Montag, 21. November 1977
Der Ausgleich der Holzexportfirma Buben & Fried bringt, wie
der Sägewerksbesitzer Hutter mit 40 Beschäftigten und andere
hundert Beteiligten in eine furchtbar schwierige Situation
Von den 200 Mill. Schulden hat 70 Mill. die Oberbank, 30 Mill.
andere Banken, die durch Sicherstellung gedeckt sind. Die anderen
Lieferanten aber werden grösstenteils leer ausgehen. Auch die
nö. Holzlieferorganisation Nösag, eine GesmbH von 10 potenten
Firmen, ist in einer ähnlichen Situation. Ich konnte den Sägewerks-
besitzern überhaupt keinerlei Versprechungen oder Zusagen machen,
solche Ausgleiche und Konkurse können eine ganze Reihe von Klein-
und mittleren Unternehmungen mitreissen, die vollkommen unschuldig
sind.
Beim Jour fixe hat Mussil diesmal allein vorher den Ing. Denzel
bei sich gehabt, um mit ihm die Intervention bei BMW zu besprechen.
Dieser wollte, dass wir ein gemeinsames Telegramm – Präsident des
ÖGB, der HK und der Handelsminister – an Quandt schicken. Ich
schlug vor, drei gleichlautende, aber jeder doch für sich allein.
In der Ministerratsvorbesprechung hat dann Kreisky berichtet,
dass Denzel auch bei ihm intervenierte und er ersuchte Androsch,
dieser sollte entsprechende Informationen und Gespräche mit
Denzel führen. Androsch ergänzte noch, dass Denzel als Minder-
heitsaktionär bei BMW seinerzeit versucht hat, Quandt die Mehrheitsaktionärerwerbung zu verhindern. Dies hat er mir gegenüber
bis jetzt verschwiegen, erklärt aber umso mehr, wie Quandt deshalb
auf Denzel so schlecht zu sprechen ist.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Mussil wird sich wegen des Tele-
gramms mit Dir ins Einvernehmen setzen.
Die Aufnahme von Zündhölzern in die Liste jener Waren, für die
keine Präferenzzölle gegeben werden sollten, würde die Handels-
kammer zustimmen, wenn die Buchzünder, die in Österreich nicht
erzeugt werden, heraussenbleiben. Finanzminister Androsch hat
mir nach der Regierungsvorbesprechung mitgeteilt, dass er keinesfalls
eine gesetzliche Regelung dieses Problems wünscht, sondern lieber
mir Erlass resp. Verordnung den notwendigen Schutz von Deutsch-
landsberg Zündholzerzeugung vornehmen würde. Bei der gesetzlichen
Regelung richtete sich diese ausschliesslich gegen Spanien und
dann sei er endgültig gebunden. Die Aussenhandelssektion ist über
eine gesetzliche Regelung bei uns auch nicht sehr glücklich.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND PLESCH: Bitte die Verordnung resp. bescheid-
mässige Regelung mit Finanzministerium besprechen.
Mussil nimmt die Entwürfe über die Gewerbeordnungs-Novelle im Zuge
des Berufsausbildungsgesetz-Änderung und diese Novelle zur Kennt-
nis. Er reagiert nicht einmal darauf, als ich ihm erkläre, die
offenen Punkte mussten zwischen Handelskammer und Gewerkschaftsbund
gleichmässig verteilt werden. Seine grösste Sorge gilt jetzt
dem Jugend- und Beschäftigungsgesetz des Sozialministers und auch
der Schulfreistellung für den Schulsprecher, wie es der Unterrichts-
minister wünscht. Er meinte, er würde Belastungen der Unternehmer ent-
stehen, die diese veranlassen würden, die Lehrlingshaltung einzu-
stellen. Ich spreche nach der Ministerratsvorbesprechung mit
Weissenberg und erkläre ihm die Situation. Dieser meint, das Ganze
sei erst in der Begutachtung und interessiere ihn daher nicht be-
sonders. Scheinbar will Weissenberg erst in einem späteren
Zeitpunkt über dieses ganze Problem sprechen. Weissenberg hat
eine andere Methode als ich, aus seinen Äusserungen konnte ich
entnehmen, dass für ihn ein Gesetzentwurf erst nach Durchführung
der Begutachtung für Verhandlungen im Parlament resp. mit den
Interessensvertretungen interessant wird. Ich habe stets versucht,
schon vor Gesetzwerdung mit den Interessensvertretungen zu einem
Akkord zu kommen. Welche Methode die bessere ist, wird erst die
Zukunft zeigen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND WAIS: Bitte mit den Beamten des Sozial-
ministeriums so früh wie möglich Kontakt aufnehmen und Verhandlun-
gen beginnen.
