Mittwoch, 16. Feber 1977
Landesstatthalter Mandl, LR Rümmele und der ehemalige Landesstatt-
halter Müller wollen für ihre Erdöl-Ferngas Vorarlberg und Preussag
eine entsprechend Zusage wie es weitergehen soll. Ich habe den Vor-
arlbergern mündlich zugesagt, dass wenn sie jetzt in Vorarlberg eine
entsprechende Aktivität bei Untersuchungen und Bohrungen nach Öl und
Gas entwickeln, wir auch über den 4.5.77 noch zweimal je 1 Jahr ver-
längern. Die Vorarlberger haben deshalb einen Sozialvertrag abge-
schlossen, der aber noch nicht rechtswirksam ist, da ein vorgesehener
Geschäftsführer gestorben ist. Die Erdöl Ferngasgesellschaft hat ihr
Kapital von 10 auf 20 Mio. im Vorjahr erhöht, dann sofort wieder auf
10 Mio. herabgesetzt, um Verluste auszugleichen und wird heuer um 40 Mio.
aufgestockt und 50 Mio. Kapital haben, Daran sind das Land mit 65 %
die Landeselektrizitätsgesellschaft VKW mit 10 % und einige Gemeinden
mit 5 % beteiligt. Der Anteil der Privaten, insbesondere Industrieller
ist durch die Aufstockung und dann sofortige Herabsetzung von 40 % auf
20 % gefallen. Auch die weiteren Aufstockungen werden diese Industrie-
betriebe nicht mitmachen, wodurch dann tatsächlich eine starke Landes-
gesellschaft mit öffentlichen Vertretern entstehen wird. Mock und Mayer
haben insbesondere darauf hingewiesen, dass in Vorarlberg eine inten-
sivere .......... und Exploration betrieben werden muss. Ausserdem
müsste vorgesehen werden, dass mehr Aufsuchungen von fremden Firmen auch
auf anderen Gebieten, wie sie jetzt beabsichtigten vorgesehen werden
muss. Bei einer Gewinnung von Rohöl, wenn es fündig wird, muss ent-
sprechend vorgesorgt werden und auch die Speicherung von Gas, wenn ein
solche gefunden wird, müsste im Vertrag geregelt werden. Die Vorarlber-
ger haben nur eine Schwierigkeit, dass die Preussag befürchtet, wenn
es tatsächlich zu Ergebnissen kommt und sie Millionen-Schilling hinein-
stecken, dann die Behörde die Preussag ausschaltet. Ich empfahl den
Vorarlbergern sie sollen mit den Preussag-Vertretern eine Art Option
besprechen, die wir gegebenenfalls, wenn tatsächlich dafür gesorgt
wird, dass alles unternommen wird, um Gas und Öl zu gewinnen, diese
Option eventuell bestätigen können. Ich erklärte neuerdings den Vor-
arlbergern, dass wir natürlich lieber gesehen hätten, wenn eine österr.
Firma und nicht die Preussag jetzt in Vorarlberg die Arbeiten durch-
führt. Müller erklärt, er hätte schriftlich, dass die ÖMV dies ent-
schieden abgelehnt hat.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte versuche diese schriftliche Erklärung zu be-
kommen.
Im Antidumpingbeirat hat auch Schnabl von der Strumpfindustrie
erklärt, dass mit Ende Oktober mit Strumpfhosenmindestpreisverordnung
auslaufen soll und kein neuer Antrag gestellt wird. Unter diesen
Gesichtspunkten gelang es dann, eine einstimmige Lösung für die Absetzung
von Mindestpreis für Färben von 30 Groschen und für Spitzennähen
von 25 Groschen einvernehmlich festzulegen. Die internationalen Or-
ganisationen EFTA-Gespräch in Brüssel mit der EG, aber auch innerhalb
der EFTA selbst über diese Strumpfhosenverordnung wird immer schwieriger,
weil wir deswegen hart attackiert werden. Mit der Mitteilung, dass diese
Verordnung ausläuft und nicht mehr erneuert wird, werden wir die
grössten Schwierigkeiten dort überwinden.
Bei der Handelsdelegierten-Besprechung aus Südeuropa, Türkei und
Israel kam wieder das Problem der Freihandelszonenfrage zur Debatte.
Meine Idee, dass wir innerhalb der EFTA auch den Wunsch der Staats-
handelsländer nach Zollsenkungen besprechen, hat zwar die Zustimmung
von Minister Pahr, Präsident Sallinger und Gen.Sekr. Mussil, noch immer
nicht die aber von Dr. Gleissner bekommen. Er hat sich neuerdings da-
gegen ausgesprochen und hat grosse Bedenken einen solchen Weg einzu-
schlagen. Seiner Meinung nach sollte man den Oststaaten ganz einfach
kategorisch alle diesbezüglich Wünsche ablehnen. Gleissner ist auch
sehr unglücklich, dass Österreich in der EFTA für die jugoslawischen
Beziehungen und Interessen zuständig ist. Gleissner meint, wir sollten
nur Interesse daran haben, die spanische Frage so rasch als möglich
zu klären und positiv abzuschliessen. Jugoslawien kann niemals einen
näheren Kontakt mit der EFTA bekommen. Hier liegt er ganz auf der Linie
von den Schweizern, wie er sie insbesondere von Camaruga bei seinem
letzten Wienaufenthalt über die 100 %-ige Kompensation von Panzerlieferung-
gen mir gegenüber geäussert hat. Meier der Handelsdelegierte in
Belgrad sagt, dass Lalovic der Jugoslawien-Vertreter in Genf sehr
wohl einen gewissen Kontakt jetzt herstellen will. Die Frage ist
jetzt nur, ob bei dem nichtssagendem Anbot ein Fremdenverkehrsgebiet
Jugoslawien zu beraten, den Jugoslawen als Ezzes zu geben, so sollen
eine Konsortialgesellschaft für Autobahnbau gründen usw., bleiben soll.
