit
immer nur auf meinem Sachgebiet beschränken werde. Ich fühle mich
nicht berufen, große Politik und schon gar nicht Personalpolitik
über Zeitungen zu machen.
Bei der großen fraktionellen Sitzung im Bundeskanzleramt wegen
der ÖIAG-Vorschläge Kohlebergbau waren nicht nur die Betriebsräte
von der GKB, sondern die Direktion mit Koller, Fabricius, Apfalter,
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die Bergdirektoren, von gewerkschaftlicher Seite Benya,
Sekanina, Hedrich und der Angestelltensekretär NR Ing. Willinger
aus Graz, Königer als Aufsichtsratsvorsitzender der ÖIAG,
Geist als Generaldirektor, GRÜNWALD als sein Stellvertreter,
Landtagsvizepräsident Ileschitz von der Steiermark, Arbeiter-
kammerpräsident Schwarz, Kreisky, Androsch, Veselsky und ich
und noch ein halbes Dutzend von Leuten anwesend. Kreisky forderte
mich auf, über die Situation beim Kohlebergbau kurz zu referieren.
Androsch ergänze dann noch, daß er nicht bereit ist und finanziell
auch gar nicht die Finanzierung der Defizite durchstehen würde.
Kreisky wehrte sich trotzdem dagegen, daß Fohnsdorf geschlossen
wird, weil er die nächsten Wahlen in der Steiermark im Oktober
auf alle Fälle abwarten möchte, er fürchtet so wie immer, daß die
Steirer ansonsten die Ausrede haben, durch die Schließung der
Kohlegruben sei die Wahl verlorengegangen. Offiziell begründete
er es aber damit, daß es ein Unterschied ist, ob man eine Grube
in einem Konjunkturaufschwung schliesst oder jetzt, wo es doch einige
Gefährdung von Arbeitsplätzen gibt. Hedrich, Privatangestellten-
sekretär, wollte aber unbedingt, daß man jetzt endlich dezidiert
erklärt, was in Fohnsdorf geschehen soll. Der Betriebsratsobmann
von der GKB wehrte sich aber auch dagegen, daß man jetzt bereits
den Leuten klar sagt, daß die Kohle 1976 dort zu Ende ist und
wollte den Stillegungsbeschluß neuerdings hinausschieben. Ich
sprach mich sofort dagegen aus, daß man einer Illusion sich hin-
gibt, indem man wenn möglich die Föhn untergräbt, die Eisenbahn,
die drüber fährt, dann abstützen muß und womöglich bei den Gebäuden,
die unter den noch abbaumöglichen, gar nicht wirtschaftlichen Flözen
gefährdet wären, eine ungeheures Risiko einginge. Die Konzeption
ist, daß dort jetzt die Wolframhütte errichtet wird, dies sind
sichere Arbeitsplätze für 120 der 317 derzeit Beschäftigten und
den Rest hat, wie Koller richtig ausführte, man in Köflach dringendst
notwendig. Dort wird jetzt mit Gastarbeitern der Betrieb mühsam
aufrecht erhalten. Es wurde dann entschieden, daß ein kleines
Komitee unter meinem Vorsitz dieses Problem unbedingt in Angriff
nehmen soll. Benya selbst plädierte, daß man nur einen Beschluß
fassen könnte, daß nicht am 31. März des nächsten Jahres, sondern
maximal bis Ende Juni eine endgültige Schliessung hinausgeschoben
werden könnte.
Über die Molybdänverarbeitung entspann sich dann deshalb
eine längere Debatte, weil der Landeshauptmann von Kärnten,
die Chemiearbeitergewerkschaft, aber auch andere Stellen bei
Kreisky, Androsch usw. interveniert haben, damit womöglich die
Treibacher jetzt ebenfalls in die Molybdänverarbeitung einge-
schaltet werden. Höchst erklärte aber zurecht, daß dies ganz un-
möglich ist, sie selbst hat sich nur mit größten Anstrengungen
in die deutsche Gesellschaft und die amerikanische Gesellschaft,
die den Scheelitabbau in Mittersill betreiben wollen und dann die
Verarbeitung womöglich in Holland durchführen möchten, eingeschaltet
und durchgesetzt, daß die Hütte in Österreich bleibt. Die Nieder-
länder haben ihnen ein Drittel billigeren Strom angeboten und
außerdem die Grundstücke umsonst zur Verfügung gestellt. Um die
Hütte jetzt aber nicht unmittelbar in Pölfing errichtet wird,
besteht die Gefahr, daß die Amerikaner doch den deutschen Rechnung
tragen und nach Niederlande mit der Verarbeitung gehen. Die Transport-
kosten sollen nicht die große Rolle spielen, wie man erwartet hat.
