Montag, 23. Jänner 1978
Mussil war krank, weshalb der Jour-fixe nur mit Sallinger
stattfand und daher sich nur über grundsätzliche Frage er-
streckte. Der Riss innerhalb der Volkspartei wegen der Be-
stellung Mock's zum geschäftsführenden Obmann ist viel tiefer,
als es nach aussen scheint. Taus hat dieses Personalproblem
denkbar schlecht gelöst. Natürlich versuchte ich sofort, diese
Differenz zu nützen, um die Kernkraftfrage – geschlossene Abstim-
mung der ÖVP, die Taus wünscht – zu durchbrechen. Die Handels-
kammer hat seit eh und je erklärt, dass sie für die Inbetrieb-
nahme des Kernkraftwerkes ist, wenn die Sicherheitsbedingungen
erfüllt sind. Diese These dürfte sich auch Lanner ??
zu eigen machen, vielleicht gelingt es auf diese Art, wenn
Sicherheitsbedingungen erfüllt sind, soll Kernkraftwerk in Be-
trieb gehen, durch Entschliessung des Nationalrates mehrheitlich
zu einer Lösung zu kommen. Klubobmann Fischer hat mir nach der
Regierungsbesprechung mitgeteilt, dass wir über dieses Problem
nächste Woche konkret festlegen sollen, wie eine solche Formulierung
des Nationalrates ausschauen könnte. Fischer ist fest davon über-
zeugt, dass Abg. König auch hier wie einige Male schon ein falsches
Spiel betreibt, wenn er sich als kooperierender Verhandler anbietet.
Selbst wenn Fischer recht hat, was ich gar nicht bezweifeln möchte,
obwohl Heindl anderer Meinung ist, muss man jede Gelegenheit nützen,
um mit jeden kleinsten Teil der ÖVP vielleicht doch zu einer prak-
tikablen Lösung zu kommen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte entsprechende Vorschläge vorbereiten.
Der Wunsch Dr. Zolles, ÖFVW, Senator Burda zu seinem 75. Geburts-
tag den Komm.Rat Titel zu verleihen, da er sich um den österr.
Fremdenverkehr sehr verdient gemacht hat, wird von Sallinger auf
meine Empfehlung geprüft.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Zolles soll detaillierte Unterlagen liefern.
Beim Journalistenfrühstück hat Burian, da SChef Jagoda und MR Marsch
keine Zeit hatten, ohne dass jemand beleidigt sein konnte, die
Möglichkeit, über die Klein- und Mittelbetriebeaktivitäten im Presse-
frühstück zu berichten. Dies war für Burian in diesem Forum ein
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guter Einstieg als neuer Mitarbeiter im Sekretariat. Als
zweites wichtiges Thema hat von Oswald als Vorsitzender
Schuhindustrie das neue Konzept präsentiert. Solange ich
noch anwesend war, interessierte die Journalisten nur das
Verbot der Einwegflaschen. Ich weiss nicht, zum wievielten
Mal. Eigentlich hatte ich erwartet, dass über die Brennstäbe
und deren Auseinandersetzung mit der ÖVP Fragen kommen,
umso mehr als wir die ganze Korona für Donnerstag wieder
zu einer Pressekonferenz und Besichtigung nach Zwentendorf
einluden. Vielleicht wird es dort eine grössere Diskussion
geben, da bei dieser Gelegenheit von uns beabsichtigt ist, die
Gutachter Trimmel, Meteorologe, Gattinger, Geologe und unser
seinerzeitiger Chefgeologe Holzer, derzeit Montanistische
Hochschule Leoben, zu ersuchen, gegen die Behauptung des
Wiener Geologen, dass Zwentendorf so erdbebengefährdet ist,
Stellung zu nehmen. Vor der Regierungsbesprechung habe ich mit
Leodolter, die ich auch zu der Pressekonferenz einlud, die aber
nur ihren Sekt.Rat Vychytil schicken wird, die Zustimmung für ihre
Gutachter an der Pressekonferenz teilzunehmen, vereinbart. Ebenso
besprach ich mit dem dafür zuständigen Minister die Beantwortung
der schriftlichen Anfrage von König vom 7.12. durch mein Ministerium,
obwohl einwandfrei andere Minister dafür zuständig sind.
Leodolter teilte mir mit, dass jetzt der Gesundheitssprecher der
ÖVP, Wiesinger, als neue Zielrichtung verlangt, es sollten alle
Agenden des Kernkraftwerkes und Genehmigungsverfahren bei Leodolter
konzentriert werden. Damit will man eine eindeutig einzige Stelle
für die Angriffe der ÖVP schaffen.
Kreisky hat nach sehr langer Zeit wieder einmal das wirtschaftl.
Ministerkomitee einberufen an der neben Androsch, Haiden, Weißenberg,
Lausecker, Moser, Nussbaumer auch Benya, Sekanina, Dallinger, Hofstetter und Czettel daran teilnahmen. Kreisky schlug vor, dass wir
uns viermal im Jahr an einem Montag treffen sollten. Einleitend
meinte er, Koren müsste jetzt als Präsident der Nationalbank nicht
in einsamer Höhe gelassen werden, sondern in die Regierungspolitik
eingebunden werden. Präs. Kloss war ein unbedeutender, Schmitz ein
dummer, Koren aber sicherlich ein so tüchtiger Präsident, wie dies
Kamitz seinerzeit gewesen ist. Kreisky kam dann aber in Wirklich-
keit auf den Grund der Einberufung zu sprechen – dass nämlich
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die Verstaatlichte Industrie unter dem Hartwährungskurs leidet.
Vereinigte Edelstahlwerke wäre schon geholfen, wenn der Schilling
nur um 2–3% schwächer wird, wobei Kreisky keine Abwertung befür-
wortet. Nur mit floaten sollte man dies erreichen. Androsch meinte
dazu, dies wäre aber dann doch eine Abwertung, die er unter allen
Umständen ablehnt. Die Österr. Nationalbank wollte bereits im
Sommer eine neue Zielzone festlegen, was Androsch aber ablehnte,
weil er meinte, man soll sich nicht neue eigene Barrieren aufrichten.
Die Vereinigten Edelstahlwerke brauchen nicht 2–3%, sondern 15%
auf Grund der statischen Situation und wenn man das Wechselkursproblem
dynamisch betrachtet, so müsste, selbst wenn eine so grosse
Abwertung erfolgen würde, in 15 Monaten man wahrscheinlich zu neuen
Massnahmen greifen. Der Fremdenverkehr z.B. würde bei einer 10%igen
Abwertung ca 6.5 Mia Schilling Mehreinnahmen haben, dies ist aber
derselbe Betrag, der aufgewendet werden müsste für die höheren Energie-
kosten und PKW- und Ersatzteileinfuhren. Nicht einmal gedeckt
wären damit die erhöhten Lebensmittelpreiseinfuhren. Gesunde Unter-
nehmer wie z.B. Philips haben abgelehnt abzuwerten, obwohl sie
80% ihrer Produktion exportieren. Gesunden Betrieben wird damit
nicht geholfen und die kranken Betriebe mit zu geringeren Prozent-
sätzen ebenfalls nicht. Seiner Meinung nach werden gesunde nur
kränker und die kranken doch nicht gesund. Kreisky meinte, dass 1%
Kostenersparnis jetzt durch die Zinsensenkung bei den Unternehmungen
erreicht werden soll. Dasselbe Argument müsste jetzt gelten bei
1% Valutagewinn. In Schweden hat jetzt die Abwertung dazu geführt,
dass die Auftragssteigerung aus USA bei Auto und Lokomotiven
stärker wurde und selbst die Werften besser beschäftigt sind.
Terms of trade hat sich dort jetzt endgültig gewendet. Die österr.
Zahlungsbilanz wird sich nur jetzt vielleicht in den ersten
Monaten durch den Fremdenverkehr ein bisschen verbessern. Die Kauf-
kraft Österreichs und die starke Valuta wird aber zu weiteren
Importüberschüssen führen. Da jetzt die Grosshandelspreise fallen,
müsste man homöopathisch durch vorsichtige Art und floaten wie
in der Vergangenheit gegenüber dem Schweizer Franken gegenüber
der DM jetzt vorgehen. Androsch bezeichnet dies neuerdings als
Abwertung, was Kreisky sehr verärgert. Benya stellte fest, dass
jetzt bereits Gruppen einen Reallohnverlust durch die Erhöhung der
Sozialversicherungsbeiträge erleiden, insbesondere die wo längere
Zeit schon keine Lohnbewegung abgeschlossen wurde. Er kann sich
daher nicht vorstellen, dass jetzt weitere Preissteigerungen durch
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Importverteuerungen eintreten sollen. Koren dürfte nicht als
Retter sich in der Nationalbank etablieren, sondern man müsste
trachten, dass 1–2 Mia die Österr. Nationalbank jetzt in die
Wirtschaft hineinpumpt, um die Beschäftigung zu halten. Interessant,
meinte Benya, wäre die Ergebnisse der ersten Monate des neuen
Jahres abzuwarten resp. zu prognostizieren. Da Kreisky immer wieder
betonte, man müsse dieses Problem freimütigst diskutieren und sicher-
lich auch erwartete, dass sich andere dann beteiligten, stellte
ich fest, dass die Ziffern zwar einen Rückgang der Grosshandels-
preise zeigen, dies aber nur gegenüber der Zuwachsrate von 4%
im Vorjahr auf ca 1.5% im jetzigen Zeitraum erwarten lassen. Von
einem absoluten Rückgang kann deshalb keine Rede sein. Obwohl
ich in meiner Grundhaltung ein Inflationist war und bin, muss ich
Androsch recht geben, dass 1–2% keine Lösung ziffernmässig dar-
stellt, ausser vielleicht eine gewisse Trendumkehr signalisieren.
Androsch brachte dann auch noch das Argument, dass bei 120 Mio
Schilling Auslandsverschuldung des Bundes eine 5%ige Abwertung
6 Mia Schilling Mehrleistung des Haushaltsbudgets bedeuten würde
und dieser Betrag zur Deficit-Spending-Arbeitsmarktsicherungspolitik
fehlen würde. Kreisky meinte, niemand denkt auf ein solches Ausmass,
sondern wenn in 3/4 Jahren ca 1.5 % der Schilling sich von der DM
lösen könnte, wäre er schon zufrieden. Letzten Endes wurde festge-
halten, dass administrativ, wenn die DM tatsächlich eine weitere
Aufwertung infolge ihrer hohen Handels- und Ballungsbilanzüberschüsse
durchführen sollte, Österreich nicht mitmachen wird. Dies war
allerdings, wie Androsch immer wieder betonte, sowieso nicht be-
absichtigt.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte sofort mit Kienzl einen Termin
vereinbaren.
Bei der Festsitzung 50 Jahre IBM und Überreichung des Staats-
wappens sprach ich als einziger neben dem Generaldirektor und
dem Betriebsrat vor einer illustren Gesellschaft. Der Bundes-
präsident, der Präsident des Nationalrates, Kardinal, Vizekanzler,
Wissenschaftsminister und einem vollen Konzerthaus. Einmal mehr
bewährte sich der Wiener Schmäh. IBM mit 2.7 Mia Schilling Umsatz
und 500 Mio Schilling Gewinn, wie der Generaldirektor stolz ver-
kündete, veranlasste mich den Präsidenten des amerikanischen
Aufsichtsrates zu fordern, nach Österreich endlich einen
Produktionsbetrieb zu geben, was natürlich die helle Begeisterung
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aller Anwesenden auslöste. Überraschend war für mich nur der
Applaus, als ich verkündigte, dass zeitgerecht die Genehmigung
zur Führung des Staatswappens doch noch zustande kam. Ich wies
darauf hin, dass man scheinbar in der Belegschaft weiss, welche
Schwierigkeiten überwunden werden mussten. Da ich der einzige
Redner war, konnte ich nicht gegen die Handelskammer polemisieren.
Sallinger meinte dem Generaldirektor nur nachher gegenüber, eine
eigene Präsidialsitzung musste deshalb einberufen werden. Wohlweis-
lich hat er verschwiegen, dass die Wiener Handelskammer – so sagte
man mir zumindestens – das Ansuchen ablehnen wollte, weil IBM
an der Protestaktion der Wiener Handelskammer gegen die Regierungs-
politik in Oberlass nicht teilgenommen hat. Das interessanteste aber
war die musikalische Umrahmung durch ein Schülerkonzert der Hoch-
schule für Musik mit 3 ganz jungen Solisten. Die 15-jährige Geigerin
war wirklich phantastisch.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte erkundige Dich, was das Orchester und die
Solisten IBM gekostet haben, damit ich gelegentlich Propaganda mache.
Einkaufsvorstand Münzer vom Volkswagenwerk und der österr. Vertreter
von VW, Matousek, berichteten uns über die bisherigen Ergebnisse.
76 waren 28 Mio DM, 77 werden es 40 Mio sein und für 78 ist im Plan
zumindestens 60 Mio, wahrscheinlich werden es 80. In absehbarer
Zukunft müsste es möglich sein, 150–160 Mio pro Jahr zu beziehen
und 200 Mio, meinte Münzer, seien nicht ausgeschlossen. 160 Mio wären
ca 1/3 des Wertes, welcher VW heute in Österreich verkauft. Für
100 Mio DM wurden 200 Anfragen an österr. Firmen gerichtet. 22%
haben sofort abgesagt, 36% waren die Preise zu tief, Von 16% ist
das Anbot noch ausstehend. 19% können Aufträge bekommen und die
Preise seien bei 17% sofort in Ordnung gewesen. Mit der VÖEST wurde
vereinbart, statt 1.500, 2.000 To kaltgewalztes Breitbandblech.
Hier gibt es grosse Schwierigkeiten mit Davignon, EG-Kommission
in Brüssel. Münzer sieht für die VOEST aber bei Guss, Rohren, Schmiede-
teilen und vor allem auch bei Edelstahl weitere Möglichkeiten. Da-
rüber hinaus glaubt er auf Drittmärkten wie Nigerien mit der VOEST
zusammenarbeiten zu können. Aluminiumaufbauten, Kupplungsaufbe-
reitung wären weitere grosse Kooperationsmöglichkeiten. Mit der
Batteriefabrik Jungfer wird jetzt ein joint venture gemacht.
250.000 Batteriekästen aus Polyäthylen know how von der deutschen
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kleinen Batteriefirma Hoppecke, Hr. Zoellner, wird vereinbart.
Porsche Salzburg steigt in dieses joint venture ein. Ein zweiter
Vertrag wird mit der Kunststoffirma Eder in Wien, Robustplastik,
derzeit 33.000 Jato vereinbart. Da Münzer, wenn er längere Verträge
als nur 5 Jahre nur abschliesst, den Aufsichtsrat befassen müsste,
werden nur Verträge bis 5 Jahre Laufzeit abgeschlossen werden,
obwohl überall Prolongationsklauseln aufgenommen werden. Wenn
man mit VW einen Kontrakt hat, dann kann man sicher sein, dass
dieser viel länger dauert. Ich bestätigte Münzer, dass unsere
Herren zugeben, dass die jetzigen Verhandlungen sehr positiv ge-
führt werden, was auch Handelsdelegierter Daurer bestätigte,
dass aber die Zukunft in Teilfertigungen liegen müsste, was Münzer
auch zusagte.
ANMERKUNG FÜR PLESCH und WANKE: Bitte gelegentlich eine Zusammen-
stellung aller Aktivitäten auf PKW-Exportteillieferungen anfertigen
lassen.
Die Vorsprache der Papierindustrie bei Kreisky und Androsch, zu der
ich leider durch die Münzer-Besprechung zu spät kam, brachte für mich
das überraschende Ergebnis, wie mir der Vorsitzende Stepski dann
auch sagte, dass über den gewünschten Frachtausgleich zwischen
Finanzminister und Verkehrsminister verhandelt werden soll. Kreisky
berichtete dann allerdings in der Regierungsvorbesprechung, dass
es sich nur um das Problem des Holztransportes von der Strasse auf
die ÖBB handeln sollte. Bezüglich der Zinsenzuschuss-Investitions-
kredite wird zwischen Androsch und Nussbaumer versucht, im Rahmen
der 10 Mia Limits unterzukommen. Mit dem Sozialminister soll kurz-
fristig eine Überbrückung für das Arbeitsmarktproblem der Papier-
industrie gefunden werden, ohne dass die Sonderunterstützungsregelung
angewendet wird, d.h. die Leute frühzeitig in Pension geschickt werden
können. Die Papierindustrie ersuchte nur zum Schluss dann noch
Kreisky, bei dem Aufenthalt in der UdSSR ihre Exportwünsche dort
ebenfalls vorzutragen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass Dir von Steurer das Elaborat,
welches sie Kreisky übergeben haben, zusenden.
Mit Androsch, Nussbaumer, Haschek und Castellez besprachen wir die
Exportmöglichkeiten von Heid im Sudan, insbesondere das 1.2 Mia
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Projekt. Androsch meinte, dass die Türkei und Ägypten weiterhin
durch die Kontrollbank unterstützt werden sollten und vor allem
aber das Sudan-Projekt mit einem Zusatzplafond abgedeckt werden
soll. Das Finanzministerium übernimmt die Deckung für diese Vorgangs-
weise. Haschek meinte, dass Roll-over-Kredite und insbesondere das
risked sceduelt agreement eine weitere Ausdehnung für Sudan kaum
ermöglichen. Im Internationalen Währungsfonds hat Sudan eine
Minusreserve, rechnungsmässig ganz unmöglich. Castellez erwähnte,
daß der Obligostand 2.7 Mia Schilling ist. Andere Großstaaten
wie Frankreich hat nur 3.8, Großbritannien 3.4, Belgien 3.4 und
die Schweiz nur 2.4 Mia Schilling. Nur die derzeit laufenden
guten Geschäfte von Andritz-Pumpen müssten fortgesetzt werden.
Insgesamt hat die Österreichische Kontrollbank ein Finanzvolumen
von 1.3 Mia Dollar 1977 zur Verfügung gestellt, das auch 1978
ausgenützt werden wird. In der Türkei sei die VOEST mit 1,8 Mia
und Waagner-Biro mit 480 Mio ..... zusätzlichen Obligo. Zaire
und Kongo müssten heuer auch stärker berücksichtigt werden. Die
arabischen Fonds wären bereit zu finanzieren. Im Sudan allerdings
setzt dies eine Ausschreibung voraus und dann hat Heid keine Chance
mehr. Ich wurde dann noch auf meine Anfrage besonders informiert,
dass die international verhandelte Konsensuspolitik über Anzahlungen
Zinsen usw. für den österreichischen Export nicht akzeptabel ist.
Die Engländer bekommen von den Russen 20% Anzahlung. Wir haben dies
nie erreicht. Haschek möchte deshalb für die Oststaat-Exporte
Österreich eine Ausnahmegenehmigung erhandeln.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was wissen wir über diese Verhandlungen.
In der Ministerratsvorbesprechung berichtete Kreisky über die
Absicht von Wallnöfer's Tirol-Programm. Die einzelnen Ministerien
sollen sehen, was man hier erfüllen kann. Kreisky möchte Wallnöfer
natürlich weitesgehendst entgegenkommen.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mir den Vorschlag sofort vorlegen.
Kreisky wollte wissen, wie weit die österreichischen Fremdenverkehrs-
experten bereit sind, mit Ungarn zu kooperieren. Ich erklärte ihm so-
fort, dass ich wegen der Staatshandelsländer-Fremdenverkehrsaktivi-
täten überall angeschossen werde, zuletzt bei der Hoteliervereini-
gungs-Tagung in Zürs. Kreisky schlug vor, in diesem Fall sollte ich
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mich mit der Firma Steigenberger Consulting, einer Schweizer
Niederlassung in Wien, ins Einvernehmen setzen. Österreich kann
nur ein grosses Interesse haben, dass der Tourismus in die Weichwäh-
rungsländer, insbesondere in die Oststaaten kräftig wird, damit diese
dort von uns dann Waren kaufen können.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte stelle fest, wie die Firma Steigen-
berger – und mit wem sie zusammenarbeitet.
In der Ford Foundation, wie ich durch eine Einladung für policy
ressources-Veranstaltung erfahren konnte, herrscht zwischen dem
Leiter Schwödiauer und den jungen Team-Mitarbeitern ein gespanntes
Verhältnis. Kramer, Marianne Fischer, Eva Kreisky sind schein-
bar mit der Institutsleitung gar nicht einverstanden. Kreisky
ist auf Schwödiauer wegen seiner Beschäftigungsstatistikaussage
sehr verärgert.
ANMERKUNG FÜR BURIAN UND MARSCH: Was ist im Ford-Institut wirklich
los?
200 polnische Erzwaggons sollen jetzt doch hereinkommen, nachdem
Androsch und Lausecker mit Simmering-Graz-Pauker, Betriebsrats-
obmann Schwarz und Generaldirektor verhandelt haben. Jetzt ist
nur der ÖVP-Vorstandsmitglied Ziegler schwer dagegen und argu-
mentiert gegen diese Regierungsabsicht. Durch diese 200 Erzwaggon-
einfuhren könnte Plasser & Theurer weitere Exporte nach Polen tätigen
Über die Finanzierung der VOEST mit einem Investitionsvolumen
von 24 Mia Schilling berichtet Androsch, dass die 4 Mia, die
die VOEST dafür verlangt, unbegründet sind. Der cash flow für
die VOEST ergebe bei den Berechnungen nur 1.4 Mia und sei viel
zu tief. Zur Erfüllung der seinerzeitigen Zusage bei der Ver-
schmelzung wird Androsch jetzt 2 Etappen je 500 Mio Schilling
über ÖIAG-Finanzierung der VOEST zur Verfügung stellen. Kreisky
meinte, Gen.Dir. Geist sei dafür, hier einen Kreditrahmen zu er-
öffnen, Grünwald allerdings dagegen.
Der Rechnungshof wird nun in sein um 5mal teureres Gebäude als
geplant einziehen und dadurch die Annagasse frei. Androsch und
Gratz wollen revitalisieren und deshalb nicht wieder eine Beamten-
burg, sondern Wohnungen dort einrichten. Kreisky wehrte sich ganz
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entschieden dagegen, dass dort vielleicht Beamte einziehen.
Diese zahlen nichts und die Erhaltung kostet irrsinnig viel
Geld, siehe Schönbrunn. Firnberg wieder möchte, dass das
Denkmalamt dort ein Exil bekommt, da müsste allerdings der
oberste Stock als Zeichensaal adaptiert werden, was wieder
viel Geld kostet. Gratz meinte zur Revitalisierung Wiens,
insbesondere Innenstadt soll der Bund mit gutem Beispiel jetzt
einmal vorangehen, dann ist er imstande, die Creditanstalt und die
Kirche und andere Institutionen ebenfalls dazu gewinnen.
Haiden berichtete, dass er nicht beabsichtigt, 23.000 Tonnen
Mais für die Stärkeindustrie zu importieren, sondern ihnen
vom Inland 15.000 Tonnen zur Verfügung zu stellen. Da die
Stärkeindustrie nur Weltmarktpreise zahlen kann, wird der
Finanzminister, wie er dort auch erklärte, über das Handels-
ministerium 12–14 Mio Schilling zur Abstützung zur Verfügung
stellen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass genau die Stärkeförderung berechnen.
Androsch berichtete, dass der vorläufige Gebarungsabgang, der
sich nicht wesentlich mehr ändern kann, 41.9 Mia Schilling für 1977
beträgt. Budgetiert waren 44 Mia und Taus hat behauptet 55 Mia
werden es werden. Inlandswirksam ist sogar eine wesentliche
Verringerung zu verzeichnen. Geplant oder budgetiert waren 27.7,
tatsächlich sind es 22 Mia geworden. Gegenüber 1976, wo 26 Mia
inlandswirksames Defizit oder wie das jetzt besser und volkswirt-
schaftlich auch begründet heisst, Ausgabenüberschuss zu verzeichnen.
Mir unerklärlich, wäre im Jahre 1977 also eine restriktive Budget-
politik betrieben worden und trotzdem diese grosse Beschäftigung
aufrechterhalten worden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH, BURIAN, HIRSCH: Dies sollte man genauer analy-
sieren.
Tagesprogramm, 23.1.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)