Mittwoch, 20. November 1974
Bei der Bürges-Sitzung teilt die Geschäftsführung mit, dass wir
heuer erstmals alle Fälle restlos aufgearbeitet haben. Mit Jahres-
ende wird die Bürges ajour sein. Wenn man bedenkt, dass sie 1970
von Mitterer gesperrt werden musste, und dann im Laufe der Jahre
es gelungen ist, alle Anträge schön langsam abzubauen, so ist dies
eigentlich eine gigantische Leistung. Dies war aber nur möglich, weil
ich so stur immer alle Abänderungsanträge abgelehnt habe, die Bundes-
kammer hätte sehr gerne, mich durch eine ständige Ausdehnung der
Bürges-Aktion in dieselbe Situation getrieben wie Mitterer. Ideal
wäre, wenn es gelänge, auf Prämienaktionen umzusteigen, damit wir in
Hinkunft keinerlei Vorbelastungen mehr haben und damit jedes Jahr
mit den Budgetmitteln und dem Gewerbesteueranteil disponieren könnten.
Hier gibt es aber leider noch unüberwindbare Hindernisse.
Der Betriebsrat der Fa. Jungbunzlauer mit dem Arbeiterkammervize-
präsidenten von NÖ wollen mich überzeugen, dass es notwendig wäre,
der Firma mehr Zucker zuzuteilen. Sie behaupten 13.000 t mindestens
zu brauchen, obwohl Gröger ihnen nachwies, dass sie, da sie ab Oktober
Melasse verarbeiten, mit maximal 10.000 t auskommen können. Derzeit
haben sie allerdings nur 5.000 t bis Ende Jänner erhalten. Jetzt kann
jeder Zucker verarbeitende Betrieb leicht leben, wenn er den inlän-
dischen billigen Verarbeitungszucker bekommt. Deshalb ich auch dieser
ungeheure Druck und die irrsinnige Zuckerauslieferung von der Zucker-
industrie. Ich habe die Betriebsräte nicht im Unklaren gelassen, dass
sie sich bemühen müssen, woanders auch Rohstoff herzubekommen und
vor allem sich so schnell als möglich auf eine andere Basis als
Zucker ihre Produktion aufzubauen.
Bei der Kohlesitzung wegen Stillegung von Pölfing-Bergla konnte ich
feststellen, dass man doch immer wieder versucht, auf Zeit zu arbeiten.
Der Betriebsratsobmann der GKB Glantschnig hat zwar in der Versammlung
erklärt, dass wir jetzt endgültig mit der Kohleproduktion Schluss sein
muss und dafür eben die Wolfram-Hütte errichtet werden soll. 313 Be-
schäftigte müssen, soweit sie nicht in der Hütte unterkommen, 125
sind dafür vorgesehen, wenn sie wollen, nach Köflach zum Bergbau
kommen. Dort werden Arbeitskräfte dringend gebraucht, es wird sogar
jetzt schon mit Gastarbeitern dort gearbeitet. Glantschnig selbst wün-
schte,
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dass die Abfertigung ausser den gesetzlichen kollektivvertraglichen
für 25 Jahre 16 Monate, für 20 Jahre 14 Monate, für 10–15 Jahre
12 Monate vom Staat aus bezahlt werden sollen. Ausserdem wünscht
er dies versicherungs- und steuerfrei. Eine solche Regelung wird kaum
in Frage kommen, denn bei der LAKOG, aber auch in Grünbach und
Tauchen wurden wesentlich weniger Abfertigungen bezahlt. Die höchsten
dafür ausgeschütteten Beträge waren 12-Monatsbezüge. Damals fehler-
haft, aber auch einmal ausbezahlt und damit natürlich nach einem
Monat wieder vergessen. Diesmal werden wir es auf monatliche Auszahlung
vereinbaren. Ein Hauptproblem ist die Bergarbeiterversicherung. Der
Bergarbeiter hat ein spezifisches Risiko und deshalb hat die Ver-
sicherung nicht 8,75 betragen wie bei den sonstigen Arbeitern, sondern
14,25. Man wird auch bei den Hüttenarbeitern, soweit sie aus dem Berg-
bau kommen, diese Versicherung weite bezahlen. Ich habe nur veranlasst,
dass sofort Min.Rat Sterk, der wollte wieder, dass auch Kaber vom FM
mitfährt sowie das Sozialminister, wir hatten Sekt.Chef Lenert zuge-
zogen, bei den Detailbesprechungen bei der GKB dabei sind, damit wir
so schnell wir möglich einen Abschluss erreichen. Ich fürchte, sonst
kommt es wieder zu Verzögerungen und damit näherrücken der Wahlen
und automatisch wieder ein Hinauszögern und zu keinem Beschluss.