Mussil urgiert neuerdings, ob jetzt schon die Arbeiterkammer sich
entschieden hat, die Arbeitsgemeinschaft mit der Handelskammer
zur Durchführung: Kauf österr. Qualität aufzunehmen. Ich konnte
noch eine Ausrede gebrauchen, dass Mussil mir erklärt hat, er müsse
im Präsidium über die finanzielle Deckung dieser Arbeitsgemeinschaft
durch Subvention der Handelskammer entsprechende Beschlüsse
fassen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Kammerpräsident Czettel ver-
binden.
Bezüglich der Auszeichnung Kolonial-Import, Graz, zur Führung des
Staatswappens urgiert Mussil neuerdings. Ich verspreche, die Aus-
zeichnung zeitgerecht fertigzustellen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was hat die Arbeiterkammer Graz Dir
mitgeteilt?
Mussil ist über den Beschluss seiner eigenen Leute, die Strumpf-
hosen-Angelegenheit ruhen zu lassen, nicht sehr glücklich.
Präs. Igler von der Industriellenvereinigung hat mitgeteilt,
er wird jetzt persönlich nach Rumänien fahren, um die Strumpf-
hosenabnahme von 7 Mill. auf 3,5 Mill. zu kürzen, um dann zu
sehen, wie er diese auch in Österreich verkaufen kann. Von der
Sanierung dieses Geschäftes hängt letzten Endes in weiterer Folge
die Sanierung der Textil-Ost ab.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte halte Dich über dieses Problem,
Strumpfhosen-Selbstbeschränkung usw., auf dem Laufenden.
Mussil fragt an, ob die Unterlagen bezüglich der Reisen von Handels-
kammerfunktionären in Ordnung gehen. Da er uns den gesamten Computer-
ausdruck aller Reisen zur Verfügung gestellt hat, kann ich nicht
mehr verlangen. Die Aufarbeitung dieses Materials muss jetzt nur
so schnell wie möglich in unserem Hause erfolgen. Ausserdem erkläre
ich Mussil, dass dies jetzt bei uns aktenmässig erledigt werden muss.
Bei solchen Fällen erscheint es mit wichtiger denn je, nicht auf
kurzem Wege sozusagen privat oder unter der Hand Material zu bekommen
und weiterzugeben. Hier muss alles, weil man nie weiss, was dabei
herauskommt, aktenmässig festgehalten werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte veranlassen sofort die entsprechende
Aufarbeitung.
Mussil beschwert sich bei mir, dass der Entwurf der Beförderungssteuer
von Lausecker die Exportwirtschaft mit 3,5 Mia. S belasten wird.
Die Pauschalierung für den inländischen Frächter 100 S pro
Monat bis 8 t, darüber 200.– S würden die Frächter verkraften,
nicht aber den 1.– pro t-km, 60 Groschen Leerfracht pro t-km für
die Durchfuhr. Mussil sagt, jetzt hat man bereits 4 Verkehrsminister
und es wird von mal zu mal schlechter. In diesem Fall zählt er mich
als den ersten, der bis zum Jänner 1974 die Strasse teilweise ge-
habt hat und, wie er meinte, sich damals gegen seine Initiativanträge
gewendet habe.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Strassensektion Verkehrsministerium
verbinden.
Mussil wird der Zollämterermächtigung Einbeziehung von Indonesien
für die 360.000 Stück Hemden, die importiert werden sollen, zu-
stimmen. Durch Interventionen der Händler, Lauscher, und des Importeurs
Pisec hat die Handelskammer grosse Schwierigkeiten, da die Koordinierung
für sie äusserst schwierig ist. Eine ähnliche Situation gibt es
jetzt bei den Stahl- und Eisenlizenzierungen, ein Antrag der Handels-
kammer, gegen den jetzt scheinbar Apfalter zu Felde zieht.
Beim Pressegespräch bringt Meisl als erstes die jetzt von uns in
Aussicht genommene Importscheinregelung für Eisen und Stahl.
