Mittwoch, 29. Juni 1977
Dir. Bandhauer und Hautzenberg berichten mir, dass die Beteili-
gungen der Länder an Voitsberg III dem Kohlenkraftwerk endgültig
fixiert ist. STEWEAG und KELAG je 10 %, TIWAG 5 %, SAFE und VKW
je 3 %, insgesamt also 31 % Beteiligung der Landesgesellschaften.
Der Baubeschluss wird am 8. Juli gefasst. Es ist eigentlich unwahr-
scheinlich, wie lange es dauert, bis etwas verwirklicht werden kann.
Vor drei Jahren setzte ich – und darauf bin ich schon ein wenig
stolz – die Initiative bei einem Besuch von Pölfing-Bergla und
dem Köflacher Kohlenrevier. Nachdem ich die Kompetenz der Elektri-
zitätswirtschaft übernommen habe. Überrascht war ich von der Mittei-
lung, dass in der Arbeitsgemeinschaft der Länder noch immer man damit
rechnet, 1985 das zweite Kernkraftwerk Stein in Betrieb nehmen zu
können. Ich traute meinen Ohren nicht, noch mehr überrascht war ich
allerdings, als bei der Vorsprache der Betriebsräte der verstaatlichten
Elektrizitätswirtschaft fraktionell beim Bundeskanzler Nischkauer
dezidiert erklärte, Sekt.Chef Frank hätte bei der letzten Auf-
sichtsratssitzung der Verbund den Vorstand hart kritisiert, weil
er nicht alle Planungsarbeiten vorantreibe, damit das zweite
Kernkraftwerke so schnell wie möglich in Angriff genommen werden
kann. Eine sofortige Rücksprache mit Sekt.Chef Frank ergab, dass
er nur immer wieder die Vorstände der Verbundgesellschaft kritisiert,
weil sie nicht schnell und umfangreich die notwendigen vorarbeiten
für die Lagerung von abgebrannten Brennstäben und sogar die Endla-
gerung von Atommüll bearbeiten. Er hätte nur dezidiert erklärt,
man solle nicht glauben, dass ein zweites Kernkraftwerk genauso
schlampig vorbereitet übernommen werden könne. Frank weiss genau
und ich habe dies dezidiert schon einige Male erklärt, dass momentan
nicht daran zu denken ist, ein zweites Kernkraftwerk in Angriff
zu nehmen. Solange wir nur die Spur einer möglichen Deckung unseres
Strombedarfes durch andere Primärenergieträger und solange wir
die Importmöglichkeiten haben, wird wie ich bereits 1974 dezidiert
entschieden habe, ein zweites Kernkraftkwerk nicht in Angriff
genommen. Wie bei der Vorsprache der Betriebsräte bei Kreisky
dieser auch dezidiert erklärte, glaubt er, das in unmittelbarer
Zukunft die kanadische Technologie, die wesentlich sicherer ist,
auch für Österreich in Frage käme. Ich selbst habe damals, als der
Baubeschluss für das zweite Kernkraftwerk heranreifte und ich auf
die Verschiebung drängte, nur entschieden, dass die 1.300-MW-Typen
erst viel zu wenig gebaut werden und wir nicht unbedingt bei den
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Kernkraftwerken sein wollen, die dann alle Kinderkrankheiten der
Technologie mitmachen müssen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Eine Besprechung über kanadische Kernkraft-
werke einberufen, damit wir uns informieren lassen.
