Freitag, den 11. April 1975
Bei der Aufteilung der ERP-Mittel innerhalb der von den einzelnen
Ministerien gewünschten Vorschlägen gelingt es mir Kreisky und
Androsch davon zu überzeugen, daß dem Fremdenverkehr 150 Millionen
zusätzlich bereitgestellt werden sollen, weil wir dort eine Liste
von einer Anzahl kleiner und kleinster das ist nur 2–3
Millionen Schilling je Fall, präsentieren können. Kreisky und
Androsch unterstützt ihn, ist der Meinung, daß sogar für den
Fremdenverkehr sogar die ERP-Mittel herangezogen werden und nicht
die Ersatzlösung, wo nur Zinsenzuschüsse gegeben werden. Kreisky
meint nämlich, die sogenannten Topf II vorgesehenen Projekte
sollten nur Großprojekte sein, die für besondere Rückgaben die
Zustimmung der Amerikaner erleichtern könnten. Ich glaube noch
immer nicht, daß es gelingen wird die Amerikaner davon zu überzeugen,
daß sie an Stelle der revolvierenden ERP-Mittel ihm durch 5–6
Jahre jeweils 50 Millionen Schilling als Zinsenzuschuß zur Ver-
fügung stellen, dadurch nämlich wird der ERP-Fonds immer kleiner,
was die Amerikaner genau mit ihrem Vertrag verhindern wollten.
Trotzdem melde ich auch für diesen Topf II für infrastrukturelle
Maßnahmen für den Fremdenverkehr, auch z.B. für Bäder weitere
Mittel an. MR Würzl, den ich von diesem Ergebnis berichte,
ist auch positiv überrascht, daß dies überhaupt gelungen ist.
Gen.-Dir. Treichl und Schmidt-Chiari von der CA kommen nicht um die
Papierumweltschutzprojekte zu besprechen, sondern nur ausschließlich
ihr einziges und interessantestes Projekt, Leykam als das erste
ja fast einzige fertige Projekt zu präsentieren, welches wir unver-
züglich genehmigen sollen. Haffner war schon im Vorjahr davon
überzeugt, daß nur Leykam und Borregaard allein die zwei zu geneh-
migenden seien, und nach seiner Meinung nach, ohne daß er dies
ausspricht, war es sicherlich ein Fehler so lange zu verhandeln
um zu einem Ergebnis wegen der anderen Projekte auch zu kommen.
Hier hat er sicherlich nicht unrecht. Ich erkläre deshalb den
CA-Vertretern, daß ich auf Wunsch der Banken und der Papierindustrie
selbst jetzt durch Monate hindurch verhandelt habe um einen Akkord
herzustellen und nun so klug bin wie vor etlichen Monaten, als wir
begonnen haben. Die Papierindustrie, die ÖPA, Banken haben also
nichts anderes erreicht, als daß wertvolle Zeit verstrichen ist.
Ich werde deshalb nachdem ich jetzt mit allen Projektträgern fast
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persönlich verhandelt habe die Entscheidung selbst treffen.
Nach der Sitzung bespreche ich mit Gröger, Haffner und Reim
ein System nachdem vorgegangen werden soll. Das Wichtigste ist,
daß der Baubeginn in der Detailplanung und die wasserrechtliche
Genehmigung und sonstige Genehmigungen vorliegen und daher so
schnell als möglich begonnen werden kann. Durch die derzeitige
Konjunkturlage bedingt ist ein solches Kriterium wahrscheinlich
sogar gegen jedermann leicht vertretbar. Außerdem muß ein Finan-
zierungsplan und eine Verpflichtungserklärung vorliegen, daß die
Menge, die an andere Firmen abgegeben werden soll und der Preiswert
neutral garantiert eingehalten wird. Von entscheidender Bedeutung
ist auch, daß der Inlandsanteil von Lieferungen österreichischer
Firmen so groß als möglich ist. Die Bedeutung des Umweltschutz
soll durch einen Einwohnergleichwert objektiviert werden. Ein
Struktureffekt sollte vorliegen und die regionale Arbeitsplatz-
sicherung besichtigt werden. Haffner wird jetzt nächste Woche
das interministerielle Komitee zusammenrufen und und dann nachdem
er mit ihnen die Prioritäten besprochen hat entsprechende Richt-
linien erstellen und dann endgültig zuschlagen. Bis zu diesem Zeit-
punkt hoffe ich auch schon eine Antwort von Moser wegen der 350 Mio. S
die wir vom Wasserwirtschaftsfonds brauchen, bekommen zu haben.