Der Unterschied gegen die Lizenzierung, wie sie in den EG-Staaten schon
längere Zeit üblich ist, besteht darin, dass bei der automatischen
Lizenzierung doch eine Genehmigung im rechtlichen Sinne ausgesprochen
wird, während bei der Importscheinmitteilung wir nur eine statistische
Unterlagen für die Menge, die eingeführt werden soll und den Preis
bekommen. In der Praxis ist der Unterschied natürlich minimal.
Frank berichtete über das Energiestatistik-Taschenbuch, daran ent-
wickelt sich sofort eine Diskussion oder die Energiepreise. Der
Antrag der EVUs mit 6,45 % wird von mir dahingehend gleichzeitig
ein weiterer Schritt in der Tarifreform gemacht werden muss. Ich wehre
mich ganz entschieden zu sagen, dass der Mehrverbrauch bestraft wird
das Einzige, was wir mit der Tarifreform erreichen wollen, ist, dass
die Degression durch die Grundpreise, die auf alle Fälle bleiben,
weiterhin verflacht wird, Neuhold berichtet über die letzten Import-
ziffern und Verbrauchsziffern am Mineralölsektor. Hier haben wir im
September sogar minus 10 % gegenüber dem Vorjahr gehabt, im Jahres-
schnitt liegen wir jetzt bei minus 3 %. Mehrverbrauch ist nur bei
Diesel und Benzin, da die anderen Verbrauchskomponenten grösstenteils
witterungsabhängig resp. konjunkturabhängig sind, sehe ich darin
keine echte Einsparung obwohl ich dies ohne weiteres seit Monaten so
behaupten könnte. Dr. Strasser von der Agrarinformationszentrale
möchte von mir eine Stellungnahme, warum die Arbeiterkammer sich gegen
das Milchpreis-Schema und damit die Milchpreiserhöhung stellt, obwohl
sie diesem Schema als "trottelsicher" und gut zugestimmt hat.
Ich erkläre sofort für meine Person, dass ich kein wie immer geartetes
Schema anerkenne, darüber mit dem Bauern ja seit 1974, wo ich die Preis-
regelung in mein Ressort bekommen habe, ständig in Streit liege, auch
in Hinkunft werde ich ein solches Schema nicht anerkennen, da ich
genau weiss, wie es zustandekommt und dass es ausschliesslich nach
betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtet ist. Einmal
39-1341
mehr hatte ich damit den Beweis, wie gut es war, diese Politik
seit eh und je einzuschlagen. Wer Schema festlegt, ist im
Schema dann gefangen. Der ehemalige Landwirtschaftsminister Weihs
hat sich damit selbst die grössten Schwierigkeiten eingebrockt.
Das Interview mit dem amerikanischen Journalisten Kenneth Smith
in Englisch hat vielleicht nicht alle Feinheiten infolge Sprach-
mangels gebracht, war aber für mich ein gutes Training und für
ihn sicherlich eine entsprechende allgemeine Information. Ebenso
ein Interview mit einem neuen Journal, nämlich Textil-Magazin.
Alle heissen Eisen, die man mir in die Hand drücken wollte, habe
ich erfolgreich abgewehrt. Mehr kann man bei so einem Interview
nicht verlangen. Da der Redakteur weder ein Tonband hatte, noch
stenographieren konnte, bin ich gespannt, was er letzten Endes
schreiben wird. Angeblich wird er dieses Interview vorerst Wais
zeigen. Ein Interview, das er mit Obmann Mühlbacher vom Freien
Wirtschaftsverband geführt hat, meint er, hätte klar und deutlich
gesagt, dass dieser für eine Verlängerung der Ladenschlusszeit
sei, wenn es nur die Kleinhändler bekommen würden. Hier muss es
sich meiner Meinung nach auch um eine Fehlinterpretation handeln.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte achte, dass nicht solche Fehlinterpretati-
onen bei uns entstehen und verständige Mühlbacher.
Bei einem Grundkurs der Lebensmittelarbeiter im Hueberhaus hatten
wir den grössten Teil dafür verwendet, um auf eine beginnende
Anfrage eine richtiggehende Kernkraftwerksdiskussion abzuführen.