Am meisten überrascht aber bei der Vorsprache der Betriebsräte
bei Kreisky war die Stellungnahme der Betriebsräte. Kreisky hatte
angenommen, dass die Betriebsräte zu ihm kommen, um ihn zu fragen,
warum der Kernkraftwerk nicht in Betrieb gehen soll, resp. wie
sich die Regierung und insbesondere er persönlich vorstellt, dass es
weitergehen soll. Er hat deshalb sofort anfangs erklärt. er will
niemandem das Wort nehmen, aber doch zuerst einmal seine Stellung-
nahme bekanntgeben. Dezidiert führt er aus, dass wir nicht umhinkommen,
das Kernkraftwerk Tullnerfeld in Betrieb zu nehmen, dass aber
doch vorher unbedingt die Lagerung der abgebrannten Brennstäbe und
gegebenenfalls auch des Atommülls geklärt sein muss. Dies könne nicht
gegen das Waldviertel entschieden werden, denn dann gäbe es dort einen
Bürgerkrieg, wie wir ihn jetzt auch in der Schweiz ansatzmässig er-
leben müssen. Die Wahlen seien 1979 sowieso verloren. Wen kein
Entscheid fällt, werden es Atomwahlen, weil die ÖVP uns diese aufzwin-
gen wird und wenn eine Entscheidung gefallen ist, werden es erst
recht Atomwahlen. Trotzdem werden wir entscheiden müssen, auch dann
wenn jetzt noch und daran wird sich nichts ändern innerhalb der
Partei in den entsprechenden Gremien verschiedene Meinungen zur
Atomkraft bestehen. Die Betriebsräte antworteten dann unisono
sie erwarten gar nicht, dass das Atomkraftwerk bald in Betrieb
geht. Nischkauer meinte nur, dass die SJ vor 20 Jahren, wie er noch
dabei war, für die friedliche Nutzung der Atomenergie demonstriert
hat. Jetzt, wenn Tullnerfeld in Betrieb geht, ohne dass die End-
lagerung abgeschlossen ist, kann Österreich aber noch viel
mehr die SPÖ von jedermann erpresst werden. Der Reaktor ist sozusagen
kritisch, die Zeituhr läuft ab und die Sozialisten werden jedermann
ausgeliefert. In der ÖVP-Zeit wurde durch den Präs. Weiss, damals
Minister für die E-Wirtschaft, die Verbundgesellschaft durch die
Landesgesellschaften förmlich erpresst, dieses Kernkraftwerk in
Angriff zu nehmen. Als die Verbundgesellschaft 1971 ein Moratorium
vorschlug, haben die Landesgesellschaftsvertreter erklärt, eine
Vertragsverlängerung von Hintermayer in der Verbundgesellschaft
würde von einer Lösung des Kernkraftwerk-Problems abhängig gemacht.
Eine glatte Erpressung, wie Nischkauer meinte, wurde damals sogar
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schriftlich festgehalten. Kreisky fragte sofort, wieso dies nicht
im Regierungsbericht drinnensteht. Sekt.Chef Frank, den ich
anschliessend fragte, teilte mir wieder mit, es gäbe aus dieser
Zeit keinerlei Akten im Ministerium, weil alles über die
Ministerbüros abgewickelt wurde, was mit vollkommen unerklärlich
ist.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort die Unterlagen von Nischkauer und
der Verbund zusammenstellen lassen.
NR Köck meinte, was immer geschieht, was immer geschieht, es werden,
wenn es wirklich Kernkraftwerks-Wahlen 1979 gibt die Sozialisten
verlieren, wie dies Kreisky richtig analysiert. Er drängt deshalb
nicht auf eine schnelle Entscheidung, sondern würde nur vorschlagen,
dass eine einheitliche Stellung der soz. Spitzenvertreter im
FS, Rundfunk usw. abgegeben wird. Eine gemeinsame Haltung sei
notwendig. Er selbst zweifle, ob im Parlament, wenn die Abstimmung
freigegeben wird, er für die Inbetriebnahme des KKW stimmen wird.
Neben der Genossin Eypeltauer, die bereits angeblich erklärt hat,
dass sie auf alle Fälle dagegen stimmt, würde er jetzt für
sich als zweiter oö. Abgeordneter ebenfalls dagegen sein. Kreisky
bemerkte mit Recht, niemand soll je gezwungen werden, aber wie
kann eine einheitliche Stellungnahme der SPÖ zustande kommen,
wenn jeder nach Glaubens- und Gewissensfragen hier seine Meinung
eben dokumentiert, bevor es zur Abstimmung kommt, von der
Kreisky eine Mehrheit erwartet. Schatzmayr wieder erklärte,
man soll die Landesgesellschaften-Vertreter zwingen, ihre Meinung
öffentlich zu sagen, damit die ÖVP dann nicht nur auf die soz.