Alle Papierfabriken, die Projekte eingereicht haben, erklären nämlich
es genügt für sie, wenn sie einmal einen Zuschlag vom Wasserwirt-
schaftsfonds haben und wenn dieser auch nur einige Millionen Schilling
beträgt. Dadurch würden sie einen Rechtsanspruch haben, für die näch-
sten Jahre die Finanzierungsmittel zu bekommen. Wenn allerdings
der Wasserwirtschaftsfonds kein Geld hat, was wahrscheinlich ist,
möchte ich dann gerne wissen, wie die Zwischenfinanzierung der Banken
erfolgen wird und kann. Dies ist allerdings nicht meine Sorge son-
dern eben die der Banken resp. die der Projektträger.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte, da auch konjunkturpolitische Gründe jetzt
mehr denn je massgeblich sind, dass Projekte begonnen werden, die Ab-
wicklung so schnell als möglich durchführen.
Der Betriebsratsobmann der Weißenbacher Zellulosefabrik, NR Mader-
thaner und ZS NR Teschl erkläre ich, dass jetzt eine endgültige
Entscheidung fallen muss und man immer wieder hört, dass z.B. Weissen-
bach geschlossen wird und das grosse Zellulosesulfat-Projekt
zum Tragen kommen soll und dass immer wieder neue Kombinationen ent-
stehen und ich nun endgültig einen Entschluss fassen muss. Teschl
ersucht, er möchte dann als Interessenvertretung der Arbeitnehmer
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also als Papierarbeitergewerkschaft noch einmal die Fragen be-
sprechen, bevor ich endgültig entscheide.
ANMERKUNG FÜR REIM: Bei Ausarbeitung der Richtlinien im intermini-
steriellen Komitee die Privatangestelltengewerkschaft und Chemie-
arbeitergewerkschaft verständigen.
Im Parlament komme ich bei der Fragestunde, wo diesmal sogar 6 Fragen
sind in den letzten 10 Minuten dran und kann vier Fragen noch ganz
schnell kurz beantworten. Damit bin ich fast doppelt so schnell als
die anderen vor mir und dabei ist es diesmal an und für sich sehr
rasch gelaufen. Die Fragestunde hat sich jetzt vom propagandi-
stischen Standpunkt eigentlich fast schon totgelaufen, da kaum mehr
Interesse von der Presse oder vom Rundfunk/Fernsehen genommen wird.
Ich wende eigentlich deshalb auch bereits seit Monaten dieser In-
stitution gar kein besonders Augenmerk mehr zu. Ich antworte immer
nur kurz und prägnant, ohne irgendetwas vorzulesen, wie dies bei
den ersten Fragebeantwortungen bei allen Ministern sonst der Fall
ist und bin neugierig, ob mich deshalb jemand einmal angreifen
wird.
Anmerkung für Gehart: Bitte die Anfragebeantwortungen, wenn ich dort
irgendwelche Zusagen mache, dann büromässig und insbesondere durch
Überprüfung, was im Haus geschieht, erledigen.
Ich weiss nicht aus welchem Grund die ÖVP wegen der UOG-Ver-
handlungen so nervös wurde, dass Staudinger bei mir erschien
und gebeten hat, ich sollte das Mittagessen, das ich für die Unter-
ausschussmitglieder und die Interessenvertretungen sowie die
Beamten, die besonders mitgearbeitet haben, am Elektrizitäts-
wirtschaftsgesetz und Berggesetz im Rathaus geben wollte, ab-
sagen. Auf alle Fälle stimmte ich sofort zu, weil ich dadurch Mittel
erspare, insbesondere, wenn ich dieses Essen nicht wiederhole.
Was ich eigentlich gar nicht will. Hoffentlich gelingt es, durch
die kurzfristige Absage bedingt, den Rathauskeller davon zu überzeu-
gen, dass wir nicht einen grösseren Abstandsbetrag bezahlen müssen.
Wichtig erschien mir aber, dem Staudinger und auch der ÖVP zu zeige,
dass ich für kritische Situationen für sie sofort entsprechende
entgegenkomme.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte erkundige Dich, um uns der Rathaus-
keller etwas verrechnet und ausserdem muss ich an alle einen Ent-
schuldigungsbrief schreiben, da nur ein Teil von der Absage ver-
ständigt werden konnte.
