Montag, der 21. April 1980

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Montag, 21. April 1980

Min.Rat Kurzel, Vorsitzender der Preiskommission, fragt mich,
wie es jetzt mit dem Benzinpreis weitergehen soll. Die Vorbe-
ratungen in der Energiesektion gehen sehr schleppend vor sich,
die Koordination innerhalb des Handelsministeriums in dieser Fra-
ge, so wie bei vielen anderen, funktioniert nicht oder höchstens
unzulänglich. Hier müßte es Aufgabe der Sektionschefs sein, die-
se Schwierigkeiten zu beseitigen. Ich hoffe, daß dies bei der
neuen Energiesektionsleitung dann der Fall sein wird. Kurzel
nimmt die von der Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund zugestan-
dene Super- und Normalbenzinpreiserhöhung von 50 Groschen und
von Ofenheizöl von 40 Groschen, die auch GD Bauer schon akzep-
tiert hat, jetzt aber die Handelskammer noch akzeptieren muß,
zur Kenntnis. Er wird sich bemühen, auf diesen Kompromiß eine
einvernehmliche Regelung zu erzielen.

Bezüglich der Durum-Weizen-Preiserhöhung um 40 Groschen, die die
Teigwarenindustrie mit 10 Groschen belasten würde, wird er eben-
falls versuchen, auf dieser Basis einen Kompromiß zu erzielen.
Seiner Auffassung nach akzeptiert die Teigwarenindustrie diese
Mehlpreiserhöhung.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Dkfm. Blaha verständigen, sollte er
nicht zustimmen können, dann soll er mich anrufen.

Min.Rat Gröger hat jetzt mit der Verbundgesellschaft seinen
Konsulentenvertrag abgeschlossen. Allen Ernstes wollte er, wie
mir mitgeteilt wird, die Entscheidung, ob er jetzt die Sektion
dann auch noch führen kann und soll, mir übertragen. Eine solche
Zumutung habe ich mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen.
Wenn er nicht selbst weiß, was er will, dann soll er die ganze
Sache sein lassen.

Interessanterweise wird bei Überreichungen von Auszeichnungen
und Berufstiteln an Beamte, die ich arbeitsmäßig kenne, viel


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weniger über deren Tätigkeit und Leistung bei der Überreichung
gesagt. Außerdem geschieht dies in einem verhältnismäßig sehr
kleinen Kreis, weshalb ich mir Aufwand und Mühe ersparen möchte.

Dir. Kobilka, DoKW, GD. Fremuth, Verbundgesellschaft, MR. Peyerl
und Dr. Zluwa sind übereinstimmend der Meinung, daß wir unter
allen Umständen die Verleihung des Europadiploms für die Wachau,
wenn schon nicht verhindern, dann unter allen Umständen hinaus-
zögern sollten. Die Idee von Prof. Wendelberger, die Wachaowe,
d.h. alles unterhalb Willendorfs für das Europadiplom einzurei-
chen, ist keine Lösung. Das Aktionskomitee unter Führung des
Bürgermeisters von Spitz, Hirtzberger, wendet sich jetzt immer
mehr von Wendelberger ab und hat sich an den emigrierten Öster-
reicher, jetzt in der Schweiz lehrenden Professor Grubinger ge-
wendet. Dieser sieht angeblich noch ein, daß eine Donaustufe
in der Wachau kommen muß, hat sich aber bezüglich der Lage und
der notwendigen raumplanerischen Maßnahmen noch nicht ausgespro-
chen. Auch er will sicherlich, so wie bisher schon die anderen
Professoren, entsprechende Aufträge und Bezahlung von Seiten der
DoKW. Kobilka ist dazu bereit, solange die Vorarbeiten für eine
Donaustufe damit gefördert werden oder zumindestens durch die
zukünftige Donaustufe begründet werden können. Grubinger meint,
das große Problem der Wachau besteht darin, daß die Hänge im
oberen Bereich heute vollkommen brach liegen und früher oder
später dadurch das ganze Gebiet ungeheuer Schaden leiden wird.
Eine Stufe bei Willendorf kommt deshalb kaum in Frage, weil auf
der einen Seite eine ungeheure Vertiefung der Donau von 2 bis
4 Meter erfolgen müßte, sodaß bis zu dieser Staustufe gerade
durch die Wachaowe bei Niedrigwasser dann ein trockenes Fluß-
bett von großer Tiefe entstehen würde. Außerdem würde bei dieser
Staulage die Leistung von Melk durch den kurzen Rückstau wesent-
lich gemindert werden. Wir einigten uns dann darauf, daß Kobilka
von LH Maurer als Präsident des Aufsichtsrates der DoKW eine
Aussprache und Sitzung verlangen wird, an der auch, wenn ich
eingeladen werde, der Handelsminister teilnehmen wird. Mit die-
sem Vorschlag ist LRat Grünzweig sehr einverstanden.