Hedrich verwies darauf, daß man bei Kupfer seinerzeit den Fehler
gemacht hat und das Konzentrat in ganz Österreich zur Aufarbeitung
rumgeführt hat, er meinte, der selbe Fehler dürfe jetzt nicht bei
Wolfram passieren. Die Voest widersprach dem ganz entschieden
und vom arbeitsmarktpolitischen Standpunkt ist meiner Meinung
nach die beste Lösung, eben die Hütte in Pölfing zu errichten.
Anmerkung für WANKE: Bitte Detailinformationen über das Branchen-
referat und Interessensvertretungen sowie Finanzauskünfte zusammen-
stellen lassen.
Derzeit ist die Situation so, daß die Hütte 600 Tonnen Wolfram-
carbid machen wird, die Treibacher erzeugen jetzt ca. 50 – 70 Tonnen,
Voest ist aber bereit, gemeinsam die Vermarktung vorzunehmen, d.h.
auch den Treibachern jede Absatzchance nicht nur im Inland, sondern
auch im Ausland zu eröffnen, 600 Tonnen sollen dann zu Molybdän-
pulver verarbeitet werden, die insbesondere für die Plansee-Werke,
aber auch für den Export bestimmt sind. Mit dieser Regelung ist,
wie mir Koller und Fabricius versicherten, Schwarzkopf, Plansee-Werke,
sehr zufrieden.
Anmerkung für GRÜNWALD: Bitte vom Branchenreferat klären lassen,
ob dies stimmt.
Strittig ist wieder das Problem der Ferro-Wolframlegierungen,
diese braucht man für Spezialedelstahl, die Voest allein 1.200 t,
Böhler und Schoeller-Bleckmann noch wesentlich mehr. Diese Er-
zeugung liegt hauptsächlich bei den Treibachern und deshalb wollen
sie scheinbar auch die gesamte andere Produktion mitbeeinflussen
können. Die Amerikaner wehren sich aber dagegen, weil sie ein know-how
haben, welches um ca. 5 Jahre besser ist als das von den Kooperations-
partnern der Treibacher, nämlich der Firma Stark in Berlin. Kreisky
entschied aber, nachdem er so massive Interventionen von bedeutenden
Organisationen im Land Kärnten hat, daß eine Aussprache mit allen
Beteiligten von Androsch durchgeführt werden soll, nicht um die
Konzeption zu ändern, sondern nur um eventuelle Vorwürfe dann, man
hat nicht einmal darüber geredet, zu entgehen.
Die Frage des Weisungsrechtes der ÖIAG an die Konzernunternehmen
hätte bei der morgigen Aufsichtsratssitzung der ÖIAG auch ent-
schieden werden sollen. Hier wollte Kreisky aber nur eine kleine
Diskussionsrunde und außer Benya, Geist und glaube dann noch ein
oder zwei Leute sind wir alle pünktlich von der Sitzung weggekommen.
Im Institut war Bandhauer, Verbund, Vizegouverneur Fremuth und Frank
bereits dabei, das Energiekonzept neuerdings zu überarbeiten. Fremuth
will, daß mehr konkrete Empfehlungen aufgenommen werden, wogegen ich
gar nichts einzuwenden habe. Ich habe sogar kritisiert, daß man,
wie mir Gehart, der bei der Aussprache auch dabei war, berichtete,
nicht schon längst in dieser Arbeitsgruppe die entsprechenden Vor-
schläge erarbeitet hat. Meine Funktion kann doch nur sein, wenn es
zu keiner einigenden Auffassung kommt, eine Entscheidung herbeizu-
führen. Meine grundsätzliche Konzeption ist ja bereits in der
seinerzeitigen Empfehlung und in den Äußerungen bei anderen Ge-
legenheiten, z.B. über die Erstellung von zukünftigen Leistungs-
tarifen auf dem Elektrizitätssektor hinlänglich bekannt. Ich machte
die Gruppe nur aufmerksam, daß sich Androsch bei mir beschwert hat,
daß einige Vorschläge in unserem Energiekonzept den Bund belasten
würden und er sich dagegen ganz entschieden ausspricht.
