Dienstag, 20. Dezember 1977
Ich informierte Dkfm. Stanek, Waagner-Biro, über die Beschwerde
von Minister Beil wegen der Kooperation in Kreta. Stanek schilderte
die Situation natürlich ganz anders. Für zweimal 25 MW wurde ein
Dampfkraftwerk 280 Mill. S angeboten. Ostdeutschland wollte auch
die Turbinen liefern, doch entsprachen sie nicht den Ausschrei-
bungsbedingungen. Stanek ist es gelungen, jetzt eine neue Aus-
schreibung zu erreichen, wo es in der Entscheidung der griechi-
schen Stellen liegt, ob eine Turbine aus der DDR oder aus West-
deutschland bezogen wird. Beide werden angeboten. Wie immer sich
die Griechen entscheiden, die DDR würde die ganze Elektrik machen.
Beil hat es mir gegenüber so dargestellt, als ob es ein Fehler
der Fa. Waagner-Biro gewesen wäre. dass es zu keinem Zuschlag gekom-
men ist. Stanek stellt es wieder genau gegenteilig dar.
Dkfm. Kreutler von Semperit ist sehr erfreut, von mir die Mög-
lichkeit der Lieferungen von Transportbändern auf Drittmärkten
mit der DDR für ihre Förderanlagen zu erfahren. Er wird sich sofort
mit Apfalter von der VÖEST ins Einvernehmen setzen, weil die
VÖEST hier mit der DDR wahrscheinlich die grössten Kooperations-
vorhaben machen wird. Die Beraterfirma Dr. Lobner hat ca. 200
Kunden betreut, die angeblich für Mittel- und Kleinkraftwerke
Investitionsmöglichkeiten und damit neue Stromproduzenten schaffen
wollen. 30 Betriebe seien bereits erhoben, 40 Betriebe seien in
Arbeit und 90 Betriebe könnten noch dafür gewonnen werden.
Insgesamt sollten 500.000 S bis 8,5 Mill. S Kredit gewährt werden,
in Summe würden es 350 Mill. S sein, wofür er Zinsenzuschüsse
bräuchte. Bis zu zwei Donaukraftwerken könnten damit Strom ge-
wonnen werden. Da es sich hier grösstenteils um Kleinbetriebe
handelt, konnte ich ihn sofort an die Bürges – Gewerbestruktur –
verweisen. Lobner hätte von Kreisky bereit die Information
bekommen, sich mit dem neuen Energiesparverein, Weiser, und
Kahane in Verbindung zu setzen, was er natürlich sofort gemacht
hat. Ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommen wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte verfolge dies, wie die Energiesektion
den Fall weiter behandelt.
Vor dem Ministerrat hat mir Pahr neuerdings gesagt, in Trinidad
sollte man den Ministerpräsidenten der Kreisky gut kennt und
schätzt in seinen Bemühungen unterstützen, die Erdölraffinerie
auszubauen, resp. eine Zementfabrik zu errichten. Pahr meint, wenn
der Erdölminister von mir eingeladen wird, würden die Geschäfte
besser gehen. So schreibt ihm zumindestens unser Botschafter,
der einmal dort auf Besuch gewesen ist. Selbst eine Delegation der
VÖEST, die dort ins Geschäft kommen will, hatte keinen Erfolg.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass recherchieren, ob wir namens einer
Firma diesen Ölminister einladen sollen, damit ein Geschäft, welches
verhandelt wird, vielleicht beschleunigt werden kann.
Im Ministerrat hat Kreisky zum Schluss Sekt.Chef Jiresch und
Fischer verabschiedet. Von beiden hat er sehr wenig gehalten und
dies sicherlich zu recht. Jiresch wurde von Klaus in das Bundes-
kanzleramt als Präsidialist berufen, Fischer wurde in den Bundes-
pressedienst transferiert, weil er als Pressechef in der Präsidial-
kanzlei auch nicht entsprochen hat. Zwei typische Fälle, wie eigent-
lich – der eine zwar ÖVP-ler, der andere SPÖ-ler – hinaufgeblobt
wurden.
Nach dem Ministerrat hat Kreisky, Androsch, Lausecker, Nussbaumer
und mir eröffnet, dass jetzt mit der algerischen Eisenbahn, resp.
algerischen Regierung konkrete Schritte unternommen werden sollen.
