Samstag, 26., und Sonntag, 27. November 1977
Die libysche Delegation unter Führung des Seetransportministers
Badr verspätete sich um 1 Stunde, wodurch ich Gelegenheit hatte,
mit dem österr. Handelsdelegierten in Tripolis Langer und dem
Vertreter der VÖEST Pallfy die Einzelprojekte und Probleme zu bespre-
chen. Durch unsere Ölimporte, derzeit 800.000 t mit 1,7 Mia. S
im Jahre 1976, konnten wir im vergangenen Jahr nur 762 Mill. S
exportieren und hätte noch grosse Möglichkeiten. In den ersten
drei Quartalen hat sich die Situation insofern verbessert, als
wir weniger Öl importierten, im Vergleichszeitraum des Vorjahres
1,4 Mia. gegenüber heuer nur mehr 807 Mill., unsere Exporte stiegen
dagegen von 509 auf 653 Mill. Im vergangenen Jahr exportierten wir
20.000 Stück Schlachtrinder, heuer werden es 31.000 sein. Die Libyer
zahlen zwar um 10 % mehr über dem Weltmarktpreis weil wir bessere
Qualität liefern als die Rumänen, doch müssen wir noch immer fast
mit 10.– S stützen, 8.50 S der Bund, bis zu 1.50 S die Bundesländer.
Die Baufirmen, die Kanalisationsanlagen in Libyen bauen haben grosse
Schwierigkeiten mit den Visa. Kurzfristige und vor allem nur für einen
Platz ausgestellte müssten ständig wieder erneuert werden. Der libysche
Botschafter in Österreich erklärte, er ist daran brennend interessiert,
die Schwierigkeiten zu beseitigen. Die ÖMV hat einen Vertrag 1976
abgeschlossen, wo sie bei 800.000 t beginnend bis zum Jahre 1981
auf 1,1 Mill. t ihren Ölimport steigern soll, heuer wird es aber wahr-
scheinlich eine Reduktion der Einfuhr geben. Ich war daher sehr froh,
als der libysche Botschafter vorschlug, dass die Gemischte Kommission
nicht lt. Protokoll nur formal arbeiten soll, es kamen 10 Delegierte
aus Libyen sodass wir die Möglichkeit haben, in Arbeitsgruppen nach
der formellen Eröffnung sofort Detailarbeit und Detailbesprechungen zu
führen. Badr selbst wird am Dienstag nach Rumänien weiterreisen.
Seine Delegation wird teilweise noch hier bleiben oder dann gleich
von hier nach Libyen zurückfliegen.
Da ich nicht genau wusste, ob Kreisky Interesse daran hat, diesen
Minister zu empfangen, der Minister selbst aber keinen konkreten
Wunsch geäussert hat, wollte ich telefonisch klären, wie der Zeit-
plan Kreiskys aussieht. Seitdem Kreisky im Telefonbuch steht und
scheinbar ständig von vielen Leuten angerufen wird, meldet sich
bei ihm ein Band und man wird aufgefordert, entweder Montag anzu-
rufen oder in dringenden Fällen eine vom Band durchgegebenen Nummer
39-1373
des Bundeskanzleramtes zu rufen. Dort meldete sich natürlich
prompt niemand, obwohl ich es studienhalber öfters versuchte.
Durch Zufall hatte ich aber Gelegenheit, am Sonntag im Musikvereins-
saal Kreisky zu treffen und dieser zeigte grosses Interesse den
Minister zu empfangen. Kreisky hat auch Ministerpräsidenten Jalloud
ersucht, er möge sich für den Zuschlag des Stahlwerkes in Libyen
an die VÖEST einsetzen. Badr war sehr erfreut von mir zu hören,
dass Kreisky mit ihm zusammenkommen will. Scheinbar hatten die Libyer
doch eine solche Zusammenkunft gerne gehabt, sich aber aus welch
Gründen immer dazu nicht geäussert. Leider habe ich bis jetzt noch
nicht herausbekommen, ob die Libyer wirklich so kompliziert bezüglich
ihrer Zeiteinteilung und ihrer Reisetermine reagieren, resp. nicht
agieren oder ob es sich nicht darum handelt, dass unsere Botschaft
in Libyen nicht imstande war, durch besseren Kontakt die Wünsche und
die Zeitpläne entsprechend herauszubekommen. Min.Rat Fälbl erzählt
mir immer wieder, wobei ich auch nicht genau weiss, ob dies nicht
stark übertrieben ist, dass er nichts erfahren kann. Hier muss ich
allerdings sehr vorsichtig sein, ob es nicht zu stark dramatisiert wird.
Sicher ist die Vorbereitung dieser Gemischten Kommission in eine
kritische aussenpolitische Phase zwischen Libyen und Ägypten gefallen,
eine Zeitlang hiess es, dass Badr überhaupt nicht kommen kann.
Da ich unser wirtschaftliches Verhandlungsklima nicht belasten
ja nicht einmal beeinträchtigen möchte, habe ich natürlich auf die
aussenpolitische Situation überhaupt nicht angespielt, geschweige denn
eine Diskussion darüber begonnen.Diese meine Taktik mag vielen Leuten
unverständlich sein, gibt mir aber die Möglichkeit, mit ruhigem Gewissen
das nächste Mal bei einem Ägyptenbesuch falls ich dort gefragt werde,
zu erklären, dass mein Geschäft und meine Kompetenz ausschliesslich
in der Vergrösserung des Warenverkehrs nach allen Relationen
besteht. Ich habe den Eindruck, dass sich diese Taktik im Grunde ge-
nommen stets bewährt hat. Ich werde auf alle Fälle an dieser Taktik
festhalten.