Freitag, 30. September 1977
Die Generaldirektoren von Philips
dass die Fernseher nicht in die 30%ige Mehrwertsteuer einbezogen
werden sollen. Dies deshalb, weil die inländische Farbfernsehpro-
duktion damit schwer geschädigt wäre. Dort, wo keine inländische
Produktion ist, wie bei den Portable, die hauptsächlich aus Japan
importiert werden, hätten sie natürlich nichts einzuwenden. Wenn
nämlich die von ihnen produzierten werden, dann wird der Run nach
diesen Geräten in den nächsten Monaten so stark sein, dass sie nicht
nur entweder ihre Exporte nicht durchführen können und wahrscheinlich
sogar noch mehr als die beabsichtigten 90.000 Stück müssen. Dieses
Jahr also ein grösserer Aufwand an Devisen und eine geringere Pro-
duktionsmöglichkeit weil man sich nicht so schnell umstellen kann
und im nächsten Jahr dann eine katastrophale Eigenproduktionsmöglichkeit.
ITT meinte er müsse dann Arbeiter freisetzen. Statt 220.000 Stück
würden heuer 260 bis 280.000 Stück verkauft und im nächsten Jahr dann
statt 240.000 nur 150 bis 180.000. Anstelle der Fernsehapparate meinten
sie, müsste man die Hi-Fi-Stereoanlagen über 25 Watte, die alle impor-
tiert werden, ausser Produktion der Firma HEA und 1 Mia. Schilling
Umsatz haben, heranziehen. Ebenso schlugen sie vor, die weisse Ware
Kühlschränke über 200 Liter, Teepfrieser , Geschirrspülmaschinen, die
aber teilweise Androsch sowieso schon in seiner Liste hat. Ich liess
den beiden Generaldirektoren keinen Zweifel, dass ich für Ihre Situation
Verständnis habe, aber kaum annehmen kann, dass die Sonntagsbesprechung
die Fernsehgeräte wirklich ausnehmen könnte. Der Finanzminister braucht
jede Einnahmemöglichkeit, wenn er den dritten Mehrwertsteuersatz ein-
führt.
Bei der Unterzeichnung des CSSR-Kooperationsvertrag zwischen Fälbl und
Gaios ersuchte ich letzteren, Minister Barcak herzlichst grüssen zu
lassen. Auf den gewünschten Brief kam er nicht mehr zurück. Sein Vertre-
ter hat allerdings sowohl Haffner als auch nachher Fälbl neuerdings gefragt,
ob nicht auf dem Presseartikel von mir ein Art Entschuldigungsschreiben
an Barcak mitgegeben wird. Ich erklärte den beiden sie sollten sagen,
dass ich bereit bin auf jedes Schreiben natürlich entsprechend zu
antworten. Ich selbst könnte aber dabei kaum initiativ werden. Dies
würde man sicherlich in der Presse – und hier meine ich nicht nur
die "Presse", die den unsinnigen Artikel geschrieben hat – sondern die ge-
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samte Presse nicht verstehen.
Die Firma Rauscher ist jetzt von der Schottenfeldgasse in das
Industriezentrum Auhof gezogen und ich habe dort die Halle er-
öffnet und zum 75jährigen Bestehen die Genehmigung zur Führung
des Staatswappens überreicht. Der Initiator und Seniorchef Bouda
ist schwer krank und trotzdem gekommen und hat sich sehr über die
Laudationen gefreut. Der Sohn von ihm ist ungeheuer tüchtig, denn er
kann tatsächlich gegen die harte italienische Watte- und Mullbinden-
konkurrenz nicht nur in Österreich seine Produktion aufrechterhalten,
sogar noch exportieren. Dies ist allerdings nur möglich, weil er sich auf
lauter Spezialerzeugnisse verlegt hat.