Die Entscheidung sei gefallen, die Schweden würden die Luftfahrt
und die Österreicher die Eisenbahn dort zu bauen haben. Franzosen
oder sonstige Grossmächte kämen nicht in Frage, weil man so
zumindestens Kreisky, von algerischer Seite Spionage und unerwünsch-
ten grossen Einfluss von dieser Seite befürchtet. Die Algerier
sind aber nicht gewillt, mit den österreichischen Firmen einzeln
zu verhandeln, sondern wünschen ein komplettes Programm von der
Planung bis zum Betrieb von den Schienen bis zum know how, wie man
eine Eisenbahnverwaltung führt. Die ÖBB hat zwar die entsprechenden
Dienste angeboten, doch wollte die VÖEST ausschliesslich die
Austroplan dafür einschalten. Dies geht Kreisky zu langsam und
vor allem ist nicht umfassend genug, um das Projekt voranzu-
treiben und den Algeriern zu zeigen, dass wir es sehr ernst nehmen
werden jetzt die entsprechenden Minister eingeladen. Dann sollte
auf Ministerebene eine Kontaktkommission entstehen, um dieses
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Milliardenprojekt weiterzutreiben. Von der Finanzierung wurde kein
Wort gesprochen, doch schwebt Kreisky vor, dass die ÖIAG eine
entsprechende Consulting-Firma oder zumindestens einen Consulting-
Mann beschäftigen sollte. Kreisky schwebt ein gewisser Ullmann vor,
der jetzt bei einer Firma in Genf beschäftigt ist und als Altösterreicher
wieder nach Österreich zurückkehren möchte. Auch hier ein typischer
Fall, dass Kreisky hofft, die ÖIAG wird als Holding gegenüber den
einzelnen Firmen in diesem Fall der Austroplan stärker in Erscheinung
treten. Meiner Meinung nach kann aber das Ganze nur funktionieren,
wenn die Firma nicht gezwungen sondern freiwillig mittun, die VÖEST also,
die bei Austroplan den grössten Einfluss hat, sich bereiterklärt mit
dieser ÖIAG-Holdingfirma dann zu kooperieren.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte recherchieren, was die ÖBB schon
an Vorarbeiten geleistet hat resp. wie sie sich diese vorstellt.
Die Sektionsleitersitzung ist jetzt schon wirklich ein institutionell
nur dem Ministeriengesetz entsprechende Einrichtung. Dadurch, dass
jetzt immer bereits die Sektionen den schriftlichen Bericht abliefern,
wird die Ergänzung dann nur mehr, wenn man so will, weitere Auffüllung
für den Tätigkeitsbericht an den Bundeskanzler. Fast würde ich sagen,
wie das Gesetz es befahl. Diskussion oder gar eine Aussprache über
die Politik des Handelsministeriums kommt dabei nicht zustande. Ich
hoffe, dass es uns dann mit der personellen und echten Sektionsleiter-
besprechung gelingt, dieses Diskussionsforum zu schaffen, was mit vor-
schwebt. Vielleicht könnte man sich dann überhaupt die jetzige Sektions-
leiterbesprechung ersparen, denn es müsste ja genügen, wenn Burian
dann sowieso im Ministerbüro verankert, eine Art Berichterstattung für
den Bundeskanzler auf schriftlichem Wege vorbereitet.
ANMERKUNG AN ALLE: Bitte bis zum nächsten Jahr diesbezügliche Über-
legungen anstellen.
Red. Benedikt vom Fernsehen wollte zuerst mit mir ein Interview machen
über die Ölpreise, nachdem er mich einige Male kontaktiert hat, meinte
er letztlich die Minister würden in Venezuela entsprechende Beschlüsse
jetzt fassen, wo er nur ganz knapp dann in die Sendung mit dem Ergebnis
hineinkommen wird. Ihm erschien wichtig, wie die österr. Preise bei
einer kleineren Ölpreiserhöhung von 5 % z.B. reagieren würden. Er
war vollkommen befriedigt, als er erfuhr, dass daraus keine Preiser-
höhung für die Letztverbraucher insbesondere auf dem Benzinsektor
in Österreich entstehen könnten.
Im Pressefoyer wurde ich diesmal, vielleicht weil das montägige
Pressefrühstück entfallen ist, auch gefragt. Die SK wollte von mir
wissen, was in der DDR herausgekommen ist und ich hatte Gelegenheit,
gleich über die 70 Mill. S Textil- und Schuhexporte für das nächste
Jahr zu berichten, über den 6-Mia.-S-Vertrag, der unter allen Umständen
vertraulich behandelt werden soll, habe ich natürlich kein Wort er-
wähnt. Die Redakteurin Sassadeg fragte mich dann, was ich mir eigentlich
unter der sozialdemokratischen Marktwirtschaft vorstelle, die ich im
Parlament erwähnt hatte. Jetzt komme ich allein mit dem Gag, "die Han-
delskammer verlangt bei den 125-Jahrfeiern in den an die Wand gemalten
Slogans 'soziale Marktwirtschaft und Demokratie sichert die Frei-
heit' und daraus aus Wortzusammenfügung ergab sich die sozialdemokra-
tische Marktwirtschaft" nicht mehr aus. Schön langsam werde ich mit
doch eine grössere theoretische und vor allem aus der Praxis abgeleitete
Theorie bilden müssen. Als erste Erklärung war Sassadeg mit den Auskünften
und der Konzeption, die ich ihr explizierte, zufrieden. Wenn sich aber
jetzt eine Diskussion wirklich daraus ergeben sollte, fürchte ich,
werde ich in kleinere Schwierigkeiten geraten, ob ich einen solchen
Ideologiestreit tatsächlich mit dem Wiener Schmäh allein führen kann
bezweifle ich selbst. Jetzt geht es mir so wie Kreisky, der auch aller-
dings hier bei praktischen Projekten Ankündigungen macht, die er
meistens auch noch nicht vollkommen durchgedacht, geschweige denn so
vorbereitet hat, dass dann Schlag um Schlag die Verwirklichung ein-
setzt. Hoffentlich komme ich aus diesem Dilemma genauso gut heraus,
wie dies bis jetzt zumindestens Kreisky immer grösstenteils geglückt
ist.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte liefer mir so schnell wie möglich mit einigen
Genossen eine entsprechende Diskussionsgrundlage in Form einer Punkta-
tion.