Vertreter immer hinhauen kann. Kreisky verwies darauf, dass
er mit den Gen.Direktoren eine Aussprache veranlasst hat, wobei
er aber nicht überzeugt ist, dass wirklich alle Generaldirektoren
kommen werden. Kasamas meinte, dass die Betriebsräte ja alle
Beschäftigten in der E-Wirtschaft zwei Seelen ach in ihrer
Brust hätten. Als Betriebsräte seien sie für die Inbetriebnahme
als Sozialisten aber dagegen, da sie die Angst in der Bevölkerung
kennen. Kreisky ergänzte hier meiner Meinung nach sehr treffend,
dass für die Sozialisten immer für die Armen, Beladenen, für die
Angst haben eingetreten sind und jetzt in eine Situation gezwungen
werden, wo sie womöglich gegen diese Gruppe stimmen und auftreten.
Am meisten überrascht war ich vom Betriebsrat Fischer des Kern-
kraftwerkes Tullnerfeld. Er teilte mit, dass im Kontaktlager
bis 1980 die abgebrannten Brennstäbe nass gelagert werden können.
Jetzt würden zwei Aufträge vergeben, die KKWP und BBC
sollen bis Juli 1977 ein Nasslager, welches man dann als Trocken-
lager auch verwenden könnte, exterritorial vom Kernkraftwerk
Tullnerfeld der Behörde vorgelegt werden. Darüber wurde noch
ein zweites Projekt verlangt, das als Trockenlager und Dauer-
lager natürlich auch exterritorial Tullnerfeld einreichungsfähig
der Behörde vorgelegt werden muss. Jetzt verlangt aber die Behörde
dass es sich nicht nur um ein einreichungsfähiges, sondern bereits
um ein bewilligtes Projekt handelt, bevor die Betriebsbewilligung
gegeben wird. Dadurch kann sich die Betriebsbewilligung bis
auf 5 Jahre verschieben. Der Zeitplan Beginn Mai 1978 kann sowieso
nicht mehr eingehalten werden. Seiner Meinung nach wird es Anfangs
1979 möglich sein, auf Grund der jetzigen Information in der letzten
Aufsichtsratssitzung, dass das KKW Tullnerfeld in Betrieb gehen kann.
Der technische Arbeitsausschuss hätte diesbezügliche Beschlüsse
schon gefasst und dem Aufsichtsrat mitgeteilt. Gen.Dir. Erbacher,
den ich abends dann traf, erklärte mir dezidiert, das die KWU nach wie
vor auf den Fertigstellungstermin Mai 1978 festgelegt ist und
für jedwede weitere Verzögerung Pönale bezahlen wird und muss.
Er selbst glaubt, dass im Herbst 1978 der Betriebsbeginn möglich
ist. Kreisky hat keinerlei Zutrauen mehr zu den KWU ja zu den
ganzen Technikern, wegen der ständigen Erklärungen, dass dieses
und jenes was man seinerzeit zugesagt hat, nicht eingehalten
werden kann. Dies gilt aber nicht nur für Kreisky sondern ich
muss zugestehen auch für mich. Ich habe Fischer dort vorgeworfen,
dass bei meinem ersten Besuch im Kernkraftwerk unmittelbar nach
meiner Amtsübernahme für die Elektrizitätskompetenz 1974 mir
dezidiert erklärt wurde, sie liegen im Zeitplan und August 1976
geht das Kraftwerk in Betrieb. Jetzt hat es den Anschein, dass
es wieder einmal, zum x-ten Male einen anderen Betriebsbeginn
geben wird. Inthal meint deshalb, umfasste so die Meinung aller
Betriebsräte zusammen, man sollte nicht auf eine Entscheidung
drängen. Sie tun es auf keinen Fall, sie wollten nur die
Meinung Kreiskys wissen. Kreisky wieder fasst zusammen, dass die
soz. Funktionäre immer davon nur ausgehen, was sie in ihrem Kreis
hören. Die Möglichkeit der Einflussnahme sie durch eine Notiz
von Frank an Kreisky für die Regierung resp. Handelsministerium
klar und deutlich so ihm mitgeteilt worden, dass kein Eigentümer-
charakter durch das Handelsministerium gegeben ist. Frank, den ich
unverzüglich dann fragte, meinte, dies sei ein Missverständnis,
denn er hätte in der Notiz nur geschrieben, dass die Eigentums-
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vertretung des Staats durch die Verbund erfolgt, die Verbund in
den Organen der GKT vertreten ist und daher das Handelsministerium
direkt keinen Einfluss hat.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte lass Dir endlich alle Aktennotizen
und Informationen von Frank geben.