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ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Kobilka soll über die Aussprache
sofort berichten.

Ein ehemaliger Gardemusiker hat ein Stück "Komm nach Österreich"
komponiert, was er mir überreicht. Ich ersuche Haffner und ihn
dieses Problem mit der Österr. Fremdenverkehrswerbung Dr. Zolles
zu besprechen.

Im Journalistenfrühstück berichtet Meisl über Ungarn-Verhandlun-
gen. Es gäbe dazu überhaupt keine Diskussion wenn ich nicht dann
doch über die Samstag-Sonntag-Reise mit Außenhandelsminister
Veres berichte. Insbes. die Errichtung des Kohlekraftwerkes
im Burgenland als auch der Elektrizitätsverbund sind von eini-
gem Interesse.

Über das dann am Nachmittag auch mit dem vietnamesischen Botschaf-
ter zu unterzeichnenden Vertrag, der 5 Jahre alt ist, interes-
siert sich auch niemand. Der vietnamesische Handelsverkehr ist
auch so gering und bewegt sich im Millionenbereich, nur im ver-
gangenen Jahr gelang es für S 288 Mio. zu exportieren. Größere
Geschäfte können nur mit der Sowjetunion oder Jugoslawien, wie
jetzt beabsichtigt, abgewickelt werden. Der vietnamesische Bot-
schafter meinte Nachmittag, sie hätten Möglichkeiten, wesentliche
Agrarprodukte und Industriekleinteile zu liefern. Die Importe
gingen aber von S 11 Mio auf S 5 Mio zurück und ich glaube kaum,
daß wir aus diesem Land größere Importe werden tätigen können.

Das 3. Thema war ein Bericht von Hofrat Neuhold über die Stei-
gerung der Altmaterialsammlungen. Hier wurden ganz große Er-
folge erzielt. In Hinkunft will man sogar Papier ähnlich wie
bei Glas mit eigenen Containern sammeln. Neuhold hat sich bei
mir wegen der Erreichung des Hofratstitels herzlichst bedankt.

Saar-Demichel und Herr Popow berichten über die Verhandlungen
zur Lieferung der Mirage. Saar-Demichel, der genau weiß, daß
die französischen Flugzeuge teils veraltet, teils aber wesentlich
teurer kommen als jetzt die neu angebotenen amerikanischen, wird
sich bemühen, den Preis wesentlich noch zu reduzieren. Darüber


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hinaus behauptet er mir gegenüber, die Atommüllagerung in
Frankreich sei jetzt bereits für ihn erledigt. Er hätte diesbe-
zügliche bindende Zusagen. Dies glaube ich nicht ganz, die Tat-
sache allein, daß der Verwandte von Giscard d'Estaing, gleich-
zeitig General in der Waffenindustrie, jetzt tätig und Vorsitzen-
der des Aufsichtsrates der Cogema wird nicht genügen. Natürlich
können wir jetzt diese Angelegenheit noch streng vertraulich be-
handeln. Wenn aber die Diskussion darüber im Parlament wegen
Aufhebung des Atomsperrgesetzes geführt wird, muß ich dann einen
entsprechenden Vertrag vorlegen können. Saar-Demichel sieht dies
auch ein. Gleichzeitig verweist er aber auf die zusätzlichen
Kompensationsmöglichkeiten und vor allem auf die gemeinsamen
Waffengeschäfte der französischen Rüstungsindustrie und Steyr-
Daimler-Puch. Ich mache ihn auf die Intervention von GD.
Malzacher aufmerksam.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Malzacher verbinden.