Beim UOG-Gesetz wurde stundenlang diskutiert. Selbst Firnberg
als Ministerin von der Regierungsbank het fast eine Stunde zuerst
eine Grundsatzerklärung abgegeben. Dann auch noch einmal vor dem
14. Redner glaube ich, zum zweitenmal das Wort genommen, so dass
wir mit dem Berggesetz und dem Elektrizitätswirtschaftsgesetz erst
um 9 Uhr, d.h. nach 10-stündiger Verhandlung des UOG-Gesetzes
drankamen. Um so schneller wickelten sich die beiden so wichtigen
Gesetze von der Öffentlichkeit wahrscheinlich überhaupt nicht
mehr beachtet entsprechend der Streichung der Redner ab. Die
FPÖ schickte überhaupt niemanden mehr als Rednerpult und die
ÖVP konnte nicht verhindern, dass ausser dem Vorsitzenden des
Ausschusses Staudinger zum Berggesetz der steirische Abgeordnete
Neumann sprach. Er attackierte mich wegen der mangelnden Vorsorge
für die Bergarbeiter weshalb ich mich selbstverständlich zu
Wort melden musste. Staudinger hat dann anschliessend, wie ich
eigentlich erwartete, eine Lobhymne an alle Beamten, die daran be-
teiligt waren und insbesondere an MR Mock gehalten und dabei auch
in einer Weise meine Tätigkeit beim Zustandekommen dieses Gesetzes
herausgestrichen, dass es mir peinlich war. Den anderen schien
es auch zu viel, weshalb er nachher, wie ich aus den Reihen
mithören konnte, hart kritisiert wurde. Als Koren und einige bei
ihm herumstanden und ihn heftigst kritisierten, bin ich deshalb
zu ihnen hingegangen und erklärt, sie dürften doch nicht ver-
gessen, dass Staudinger als Vorsitzender des Handelsausschusses
bis jetzt gelungen ist, dass nur einstimmige Beschlüsse dort
gefasst werden. Keinem anderen Ausschuss ist das glaube ich bis
jetzt geglückt, weshalb er mit Recht auf diese Arbeit stolz ist
und scheinbar die anderen ihn deshalb besonders kritisieren. Am
meisten verwundert waren die Abgeordneten, wie z.B. Kohlmaier
mir selbst gegenüber erklärte, davon hätte sie ja gar keine
Ahnung, dass wir im Handelsausschuss derartig konsenspolitisch
vorgehen. Kreisky oder vielleicht auch andere Minister würden
solche Lobeshymnen dazu benützen, um irgendwie dies propagandi-
stisch für sich zu nützen. Ich hatte aber wirklich nur das Gefühl,
ich muss Staudinger jetzt helfen, damit er nicht womöglich noch
für sein Verhalten Nachteile in der eigenen Partei in Kauf nehmen
muss. Mitterer hat allerdings recht, wenn er mir gegenüber sagte,
ich hätte mir in der Opposition eher die Zunge abgebissen, als
so etwas zu erklären. Die erste Sitzung war dann um 1/2 11 Uhr
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zu Ende und ich bin mit Zustimmung von Robert Weisz und Heinz
Fischer sofort nach Reutte abgefahren. Die zweite Sitzung,
wo der Antrag von Schleinzer über Auflösung des Parlamentes
behandelt wurde, dauerte dann, wie ich erfuhr bis 1/2 12 Uhr.
Wäre es noch ein wenig später geworden, hätte die Aussage von
Robert Weisz zugetroffen, der als Redner der Sozialisten zum
Schluss erklären wollte, es ist Mitternacht Herr Schleinzer!
Und dadurch wirklich den Ausspruch Vorhofers in der Kleinen
Zeitung vor etlichen Monaten auch zeitlich richtig hätte setzen
können. Mir ist es eigentlich unerklärlich, dass die ÖVP über das
UOG so lange diskutiert hat und dadurch Schleinzer und seinen
Auflösungsantrag so spät in der Nacht erst behandeln liess.
Koren wollte oder konnte sich in seinem Klub scheinbar nicht durch-
setzen und eine schnellere Abwicklung der UOG-Debatte erreichen,
obwohl er dies angeblich beabsichtigte.
Tagesprogramm, 11.4.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)