Kreisky versicherte den Delegationsmitgliedern, dass sicherlich
am 7.7. 1977 im Parteivorstand nicht der Betriebsbeginn von
Tullnerfeld festgelegt wird. Der Beschluss könne nur so lauten,
dass zwar Tullnerfeld in Betrieb genommen wird, wenn aber erst
die Frage der Lagerung des Atommülls resp. der abgebrannten
Brennelemente einwandfrei geklärt ist.
Mit Frank, Heindl und Wais besprach ich die weitere Vorgangsweise
auf dem KKW-Sektor resp. Bergbauförderung. Ich habe Frank eindring-
lich davor gewarnt sich zu sehr zu exponieren, da ich ehrlich ge-
standen auch immer unsicherer werde. Ein zweites Kernkraftwerk kommt
jetzt überhaupt nicht in Frage und er soll sich nicht dem Vorwurf aus-
setzen, dass er es ist, der drängt, obwohl wir dafür gar nicht
zuständig sind, dass das Kernkraftwerke jetzt unverzüglich in
Betrieb geht. Frank teilte mir mit, dass er genauso überrascht
war, über die Betriebserrichtungsbescheide, ohne Flugzeugabsturz-
sicherung und Gasschiffahrtstanker-Explosion. Er vermutet, dass
jetzt bei der Kompaktlager-Billigungs-Besprechung und -Diskussion
dieses Problem neuerdings wird von de-r Behörde aufgerollt werden.
Bezüglich der Novelle eines Bergbauförderungsgesetzes, wonach auch
andere Mineralien in die Bergbauförderung aufgenommen werden sollen,
wird zugewartet, bis wir im Herbst mit dem Finanzministerium unsere
Bergbauförderungsbudgetdiskussion abgeschlossen haben. Erst dann
werden wir diskutieren und entscheiden, wie wir in der Bergbauförderung
überhaupt weiter vorgehen. Entgegen der Stellungnahme des FM
werde ich unter gar keinen Umständen ein diesbezügliches Gesetz
bearbeiten lassen oder gar einbringen. Ich möchte nicht miterleben,
dass der Finanzminister mir einmal einen Vorwurf machen kann, ich
hätte von ihm finanzielle Mittel verlangt, die er durch die Budget-
situation bedingt nicht bringen kann. Ich habe seit 1970 nichts
von ihm verlangt und ich werde daher auch in Hinkunft diese Politik
fortsetzen. Ich kenne die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn
man zuerst irgendwo doch eine Zusage erwartet, den Gesetzesauftrag
dann bekommt und letzten Endes aus dem laufenden Budget dann
entsprechend umschichten muss, um überhaupt decken zu können.
Diese Taktik habe ich angewendet wie Androsch 1970 mir sofort
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für die Industrieförderung 20 Mill. S, ohne dass ich es gefordert
habe, gegeben hat. Mit 20 Mill. S kann man nämlich keine Industrie-
förderung machen ohne stark zu selektieren oder wenn man so will
nur ganz gewisse Betriebe zu fördern. Ich habe deshalb dann die
20 Mill. S sofort für gewerbliche Förderung umgewidmet. Hätte
ich diese nicht gehabt, hätten wir in der Bürges und in der allgemeinen
Wirtschaftsförderung niemals die Anforderungen, die an uns dann
letzten Endes gestellt wurden, erfüllen können. Wenn jetzt für
die Bergbauförderung anstelle der rund 60 Mill. im Budget minde-
stens das Vierfache in Hinkunft gegeben wird, so werde ich zwar
diese Beträge tatsächlich in den nächsten Jahren für die Kohle
dringendst brauchen, in weiterer Folge aber vielleicht dann daraus
Mittel flüssig machen können, um andere Aktivitäten entfalten zu
können. Erst zu diesem Zeitpunkt wäre es opportun, einen Gesetzes-
auftrag, den die ÖVP ja schon lange mir geben wollte, dann von
selbst aus zu verlangen.
