Samstag, 20. September 1975
Das Frühstück mit Wallnöfer und der Messe-Leitung war leider nur
sehr kurz. Bassetti hat darauf hingewiesen, dass es eine 43-jährige
Tradition ist, dass immer der Landeshauptmann und der jeweilige
Minister, der eröffnet, hier zusammenkommen. Ich glaube, ich muss
daher auf diesen Wunsch beim nächsten Mal mehr Rücksicht nehmen.
Ich kann Marktdiskussionen wirklich nur bei unmittelbaren Partei-
wahlen vorher durchführen. Ich habe aber mit Keimel, der am Markt
dann Prospekte vor mir verteilte und bei der Eröffnung sagte, er
sie nur deshalb weggegangen, obwohl man ihn aufgefordert hat
zu bleiben und mit mir zu diskutieren, weil er das Abkommen
SPÖ-ÖVP auf gegenseitige Störung nicht durchbrechen wollte,
war sofort auf mein Angebot eingegangen, dass wir das nächste
Mal bei meiner Messe-Eröffnung am Vortag eine gemeinsame Dis-
kussion irgendwo in Innsbruck veranstalten sollten. Der Schatten-
minister Keimel mit dem Handelsminister könnte ein wirklich inter-
essantes Diskussionsforum ergeben. Die Innsbrucker SPÖ wird
das organisieren. Nationalrat Egg hat dies übernommen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte, damit es nicht einschläft, auch über die
JG in Tirol immer wieder urgieren.
Die Messe-Eröffnung hat keinen besonderen Höhepunkt gehabt, ausser
dass Bassetti mich diesmal überhaupt nicht angegriffen hat, sondern
ganz im Gegenteil herausstrich, dass ich der Minister bin, der für
den Fremdenverkehr das meiste Verständnis gehabt hat und dass ich
mich so eingesetzt habe, dass wir jetzt wieder eine positive Ent-
wicklung verzeichnen können. Wenn ich alles erwartet hätte vor
den Wahlen aber ein solches Lob von Bassetti sicherlich nicht. Ich
habe deshalb dann nur einen sehr glaube ich wirkungsvollen aber
wenig aggressiven Rechenschaftsbericht gegeben, was wir auf dem
Fremdenverkehrssektor insbesondere seit der letzten Enquete im
August vorigen Jahres in Innsbruck getan haben. Wallnöfer hat
in seiner Ansprache ebenfalls auf die freudige Entwicklung des
Fremdenverkehrs verwiesen, aber doch die Not der Bergbauern erwähnt
Hier konnte ich natürlich replizieren, dass wir als erstes die
von ihm gewünschte Direkthilfe eingeführt haben und dass wir den
Milchpreis um 94 Groschen erhöhten. Bürgermeister Lugger, der
über die Olympiade sprach und meinte, dass hier ein Werbeschub aus-
gehen wird, gab mir natürlich Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass
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die jetzige Regierung sofort den Wunsch Innsbrucks auf Abhaltung
der Olympiade unterstützt hat, während das Wiener Ansuchen von Klaus
bekanntlicherweise abgelehnt wurde, was nicht nur Wien-feindlich
sondern noch viel schlimmer auch fremdenverkehrsfeindlich war. Der
Nachteil bei dieser Messe ist, dass sie im Kongresshaus stattfindet
und dort nicht einmal der Saal zu einem Drittel gefüllt ist, da
die Messe eben ganz wo anders stattfindet.
Eine reine Pleite war die anschliessende Pressekonferenz von mir.
Die einzige Vertreter der Tiroler Tageszeitung, einer Wochenzeit-
schrift Präsent, die ich überhaupt nicht kenne und der Allgemeinen
Hotel- und Gaststätten-Zeitung aus Stuttgart. Hier müssen wir dafür
sorgen, dass das nächste Mal mehr Vertreter anwesend sind. Wenn
sich die Zeitungen nicht interessieren, müssen wir von der JG ein
paar Leute hinbestellen, damit nicht ein so jämmerlicher Eindruck
entsteht, wenn ich eine Pressekonferenz gebe. Natürlich sagte ich
einleitend, ich mache dies, um der Presse eine Möglichkeit zu geben,
mit mir zu diskutieren und ganz besonders um den Zeitungen in den
Ländern diese Chance zu geben, damit nicht die Kritik aufkommt, man
interessiert sich nur in Wien für die Presse und in den Bundesländern
lässt man sie links liegen. Wenn die Presse diese Gelegenheit nicht
wahrnimmt, so ist es nicht meine Schuld sondern zeigt eben mein Be-
mühen, überall und jederzeit mit der Presse guten Kontakt zu haben.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte auch hier vielleicht über die JG entspre-
chend Vorkehrung für das nächste Mal treffen.