In der Fraktion des Verteidigungsrates, wo Kreisky zu spät kommt,
berichtet Rösch über die beiden jetzt noch zur Diskussion ste-
henden Flugzeugtypen, Mirage oder F-16, S 5,3 Mrd. zu 3,8 Mrd.,
bei wesentlich höheren Betriebs- u. Erhaltungskosten der Mirage.
Nur durch die volle Kompensation und, wie Rösch sich vorsichtig
ausdrückt, außerhalb der Abschlüsse liegende Gründe könnte man
sich vielleicht dann für die Mirage entscheiden, wenn die Preise
allerdings noch wesentlich reduziert werden. Detailinformationen
werden dort auch nicht gegeben, ich verweise nur auf die bekann-
ten Kompensationswünsche Österreichs und deren Zugeständnisse
von der französischen Seite.

Beim Jubiläum der Bürges erfahre ich einiges aus der Geschichte
der Kreditaktion. Alle Festredner aber unterstreichen, dass
insbesondere in den letzten zehn Jahren diese meteorhafte
Aufstieg gelungen ist und die Verzehnfachung des Kreditvolumens
der deutlichste Ausdruck dafür ist. Ich bedanke mich ganz
kurz bei allen, insbesondere bei denen, die jetzt dort wirken,
da ja die gesamte Belegschaft zu diesem Essen eingeladen war.



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In der Verbundgesellschaft leite ich eine große Besprechung
mit allen Banken und Industrievertretern ein, die auf höchster
Ebene gekommen sind, um den Elektrizitätstransit zwischen
COMECON und Westen zu unterstützen und wahrscheinlich, so hoffe
ich, in absehbarer Zeit auch durchzuführen. Fremuth ist fest
davon überzeugt, daß es gelingen wird, diesen Verbund herzustel-
len und dadurch die Verbundplan als Planungsgesellschaft und Pro-
jektträger, ergänzt durch ein 3-gliedriges Komitee der Industrie,
sehr bald zu konkreten Verhandlungen und Ergebnissen zu kommen.
Die Sowjets zeigten sich, wie Fremuth auch in diesem Kreis er-
klärte, daran brennendst interessiert.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wie ist diese Verhandlung dann zu Ende
gegangen?

Der polnische Botschafter verabschiedet sich, nach 1 1/2 Jahren
schon, er geht in die Industrie zurück. Ein anderer Botschafter,
ebenfalls aus dem Industriebereich, soll kommen. Die nächste Ge-
mischte Kommission kann erst im September stattfinden, da die
Polen die ursprüngliche vorgesehenen Termine nicht halten können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Fälbl soll so schnell als möglich die
endgültigen Termine fixieren.

Der Ex-Minister Osman hat seinen Neffen und einen Professor
geschickt, um 1000 Stk. trächtige Kühe als Nutzrinder pro Monat
hier in Österreich zu kaufen und eben in Ägypten durch Bauern
weiter nützen zu lassen. Nicht mehr die auch von uns dort errich-
teten Farmen, sondern breit gestreute Bauernlieferungen sollen die
Fleischversorgung sichern. Osman hätte mit dem Präsidenten Sadat
wegen dieses Projektes eine entsprechende Aussprache gehabt und
dessen Unterstützung. Eine Fleisch-Mafia in Ägypten sorgt der-
zeit dafür, daß bei irrsinnig hohen Preisen die breite Masse
der Bevölkerung kaum ein Fleisch sich leisten kann. Die Land-
wirtschaft ist außerstande diese Lieferwünsche zu erfüllen. Nur
in den Monaten September, Oktober, November könnte nach dem Alm-
abtrieb eine größere Anzahl von 300 Stk. pro Monat geliefert


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werden. Ich schlage deshalb vor, daß man als kurzfristige Lö-
sung im Herbst in Aussicht nimmt, bis 1500 Stk. Rinder maximal
nach dem Almabtrieb, keinesfalls hochwertige Zuchtrinder, zu
liefern. Dadurch kann Haiden die Viehkommission umgehen, wo er
sich ansonsten große Schwierigkeiten erwartet.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte feststellen lassen, wieso es dort
Schwierigkeiten gäbe.

