Montag, 28. November 1977
Die Gemischte Kommission Libyen-Österreich wurde von mir und
Minister Badr zwar eröffnet, doch wurden sofort zwei Arbeits-
gruppen eingesetzt, die dann mit Firmenvertretern den ganzen Tag
über verhandelten resp. dann ein entsprechend grosses Protokoll
aufsetzen. Diese Arbeitsweise ist wirklich zweckmässiger als
lange tour d'horizon über Wirtschaftsfragen, die nichts
bringt. Ausserdem hatte Badr mit Dersch die Möglichkeit,
mit einer Fremdenverkehrsführerin eine Stadtbesichtigung vorzu-
nehmen. Er war, wie mir Dersch dann berichtete, sehr inter-
essiert an historischen Plätzen, kannte insbesondere die österr.
Musiker, wieder einmal mehr wurde mir bewiesen, dass wir zwar
von der afrikanischen Kultur nichts kennen und wissen, dagegen
diese Leute sehr viel von der europäischen. Dersch hat ihm
auch etliche Bücher gekauft, eine solche Initiative vermutete
ich gar nicht bei ihm, zum Demel geführt und so beigetragen,
die Gastfreundschaft und die Betreuung unsererseits zu loben.
Geärgert hat mich nur, dass wir nicht von der Fremdenverkehrs-
werbung genügend Prospektmaterial von Wien und Österreich für
jeden Gast, der zu uns kommt, schon parat liegen haben. Ich
habe Min.Rat Würzl ersucht, für künftige Besuche das notwendige
Material immer parat zu haben.
Beim Mittagessen versuchte ich die Gespräche auf das neue
Green Book von Gaddafi zu bringen, doch hat sowohl Badr als
auch der libysche Botschafter nur gemeint, dies seien bedeutende
Ansätze einer neue Demokratie, da sie ja kein Parlament haben,
auch keine Regierung, sie nennen sich Sekretäre, der Volkskongress
aber und letzten Endes auch ihre Regierungsarbeit ist nichts
anderes als der Versuch, etwas anderes Neues zu schaffen.
Die Funktion ist und bleibt dieselbe. Da sie aber nur ein
Einparteien-Staat sind, wahrscheinlich auch kaum in Zukunft
demokratische Wahlen abhalten werden, ist es nichts anderes
als eine neue Spielart einer Diktatur. Zu der Opernaufführung, zu
der ich sehr spät kam, hatten wir aber dann in der Pause Ge-
legenheit, die technischen Einrichtungen hinter der Bühne zu be-
sichtigen. Sowohl das Ballett, das wirklich sehr gut war als
auch insbesondere diese Spezialführung hat sie sehr beeindruckt.
Für mich interessant bei diesem Besuch war, dass es wirklich sehr
schwer sein muss, eine vorhergehende Absprache ihres Besuchs-
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programmes zu machen, denn im letzten Moment wurde jetzt
anstelle eines Fluges nach Bukarest eine Autofahrt nach
Ungarn und ein Besuch dort vereinbart und dann erst die
Weiterfahrt nach Bukarest.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte organisier mit Würzl die ent-
sprechenden Prospekte und Pläne von Wien und Österreich.
Beim Jour fixe in der Handelskammer kam selbstverständlich die
Sprache auf die Berufung von Min.Rat Kazda zum Präsidialleiter.
Mussil gab sich mehr empört, trotzdem ich ihnen genau ausein-
andersetzte, dass ich nicht einenmal einen Vorschlag bekommen werde
wo eine Dirimierung durch die Sozialisten vorgenommen werden
musste. Sallinger meinte nur, wenn die ÖVP-Vertreter unter
sich nicht einmal sich einigen können, dann wundern ihn nichts.
Mussil behauptete, einen ÖVP-Sektionschef bzw. Nullgruppen-Mann
hätte ich lassen müssen resp. berufen sollen. Freimütig gab er zu,
dass es bis zu meiner Ministerschaft immer anders war und dort eine
reine Domäne der ÖVP herrschte. Ich fragte ihn, was er sachlich
gegen einen der berufenen Sektionschefs einzuwenden hätte und
ob ich allen Ernstes gegen Vorschläge der Kommissionen, die die
Anträge prüften entscheiden sollte. Gegen die einzelnen Leute
hatte er gar nichts einzuwenden aber er hätte erwartet, dass
ich gegen einen Kommissionsbeschluss eben eine andere Berufung
durchführen sollte. Dies habe ich mit aller Entschiedenheit zurück-
gewiesen und abgelehnt.