Die anschliessenden Parteiveranstaltungen im Stubaital und Wipptal
waren genau wie ich erwartet hatte. Soweit wir im Freien und in
Fremdenverkehrsorten wie Fulpmes sprachen waren natürlich mehr
Zuhörer, weil es in Tirol noch eine sehr guten September-Fremden-
verkehr gibt. Ansonsten aber waren nur ganz wenige Genossen an-
wesend. Ich tröstete sie immer nachher, welchen schwierigen Stand
sie eben in Tirol haben. In Fulpmes hatte ich wieder die Gelegenheit,
einem Hochzeitspaar zu gratulieren, in Steinach von einer liebenswürdi-
gen Kaffeehaus-Besitzerin betreut zu werden. LR. Fili, der mich
begleitete, erklärte mir, wieso: sie kam aus der SJ und hat nun
in eine erzschwarze sehr reiche Familie hineingeheiratet. Ihre
Sympathie lag eindeutig noch bei mir resp. wahrscheinlich besser
ausgedrückt bei der sozialistischen Idee und Partei.
In Fulpmes geht es mit der Aussiedlung der Werkgenossenschaft
in das Industriegelände nur sehr zögernd weiter, da sich die Ge-
nossenschafter nicht einigen können und derzeit scheinbar eine
grössere Krise innerhalb ihrer eigenen Organisation herrscht.
In Matrei wieder, wo das Träger-Werk auch auf einer Genossenschafts-
basis aufgebaut ist, funktioniert es angeblich sehr gut. Die
dortigen Beschäftigten halten zusammen, erreichen auch gute Um-
satzerfolge, weil scheinbar ein sehr gutes Management dort von den
eigenen Leuten gestellt, herrscht. In Fulpmes dürften sie zer-
stritten sein, nicht zuletzt auch deshalb, weil mir der Initiator,
der jetzt allerdings schon ausgeschieden ist, erklärte, Wien hätte
sich hier viel zu viel eingemischt. Er gab allerdings sofort zu,
dass dies nicht auf das Handelsministerium oder gar meine Person
zutrifft. Er meinte, er könne ja seine eigenen Leute nicht allzu
sehr kritisieren, meinte aber, die ÖVP und die Handelskammer.
In Matrei dagegen sind nicht selbständige Unternehmer, die sich
zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben, sondern ein aus
der Kriegszeit übernommenes Werk, typische Bezeichnung "Im Loch"
das jetzt zum Bahnhof hinauf übersiedelt ist und sehr gut floriert.
ANMERKUNG FÜR REIM: Diese beiden Genossenschaften und ihre Entwicklung
sollte man genauer verfolgen, vom betriebswirtschaftlichen vor allem
aber soziologischen Standpunkt sehr interessante Entwicklungen.
Immer wieder kommt es vor, dass ich bei Wahlreisen mich nicht mehr
erinnern kann, wo ich bereits gewesen hin, wo ich Interventionen
positiv erledigt haben und was aber viel schlimmer ich in dem einen
oder anderen Fall man nichts mehr von mir gehört hat. Wie wir organi-
satorisch dies besser machen, weiss ich nicht, wahrscheinlich wird
man doch aus meinen Tagebuchaufzeichnungen bei der nächsten Reise
in diese Gegend vorher mich kurz informieren, was es das letzte Mal
gegeben hat, was erledigt wurde und was nicht. U.a. hätte ich vor
Jahren zugesagt, Programme der Bundesregierung sicherlich mit Bildern
einem gewissen Dietmar Fili, Sohn des Landesrates, zu schicken.
Bis jetzt habe ich natürlich nichts davon gehört.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte sofort Bilder mit Autogrammen für
mich beschaffen und an Fili, 6143 Matrei 81, mit Entschuldigungs-
schreiben, dass es so spät erst kommt, schicken.
Tagesprogramm, 20.9.1975