In der Preiskommission hat Kurzel sehr geschickt die Aufhebung der
Preisfreigabe für Weissgebäck, geformt, d.h. in dem Fall nur für
die Semmel, eingeleitet und vorbereitet. Mich selbst ersuchte er,
zu erklären, warum diese Massnahme notwendig ist. Ich habe sofort
so referiert, dass alle annehmen mussten, dies sei nicht nur ein
Wunsch des ÖGB und der AK sondern auch fest schon eine abgesprochene
Angelegenheit mit der Bundeskammer. Tatsächlich wurde dann von allen
Vertretern, auch von der Handelskammer, die noch durch die Brot-
industrie verstärkt war, dem Verordnungsentwurf zugestimmt. Heinrich
als der Vertreter der Brotindustrie fragte nur, ob trotzdem eine
Chance besteht, dass in absehbarer Zeit ihre nicht kostendeckende
Semmelkalkulation berücksichtigt wird. Ich erklärte ihm genauso
wie Sallinger, der dann bei mir anfragte, wie es jetzt weitergehen
soll, dass die Absicht bestanden hat, innerhalb der Paritätischen
Kommission ja mit 1. August, nachdem 1 Jahrestermin eingehalten wurde,
eine Preiskorrektur zu genehmigen. Dies war ja auch der Grund,
warum die Bundesinnung ihre Landesinnungen ersuchte und insbesondere
die Funktionäre aufforderte, zuzuwarten. Nur die Wiener Innung
und die Wiener Handelskammer dürften aus Protest in innerem Gegen-
satz um nicht zu sagen Streit mit der Zentralstelle dokumentieren,
dass sie eine härtere Gangart wünscht. Von 36 Bäckern, wo ein
Probeeinkauf getätigt wurde, haben 28 den 1.10-S-Preis verlangt.
ich habe nachmittags dann sofort mit Bgm. Gratz gesprochen, der
erklärte, er wird, wenn er die Delegierung jetzt bekommt, sofort den
Preis von 1.- S festsetzen, bis die Paritätische Kommission einen
anderen Preis genehmigt hat.
Sallinger wird sich bemühen, dass die Bäcker freiwillig unverzüg-
lich den 1-S-Preis wieder einhalten und diesbezügliche Besprechung
mit der Innung führen. In der Preiskommission hat Kurzel dann er-
klärt warum die Delegierung an den LH durch Verordnung erfolgen
muss. Da die Semmelpreise vom Bürgermeister dann auch durch Verordnung
erlassen werden, muss der Verordnungsweg beschritten werden. Bei
der seinerzeitigen Aufhebung des Erdgaspreise für Oberösterreich
wurde dies durch Bescheid dem LH mitgeteilt. Dies war deshalb möglich,
weil zwei Firmen davon betroffen sind und deshalb diesen beiden
Firmen ebenfalls durch Bescheid dies mitgeteilt werden konnte.
Ich nützte gleich die Gelegenheit der Preiskommission, um unter All-
fälligem mitzuteilen, dass jetzt der seinerzeitige Antrag der AK
auch die Gaspreise preiszuregeln von mir jetzt aufgenommen wird.
Die Vorbereitung und Vorprüfungen erfolgen bereits in der Sektion
Energie.
Dir. Nemetschke, Fa. Rella, hat mit einer deutschen Firma Bilfinger
Berger in der Türkei den Zuschlag für ein grosses Dammprojekt
für 2,5 Mia. S zu 50 % Rella-Anteil bekommen. Die Österr. Kontroll-
bank, Haschek erklärt zwar im Prinzip, dass für die Ausfuhr-
finanzierung übernehmen kann, dass dies aber noch grosse Schwierigkeiten
macht. Bankmässig soll dies mit der Genossenschaftlichen Zentral-
bank abgewickelt werden. Ich versprach, entsprechend zu inter-
venieren.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Gen.Dir. Klauhs verbinden.
