Freitag, der 19. September 1975

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Freitag, 19. September 1975

Beim Gewerkschaftskongress hat mich Adi Czettel von den Metall-
arbeitern informiert, dass die von der Gemeinde auf Grund des § 3 b
erhobenen Betriebe der Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten gerade
gut organisierte 9 grössere Betriebe sind. Sieben Betriebe, die
der ÖGB namhaft gemacht hat und zwei, die die Gemeinde noch selbst
dazu genommen hat. Die grosse Masse der kleineren werden unge-
schoren bleiben, obwohl sie jetzt seitdem es eine Pauschalierung
mit den Versicherungen gibt, die Arbeiten viel schlechter ausführen
und sogar jetzt wesentlich teurer sind als die erhobenen. Czettel
war daher sehr froh, dass wir vereinbart haben, mit den Sozial-
partnern, das Problem zu lösen. Ich habe ihm vorgeschlagen, dass
nach Abschluss der Gespräche und der Vereinbarungen sollen sie –
Gewerkschaft und Unternehmer – zu mir kommen, mir berichten und
ich werde dann eine Aktion starten, um das Ansehen der KFZ-Mecha-
niker wieder herzustellen. Ich werde den Verein für Konsumenten-
information auffordern, jetzt neuerdings Kontrollen zu unternehmen,
um dann, wenn die Arbeiten gut ausgeführt sind und die Preise ein-
gehalten werden, ich dies offiziell dann mitteilen kann. Czettel
war von dieser Idee begeistert.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte unseren Organen, die bei den Gesprächen
dabei sind, Informationspflicht auftragen und auch vom ÖGB den Fort-
gang berichten lassen.

Am ÖGB-Kongress wurden die Wahlen durchgeführt. Schon bei der Frak-
tionsbesprechung ergab sich für mich die Tatsache, dass Benya nicht be-
reit war, der Tradition entsprechend einzulenken und zu kalmieren,
sondern dort erklärte, man könne uns nicht zumuten, einen "nicht
gestandenen" Gewerkschafter ins Präsidium zu wählen. Sekanina als
Fraktionsführer hatte zwar mit der anderen Seite Besprechungen,
doch verlangten die, dass unbedingt Gassner zur Abstimmung vorge-
schlagen wird. Das Wahlkomitee konnte sich daher auch nicht einigen,
schlug Benya einstimmig vor, Böck und Dallinger mit Mehrheit
und Gassner hätte überhaupt nicht die Mehrheit im Wahlkomitee be-
kommen und wäre damit schon von dort ausgeschieden, doch hat man
als Konzession gesagt, dass der Kongress darüber entscheiden soll.



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Ich war sehr skeptisch, ob dies gut ausgehen wird. Leider habe
ich recht gehabt, die sozialistische Fraktion beschloss einstimmig
Gassner ihr Misstrauen auszusprechen, d.h. ihn zu streichen. Die
Überlegungen, dass nachher ein zweiter Kandidat von der ÖVP vorgeschla-
gen wird – denn wenn es ein Gewerkschafter gewesen wäre, was klar
war – dann die Sozialisten in einem zweiten Wahlgang mitgewählt hätten,
war eine reine Fiktion. In der Fraktion meldete sich sogar jemand,
der meinte, man müsse dann vorsorgen, dass nicht dieser Vizepräsi-
dent dann mit mehr Stimmen gewählt wird, als wahrscheinlich unsere
Vizepräsidenten – Sorgen haben die Leute! Diese ganze Aktion war
eine reine Fiktion. Bei der Auszählung der geheimen Abstimmung
ergab sich, dass von 420 gültigen Stimmen Benya 402, Böck 387
und Dallinger 270 bekam. Die meisten Zustimmungen erhielt Ströer
als leitender Sekretär mit 412 und Hofstetter mit 409. Gassner
erhielt nur 73 Stimmen und damit nicht einmal alle von den christ-
lichen Delegierten, die 83 Mandate hatten. Die VP-Fraktion verlangte
daraufhin eine neuerliche Unterbrechung und hat eigene Beratungen
durchgeführt, wo es turbulent zugegangen sein soll. Von 136 abge-
gebenen Anwesenden waren 4 ungültige Stimmen, 70 Nein, einen
anderen Delegierten vorzuschlagen und 62 für Klingler. Damit war
die Spekulation, dass ein anderer Kandidat nominiert wird, zwar
knapp, aber doch zusammengebrochen. Ich hätte es halt an Benyas
Stelle nicht so weit kommen lassen. Denn dass er ausschlesslich diese
Politik einleitete und ganz rigoros durchgezogen hat, dürfte
auf eine Fehlinformation von Altenburger, wenn nicht gar sogar auf
seinen Wunsch geschehen. Zur Debatte standen noch der Obmann der
öffentlich Bediensteten Gasperschitz, ja sogar NR Wedenig, der
Sekretär der christlichen Fraktion. In meinen Augen aber selbstver-
ständlich haben die Delegierten, die sich seinerzeit für Gassner
entschieden hatten, wahrscheinlich mit dem Hinweis, dass die
Bundesfraktionstagung der christlichen Gewerkschafter mit 250 Dele-
gierten einen anderen Beschluss fassen muss, wenn eben Gassner nicht
gewählt wird. Aus diesem Grund haben sie nun alle anderen Variationen
abgelehnt. Angeblich soll Altenburger erklärt haben, er sei auch
noch bereit, zwei Jahre als Vizepräsident zu kandidieren. Dabei soll
es fast zu Tätlichkeiten gekommen sein, so empört war ein Teil
über dieses Verhalten von Altenburger. Altenburger hat nämlich immer
so laviert, dass nur dann eine Möglichkeit bleibt, ihn wieder zu
wählen. Dies hat er beim vorletzten, beim letzten und sogar noch
bei diesem Kongress neuerdings versucht. Ich glaube, er hat den