Minister Firnberg hat ein Sacher-Essen für den Präsidenten der Inter-
nationalen Atomenergieorganisation, den iranischen Präsidenten
Etemad gegeben. Bei dieser Gelegenheit konnten wir mit ihm über die
Kooperation bezüglich Atommüllagerung im Iran ein offenes Gespräch
führen. Nentwich vom KKW Tullnerfeld, der unser Experte und wahr-
scheinlich auch Sprecher dieser Kommission sein wird, die die Unter-
suchungen zu führen hat, meinte mir gegenüber der Präsident sei wie
ausgewechselt. Mit Österreichern zusammenzuarbeiten sei ihm immer
ein grosses Vergnügen gewesen, man müsse nur äusserst vorsichtig vor-
gehen und womöglich nur wenig publicity erzeugen. Die Gespräche sollten
in Teheran beginnen – ich schlug sofort vor, auch dort dann ständig
womöglich fortgesetzt werden, damit womöglich keine publicity ent-
steht. Firnberg hat bei ihrem Besuch in Iran, bevor sie mit dem
Schah gesprochen hat, die erste Aussprache mit dem Atomkommissions-
präsidenten gehabt, der damals sehr negativ zu dieser Idee Stellung
genommen hat. Jetzt hat eben der Schah entschieden, dass darüber ge-
redet werden soll, dass dies eine Art Freundschaftsdienst von ihm
gegenüber Österreichs ist. Damit hat sich das Blatt entscheidend ge-
wendet. Die Kleine Zeitung in Graz hat sich wieder einmal eine
Karikatur einfallen lassen, wo man Firnberg und den Schah in vollem
Aufputz sieht, vor ihm gegen die Gefangenen in Ketten am Hals ge-
schmiedet vorüber, er hebt die Hirnschale der Gefangenen, die scheinbar
abgeschlagen sind auf – und meint, darinnen ist genug Platz für die
Müllablagerung. Wenn ihm diese Karikatur zu Augen kommt, dann bin ich über-
zeugt, ist das gute Klima sofort wieder weg. Sein seinerzeitiges
Anbot an Deutschland über dieses Problem mit dieser Nation zu reden,
hat nicht zuletzt die Reaktion der Presse total vernichtet. Firnberg
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berichtete mir, wie verärgert er über diese Attacke der deutschen
Massenmedien gewesen ist. Niemand – und ich am allerwenigsten –
möchte die Presse zensurieren. Aber so gedankenlose Journalisten,
wie wir sie derzeit haben, hat es glaube ich selten gegeben.
Nach dem Essen haben Firnberg, Nentwich und ich vereinbart, dass sie
uns einen Geologen namhaft machen wird und die Elektrizitätswirtschaft –
Nentwich wird es veranlassen – uns die Experten schriftlich nominiert.
Ich werde dann sofort ein entsprechendes offizielles Schreiben unserer
Delegation nach den Iran durchschriftlich an den Botschafter Namdar
schicken.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort die entsprechenden Briefe veranlassen.
Bei einer Besprechung, Haffner, Plesch, Wais, Wanke, Marsch einigten
wir uns darauf, dass wir im Büro eine verbesserte Informationssystematik
einführen müssen. Marsch wird als Leiter der Grundsatzabteilung in
Hinkunft enger kooperieren, die Tagebücher lesen, insbesondere nicht nur
Grundsatzfragen bearbeiten, sondern auch die notwendigen Statistiken
und sonstigen Materialien für mich vorbereiten. Dies wird im engsten
Einvernehmen mit den zuständigen Bürokollegen geschehen und vor allem
aber mit den in den Sektionen zuständigen Branchenreferenten, Abtei-
lungsleiter usw. Plesch wird die jüngeren Genossen, die jetzt in der
letzten Zeit ins Ministerium gekommen sind, zusammenladen und ich
werde dort mit ihnen eine entsprechende erste Aussprache führen. Mit
dieser Methode hoffen wir sie mehr motivieren zu können und ihnen vor
allem zu zeigen, dass in einem Ministerium der aktive initiative junge
Mann auch eine Fortkommensmöglichkeit hat. Natürlich muss ich ihnen
primär beibringen, dass sie innerhalb einer Sektion, Abteilung, Referat
selbstverständlich ihren Vorgesetzten ständig zu berichten haben und
auch mit diesen einen guten Kontakt pflegen sollen, ja sogar müssen.
Die grösste Gefahr ist – und das hat Wanke jetzt als Sektionschef
sozusagen von beiden Seiten kennengelernt – wenn Büro oder gar der
Minister im Direktkontakt mit diesen jungen Leuten den Eindruck
erweckt, sie dürften sich nur mehr nach diesen Wünschen orientieren
und nicht mehr die entsprechende Koordination mit ihren Vorgesetzten
pflegen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Bitte mir eine Stichwortaufstellung,
damit ich keinen Punkt vergesse, machen.
