Sonntag, der 13. Februar 1977

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Sonntag, 13. Feber 1977

Über die Österreichische Fremdenverkehrswerbung in Stockholm
Dr. Beer nützte die Gelegenheit mit mir entsprechende Gespräche über
den schwedischen Tourismus nach Österreich und 2 Vertreter von einer
Chartervereinigung und Busreisen Organisatoren zu sprechen. Die
schwedische Regierung verbietet derzeit Charterreisen über das Weekend
nach Österreich. Dieses Verbot gilt ausser für die spanischen und
kanarischen Inseln, also ist nicht ausdrücklich gegen Österreich ge-
richtet, sondern gegen alle Staaten mit Ausnahme Spanien. Diesen
beiden Vertreter waren der Meinung, sie könnten insbesondere für
Skifahren solche Weekendreise Veranstaltungen organisieren und damit
automatisch auch Österreicher zum Weekend nach Stockholm und andere
schwedische Städte bringen. Sobald ein Teil aber verboten ist, müssten
die Charterflugzeuge entweder dort warten, resp. leer zurückfliegen.
Mein Einwand, dass in österreichischen Wintersportorten es sehr schwer
sein wird, Betten für Samstag bis Montag zu bekommen, weil hier die
normale Besetzung, insbesondere in der Hochsaison sowie ist, wurde
wenig berücksichtigt. Man ersuchte mich, ich solle mit dem schwedischen
Handelsminister diesbezüglich sprechen. Dies tat ich, wobei er mir
erklärte, dass die schwedische Regierung eben die staatliche Flug-
gesellschaft SAS entsprechend schützt, wie dies auch übrigens Österreich
mit der AUA macht. Zuständig dafür ist nicht er, er wird aber dieses
Problem in der Regierung zur Sprache bringen und mir Bescheid sagen.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte Zolles verständigen.

In einem Pressegespräch habe ich dann über die Ausweitung des schwedi-
schen Tourismus nach Österreich gesprochen und festgestellt, dass in
den letzten Jahren eine grosse Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen ist.
Von ca. 48.000 Reisende auf 64.000 in den letzten 3 Jahren. Der Reise-
anteils Schwedens ist dadurch gewachsen, allerdings beträgt er noch
immer erst 1 % in Österreich. Von der schwedischen offiziellen Konsu-
mentenorganisation wurden insbesondere die Winterreisen getestet und
Österreich schneidet sehr gut ab. Eine grosse Beschwerde besteht
nur in dem Skiverleih, wo auf die Sicherheit der Gäste bei der Anpassung
der Ski überhaupt keine entsprechenden Vorkehrungen, wie Bindungein-
stellungen usw. getroffen werden.

ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte mit Zolles eine Sitzung vereinbaren.



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Der österreichische Botschafter Fischer erzählt mir, dass die
Langlaufausrüstungen Österreichs gut ankommen. Die Schweden bevorzugen
aber eine Bindung, wo ein Strammer verwendet wird und nicht nur die alte
Einrichtung, wie sie Fischer z.B. derzeit liefert.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Fischer telefonisch verbinden.