Keiner hat sich letzten Endes dann gegen die Inbetriebnahme von
Zwentendorf gewehrt, einige aber hatten grösste Bedenken, da
sie meinen, wenn die Wissenschaft nicht einig ist, wie kann man
dann so etwas überhaupt in Angriff nehmen. Die Wissenschaft, Univer-
sitätsprofessoren usw. verlieren mit der Zeit ihren grossen über-
ragenden Einfluss auf den Laien, wenn sie nicht einheitlich auf-
treten. Da man ansonsten wissenschaftliche Streitfragen, sie es
en masse gibt und die oft Lebensbereiche des Menschen berühren,
die für ihn wirklich interessant sind und nicht nur die Pabler-
Zucht im Altertum ansonsten im stillen Kämmerlein austrägt, hat
die Bevölkerung erst an dem konkreten Beispiel der Kernkraft
gesehen, wie uneinig die sogenannten Fachleute sind. An diesem
39-1342
Beispiel demonstrierte das Prinzip die Freiheit der Lehre und der
Wissenschaft, dass es in der Theorie sehr gut ist, in der Praxis
aber oft unlösbare Probleme ergibt. Die Leute wollen Entscheidungen,
die nach bestem Wissen und Gewissen letzten Endes ja doch von den
Oberen gefällt werden sollen. Damit tragen "die da oben" auch die
Verantwortung, die in Wirklichkeit je keiner übernehmen will.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky über den Spitalsfonds
referiert und meinte, damit würde eine Lösung des kooperativen Bundes-
staates angestrebt, die erstmals einen Staatsvertrag nach § 15a
der neuen Verfassungsbestimmung ermöglichen soll. Da sich die Länder
gegen die Dirimierung wenden, soll ein Kompromiss dahingehend gefunden
werden, dass Punkte, die in die Länderkompetenz fallen, ausgenommen
sind. Ausserdem soll ein Schlichtungskomitee vorher, bevor es zur
Dirimierung durch den Gesundheitsminister kommt, eingeschaltet
werden.
Neuerdings urgierte Kreisky, dass die Landesparteisekretariate unbe-
dingt verständigt werden müssen, wenn Minister Besuche in den
Ländern machen, damit nicht womöglich über die ÖVP-Landeshauptleute
oder Organisationen die Stellvertreter resp. sozialistische Sekreta-
riate davon überfahren.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Ich weiss, wir handhaben dies, aber bitte
doch darauf achten.
Kreisky hat zum Ableben von Schuschnigg dem Sohn ein ganz gewöhnliches
Telegramm geschickt. In den Zeitungen stand dann: "ein in herzlichen
Worten gehaltenes Beileidstelegramm". Da er das Telegramm kannte, ist
er dieser Meldung nachgegangen und draufgekommen, dass zwar seine
Beamten im Kommunique-Entwurf den wirklichen Tatbestand festhielten,
nur Sekt.Chef Fischer, ein Genosse und Leiter des Bundespressedienstes,
so wenig Gefühl hat, dass er meinte, ein Telegramm des Bundeskanzlers
ist immer in herzlichen Worten gehalten und daher die Änderung
vornahm. Da Kreisky seine Pressepolitik selbst macht und wenn
irgendjemand, dann höchstens seinen Mitarbeiter Kunz einschaltet,
so müsste er oder dieser halt auch noch die Aussendungen seines Bundes-
pressedienstes kontrollieren oder sich vorlegen lassen. Da der Bundes-
pressedienst mit Dutzenden von Beamten ein Schattendasein resp.
ein Nebenleben führt, kostet er zwar viel Geld, ärgert nur Kreisky
und zeigt einmal mehr, dass das Organisationsprinzip in diesem Punkt
in allen Ministerien falsch ist. Gerade die so wichtige Frage
39-1343
Presse und Information ist eine Stelle, die entweder mit dem
Minister kooperiert, wie dies Gott sei Dank bei uns mit Reg.Rat
Puffler der Fall ist oder sie läuft daneben oder ungünstigstenfalls
wie seinerzeit im Verteidigungsministerium noch sogar gegen den
Minister. Bei uns war es sicherlich vor allem der Zufall, dass
1970 Schipper Puffler entfernen wollte, das diesen umso mehr
an uns herangeführt hat, obwohl er kein Parteigenosse ist. Jetzt
ist durch die Einstellung seines Sohnes das ganze Sekretariat
hoffentlich bei Puffler wieder, wie man so schön sagt, hoch im Kurs.
Ein US-Konzern, Kreisky hat den Namen nicht genannt, hat den Ver-
trieb von Porsche abgelehnt. Derzeit finden aber Besprechungen mit
Kreisky statt, um eventuell eine eigene Teilfertigung mit Finanzie-
rungsmöglichkeiten von Österreich hier in Österreich errichtet
werden soll.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte mit Gehart Kontakt aufnehmen.