Glantschnig selbst hat ja schon drauf hingearbeitet, dass er erklärte,
mit 1.1.1977 wird die Hütte erst in Betrieb gehen, dann ist auch
der Bergbau sowieso schon stillzulegen, weil die ÖDK keine Kohle
mehr für Voitsberg I übernehmen kann, dieses Kraftwerk wird still-
gelegt und ein anderes kann die Kohle nicht verheizen, damit alles
wieder in schönster Ordnung ist. Verständliches Motto der Betriebs-
räte und Beschäftigten: Zeit gewonnen, alles gewonnen. Ich glaube
aber, wenn wir den Bergarbeitern zeigen, dass wir für sie Arbeits-
plätze haben, wenn wir ihnen, was das Wichtigste ist, auch gleich
ihre Abfertigungen zusätzlich geben, wenn sie bei der Bergarbeiter-
versicherung weiterbleiben können und gegebenenfalls in Köflach
arbeiten, dann glaube ich, wird die ganze Angelegenheit viel ruhiger
über die Bühne gehen, als uns die steirischen Genossen immer einreden
wollen. Gerade für Pölfing-Bergla gibt es nämlich gar keine andere
Lösung.
Bei der Überreichung des Staatswappens an die INPADOC – Auracher –
hat mir er neuerdings versichert und auch Präs. Leberl, dass sie
sehr eng zusammenarbeiten wollen. Ich hatte nämlich darauf angespielt,
dass es an der Kooperation, siehe Entwicklungshilfe – zwischen den
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beiden Institutionen gemangelt hat. Ich bin neugierig, ob sie sich
wirklich zusammenstreiten und kooperierend vorgehen.
Würzl hat, da ihm die Förderungsmittel jetzt als Gruppenleiter
unterstehen, mit den Bundes-Wifi, Dr. Salzbrunn, Gespräche geführt,
um zentrale Wifi-Anliegen gemeinsam zu erarbeiten. Bis jetzt war
es so, dass die Wifi-Gelder, die wir ausbezahlten, sie es aus der
Gewerbestrukturverbesserung, sei es aus unserem Budget von den
Wifis ohne unsere Einflussnahme verbraucht wurden. Wifi hat aller-
dings meiner Meinung nach zu grosse Beträge, die bis 8 Mill. S pro
Jahr gingen, in Aussicht genommen. Wir einigten uns dann, dass wir
heuer 5 Mill. maximal zur Verfügung stellen, dazu kommen noch 1,75 Mill.
für Fremdenverkehrsbetriebsberatung, derselbe Betrag dann auch
für das nächste Jahr, sodass die Wifis damit sehr zufrieden sein
können. Zu meinem grossen Glück hat nämlich mein Amtsvorgänger
in den letzten Jahren den Wifis überhaupt nichts geben können.
Eine Vorbesprechung über das Preisgesetz bei Dr. Fischer mit Jagoda
war nur sehr kurz, weil Benya ihn und mich ersuchte, mit Weihs
und Hofstetter die weitere Vorgangsweise bei den Marktordnungsgesetzen,
ja bei den gesamten Wirtschaftsgesetzen zu besprechen. Bei dieser Ge-
legenheit konnte ich feststellen, dass Benya, aber auch scheinbar Fi-
scher die Verhandlungsschwierigkeiten unterschätzt haben. Weihs hat
zwar überall erklärt, dass er die Ersatzlösung jederzeit präsentieren
kann, aber allerdings hat er mit den Verhandlungen so spät begonnen,
dass kaum eine Möglichkeit besteht, sie wirklich noch über die paar
Nationalratssitzungen zu verhandeln und zu beschliessen. Bis Jahres-
ende müsste nämlich die Ersatzlösung stehen. Meiner Meinung nach
zeitlich vollkommen unmöglich, bei dem Preisgesetz schaut es besser
aus. Hier wurde im Juni bereits mein Vorschlag abgelehnt, Benya
meint, wenn die ÖVP nicht wesentliche Zugeständnisse macht, dann lassen
wir es ersatzlos auslaufen. Benya hat sich sehr geärgert, dass er –
wie er meint – die Regierung auf den Zeitplan des Parlaments so wenig
Rücksicht genommen hat. Da Benya immer sich ganz entschieden dagegen
ausgesprochen hat, dass die Marktordnungsgesetze unverändert verlängert
werden, wenn auch nur kurzfristig, befürchtet er, dass jetzt die an-
dere Seite vielleicht dann doch stark genug ist, ihm eine solche kurz-
fristige Verlängerung aufzuzwingen. Dies wäre natürlich für die ÖVP
ein riesiger Prestigeerfolg.