Sallinger intervenierte bei mir, dass ich für Herzog-Hof in
Baden doch den Kreditantrag genehmigen sollte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass den Akt sofort kommen.
In der Handelskammer lag ein Antrag von einem Heurigen
Hugo Reinprecht auf Führung des Staatswappens. Wir kamen überein,
dass selbstverständlich ein Heuriger nicht auszuzeichnen ist.
Womöglich, meinte Mussil, wird der dann noch in seinem Buschen
das Staatswappen führen. Sallinger intervenierte für 2 Firmen
Kontor-Einrichtung und für die seit 1975 bei mir liegenden Antrag
für Prack & Matzke aus Wien-Landstrasse. Letzteren hat die
Arbeiterkammer angeblich wegen keinem Betriebsrat beeinsprucht.
Ich versprach, diese Sache mir anzusehen und zu versuchen,
mit der Arbeiterkammer zu einem Arrangement zu kommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die beiden Fälle mit AK be-
sprechen.
Der Vorschlag des Aussenministers, in Kuwait eine Aussenhandels-
stelle zu errichten, wurde besprochen und Sallinger sagte zu,
es zu prüfen. Unmöglich ist allerdings, in jedem Staat einen
Handelsdelegierten zu etablieren. Vielleicht wäre es hier aber
wirklich zweckmässiger, vom Libanon wegzugehen und in Kuwait
den Hauptsitz zu errichten. Bezüglich meiner seinerzeitigen
Intervention, in Chile keine Aussenhandelsstelle auf Wunsch
des Aussenministeriums zu errichten, um nicht innenpolitische
Komplikationen heraufzubeschwören, wird die Handelskammer weiter
prüfen. Interessant war nur, dass Sallinger darauf verwies,
der Vorschlag oder die Anregung kam von unserem Botschafter
Otto. Ich habe dies nach der Ministerratsvorbesprechung Pahr
mitgeteilt, der nur darauf besteht, dass unter gar keinen Um-
ständen jetzt eine Aussenhandelsstelle dort eröffnet wird, er
zeigte sich sehr verwundert, dass die Handelskammer über diese
interne Information von Otto verfügte, die nicht einmal ich ge-
kannt hatte.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte die Chile-Sache unbe-
dingt verfolgen und Eröffnung verschieben.
Mussil teilte mir mit, dass die Handelskammer nicht bereit
ist, bei den Ausschreibungskommissionen mitzuwirken. Vor
allem sprach sich Mussil ganz entschieden dagegen aus, dass
auch die Arbeiterkammer oder gar der Gewerkschaftsbund in
diesen Kommissionen mitwirken würde. Die Beamten würden in
solchen Kommissionen die Wettbewerbspreise ausser Acht lassen,
letzten Endes bestimmen, wer den Zuschlag bekommt und es
würde ein dirigistisches System errichtet. Er könnte sich nur
vorstellen, dass man eine Toleranzgrenze z.B. von 5 % fest-
legt, die österreichische Offerte teurer sein können als
ausländische. Gleichzeitig berichtete aber Sallinger, dass
z.B. jetzt der Architekt Glück die Allianz, die heute er-
öffnet wurde, von einem Münchner Steinmetz Feicht ausgestalten
liess. Sallinger ist dort nur als Sublieferant mit einem
kleinen Anteil berücksichtigt worden. Glück hat angeblich be-
hauptet, er wird den österr. Steinmetzen noch das Kalkulieren lernen.
De Münchner Steinmetz Feicht hat den Salzburger Steinmetzbetrieb
von Mayr-Melnhof gekauft, dadurch gilt er jetzt als österreichische
Firma. In immer stärkerem Masse kommen aber jetzt Italiener mit
Billigstangeboten und erklären dann auch noch die entsprechenden
Montagearbeiten hier durchführen zu lassen. Für mich war dies
typische Beispiel eine Möglichkeit, Mussil zu zeigen, dass
wir sehr wohl eine Ausschreibungskommission brauchen, um die
österr. Beamten zu zwingen, wenn sie schon ausländischen Firmen
einen Zuschlag geben, dann doch vor der Kommission diesen zu be-
gründen haben. Ich hoffe, dass unsere Aussprache dazu beige-
tragen hat, den zu erwartenden Widerstand der Handelskammer, ins-
besondere Mussil zu brechen. Ganz überzeugt bin ich davon allerdings
nicht, da Mussil scheinbar daraus eine prinzipielle dogmatische
Frage machen will. Die bisherige Verhandlerin, Frau Dr. Dorfwirth,
wird die BHK verlassen und zur NÖ. Handelskammer als Presse-
referentin und PR-Manager gehen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte im Rahmen des Sozialpartner-
gespräches so schnell als möglich eine Lösung suchen und Minister-
ratsvortrag fertigmachen.