Eine lange Diskussion entwickelte sich über das Gastspiel der Oper
in Amerika. Der Finanzminister hat Kreisky zugesagt, dass der halbe
Betrag der Aufwendungen von ihm aufgebracht wird, Kreisky möchte
aber nicht nur allein die Oper in Amerika sondern auch eine Avant-
garde-Ausstellung, die Toni Sailer drüben organisieren soll. Zuerst
gab es eine lange Diskussion, wer die Künstler auswählen wird.
Sinowatz erklärte nicht er persönlich aber er müsste entweder einen
Kommissär einsetzen oder eine Kommission dazu berufen. Die Ausstel-
lung wird da. 4 Mill. S kosten und in New York abgehalten werden.
Diese Ausstellung sei deshalb notwendig, damit das falsche Image
in Amerika – wir haben nur die Lipizzaner, die Sängerknaben und die
Staatsoper – ein wenig mit modernen Künstlern ebenfalls dokumentiert
wird, dass es auch ein anderes Österreich gibt. Das Problem zur Be-
schaffung der ca. 10 Mill. S, die angeblich noch fehlen, um die
Opernaufführung zu garantieren, soll so gefunden werden, dass
die Hälfte der Bund und die Hälfte Österreich-amerikanische
Firmen wie z.B. Ölkonzerne, aber auch ein Teil durch die ÖFVW
erfolgt. Androsch verwies darauf, dass auch die Ausstellung der
Grossmetallplastiken in Linz ein grosser Erfolg war und wir dafür
auch 1 Mill. S hergaben. Ich replizierte sofort, dass diese
Millionen im Budget ausserhalb der ÖFVW vom Finanzminister
bereitgestellt wird. Da Kreisky überzeugt ist, das meiste Geld
von Firmen zu kriegen, er ist bereit, diesbezügliche Briefe
39-1344
zu schreiben. habe ich dann nur erklärt, ich werde mit die ganze
Frage noch einmal überlegen und mit der ÖFVW sprechen. Das Budget,
erklärte ich, ist verplant, was bei Kreisky grosse Verwunderung
auslöste. Da Androsch meinte, man könnte jetzt doch noch nicht
sagen, wie man die 240 Mill. im nächsten Jahr tatsächlich ausgeben
wird. Im September nächsten Jahres soll diese Aufführung in Washing-
ton stattfinden und die Weltbank hat bereits zugesagt, es wird eine
ganze Vorstellung kaufen und damit weltweit Propaganda machen, wenn
132 Gouverneure und Beamte der ganzen Welt werden dann den Ruhm
der Oper überall hintragen. Kreisky meinte, in Amerika wird man
darin eine Bekräftigung der Dankbarkeit Österreichs erkennen, die
Werbewirksamkeit wird gigantisch sein. Die Spielkasino AG wird
sich ebenfalls an dieser Aktion mit einem grösseren Betrag beteiligen.
Und selbst private Firmen, die im Fremdenverkehr dann, wie z.B.
die Sportartikelindustrie, Geschäfte machen sollte man zu einer
Leistung heranziehen. Kreisky wird an alle diese Firmen Briefe
schreiben, mit einem Wort eine zweite Amerika-Stern-Aktion.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Zolles verbinden.
Weissenberg hat mit der VÖEST vereinbart, dass er jetzt für Umschulung
entsprechend Unterstützung gewährt. Kreisky hätte es lieber, wenn
man gleich von Kurzarbeit spricht und diese auch dann entsprechend
unterstützt. Hier hat Hans Czettel mit Recht darauf verwiesen,
dass Kurzarbeit nur bei Arbeitern erfolgen kann, diese dann aus
den Betrieb hinausmüssen, die Angestellten dagegen, die auch nichts
zu tun haben oder weniger zu tun haben, aber voll bezahlt bekommen,
denn bei Angestellten gibt es keine Kurzarbeit. Dieses Argument
war für Kreisky einleuchtend und Androsch, der dagegen opponierte,
hat sich dann auch damit befriedigt erklärt, wenn sein Beamter
Fundulus mit Sekt.Chef Lenert und einem VÖEST-Vertreter neue Bedingungen
für diese Umschulungsausgaben festlegt. Kreisky befürchtet, dass
in der Stahlbranche im nächsten Jahr ein ungeheures Anwachsen der
Arbeitslosigkeit zu erwarten ist und sehr bald dann auch andere
Branchen wie Maschinenindustrie, bei der Fa. Vogl hat er einen Besuch
abgestattet und 50 % Auftragsrückgang festgestellt, bei der Papier-
industrie, wo die Welser jetzt schliesst, weitere Arbeitslose erwartet.