Die beiden Personalvertreter Herold und Degischer beschwerten sich bei
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mir, dass sie keine Gelegenheit haben, bei der Ausschreibung des
Gruppenleiters der Energiesektion mitzuwirken. Im Ausschreibungs-
verfahren für die Personalvertretung, Engelmayer für die Gewerkschaft
nominiert worden. Frank und Wanke wären die von mir Nominierten ge-
wesen. Engelmayer hat erklärt, an diesem Tag hat er keine Zeit, eine
Gewerkschaftsverpflichtung ist nicht gekommen und dadurch ist der Termin
der Bestellung für die Ausschreibungskommission abgelaufen. Frank hat
nun MR Sterk als den besseren vorgeschlagen. Degischer und Herold behaup-
ten nun, dass sie dadurch um ihr Begutachtungsrecht gebracht wurden.
Dies teile ich nicht, doch habe ich sofort erklärt, es stehen ihnen ja
alle Möglichkeiten offen dagegen zu remonstrieren. Für mich ist bei
der Bestellung nur entscheidend, wer von den beiden Bewerbern, Sterk oder
Pelzl, der bessere ist. Herold musste zugeben, dass Pelzl nur einen
Vorteil gegen Sterk hätte, er sei ein besserer Organisator. Alle anderen
Punkt gehen glaube ich klar und eindeutig an Sterk. Mein Eindruck
ist, dass es Herold und Degischer nur darum gegangen ist, dass die
beiden Abteilungen 5 und 10, die jetzt Sterk als Abteilungsleiter
führt, neu besetzt werden sollen und sie darauf einen Einfluss nehmen
wollen. Ich habe sofort erklärt, die beiden, wenn sie zu besetzen sind
werden ausgeschrieben, ebenso wird die Geschäftseinteilung mit ihnen
dann noch diskutiert. Plesch hat dann mit beiden die Gespräche weiter-
geführt. Ein weiterer Wunsch von Herold und Degischer war, dass der
31.10. eingearbeitet werden soll. Im Unterrichts-und im Justizministerium
werden diesbezügliche Gespräche mit der Personalvertretung geführt.
Ich verwies sofort darauf, dass es sich hier nur um eine einheitliche
Regelung im Bundesdienst handeln könnte und deshalb Staatssekretär
Löschnak von mir konsultiert wird werden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Löschnak sofort informieren, damit die
Regierung eine einheitliche Stellungnahme abgibt.
Die Staatsbürgerversammlung in Neuberg wurde durch den Gesangverein
Mai eingeleitet und daher schon als ich begann, in guter Stimmung.
Alle Gags kamen gut an und in der Diskussion hat Krobat, ein Kaufmann,
als einziger sich über die Situation der Kleingewerbetreibenden beschwert
Die sozialkalkulierten Preise, meinte er, müssten verschwinden und die
Diskonter sollten ihnen nicht so eine harte Konkurrenz machen. Die Ge-
meinde selbst hat, wie der Bürgermeister dann in der Diskussion aus-
führte, unter der starken Abwanderung zu leiden. Sie kann wenig Wohnungen
bauen und ein Betrieb mit 15 Beschäftigten wäre für sie schon das
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höchste was sie sich wünschen könnten. Ganz anders die Staatsbürger-
versammlung in Kapfenberg. Auch keine besondere Kritik der Regierung
doch aber der Hinweis, warum z.B. – übrigens genau dasselbe in Neuberg –
die Post keine Motorräder österreichischer Erzeugung verwendet. In beiden
Versammlungen habe ich aber das Gefühl gehabt, waren es zum allergrössten
Teil Genossen und weniger indifferente, geschweide denn Gegner, die ge-
kommen wären, um den Referenten in Schwierigkeiten zu bringen. Damit
wurde allerdings der Zweck, zumindestens in meinen Augen, nicht erreicht.
nämlich mit der Bevölkerung konfrontiert zu werden.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Warum kauft die öffentliche Hand wirk-
lich nicht mehr österreichische Produkte.
Tagesprogramm, 30.9.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)