Beim Journalistenfrühstück berichtete Würzl über den Fremdenver-
kehr Oktober, der mit plus 7 % gut abschnitt. Im Sommer haben
wir minus 2,2 %, Inländer plus 4, Ausländer minus 4. Bei Deviseneinnahmen
von 8,1 % und Devisenausgänge plus von 21,1 %. Ausser der Aktion
Bergerlebnis sollten wir wie ich mir bei dem Pressefrühstück
überlegte, den Ausflugstourismus wesentlich mehr unser Augenmerk
zuwenden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Neben Bergerlebnis auch ein Konzept Ausflugs-
tourismus vorlegen lassen.
Die ERP-Kommission hat jetzt endgültig die Aufteilung für Fremden-
verkehr durchgeführt und 687 Mill. S im heurigen Wirtschaftsjahr
ausgegeben. Im Vorjahr waren es 970 Mill., für Anfang nächstes Jahr
werde ich, wie ich ankündigte bemühen, wieder zusätzliche Mittel
durch ein BÜG versuchen zu bekommen. Zolles berichtet über die
Österreich-Information, wo angeblich 130 Personen 50 schriftliche
und 30 telefonische Auskünfte pro Tag verlangt werden. Ing. Mayer
vom Wifi stellte die Broschüre Spiel und Sport für Fremdenverkehr
vor. Einige belanglose Fragen der Journalisten brachten keine neuen
Gesichtspunkte.
Im Gespräch mit den Landeshauptleuten wegen der weiteren Vorgangs-
weise zum Energiesparen herrschte Einverständnis. Landesamtsdirektor
Kathrein von Tirol, scheinbar der starke Mann des Westens und auch
Sprecher der anderen, hat in der Diskussion nur gemeint, es müsste
nicht für Energiefragen und insbesondere Energiesparen der Art. 15a,
Staatsverträge zwischen Bund und Ländern, herangezogen werden. Die
Sache ist ihm doch zu gering und man sollte einen anderen Weg ver-
suchen. Damit war ich sehr einverstanden, da ich es ja bereits in
meinem Referat erwähnt hatte.
Im Wiener Vorstand und Ausschuss berichtete Gratz über die Verhand-
lungen wegen des Spitalsfonds, über den zwischen den Ländern eine
Einigung nicht aber mit dem Bund erzielt werden konnte. Mir gegen-
über meinte Gratz, da hätte er jetzt die Länder auf einer Linie
und dann meint Kreisky, so lasse er das Bundesgeld nicht verteilen.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtet Kreisky dann,
dass 2,7 Mia. S zur Verfügung stehen, 1,6 Mia. sollten die Länder
verteilen, auch die 1,1 Mia. würden die Länder bekommen, aber hier
müsste der Spitalsfonds bestimmen, wie dies geschieht. Das Gesund-
heitsministerium müsste einen entsprechenden Einfluss haben und gegebe-
nenfalls dirimieren können.
Im Wiener Ausschuss wurde dann noch von Edlinger das Arbeitsprogramm
für die Wahl vorgestellt. Methodisch gilt es zuerst Erhebungen, Mei-
nungsumfragen usw. die bis jetzt gestartet wurden zusammenzufassen.
Dann sollen die Möglichkeiten der einzelnen Wünsche geprüft werden
und drittens natürlich die Finanzierung mit einem Finanzplan
abgesichert werden. Da es ein Programm der Wiener wird und die SPÖ
eine offene Partei ist, kann sich jeder daran beteiligen oder
sogar dem Bürgermeister schreiben. Mit Ärzten, Architekten, Managern
soll zentral aber auch bei Konferenzen und öffentlichen Veranstal-
tungen Programmdiskussionen in den Bezirken um Stimmen geworben
werden. Jänner, Feber steht die Sicherheit im Vordergrund, März
der U-Bahn-Bau, April die Kinder usw. Alles soll mit einem Erlebnis
z.B. Freifahrt auf der U-Bahn-Strecke verbunden sein.
Gratz hatte vor längerer Zeit im Wiener Vorstand berichtet, dass
erstmalig eine grössere Anzahl von Briefen an die Wiener Organisation
gerichtet wurden, wo Austrittsgründe dargelegt wurden. Scheinbar handelt
es sich dabei aber auch nicht um spontan geschriebene Briefe, sondern
um von Bezirken durchgeführte Interventionen bei den Austretenden.