Bei der Dekretüberreichung im Patentamt machte ich Leberl schon
vorher darauf aufmerksam, daß ich keine Möglichkeit sehe, Dienst-
posten für ihn zu bekommen, er selbst mußte mir zugeben, daß das
Bundeskanzleramt ihm keinerlei Zusicherung gemacht hat. Es gibt
nur eine hingeworfene Bemerkung von Finanzministerium-Vertreter
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Kaber, der dafür allerdings nicht zuständig ist, warum das
Patentamt nicht mehr Dienstposten angefordert hat. Ich wehre
mich ganz entschieden dagegen, daß immer dann Staatssekr. Lausecker
oder ich als Bremser auftreten, obwohl dies natürlich unserer
Konzeption entspricht.
Anmerkung für BUKOWSKI: Bitte in Hinkunft, wenn Beamte etwas sagen,
sofort aktmäßig festhalten lassen und diesen Akt dann nur Bestäti-
gung den betreffenden Ministerien übersenden, damit sich das Aus-
spielen der Politiker aufhört.
Im Handelsausschuß im Parlament gab es kein Problem, alle Punkte
wurden einstimmig genehmigt, Zittmayr fragte nur an, ob bei der
Ursprungsregelung sein Käse in Frankreich irgendwelche Exporther-
kunftsbezeichnungen benachteiligt werden könnte, da dies nicht der
Fall war, war er sehr beruhigt. Hauffe hatte alle Verordnungsent-
würfe einfach schon mit, was sich als äußerst zweckmässig erwies.
Die Diskussion über Energiesparen in der ORF-Sendung STOP war
nicht eine viertel Stunde, sondern dauerte eine Stunde. König hatte
nur Detailinformationen, teilweise sogar schlechte Informationen,
und attackierte natürlich die Regierung immer wieder mit der Ver-
schwendung über die UNO-City, schade, daß Kreisky seinen ursprüng-
lichen Plan, als die ÖVP zu attackieren vor Jahren begann, nicht ver-
wirklicht, nämlich zu erklären, wenn die ÖVP nicht will, dann
lassen wir das ganze Projekt auf Minimum zusammenschrumpfen und
zwar in dem Ausmaß, als die ÖVP es seinerzeit schon zugesagt hat.
Wahrscheinlich ist aber die Bürokratie und das Baugeschehen schon
wesentlich weiter fortgeschritten gewesen, als er damals sich selbst
vorgestellt hat. Natürlich antworte ich mit gespieltem Entsetzen
teilweise hinweisend, das ist ja alles lächerlich, obwohl ich genau
weiß, daß dieses Argument in der Öffentlichkeit, daß hier Ver-
schwendung betrieben wird, gut ankommt.
Anmerkung für KOPPE: Wie können wir propagandistisch hier besser
reagieren.
In der Ministerratsvorbesprechung kam ich zu spät und es wurde das
ganze Problem Jugoslawien bereits diskutiert. Der Vize-Außenminister
soll uns als Operetten-Staat bezeichnet haben. Die Note der Jugo-
slawen beträgt 64 Vorwürfe, die Burgenländer hoffen, daß Robak und
seine kroatischen Organisationen, die allerdings als Assimilanten
gelten, Burgenland von dem Streit heraushalten können. Die Jugo-
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slawen wollen, daß die Volkszählung besonderer Art zurückgezogen
wird, was Kreisky aber ablehnt.
Nächstes Jahr soll am 15. Mai im Belvedere eine Staatsvertrags-
feier stattfinden, wo man allerdings nicht wie vor 10 Jahren die
vier Außenminister einladen wird. Bürgermeister Gratz wünscht
eine Parade, die kostet aber 4.5 Millionen, weshalb ich mich auch
ganz entschieden dagegen aussprach. Gedenktage sollen den Parteien
als Staatsgründer überlassen bleiben und vor allem deren Jugend-
organisationen.