Ich glaube, dass man schon allein aus aussenpolitischen Gründen ver-
suchen müsste, die Jugoslawen sehr wohl mehr an die EFTA zu binden.
Schliesslich hat man dies mit Finnland auch gemacht. Natürlich ist
die Marktwirtschaft in Finnland mehr verankert als in Jugoslawien.
Aber auch dort wird jetzt immer stärker die Mittelform zwischen den
Staatshandelsländersystem des COMECON und der westlichen Welt ange-
35-0174
strebt. Maier teilte mir mit, dass die Jugoslawen mich jetzt offiziell
einladen wollen. Da ich heuer wahrscheinlich nicht mehr dazu komme,
ersuchte ich, dass sie mir schriftlich eine offizielle Einladung
schicken sollten. Vom aussenpolitischen Standpunkt wäre dies von
allergrösster Bedeutung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diese offizielle Einladung weiter ver-
folgen, wenn ich auch nächstes Jahr erst mit Albanienbesuch gekoppelt
hinfahren werde.
Dr. Skene und Dr. Leyerer, Zuckerindustrie, sind sehr besorgt, dass sie
bei der internationalen Zuckerkonferenz nicht als Exportland anerkannt
werden und als Industrieland womöglich dann für die Entwicklungsländer
noch in den ..... Lagerfonds einzahlen müssen. Wir haben ein diesbezüg-
liches Memorandum für die nächste UNCTAD-Tagung ausgearbeitet, das
wir mit der Landwirtschaftskammer und der Handelskammer abgestimmt
haben. Ich urgierte sofort, dass sie auch mit der Arbeiterkammer
selbstverständlich das Einvernehmen herstellen müssten. Ich selbst
werde erst später dann meine Stellungnahme dazu abgeben.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte sofort aufs nächste Jour fixe setzen
und Unterlagen der Arbeiterkammer zusenden.
Die Vertrauenspersonenkonferenz der Partei Wien, war in der Stadthalle
ein grosser Erfolg. Rösch begrüsste mit einem längeren Referat und
Gratz attackierte die ÖVP sehr hart. Die Stimmung war sehr gut.
In der Diskussion, wo sich diesmal wenigstens ein halbes Dutzend
meldete, gingen allerdings sehr viele schon weg. Die Disziplin
innerhalb der Genossen ist schon sehr schwach. Ich gebe allerdings
zu, dass wahrscheinlich viele einen weiteren Weg hatten und nicht
allzu spät nach Hause kommen wollten. Darüber hinaus waren sicherlich
auch viele Referenten in Bezirksveranstaltungen eingeteilt. Die
letzten Meinungsumfragen, hat mir Heindl mitgeteilt, hätten bei
der ganztägigen Wiener Parteivorstandes- und Ausschussitzung eine
grosse Rolle gespielt. Dort musste mitgeteilt werden, dass wir in
Wien selbst die schwersten Rückschläge zu verzeichnen hätten. Angeb-
lich hätten wir auch in Wien die absolute Mehrheit verloren. Grundübel
sei die Gemeindeverwaltung, die Bürokratie hat das denkbar schlech-
teste Image, was man sich vorstellen kann. Die sozialistische Partei
schneidet besser ab als die Bürokratie. Überragend aber ist,
ähnlich wie auf dem Bundessektor Gratz als Bürgermeister. Ich hoffe,
dass es jetzt mit dieser Auftaktkonferenz gelingt, unsere Funktionäre
35-0175
wieder zu mobilisieren und sich gegen die jetzt sammelnden Bürger-
lichen in Angriff zu bringen. Busek, den man bis jetzt nicht einmal
ignorieren wollte, setzt sich schön langsam in den eigenen Kreisen
mit seiner Methode durch. Gratz hat zwar diese Methode als Beisl-
Diskussion ironisiert und abgelehnt. Die "kalte Knackwurst" wie
sich Busek selbst einmal bezeichnet hat, kommt – so fürchte ich -
aber doch ganz gut an. Für die Wiener ÖVP und ganz besonders für
die Wähler, die sie bis jetzt wegen der schlechten Führung nicht
gewählt haben, obwohl sie ihnen eindeutig angehören, wirkt die
Busek-Aktivität ungeheuer belebend. Wenn wir den Fehler machen,
und ihn nur ignorieren, dann würde er mit seiner Methode weitere
aktive Anhänger motivieren können. Was nottut ist, dass er jetzt mit
einigen Forderungen Schiffbruch erleidet, damit wenn er erfolglos ist und
bleibt wieder seine jetzt begeisterten Anhänger in das Nichttun
versinken lässt. Gratz selbst hat sich deshalb wesentlich mehr als
er wollte mit der ÖVP beschäftigt. Manchmal hat er ironisch sehr
harte Forderungen und Formulierungen gebracht. Ob dies der richtige
Stil für den Bürgermeister ist, weiss ich nicht. Ich kann diese
Methode aber verstehen, wenn ich bedenke, wie Gratz die Gefahr sieht,
die hier von Busek kommt. Für Gratz ergibt sich die Frage, ob er
imstande ist, die jetzt sehr deprimierten Vertrauenspersonen der
Wiener Organisation zu mobilisieren und wieder Kampfgeist einzuflössen.
Derzeit ist die ÖVP am Ball. Darüber soll und kann es keinen Zweifel
geben.
Tagesprogramm, 16.2.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)