Die Briefe hatte er Kreisky geschickt und gemeint, so wie im Wiener
Vorstand, Ursache sei das noch nicht verdaute Belastungsmassnahmen-
paket. Kreisky analysiert aber jeden Brief, sieht sich auch glaube
ich alle an, die an ihn geschrieben werden und erwiderte sofort,
dies stimmt nicht, nahm die Briefkopie und bewies. Einer war wegen
seines Mallorca-Hauses, den er selbstverständlich besonders beant-
worten wird, einer wegen Kernkraftwerk, einer wegen Wohnung, drei
wegen Belastungswellen. 22 hatten keine Angaben. Wie und wo Gratz
herausliest, wieso die sicherlich noch nicht verdauten Belastungs-
welle diesen Austritt begründete, ist mir ein Rätsel, einmal mehr wurde
ich davon überzeugt, dass man Kreisky nicht etwas in die Schuhe
schieben darf und schon gar nicht, ihm ein Material gibt, ohne
dass er es sich nicht ansieht. Blecha berichtete andererseits,
dass es jetzt zu 200 Beitritten zur SPÖ gekommen ist, aus Beitritts-
anmeldungen, die Mitteilungen über das Massnahmenpaket beinhaltet
haben. Der Betreffende hätte also, so glaubt Blecha, im vollen
Bewusstsein der Belastungen sich trotzdem entschlossen, der SPÖ
beizutreten. Eine Diskussion ergab sich, ob die Meinungs-
umfrage vom Kurier, die nächste Woche wieder veröffentlicht werden
soll und wo die SPÖ gleich gut wie bisher abschneidet, richtig ist.
Blecha behauptet, dass die IMAS gar keine Umfrage getätigt hat,
sondern nur Ergebnisse fortschreibt. Sie kommt zwar zu 49,6 % SPÖ
Anteil, was auch nach seinen Erhebungen stimmt. Im September hatten wir
ein Tief. Vor den Burgenland-Wahlen, jetzt steht es wieder 45 SPÖ zu
39 VP, bei 11 bis 12 unentschiedenen. Imas-Studie dürfte schon hochge-
rechnet sein und Blecha ist deshalb nicht in der Lage die Seriosität
dieser Erhebung zu prüfen.
Boock und insbesondere jetzt der neue Menschenraub zeigt Ansätze zum
Terrorismus. Einzelne Intellektuelle wie Hrdlicka beginnen
jetzt als Sympathisanten zu wirken. Der Bildhauer hat jetzt überall
einen gelben Sympathisanten-Stern ausgesendet. Im Forum sind einige
tätig und Kreisky warnt deshalb und meint, der linke Rand der SPÖ
müsste reingehalten werden. Keplinger und Gratt seien nicht auf
Grund der österreichischen Leistungen von Sicherheitsorganen ver-
haftet worden, sondern ausschliesslich durch Zufall in der Schweiz.
Terroristen sollen und wollen Menschenraub nicht als ihre Aktion
deklarieren. Da brauchen sie nur das Geld und womöglich keine
Publicity. Vein Beirut kommt jetzt die Argumentation, dass Kreisky
Zionistenfreund ist, in Österreich wird dies gleich antisemitisch
umgewandelt und man spricht nur mehr von Judenschützer. Die mutige
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Tat Sadats mit seinem Besuch in Jerusalem ist vielleicht sogar
eine wagemutige Politik. Sadat hat nämlich den Israelis klar und
deutlich gesagt, er kommt nicht, um Kompromisse auszuhandeln
sondern den Frieden anzubieten. Jetzt kann die israelische
Kriegspartei Sharon , Weizmann nicht mehr so leicht ihre Politik
eines Präventivkrieges betreiben. Die Friedensgruppe Dayan, Jadin
und ein Teil der Labour-Partei sind jetzt stärker geworden.
Sadat will mit dieser Friedensinitiative auch seine eigenen jungen
Offiziere beruhigen, die wegen der eingestellten Waffenlieferungen
aus der SU und der geringen aus den USA sehr beunruhigt sind.
Wenn es aber Friedensinitiativen und einen Frieden gibt, dann
braucht man nicht besonders stark zu rüsten. Kreisky glaubt,
dass die Israeli die Golan-Höhen zurückgeben werden, wenn Beob-
achter oben stationiert sind und auch für die Westbank entsprechende
Lösungen möglich sind. Als seinerzeit Nasser in Kairo die Jordan-
wasser-Ableitung gegen die Israelis beschloss, hat er mit ihm
darüber diskutiert. Damals wurde hingewiesen, dass die Amerikaner
jetzt alle Voraussetzungen treffen werden, dass Meerwasser in
Israel aufgearbeitet wird, das bedeutet Nuklear-Energie und damit
die Gefahr der Atombombenherstellung. Nasser meinte damals, die
Araber brauchen 6 Monate Zeit, um sich irgendetwas zu überdenken,
dass sie vorher aber schon beschlossen haben. Begin wird sich bemühen
Ceausescu von Rumänien als Vermittler zu gewinnen. Nur dieser,
meint Kreisky, sei auch als solcher Vermittler imstande, ein Ergeb-
nis zu bringen. Jede andere Person schaltet er von dieser Funktion
aus, ohne dass er es sagte, hat er sich hier selbst natürlich
mit eingeschlossen.