Bei der Konsultativtagung waren fast 150 Delegierte anwesend. Insbe-
sondere die nordischen Staaten hatten grosse Delegationen geschickt.
Aber auch Österreich war durch je 2 der Interessenvertretungen
und einem Mann der Industriellenvereinigung, sowie 1/2 Dutzend Beamten
der Ministerien auch vertreten. Die 1 1/2 Tage dauernde Diskussion
erstreckte sich primär auf das Ziel, wie kann eine Vollbeschäftigung
wieder erreicht werden. Alle stimmten diesem Ziel zu, die Unternehmer-
vertreter und die Gewerkschaftsvertreter unterschied nur sehr
stark die Methode, wie man dazukommen kann. Auffallend für mich war,
dass insbesondere die Gewerkschaftsvertreter der nordischen Staaten
eine ganz harte und radikale Sprache führten. Dies veranlasste mich,
Dozent Dr. Klose und Melis von der Handelskammer, aber auch Marquet
von der Industriellenvereinigung darauf hinzuweisen, wie zielführend
die österreichische Sozial- und Wirtschaftspartnerschaft an dieser Frage
ebenfalls ist. Bei meinem Statement, zu dem ich vom Vorsitzenden aufge-
fordert wurde, ohne dass ich mich gemeldet habe, habe ich aber beson-
ders die Sozialpartnerschaft herausgestrichen. In Österreich können wir
wirklich froh sein, dass wir diese Institution haben. Darüber beneiden
uns wirklich alle anderen Regierungen und wenn man fragen würde, sicher-
lich auch die Bevölkerung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese
radikalen Töne einen grossen Widerhall in der Bevölkerung, ja wahr-
scheinlich nicht einmal in der Arbeiterschaft findet. Dies gilt ganz
besonders für den schwedischen Vertreter, der verständlicherweise die
bürgerliche Regierung jetzt hart attackierte. Die Resolution wurde
dann letzten Endes einstimmig verabschiedet. Die Gewerkschaftsvertreter
hatten zwar grosse Bedenken, die sie dann auch erklärten, stimmten aber
letzten Endes auch zu. Ströer, neben Schmidt der österreichische Ge-
werkschaftsbundvertreter erklärte mir beim Flug, dass sich die Gewerk-
schafter der Länder darauf geeinigt haben, dass Vetter vom deutschen
Gewerkschaftsbund ein Statement abgeben soll. Von EFTA-Seite wurde dann
gewünscht, dass doch ein Vertreter der Gewerkschaften sprechen soll,
der aus einem EFTA-Land kommt. Da Vetter aber schon bestimmt war, war
es für mich ganz klar, dass dieser auch reden würde. Sicher wäre es


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besser gewesen, hätte Ströer eine solche Erklärung abgegeben.

Ein Exilösterreicher Probst, der auch die Interessen der Emigranten
Schwedens vertritt, wollte mich unbedingt sprechen. Sowohl der Bot-
schafter als auch der Handelsdelegierte erklärten mir dezidiert,
dass es sich hier zwar um einen sehr aktiven, aber sehr aggressiven
Vertreter handelt, mit dem auch Kreisky nichts mehr zu tun haben will.
Ich habe trotzdem mit Probst gesprochen, der sich bitter beschwerte
dass ein Käseexport, eine gewisse Monopolstellung von ÖMOLK resp.
ÖHEK, das ist die gewerbliche Exportvereinigung in Österreich besteht.
Er möchte hier eine Änderung, indem auch seine Molkerei, die er ver-
tritt. nämlich Burghausen usw. Exportmöglichkeiten mit Stützung be-
kommt. Ich habe ihm nur zugesagt dieses Problem mit Landwirtschafts-
minister Haiden zu besprechen.

Probst hat auch die Idee eine schwedisch-österreichische Handelskammer
zu gründen. Angeblich hat er verschiedene schwedische Firmen und Banken
schon dafür gewonnen und er, der auch die Tabakregie Österreichs in
Schweden vertritt, meint mit einigen grösseren österreichischen Firmen
würde er dieses Projekt durchziehen könne, wenn ich nichts dagegen habe.
Ich erklärte ihm, dass dafür zwar die Handelskammer zuständig ist,
in Schweden aber auf einer Vereinsbasis theoretisch jeder einen Verein,
wenn er die notwendigen Mitglieder bekommt, gründen könnte.

Als grosses Geschäft wollte er, dass ich mit den schwedischen Handels-
minister spreche, damit er entsprechende Lizenzen, entsprechende
Unterstützung bekommt, aus Rumänien Piering-Strümpfe zu importieren.
Ich lehnte natürlich eine solche Intervention ab, da das Piering-Geschäft
mit Rumänien für mich keine Grundlage einer Intervention ist. Ich
erklärte Probst dezidiert, dass Piering uns in diesem Fall reinlegen
wollte.