Die Verhandlungen mit Koren, Mussil, Fischer und mir über das Preisge-
setz verlief wie erwartet. Zuerst hat 3/4 Stunden die ÖVP erklärt, sie
hätte keine Möglichkeit, auf meine Vorschläge auch nur einzugehen,
geschweige denn sie zu beschliessen, um dann im letzten Moment mit
ihrem Gegenvorschlag vom Oktober – Dr. Farnleitner – herauszurücken.
Sie stellen sich vor, dass ich berechtigt wäre, wenn betriebswirtschaft-
lich nicht begründete Preiserhöhungen durchgeführt wurden, für 6 Monate
diesen Preis dann regeln zu können. Als Gegengeschäft wollen sie gleich
aber von mir verlangen, dass ich verpflichtet wäre, dort wo ich
eine Preisregelung auf Grund eines Gesetzes durchführen darf, diesen
in drei Monaten zu erledigen, ansonsten der beantragte Preis von der
Firma als preisbehördlich genehmigt gilt. Ich erklärte sofort, dass
es sich hier nur um einen ersten Schritt handeln kann, was natür-
lich von Mussil ganz besonders entschieden bestritten wird. Er meint
dies sei die äusserste Konzession, die die ÖVP machen könnte.
In der Konsumentenwoche berichteten die einzelnen Arbeitsgruppen über
ihre Tätigkeit und ich selbst wurde ja deshalb von Koppe dorthin
zitiert, damit eben in Anwesenheit des Konsumentenministers die näch-
sten Arbeiten, die der Konsumentenbeirat dann zu erfüllen hätte, be-
sprochen werden sollen. Ebert berichtete von der Arbeitsgruppe Unter-
nehmer und Konsumenten und der zweite Exponent der Handelskammer
Dr. Christian über das Verhältnis nach dem Kauf. Ich bin immer wieder
erstaunt, wie es gelungen ist, die Handelskammer in diese Arbeiten
einzuspannen, denn ich Wirklichkeit können wir mit dieser Politik
sehr zufrieden sein. Natürlich erklärte ich schon vorweg dem Rundfunk,
der mich darum fragte, was ich zu den Vorschlägen des Konsumentenfo-
rums sage, für mich war es darum leicht, soweit sie vernünftig sind,
werde ich sie alle erfüllen, wie ich das auch vor fünf Jahren beim
ersten Konsumentenforum getan habe. Leider konnte ich dann meine
Schlussansprache nicht in der mir gewohnten Art und vor allem nicht
auf Details eingehend halten, weil meine Stimme total heiser war
und ich überhaupt froh war, dort ein Wort herauszubringen.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Auf Grund eurer Tagung und unserer Politik so-
fort jetzt ein neues Programm ähnlich der konsumentenpolitischen De-
klaration entwerfen.
Nachdem mich Koholzer im Rudolfsspital, dort sogar von einem Univer-
sitätsprofessor behandeln liess, war ich imstande, wenigstens bei der
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Festveranstaltung 60 Jahre TEERAG-ASDAG das Staatswappen mit einigen
Worten zu übergeben. Da dort so viele Leute gekommen waren, dass
nicht einmal Sessel aufgestellt werden konnten, war diese Feier-
stunde für mich schon eine kleine Tortur. Grossen Eindruck hat
sicher gemacht, dass ich trotz dieser miesen Stimme und sonstigen
körperlichen Konstitution gekommen bin, den Festakt vollzog und
dann mich beim Dinner entschuldigte. Die Ärzte waren mit meiner
Vorgangsweise nicht ganz einverstanden.
Tagesprogramm, 20.11.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)