Auf Aufforderung Kreiskys musste Lanc wieder über die Palmers-
Affäre berichten. Einige Sätze, dass die Wahrnehmung Palmers,
dass ein Deutscher beteiligt ist, stimmen dürfte, die Organisation
aber bei Österreichern lag. Lanc ist ungeheuer zurückhaltend,
spricht noch langsamer als Kreisky und will nichts sagen. Anderer-
seits sagt er auch nichts gegen die Behauptung Kreiskys, dass die
österreichischen Sicherheitsorgane versagen.
Kreisky verweist auf die Angriffe, dass 30 Mill. S Repräsentations-
kosten aufgewendet werden und wird an Hand seiner Ziffer nachweisen,
dass überhaupt keine persönliche Verrechnung erfolgte, sondern die
Aufgliederung, die er vornimmt, klar und deutlich zeigt, dass er
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eben alle ausländischen und inländischen Organisationen damit
betreuen musste. U.a. erwähnt er auch die Sitzgarnitur, die
er für Sadat gekauft hat und meinte, dies hätte die Handels-
kammer übernehmen können. Ich erklärte sofort, dass ich dazu
bereit wäre, wenn ich entsprechende Vorschläge von ihm bekomme.
Nur nebenbei ohne dass er es kritisierte, sagte er, durch mein
System mit der Verrechnung der Handelskammer werde ich jetzt
sogar noch von den Zeitungen gelobt. Darauf lege ich keinen be-
sonderen Wert, war meine kurze und bündige Antwort.
Die Waldviertler Genossen beschweren sich, dass die Volkspartei
nur ihre Leute in Lagerhäuser, Strassenverwaltung usw. unterbringt
und unsere Ministerien nichts vorkehren, damit bei Post, Bahn usw.
unsere Leute unterkommen. Dies wurde von dem dafür in Frage
kommenden Ministern bestritten.
Androsch meinte, dass Plasser & Theurer in Polen jetzt ein grosses
Geschäft machen könnte, wenn 20 % davon in Erztransportwagen 200 Stk.
übernommen werden könnten. Kreisky fragte, was die österr. Produk-
tionsfirmen dazu sagen, die, wie ich weiss, dies entschieden ab-
lehnen. Kreisky wird eine diesbezügliche Sitzung einberufen.
Nach der Ministerratssitzung habe ich dann mit Löschnak
und Kreisky wegen der Berufung Degischers in den Verwaltungsgerichts-
hof gesprochen. Die Tante Degischers, die Schauspielerin Vilma-
Degischer, hat bei Kreisky ebenfalls interveniert. Kreisky sagt,
er kann nicht davon abgeben, dass Weiss, ein Verfassungsrechtler , jetzt
endlich in den Verwaltungsgerichtshof kommt, weil dort Verwaltungsju-
risten dringendst notwendig sind. Die Tante Degischer dürfte ihm
gesagt haben, dass er im Handelsministerium wenigstens dann eine
Abteilung möchte. Kreisky ersuchte mich nämlich, ihm eine solche
Abteilung zu geben. Ich habe Löschnak darauf aufmerksam gemacht,
es kommt dafür höchstens die wirtschaftliche Landesverteidigung
in Frage. Hier ist zwar eine Ausschreibung erfolgt, an der er
sich nicht beteiligt hat, da er damit rechnet, in den Verwaltungs-
gerichtshof zu kommen, doch bin ich gegebenenfalls bereit, wenn
sich eine Möglichkeit ergibt, eine solche Lösung zu akzeptieren.
Degischer ist wahrscheinlich von allen, die sich bis jetzt um diese
Abteilung beworben haben, der fähigste. Ich erklärte auch Laus-
ecker, der die ganze Zeit dabeistand, dass ich diesen Wunsch Kreiskys
festhalten werde. Lausecker meinte nur, hoffentlich nicht im offi-
ziellen Akt.
Daran habe ich nie gedacht. Dazu dient eben mein Tagebuch.
Tagesprogramm, 28.11.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)