Ausserhalb des Konsultativ-Komitee-Meetings trafen sich die Minister
auf Einladung der schwedischen Regierung zu einem Mittagessen, wo 3
Probleme zur Sprache kamen. Ich war von Botschafter Nettel, der jetzt
die Mission in Genf leitet, begleitet. Als erstes wurde Routinesitzung
der nächsten EFTA-Tagung besprochen. Diese sollte, wie wir in Lissabon
besprochen haben, eventuell nach dem Gipfel der Ministerpräsidenten am
13.5. in Wien stattfinden. Ich versuchte – und Brugger stimmte dem zu –
bei dieser Gelegenheit gleich meine uralt vertretene Idee zu lancieren,


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man soll, nachdem jetzt die Frühjahrstagung ausgefallen ist, gleich
zu einer einjährigen Routinesitzung der EFTA kommen. Ausserordentliche
Sitzungen können dann von mir aus 2 – 3 im Jahr sein. Ich bin nämlich
fest davon überzeugt, dass sowieso keine sobald zustande kommen würde.
Das ganze Problem und insbesondere der Zeitpunkt der Sitzung wurde für
nach dem Gipfeltreffen in Wien verschoben. Zweitens wurde über die Ge-
spräche mit Spanien berichtet und die Schweiz, Bundesrat Brugger, inter-
venierte, dass wir jetzt so schnell wie möglich zu konkreten Verhand-
lungen kommen sollten. Alle unterstützten diese Idee, selbst der portu-
giesische Vertreter Dr. Barreto, schwieg dazu, was in diesem Kreis eine
Zustimmung bedeutet. Der dritte und eigentlich schwierigste Punkt
war, dass die Gewerkschaft und sozialdemokratische Partei Norwegens
in Oslo im April eine Tagung abhält und die europäische Gemeinschaft
die OECD aber auch den Präsidenten der EFTA dazu eingeladen hatte.



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Ich habe vorher mit Ströer und Schmidt dieses Problem besprochen
und erklärt, dass, hätte nur die Gewerkschaft eingeladen und wäre
das nur eine Gewerkschaftsveranstaltung, man mit Recht hätte sagen
können, da soll auch ein Vertreter der EFTA teilnehmen. Für eine
Einladung der sozialdemokratischen Partei aber, noch dazu an den
Vorsitzenden, der einer anderen Partei angehört, würde sich kaum durch-
setzen lassen. Ich selbst bin übrigens auch der Meinung, dass bei
politischen Veranstaltungen, die EFTA, die eine Freihandelszonen-
Assoziation ist, nichts zu suchen hat. Ströer stimmte mir vollkommen
zu und meinte, dass jedes Land ihre eigenen Vertreter nominieren wird.
Er selbst versucht sogar Benya zu gewinnen. Im Ministermeeting hat
dann Brugger sich wegen der Beispielsfolgen gegen die Teilnahme des
schwedischen derzeitigen Vorsitzenden ausgesprochen. Brugger meinte
auch bei einer freisinnigen oder liberalen Parteiveranstaltung würde
mit Recht ein anderer Vorsitzender auch nicht kommen wollen und
können. Holland und Island haben sich in Wortmeldungen dieser Meinung
angeschlossen. Ich selbst hatte mit vorgenommen als Maximum für die
norwegische Arbeiterpartei zu diesem Punkt zu schweigen. Brugger ist
nachher zu mir gekommen und meinte, er hätte mit der sozialdemokrati-
schen Partei in der Schweiz gute Beziehungen, was mir übrigens von
den anwesenden Sozialdemokraten bei der Tagung immer wieder bestätigt
wurde, aber aus prinzipiellen Gründen hätte er diesen Antrag nicht zu-
stimmen können.