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denkbar schlechtesten Abgang nicht nur in seiner Partei sondern
sicherlich auch in der Öffentlichkeit durch dieses Verhalten.
Man muss sich eben zeitgerecht entscheiden, wer sein Nachfolger
werden soll und muss vor allem einmal abtreten, um ihm womöglich
Platz zu machen, solange man noch Einfluss darauf hat. Natürlich
war dann nach dieser Unterbrechung die Show des ganzen Kongresses
und wahrscheinlich auch der Öffentlichkeit auf seiten Gassners
und von der LAbg. Jamnegg, die noch einmal einen zündenden Appell
an alle Delegierten richtete, doch Verhandlungen fortzuführen,
damit eben Gassner gewählt werden kann. Die Statutenänderung, die
wir einstimmig beschlossen haben und die jetzt das nächste Mal
beim Kongress in Kraft tritt, ist es wieder unmöglich Gassner
zu wählen, weil er derzeit in kein Leitungsgremium gewählt wurde,
was durch eine Periode hindurch, das wären 4 Jahre Voraussetzung
für den nächsten Gewerkschaftskongress, erbringen kann. Wie es hier
weitergeht, bin ich schon mehr als gespannt. Nach meiner Überlegung,
nach meiner Politik, nach meiner Vorstellung des Gewerkschaftsbundes
läuft das auf alle Fälle konträr.

Bei der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Integral und
der tschechischen Technoexport war nicht nur der Gesandte Komárek
und der Gen.Dir. Misera, der von tschechischer Seite unterfertigt,
sondern noch viele österreichische aber vor allem einmal tschechi-
sche Herren anwesend. Schon bei dem ersten Vertrag 1972 war ich
erstaunt, dass Integral diesen Zuschlag bekommen hat. Hochdruckspalt-
anlage Böhmen I ist jetzt in Betrieb gegangen am 25.8. und bis jetzt
sind keine Beschwerden, es dürfte also wirklich alles funktionieren.
Die neue, zweite Anlage kostet 164 Mill. S und wird mit einem
siebenjährigen Kredit gemacht. Diesmal incl. der Montage von österr.
Arbeiter durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit fiel mir ein, dass
wir versprochen hatten als wir in der CSSR waren, für die tschechischen
Arbeiter, die bei uns im Prater als Fleischer und Kellner tätig sind,
in der tschesch. Gastwirtschaft und ein paar andere Personalwünsche
zugesagt haben, dass wir uns dafür positiv einsetzen werden. Bis
jetzt habe ich nichts gehört.