Auf der Landstrasse haben wir das Problem, dass eine kleine Gruppe
von JG-Aktivisten mit der Zeit aus der Jungen Generation sicherlich
herauswachsen und sich durch die Besonderheit dieser Organisation
schwer in ein Sektionsleben einfügen können oder wollen. Andererseits
behaupten sie, weiterhin gerne aktiv mitarbeiten zu wollen, Ich weiss
nicht, ob es uns gelungen ist, mit der JG-Organisation die Entstehung
einer JUSO-Bewegung wie sie in Deutschland so verheerend wirkte,
zu verhindern. Ein wenig hat sie sicher dazu beigetragen, dass diese
Entwicklung nicht gekommen ist. Jetzt ist aber das grosse Problem,
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dies nicht erst seit heute, sondern seitdem die JG schon
gegründet wurde, wie kann man dann die älteren Mitglieder
dieser Organisation wieder in die Partei zur Mitarbeit bringen.
Die Aussprache, die ich auf der einen Seite mit Mitgliedern
der Jungen Generation führe, dann aber wie z.B. heute abends
bei unserer Sektionsleitersitzung mit den wirklich in der Partei
brav arbeitenden Sektionsleitern, zeigt fast unüberwindliche
Schwierigkeiten. Dies liegt aber, Gott sei Dank, wie ich fest-
stellen kann, immer nur an einzelnen Mitgliedern der JG, von
denen gesagt wird, sie hätten nur eine einzige Absicht, diese
JG als Sprungbrett ihrer politischen Karriere zu betrachten
und seien gar nicht bereit, wirklich innerhalb der Partei
mitzuarbeiten. Sicherlich nicht davon bin ich überzeugt, auf
Sektionsarbeitstätigkeit.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Wie siehst Du als ehemaliger JG-ler dieses
Problem?
Bei der Eröffnung des Restaurants in Leherbs Stadtpalais traf
ich neben vielen anderen Komm.Rat Klein, Almdudler, und Abg.
Wiesinger, Gesundheitssprecher , an einem Tisch. Klein schloss
mich sofort an wegen des Verbotes von Einwegflaschen und wir
diskutierten stundenlang. Wiesinger gab mir recht, es muss etwas
gegen diese Flut von Einwegflaschen geschehen. Klein versuchte
ihn zu überzeugen, dass die ÖVP heute auf der absoluten Ablehnung
dieser Idee von mir eingeschworen ist. Die Handelskammer soll
angeblich sich eindeutig gegen den Gesetzentwurf aussprechen.
Wir werden deshalb noch eine lange und schwierige Periode
haben, bis es zu einem einvernehmlichen Beschluss darüber kommen
wird, den ich unter allen Umständen anstrebe. Meine Frau erzählte
mir am Abend bei der Nachhausefahrt, dass eine ihr Unbekannte, als
sie hörte, dass auch ich irgendwann einmal kommen werde, meinte,
der Staribacher ist auch überall, wo es etwas zum Essen und zum
Trinken gibt. Zum Glück hatte ich, ohne dass ich es wusste, alles
abgelehnt und nur einen Juice getrunken. Die wird sehr erstaunt
sein oder ich hoffe es zumindestens, dass ihre Aussage bei mir absolut
nicht zutrifft, wie auch angeblich einige andere sofort darauf hinge-
wiesen haben, dass Staribacher überhaupt nur alkoholfrei auch
solche Abende verbringt. Ö3 machte dann mit mir noch ein Interview,
wo der Reporter unbedingt von mir wissen will, wie sich ein Politiker
durch die vielen Einladungen und Essen durchschlägt. Drauf konnte
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ich ihm sehr leicht antworten. Da dieses Interview sehr lebhaft
und wie ich glaube mit Wiener Schmäh geführt wurde, war der Reporter
zumindestens sehr zufrieden. Was gesendet wird, weiss ich nicht, was
letzten Endes Adabei, der selbstverständlich a dabei war, schreiben
wird, auch nicht. Wäre nicht Leherb, der sich um die Fremdenverkehrs-
werbung sehr verdient gemacht hat, der Einlader gewesen, niemals
wäre ich dorthin gegangen. Niemand wird schreiben, dass ich bei
dieser Gelegenheit gleich von der ÖVP-Taktik bezüglich der Einweg-
flaschen ungeheuer viel erfahren habe. Dies aber war auch das einzig
Positive des ganzen Abends.
Tagesprogramm, 20.12.1977
Tagesordnung 100. Ministerratssitzung, 20.12.1977
39_1478_03Information K. Mock für BM betr. Ziviltechnikergesetz, 19.12.1977