Die Vertreter der Landwirtschaftskammer waren beim schwedischen Vieh-
fonds. Korbl erzählte mir dann sofort, dass sie dort festgestellt haben,
dass die Schweden jetzt in den letzten Jahren gar nichts in die EG
exportieren. Die EG nimmt aber noch immer einen hohen Prozentsatz
von schwedischen Exporten in die Berechnung der Schöpfungen an. Ausser-
dem werden die schwedischen Durchschnittspreise für alle Rinderkate-
gorien als Grundlage der Abschöpfung genommen. Tatsächlich wurde nur
ganz geringe höchste Qualität von Schweden exportiert. Dadurch entstand
eine grosse Stützung, dieser hohe Stützungsbetrag wird nun von den
verhältnismässig tiefen Durchschnittspreis abgezogen und der EG
Berechnung der Abschöpfungen zugrunde gelegt. Dadurch wird das Bild
total verfälscht und Österreich muss einen sehr hohen Differenzbe-
trag ausgleichen. Korbl meinte dies sei ein Versäumnis der österreichi-
schen Regierung, dies nicht schon längst festgestellt zu haben. Ich
attackierte sofort die Landwirtschaftskammer und erklärte, sie sei


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doch ständig in Brüssel und hätten dies schon längst ebenfalls
bemerken müssen. Ausserdem sei dies primär eine Aufgabe der österr.
Mission in Brüssel. Wenn jemand draufkommen muss, dass die Schweden
nicht mehr nicht mehr in die EG exportieren, dann doch diese Mission,
wo ständiger Vertreter MR Hausberger vom Landwirtschaftsministerium,
auch ein Vertrauensmann der Landwirtschaftskammer sitzt.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Landwirtschaftsministerium sofort ver-
ständigen und Mission in Brüssel soll sofort aufklären.

Bei einem Pressegespräch wurde ich gefragt, welchen Nutzen ein 115-
Teilnehmer-Meeting hat, ausser dass es sinnlos diskutiert. Meine einzige
Erklärung war, dass es doch noch besser ist die Interessengegensätze
werden auf dem grünen Tisch ausgetragen, als prallen womöglich auf der
Strasse aufeinander. Sicherlich war von allen Anfang nicht zu erwarten,
dass dieses Meeting einen grossen Erfolg bringen wird. Die Gewerkschafts-
bewegung hat es sich aber in so grossen Umfang gewünscht, alle Minister
sind gekommen und zwar mit grossen Delegationen, wie man die auch
wünschte und damit unser Konsultativorgan entsprechend aufgewertet.
Diese Diskussionen seien, auch dann wenn es keinen sichtbaren Erfolg
gibt, in einer Demokratie eben unerlässlich. Ausgelöst wurde meiner
Meinung nach der Wunsch ausdrücklich von der Gewerkschaftsseite des-
halb, weil in den europäischen Gemeinschaften der Konsultativausschuss
wesentlich mehr mitzubestimmen hat als in der EFTA. Dort haben sich
auch die Gewerkschaften zu einen europäischen Flügel zusammengeschlos-
sen, was übrigens der Internationalen Gewerkschaftsbewegung grosses
Kopfzerbrechen bereitet. Die Fachgewerkschaften, wie z.B. auch die
Internationale Union der Lebensmittelarbeiter steht, wie so viele
andere vor dem Problem, dass innerhalb der europäischen Gewerkschaften
die Mitglieder der EG eine eigene Organisation aufgebaut haben und diese
immer mehr selbsttätig sich entwickelt. Wo dies noch hinführen wird kann
man nicht genau sehen und sagen. Glücklich ist diese Entwicklung sicher-
lich nicht.

Tätigkeit: Botschafter


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    Tätigkeit: stv. Gen.Sekr. LWK


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      Tätigkeit: SPÖ-Politiker, Gewerkschafter, NR-Abg.


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        Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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          Tätigkeit: IV


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            Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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              Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                Tätigkeit: Gesandter d. österr. Mission bei d. EWG in Brüssel


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                  Tätigkeit: Leiter Wirtsch.pol. Abt. HK


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                    Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                      Tätigkeit: Sekr. JS, Tiroler SPÖ-Politiker


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                        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
                        GND ID: 119083906


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                          Tätigkeit: Schweizer BR f. Wirtsch.


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                            Tätigkeit: HK


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                              Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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