ANMERKUNG FÜR REIM: Bitte erkundige Dich, ob dieser Wunsch des
Handelsrates Kohout von der csl. Botschaft bei uns bereits durch
ist und das Sozialministerium positiv erledigt hat.



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Mit dem Gen.Direktor Rossati und dem österr. Unterzeichner
Dr. Wessely unterhielt ich mich über das Engineering, das sie
in den letzten Jahren aufgebaut haben. Integral hat durch die Umstel-
lung von Wien auf Erdgas eine ungeheure Erfahrung und hat nicht
nur ein gutes Engineering in der Planung sondern auch in der Durch-
führung, was gerade jetzt in der CSSR sehr den Ausschlag des weiterer
Anschlussauftrages gegeben hat. Meine Frau hat mir bei der Umstel-
lung mitgeteilt, dass dies wirklich vorzüglich erledigt wurde und
nicht nur angeblich bei einem Prominenten sondern auch allgemein
sehr zufriedenstellend. Weniger zufriedenstellend für mich war
und ich habe dies den beiden Herren ganz deutlich gesagt, dass
scheinbar ihre Abrechnung nicht funktioniert, weil meine Frau,
die ja alles bestellt und kauft und auch die Bezahlung durchführt,
bis jetzt noch keine Rechnung hat. Die beiden Herren waren sehr be-
treten.

In Innsbruck konnte ich mir dann die Fernsehübertragung vom Taus-
Kreisky-Gespräch bei Dipl.VW Tieber, derzeitiger Landessekretär
der SPÖ in Tirol, ansehen. Mir hat diese Fernseh-Diskussion sehr
gut gefallen und ich hatte den Eindruck, dass noch immer Kreisky
hoch überlegen war. Taus sprach noch immer drein und lief eigent-
lich immer in die offenen Messer von Kreisky. In diesem Fall dürfte
aber ich nicht ganz objektiv gewesen sein, denn mit vielen Leuten
mit denen ich dann anschliessend bei den Wahlversammlungen und
zwar ausschiesslich unsere Funktionäre gesprochen habe, musste
ist feststellen, dass diese das Gefühl hatten, dass Taus wirklich
stark aufgeholt hat und dass Kreisky nicht mehr so gut abschnitt
wie beim ersten Mal. Unsere Funktionäre haben halt immer den
Wunsch, dem Gegner nicht nur das Messer hineinzurennen, sondern
dann auch noch genüsslich herumzurühren. Sie betrachten eine solche
Fernsehdiskussion als reinen Gladiatoren-Kampf. Tieber hat sich
endgültig entschieden, aus dem Landessekretariat auszuscheiden
und es bleibt für ihn nur die Möglichkeit, bei der TIWAG als
Verwaltungsmann einzutreten, allerdings nicht im Vorstand sondern
maximal nach Jahren auf Prokuristenebene. Wenn auch dies nicht zu-
stande kommt, wovon ich fast überzeugt bin, wird er nach Wien
gehen. Bei der TIWAG hat er meiner Meinung nach deshalb keine
Chance, weil Wallnöfer ihn als Buh-Mann gegen Tirols Interessen
aufgebaut hat und deshalb wahrscheinlich kaum zustimmen wird, dass


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er nachgerade als Belohnung zur TIWAG kommen sollte. Ich fürchte,
dass sich Salcher hier mit diesem Wunsch bei Wallnöfer und der ÖVP
nicht durchsetzen wird.

27_1017_01

Tagesprogramm, 19.9.1975

27_1017_02

hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


GND ID: 1017902909


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: steir. ÖVP-LT-Abg. bis 1981, ÖAAB-Vertr. Vollversammlung AK Graz


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Präsident AK
      GND ID: 121924882


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: FCG


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: ÖAAB-Funktionär, ÖGB-Vizepräsident, BR-Abg.


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: SPÖ-Politiker, Gewerkschafter, NR-Abg.


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Gesandter, später Botschafter der CSSR


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Wr. Bau-SR, ÖGB-Vizepräs., Obmann Gew. Bau-Holz


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ÖGB-Vizepräs., FCG


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


                        Einträge mit Erwähnung:


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                            GND ID: 136895662


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Dir. Fa. Integral


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Beamter HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                                    GND ID: 119083906


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      GND ID: 118764136


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        GND ID: 118756265


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                                          GND ID: 118566512


                                          Einträge mit Erwähnung: