Samstag 10. November 1979
Sicherlich die älteste Druckerei von Linz, Feichtinger, über 300
Jahre alt, hat mir einen traditionellen Empfang bereitet. Am Haupt-
platz von Linz spielten 3 mittelalterlich gekleidete Musikanten
und das erste Mal in meinem Leben wurde mir sogar ein roter Teppich
ausgerollt. Es war zu früh, so dass sich nur wenig Passanten einge-
funden haben. Die Druckerei selbst wurde von mir mit dem Staats-
preis für gute Werbung ausgezeichnet und der Geschäftsführer er-
suchte mich, ich sollte doch einmal vorüber kommen. Eine Offsetdrucker
mit einer 4-Farben- und mit einer 2-Farben-Roland, jetzt soll anstelle
der 2-Farben- eine 6-Farben-Roland kommen, hat durch gute Ideen und einen
sehr schönen Druck einen ungeheuren Aufstieg gemacht. Das alte
Haus gehört der Besitzerin, die traditionsgemäss zwar sehr moder-
nisiert aber alle ihre alte Drucke aufhebt und deshalb eine ganz
schöne Sammlung hat. Ich habe noch nie einen Familienbetrieb ge-
sehen mit so einer Verbindung zwischen Tradition und Fortschritt.
Der Geschäftsführer hat mit der Österreichischen Fremdenverkehrs-
werbung, Dr. Zolles auch Kontakt aufgenommen, um vom Verkaufserlös
alter Lithographien mit der neuen Finanzierungsidee für die Öster-
reichische Fremdenverkehrswerbung beizutragen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Darüber möchte ich mit Dir und Zolles sprechen.
Die Firma Carrera ist ein unheimlich expansives Unternehmen. In
meinen Redeunterlagen stand drinnen, dass es nur 21 Beschäftigte
gibt, was auch richtig ist. Das wichtigste aber ist, dass die
Firma Anger mit der grossen Produktionsstätte in Traun, gleich
vis-à-vis von Carrera, mit 1.200 Beschäftigten, einer Lohn- und Ge-
haltssumme von 250 Mio. Schillingen die grösste Fabrik von Carrera
international ist, war nicht vermerkt. Eine zweite besteht noch
in Kanada, wesentlich kleiner und in Jugoslawien wurde eine auf
Kooperationsbasis errichtet. Insgesamt sind es 4.500 Beschäftigte,
die natürlich nicht nur Skibrillen, sondern auch Sonnenbrillen er-
zeugen. Es gibt nur 50 Mio. Skifahrer, aber mindestens die 10-fache
Menge von Sonnenbrillenträgern. Die Politik der Firma ist, wie mir
Direktor Rosenauer erörterte und dann auch teils in der Pressekon-
ferenz mitteilte, ausschliesslich darauf gerichtet, Spezialerzeug-
nisse zu verkaufen. Da Porsche weltweit bekannt ist, hat Carrera
sich mit Porsche Lizenz zusammengetan und Sonnenbrillen zu erzeugen,
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die im Styling von Porsche sind und daher auch den Namen Porsche
tragen dürfen. Eine ähnliche Lösung wollte auch Kreisky mit seinem
Austro-Porsche und vielleicht wäre dies auch derselbe Hit gewesen,
wie die Brillenproduktion. Von 35 Mio. Schilling Umsatz im 75er-Jahr
dürfte es heuer 170 Mio. Schilling sein. Dir. Rosenauer meinte, die
Österreichische Fremdenverkehrswerbung sollte wesentlich mehr auf
österreichische Waren propagieren. Die Hauptaufgabe wäre es aber
vor allem zu verhindern, dass auf Österreichischen Fremdenver-
kehrswerbeplakaten ausländische Waren aufscheinen. Ich habe sofort
zugestanden, dass ich dies verzweifelt bemüht bin, zu erreichen.
Das letzte Winterplakat hat bei dem österreichischen Schneemann eine
ausländische Skimarke gezeigt. Der ARBÖ, der dieses Plakat über-
nommen hatte, war sogar bereit, eine ganze Auflage einzustampfen,
damit nicht dieser Fauxpas womöglich recht weit verbreitet wird.
Rosenauer hat, obwohl er 85 % seiner Produktion exportiert, nichts
gegen den harten Schilling, wie er beim Pressegespräch dann erörterte.
Er glaubt nur, dass eine wesentlich bessere Information der öster-
reichischen Firmen über Exportmöglichkeiten erfolgen müsste. Er
kann dies bei seinen Auslandsreisen immer wieder feststellen. Jetzt
fährt er wieder in die Golf-Staaten um Porsche Carrera Sonnenbrillen,
vielleicht auch sogar Skibrillen dort zu verkaufen. In Amerika gibt
es vergoldete, die umgerechnet 30.000 Schilling kosten. Mit der
Tabakregie hat er jetzt Verhandlungen aufgenommen, damit eine Gemein-
schaftswerbung Memphis-Brillen zustande kommt. Da die Tabakregie
nicht werben kann, teils gar nicht werben darf, soll endlich wie
Milde Sorte und Kaffee, Memphis und Sonnen- oder Skibrillen Carrera
Porsche eine neue Werbelinie starten.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mit Rosenauer resp. seinem Werbemann Pichler
sollte man Kontakt halten und für Österr. Fremdenverkehrswerbung
gewinnen.
Die Firma Internorm, in Oedt bei Traun, ist ein ganz neuer Betrieb.
Der Seniorchef Klinger, war ein kleiner Schlosser in Linz, seine
Frau war Hilfsarbeiterin, nur der Juniorchef ein sehr tüchtiger
Manager. Jetzt haben sie insgesamt in Traun und jetzt eine neue
Fabrik, wo sie die Plastikteile selbst erzeugen im Mühlviertel, für
260 Mio. Schilling investiert und machen über eine halbe Milliarde
Umsatz. Der Kunststoff-Fensteranteil ist von 10 % auf 30 % gestiegen
und wird nach Meinung der Firma weiter expandieren. Zu diesem Zweck
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haben sie in Gleisdorf, wo derzeit 50 Beschäftigte sind, mit
einer Nebenbemerkung ohne Unterstützung, dort auch die Produktion
aufgenommen und werden Mitte nächsten Jahres 150 beschäftigen.
Für den Wiener und NÖ Raum wurde in St. Andrä ein Teil des Haselbrunner -Geländes gekauft und dort auch soll Mitte des Jahres bereits
eine 150-Beschäftigten-Firma auf Internorm-Fenster arbeiten. Die
grösste Entscheidung, die aber der Besitzer jetzt getroffen hat –
und er kann dies nur – weil er allein letzten Endes entscheidet und
finanziell sehr gut dasteht, dass er in Hinkunft nur mehr 3-fach
verglaste Fenster liefern wird. Dadurch gibt es zwar eine optimale
Dichtung und Energieersparnis, die Fenster werden um 250 bis 300 Schil-
ling, d.s. 12 bis 15 % teurer. Dadurch wird der K-Wert von 2.7 auf
1.7 gesenkt und die Fugendichtigkeit A besonders erhöht. Eine grosse
Frage wird sein, ob seine 2.500 Händler und Genossenschaften, die
er jetzt beliefert mitgehen werden. Auf lange Sicht gesehen hat er
sicherlich recht mit dieser Politik, aber dass er sein gut einge-
führtes 2, also doppelt verglastes Fenster aufgibt, ist in meinen
Augen ein ungeheures Risiko.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte lass Dir weiter von der Firma berich-
ten.
Die Lebensmittelarbeiter-Jugend hat eine Vorstandsitzung im Haus
Lentia in Linz abgehalten. In dem Haus, welches von den Linzern
nur als langer Lulatsch bezeichnet wird, befinden sich einige sehr
repräsentative Geschosse, u.a. auch das übersiedelte Gurlitt-Museum
welches ich vor etlichen Monaten mit Bürgermeister Hillinger gemein-
sam eröffnete. Wenn man aber als normaler Besucher wie jetzt, ein
Klubzimmer suchte, kann man erst feststellen, was dieser Architekt
an Gängen und Stiegenhäusern, wo man sich wahrscheinlich überhaupt
nur sehr schwer orientieren kann, gebaut hat. Die aktivsten Kollegen
unserer Jugend, Jahn, von Linz, als Obmann, Franz, der Wiener und
insbesondere unser Jugendsekretär Riess wollten über die Demo-
kratiemöglichkeit, wie Jugendliche sich mehr in der Organisation
durchsetzen können und vor allem über die nächsten Aktivitäten
diskutieren. Leider hat sich ausser einem Vorarlberger Kollegen
niemand anderer sonst an der Diskussion beteiligt. Ich weiss daher
nicht wie die anderen Kolleginnen und Kollegen über dieses Problem
denken. Ihre Wortführer haben zugegeben – und darüber war ich sehr
erfreut – dass unser jetziges Wahlsystem innerhalb der Gewerkschaften
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doch auch für sie das einzig denkbare ist. Kritisiert wurde es
zwar, aber es konnte kein besserer Vorschlag gemacht werden.
Durch dieses System wird – wie ich zugeben muss – da ja nur die Be-
triebsräte direkt von den Beschäftigten gewählt werden, je weiter
hinauf wir kommen Minderheiten ausgeschaltet. Dies gilt natürlich
dann auch für kleine Gewerkschaften im Rahmen des grossen Öster-
reichischen Gewerkschaftsbundes. Auch diese werden immer weniger –
und können wahrscheinlich auch immer weniger – berücksichtigt.
Trotzdem weiss auch ich kein besseres System, im übrigen hängt
es aber in Wirklichkeit am meisten von den Personen ab, die es
handhaben. Sind es unverständliche Vertreter der grossen Gewerk-
schaften, dann kommt es zu grossen Reibereien und Unstimmigkeiten,
weil sich die Kleinen, aber auch die Minderheiten dann entsprechend
benachteiligt fühlen.
Beim Betriebsbesuch bei der Firma Knorr, bin ich nicht nur mit
den Direktoren Wilhelm und Betriebsdirektor geführt worden, sondern
auch mit dem Präsidenten der CEDC Europa, sowie dem ehemaligen
Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden der Knorr Ges.m.b.H.,
Österreich. Der internationale Konzern hat 45 Mia. Schilling Umsatz,
macht 2 Mia. Schillinge Gewinn, mit 42.000 Beschäftigten. 63.500
Aktionäre gibt es. Die österreichische Firma ist aber in der Quali-
tät führend und die neue Technologie, die Massekühlung mit Kohlen-
dioxid mit CO2 setzt sich jetzt schön langsam weltweit durch. Ein
österreichisches Patent, welches Knorr einen gewissen Qualitäts-
vorsprung gibt. Die Firma selbst hat 10 % Industriegeschäft, 20 %
Grossverbraucher, Kettering , beide Sparten sind im letzten Jahr
gestiegen. Die Markenartikel aber, die 70 % ihres Absatzes ausmachen
und die Detailgeschäfte beliefern, stagnieren. Der Umsatz betrug
653 Mio. Schillinge, die Firma steht bei österreichischen Lebens-
mittelbetrieben damit an zehnter Stelle. Unilever mit 5 Mia. an
der Spitze, Manner mit 972 Mio., Nestle und Jacobs noch vor ihr.
Ausserdem 5 Molkereien, die aber, wie Direktor Wilhelm mit Recht
mir erklärte, nicht berücksichtigt werden sollten und können.
Bei der grossen Feier für die Verleihung des Staatswappens und
gleichzeitige Auszeichnung von 4 Betriebsangehörigen, die 25
Jahre im Betrieb waren, hat die Firma Waterloo und Robinson enga-
giert mit einem Aufwand von 38.000 Schillingen und hunderten Kilogramm
von Übertragungsgeräten, Scheinwerfern usw. Der Welser Bürgermeister
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hat bei seiner Begrüssungsansprache kritisch vermerkt, dass jetzt
Knorr in der Republik mit k.u.k., also Kaisersuppen – wirbt. Als
hätte er mir ein Stichwort gegeben, habe ich sofort darauf erwidert,
dies schadet gar nicht, die Firma hat schon 1945 wesentlich zur
Traditionserhaltung beigetragen. Damals hat sie 8.200 Tonnen von
Lebensmittel ebenfalls ausgeliefert, eine Menge die heute auch
noch nicht höher ist, wovon ich aber sagen konnte – beides probiert,
kein Vergleich. Die grosse Leistung damals aber war, dass sie tatsäch-
lich die verlagerten Lipizzaner, mit nicht genusstauglichen Lebensmitteln
damals versorgten. Jetzt erst haben wir bei der ASTA mit den Sänger-
knaben und Lipizzanern den grössten Erfolg gehabt. Der Gag, in der
Jugend wollte ich Sängerknabe sein, im Mannesalter Lipizzanerhengst
und im Alter ein Hofrat, hat dann dazu übergeleitet, dass ich sagte,
der Bürgermeister soll sich wegen k.u.k. nicht aufregen, wir haben
ein Kaiserwetter, Kaiserfleisch, Kaisersemmeln, warum auch nicht
Kaisersuppen. Ausserdem ist dies eine Tradition k.u.k. in der
Vergangenheit, k.u.k. auch jetzt, nämlich von kaiserlich-König bis
Kirchschläger-Kreisky. Am meisten aber überrascht war ich als ich
nur angedeutet habe, dass für die Betriebsauszeichnungen auch für
die Belegschaft ein positives Ergebnis bringt. Wilhelm teilte dann
darauf mit, dass alle Betriebsangehörigen und die Pensionisten
dafür jetzt 1.000 Schilling bekommen. Der sehr tüchtige Betriebs-
ratsobmann für Arbeiter, der übrigens als Einziger bei allen Begrüs-
sungsansprachen schon begeistert akklamiert wurde als er zum Redner-
pult gegangen ist, ein alter erfahrener Funktionär, hat dann noch
etliche andere Wünsche angeschlossen und zum Schluss gemeint, ein
Goldtausender hätte es sein sollen. Sowohl der Präsident des Auf-
sichtsrates – ein Amerikaner, der allerdings jetzt sehr lange schon
in Deutschland arbeitet – als auch Direktor Wilhelm, haben ihm dies
nicht krumm genommen, sondern ganz im Gegenteil gesagt, er weiss
genau was er verlangen soll, vertritt die Wünsche der Arbeiter auch
entsprechend und hat sich nicht nur bei den Arbeitern Anerkennung,
sondern auch in der Direktion absolut durchgesetzt.
Tagesprogramm, 10.11.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)