Die Ministerratsvorbesprechung ist kurz und vollkommen uninteres-
sant. Kreisky hat, ich kam wegen der Ägypten-Verhandlungen später,
zuerst ein paar Termine besprochen und dann hat Lanc nur mehr
über Aufnahme von 50 Kuba-Flüchtlingen berichtet. Der europäische
Auswandererkommissär und auch der peruanische Botschafter haben
sich an ihn gewendet. Kreisky meint, wir müßten unbedingt auch
hier, wenn auch ein kleines Kontingent zur Verfügung stellen,
damit Österreich seine Glaubwürdigkeit als Asylland nicht ver-
liert. Man kann und darf nicht Flüchtlinge nach Gesichtspunkten
oder politischen Lagern einteilen, sondern muß jedermann Asyl
gewähren. Dies war bei den Chile-Flüchtlingen, Vietnam-Flüchtlin-
gen, bei den Indern, die aus Uganda ausgewiesen wurden usw. der
Fall. Da die Vietnam-Flüchtlinge jetzt von den Pfarreien versorgt
werden, sind zwar die finanziellen Mittel für die bisherigen
Flüchtlinge ausreichend, für die zukünftigen Kuba-Flüchtlinge
muß aber das Finanzministerium entsprechende Mittel zur Verfü-
gung stellen.

Weißenberg berichtet über die Neugestaltung der S 30.–– pro
Monat Wohnungsbeihilfe, die jetzt in seinem Ministerium ausge-
arbeitet wird. Überschüsse aus der Wohnungsbeihilfe, die ja
aus dem Arbeitgeberanteil vorhanden sind, werden, so wie in den
vergangenen Jahren, den selbständigen Pensionsversicherungsan-
stalten überwiesen, wenn der im Parlament vorliegende Gesetzes-
antrag dafür, wie Klubobmann Fischer anfragt und dann feststellt,
auch beschlossen wird. Der Ministerrat ist genauso kurz wie die
Vorbesprechung. Immer dann, wenn es kritische Situationen inner-
halb der Regierung gibt, und die Tätigkeit von Consultatio-Mit-
arbeitern in anderen Gesellschaften stellt derzeit ein hoch-


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brisantes politisches Problem dar, so treten rein formell alle
anderen Probleme in den Hintergrund. Auf einen einfachen Nenner
gebracht, wenn große unangenehme Sachen entschieden werden
müssen, wird umso weniger in der Regierungsvorbesprechung oder
der Regierung nicht nur darüber nicht, sondern auch über andere
Probleme dann gesprochen.

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Tagesprogramm, 21.4.1980

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Tagesordnung 39. Ministerratssitzung, 21.4.1980

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hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)


Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Beamter HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD ÖMV


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Staatspräsident Ägypten


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Sozialminister
              GND ID: 118806904


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: AK


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Botaniker, Naturschützer


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: bulg.-österr. Exporteur, Vertr. Fa. Matra-Manurhin (Frkr.)


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: GD Steyr-Daimler-Puch


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 115563237


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Dir. DoKW


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: frz. Staatspräs.


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Beamter Energiesektion HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                      Tätigkeit: Unternehmer


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                                        Tätigkeit: Prof. ETH Zürich


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                                          Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                                            Tätigkeit: -obmann


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


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                                                Tätigkeit: Waffenhändler


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                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                    GND ID: 118566512


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                                                      Tätigkeit: Bildungs-LR bzw. LH-Stv., SPÖ


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                                                        Tätigkeit: MR HM


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                                                          Tätigkeit: ung. Außenhandelsminister


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                                                            Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                                              Tätigkeit: HM (Ministerienneuorganisation 1974)


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                                                                Tätigkeit: Bgm. Spitz, NÖ


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