In der Wirtschaftspolitischen Aussprache gab es keinerlei neue
Gesichtspunkte, ausser dass Seidel berichtete, die angenommen
positive Entwicklung würde fortgesetzt, wahrscheinlich sogar noch bis
ins Jahr 1978 sich hineinwirken. Präs. Kloss, ÖNB, berichtet über
den Devisenzuwachs der letzten Zeit und die Handelskammervertreter
klagten über die steuerlichen Belastungen. Androsch setzte ihnen
die Notwendigkeit, um eine Budgetbeweglichkeit zu bekommen, aus-
einander.
In der Fraktion der soz. Direktoren des E-Verbandes wurde besprochen,
wie der Versuch von Gruber und Abg. König abgewehrt werden kann,
dass jetzt der Vertreter der Privat-Elektrizitätswerke, Frizberg , der seinerzeit
verzichtet hatte, jemals Verbandspräsident zu werden, nicht jetzt mit
der dort starken schwarzen Mehrheit doch dazu gewählt wird. Ich selbst
war sehr überrascht vor einiger Zeit zum ersten Mal mit dieser Frage
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konfrontiert, zu erfahren, dass 1972, als also schon längst die
soz. Mehrheit feststand, man in diesem Verband überhaupt nichts
geändert hat, was dem tatsächlichen Stärkeverhältnis entspreche.
Wenn, erklärte ich, die Verbundgesellschaft einige Landesgesell-
schaften und Städte aus dem Verein, der ja nur auf privatrechtlicher
Basis fundiert ist, hinaustritt, dann bricht die ganze ÖVP-Organisation
zusammen. Leider musste ich dann ins Parlament zurück und konnte die
Diskussion nicht mehr weiter verfolgen.
Im Parlament kam abends um 8 Uhr der Nahversorgungs- und Wettbewerbs-
verbesserungsgesetzentwurf zur Debatte. Ich hatte die feste Absicht,
mich nicht zu melden, da es erstens einmal Initiativanträge waren
die letzten Endes zu dem Gesetzentwurf führten und zweitens am
Abend sowieso jeder nur beliebt wird, der nicht mehr redet.
Abg. Frauscher als dritter und letzter Redner der ÖVP griff aber derart
tig mich als Handelsminister und gesamt soz. Regierung an, lobte,
dass Mitterer bereits viel mehr für die kleinen getan hat, dass ich
nicht umhin konnte, mich dann doch ganz kurz zu melden. Zum Gaudium
unserer Fraktion fragte ich mit Recht, wieso es Mitterer, meinem
Amtsvorgänger, nicht möglich war, 1966 bis 1970 eine Regelung
die allen Wünschen und die die ÖVP so gerne gemacht hätte, zustande
zu bringen. Bei uns hat es 7 Jahre zwar gedauert, seit 1970, aber wir haben
immer hin einen Konsens jetzt erreicht und das Handelsministerium
hat entscheiden dabei mitgewirkt. Die Bürges, wo für die Klein-
und Mittelbetriebe so viel geschieht, musste Mitterer zusperren,
als im BÜG von Androsch konnten wir sie wieder aufmachen und seit
der Zeit geschieht dort Jahr für Jahr wesentlich mehr als in der
ÖVP-Zeit je geschah. Mit Zwischenrufen von der ÖVP ständig fast als
Stichwortbringen genützt, konnte ich auf unsere Leistung hinweisen.
Das lustigste war aber der Zwischenruf Mussils, ich hätte die
Akte verbrannt. Mussil weiss ganz genau, dass dies noch die Akte
von Mitterer waren, die dieser angeordnet hat zu verbrennen, die
Bürokratie aber solange brauchte bis der Ofen endlich angeheizt wurde,
dass dies tatsächlich in meiner Amtszeit dann die halben verbrannten
Akte aus dem Schornstein auf den Stubenring fielen. Mussil hat die
alte Taktik immer wieder etwas zu behaupten, wenn es auch noch so
falsch ist, irgendwie wird es dann vielleicht doch in der Öffent-
lichkeit ankommen und wenn es oft genug gesagt wird, auch geglaubt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte dies besonders genau verfolgen.
Tagesprogramm, 29.6.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)