Kreisky berichtete über den Parteitag was allerdings schon in
den Zeitungen stand und ist sehr pessimistisch, daß sich die
oö. Partei bald konsolidieren wird, nicht zuletzt aus diesem
Grund möchte er unbedingt erst im Oktober 1975 wählen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat jetzt entschieden, daß auch die
Dienstzulagen und Verwendungszulagen in die Pension einzuberechnen
sind, danach würde für 72 bis 75 eine Nachzahlung von 2 3/10
Milliarden Schilling notwendig werden. Der Finanzminister erklärt
sich vollkommen außerstande, eine solche Finanzierung durchführen
zu können. Bei den Lehrerverhandlungen, Arbeitszeitverkürzung,
wurde ihnen eine halbe Stunde angeboten, es sollen jetzt neue Ver-
handlungen stattfinden, weil sie damit nicht einverstanden sind.
Kreisky machte mich darauf aufmerksam, daß die public-relation-
arbeit in Hinkunft für das Energiekonzept nicht mehr Thalberg,
der eine andere Tätigkeit in weiterer Zukunft ausüben wird, sondern
Kunz durchführt.
Weihs berichtet über die MOG-Verhandlungen, die Experten, die
es jetzt beraten, sind nicht MR Rogel, Blaha und von der Land-
wirtschaftskammer Schmotzer und Wejwoda. Die nächste Sitzung
findet am 25. um 8.30 bei ihm statt.
Anmerkung für WIESINGER: Bitte vormerken.
Ich werde wegen dem Preisgesetz gefragt und erkläre, daß wir die
nächste Sitzung am Mittwoch haben und Androsch beschwert sich,
daß in dem Entwurf auch die Kreditauszeichnung verlangt wurde,
wobei er sich nicht vorstellen kann, wie dies tatsächlich gehand-
habt werden soll. Ich hätte mich doch um die Details mehr kümmern
müssen, da ich jetzt nicht sofort wirklich schlagkräftig auf diese
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Vorwürfe antworten kann.
Robert Weisz berichtet, daß man sich jetzt im Parlament im
Präsidium geeinigt hat, daß der erste Hauptredner 40 Minuten
und jeder andere Redner nur mehr 20 Minuten sprechen kann. Diese
20 Minutenbeschränkung gilt auch für den Minister, der sich aller-
dings öfters melden kann, dann wird nur der nächste sozialistische
Abgeordnete rückgereiht. Die FPÖ hat dieser Regelung nicht zuge-
stimmt. Am 27. wird über die Finanzgesetze, am 28. über die Sozial-
gesetze verhandelt. Androsch fürchtet, daß die großen Brocken alle
dann für Dezember liegen bleiben und Weisz sieht überhaupt keine
Möglichkeit mehr, neue Materien noch heuer zu behandeln. Wie also
die Marktordnungs- und Preisgesetze über die Bühne gehen sollen,
ist noch vollkommen unklar. Für mich ist schon klar, es wird wahr-
scheinlich zu einer unveränderten Verlängerung kommen, wobei wir
politisch nur eines machen könnten, die weitestgehenden Forderungen
von der ÖVP ablehnen lassen. Ob diese Taktik allerdings eingeschla-
gen wird, bin ich mir allerdings noch nicht ganz sicher. Auf alle
Fälle sind wir in große Terminschwierigkeiten, genau dies war aber
die Taktik der ÖVP.
Lanc berichtet, daß man wegen Vorarlberg den Antrag der ÖVP,
die Telefonverbindung im ländlichen Raum zu verbessern, einen
Unterausschuß zugewiesen hat. Die Wahlen sind jetzt vorüber und
er meint, was soll geschehen, Androsch plädiert, daß man dies kalt-
blütig ablehnen müsse. Lanc kündigt aber an, daß nächstes Jahr
vor den Wahlen er einige Vorschläge zur Verbesserung der Telefon-
situation bringen wird, diesbezüglich aber hoffentlich nicht
auf den ländlichen Raum allein.
Veselsky verteilt ein Datenschutzgesetz und möchte bis Ende der
Woche Stellungnahmen, weil er ansonsten dieses Gesetz im nächsten
Ministerrat einbringen will.
Tagesprogramm, 18.11.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)