Kreisky hat es sehr erschüttert, bei Vogl zu erfahren, dass bei
Ausschreibungen selbst in der Verstaatlichten Industrie z.B. von dieser
Firmen importiert werden, um dann ihre Aufträge ausschreibungsgemäss
liefern zu können. Bei der Ausschreibung sitzen in diesen Drittländern
Deutsche oder Engländer in den Ingenieur-Büros, diese schreiben
39-1345
entsprechende Pumpen vor, die dann entweder in Deutschland oder
England eben bezogen werden müssen. Dem ist, wie ja die jahrelange
Erfahrung im Handelsministerium bestätigt, nicht nur beizukommen,
wenn man eben bei den Ausschreibungen entsprechende Bedingungen
festlegt resp. Einfluss darauf nimmt. Dies gilt auch und war ja
mit einer der Gründe für österr. Ausschreibungen für Anlagen und
Lieferungen in Österreich.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Schön langsam wird das Bundeskanzler-
amt reif für unsere Ausschreibungspolitik für die Öffentliche Hand.
Bitte Ministerratsentwurf vorbereiten.
Androsch hat sich aufgeregt, dass Melis beim EFTA-Konsultativ-Komitee
namens der Bundeskammer die Regierungspolitik sehr kritisierte.
Kreisky meinte, da muss auch ein Regierungsvertreter dabei gewesen
sein, der entsprechend berichten hätte müssen. Da höchstens von
Genf Nettel oder ein Vertreter von ihm dort war, ist dies
eine Angelegenheit des Aussenministeriums. Androsch wies dann darauf
hin, dass Porr und Universale sich an der Verbundplan beteiligen
möchten. Ich halte eine Verbreiterung der Verbundplan für zweckmässig
weiss allerdings nicht, ob sich das nur auf Porr und Universale be-
schränken sollte.
ANMERKUNG FÜR FRANK UND WAIS: Bitte mit Verbundplan Besprechungen
führen.
Das Wirtschaftsforum auf der Wieden war zwar nicht überwältigend gut
besucht, dafür gab es aber eine stundenlange Diskussion. Hier habe
ich zum ersten Mal erlebt, was es bedeutet, wenn Gewerbetreibende der
verschiedensten Branche zusammenkommen, um ihre Probleme mit
dem Handelsminister zu besprechen. Vor der Filmförderung angefangen
bis zu den Lebensmittelhändlern, von der Sozialversicherung bis
zu Kilometergeld der Ärzte und insbesondere natürlich das Abgabenänderungs-
gesetz gab es Spezialdiskussionen. Da es sich nicht ausschliesslich um
Genossen handelte, war diese Diskussion wenigstens ein wenig inter-
essant. Für mich aber wäre es im wahrsten Sinne des Wortes tödlich,
wenn ich mehrere solche Diskussionen im Monat hätte. Jetzt weiss
ich es erst zu schätzen, dass die Handelskammer aus politischen
Gründen stets verhindert hat, dass ich in ihren Organisationen tätig
werden kann. Bei diesen Diskussionen muss ich nämlich nicht nur die
Fragen verteidigen, die das Handelsministerium betreffen, hier
39-1346
habe ich auch nicht besondere Schwierigkeiten, sondern alles
das was in anderen Ressorts vorgeschlagen oder beschlossen wird.
Für mich war nur entscheidend, dass eine Verordnung über ein gebundenes
Gewerbe der Installateure festlegen soll, dass zur Aufstellung
von Lüftungsanlagen so harte Bedingungen festlegt werden, dass
Installateure, die nicht in gewerbliche Mittelschulen oder
gar vielleicht Hochschule haben, kaum dafür in Frage kommen. Ich
versprach, mit Jagoda darüber zu sprechen und zu prüfen, ob tatsächlich
eine so harte Bestimmung notwendig ist. Vor allem müsste man Vor-
sorge treffen, dass die jetzt bereits Lüftungsanalgen bauen, nicht
durch diese Verordnung schlechter gestellt werden.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND WAIS: Bitte diesen Verordnungsentwurf genau
überprüfen und mit mir besprechen.
Tagesprogramm, 21.11.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)