Freitag, der 5. September 1980

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Freitag, 5. September 1980

GD Bauer ruft an, um eine Vorinformation über seine Verhandlungen
über den Gaspreis und den neuen Gasvertrag in der Sowjetunion zu geben.
Die Verhandlungen mit dem GD Baranovsky und dem Vizeaußenhandelsmi-
nister Ossipow müssen furchtbar gewesen sein. Angeblich kam es sogar
zur Schreiszenen. Die Sowjets wollen die neuen Verträge, aber auch die
laufenden Verträge wesentlich erhöhen und unbedingt an die Ölpreisstei-
gerung heranführen. Bauer meinte, da müsse man sich an die im Vertrag
vorgesehene Arbitrage nach Schweden wenden. Dies betrachten die Sowjets
als einen Bruch des Vertrages, was vollkommen falsch ist und meinen,
dann werden sie den Vertrag nicht erfüllen. Wenn der Gaspreis nicht
nachgezogen wird, werden sie die Gasmengen im Inland verbrauchen und
dafür Öl exportieren. Schließlich einigten sie sich auf ein Provi-
sorium bis zum 31. März 1981. Die Preise konnte Bauer mir nicht sagen,
er wollte mir nur, wie er sich immer ausdrückt, die Philosophie mittei-
len, Ziffern sind scheinbar nicht seine Stärke. Angeblich wird aber
der derzeitige Preis von 1.900,–– S mit 1. September auf 2.050,–– er-
höht. Am 1. Oktober kommt dann noch eine Indexerhöhung. Das Ziel, das
die Sowjets anstreben, ist Gasölpreis resp. Heizölschwerpreis 2.3oo,––
pro Tonne in Österreich. Dabei weisen die Sowjets noch auf den riesen
Vorteil hin, daß Gas nicht so schwefelreich ist als das in Österreich
zur Verbrennung gelangende Heizöl schwer. Ich habe ihn ersucht, er
soll mir eine schriftliche Darstellung so schnell als möglich über-
mitteln und ich bin bereit, an den Minister Patolitschew ein mit der
ÖMV und den anderen vom Gaspreiserhöhung betroffenen Stellen abgestimm-
tes Schreiben zu richten.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Mengen und Preise bei ÖMV erfragen.

Unser Botschafter bei der EG-Mission in Brüssel, Seyffertitz, berichtet,
bevor er nach Brüssel zurückkehrt, daß spätestens in der zweiten
Hälfte September das Abkommen mit der EG wegen Griechenland-Beitritt
paraphiert werden müßte. Eine interministerielle Besprechung, berichtet
der Fachreferent bei uns im Handelsministerium, Michitsch, hätte
zu keiner prinzipiellen Änderung der Landwirtschaftskammer und der
Handelskammer geführt. Insbes. der Handelskammervertreter Dr. Schwarz
hat die obskure Idee, da Brüssel unsere Auffassung nicht bestätigen
will, wir sollten den Griechen freiwillig, ohne Gegenleistung alle


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Konzessionen geben, die wir vereinbart haben. Die EG müßte dann uns
gegenüber auch wieder alle Konzessionen geben, die sie von Griechen-
land während der Übergangszeit bekommt. Diese Spekulation mache ich
sicherlich nicht mit. Seyffertitz warnt insbes., daß wenn wir nicht
den zwischen den EFTA-Staaten und EG ausgehandelten Vertrag akzeptie-
ren, der übrigens, wie Gen.Sekr. Kehrer immer wieder bestätigt, gar
nicht so schlecht ist, dann wird Österreich auf dem griechischen
Markt nicht nur von den EG-Staaten diskriminiert, sondern auch von den
EFTA-Staaten. Ich rufe sofort Gen.Sekr Kehrer an und ersuche ihn, er
sollte noch einmal mit Seyffertitz sprechen, bevor die Handelskammer
ihre endgültige Entscheidung trifft. Innenpolitisch stört es mich gar
nicht, wenn die Handelskammer gegen diese Vereinbarung auftritt. Ich
bin überzeugt davon, im Parlament werden dann die ÖVP-Abgeordneten
zustimmen. Dies wird allein schon durch Druck der Griechenland-Expor-
teure erfolgen und die Handelskammer hat das Nachsehen.

Die Landwirte, wegen der Erhöhung der Zucht- und Nutzrinder von 38.000
auf 45.000 Stk., haben eine, wie auch in der Vergangenheit, typische Hal-
tung. Wenn dieses Zugeständnis von der EG nicht zu erreichen ist, dann
wollen sie wahrscheinlich in letzter Folge eine Zusicherung der öster-
reichischen Regierung, daß sie anderweitig durch Subventionserhöhung
oder sonstige Zugeständnisse entschädigt werden.

Da mit der EG in absehbarer Zeit auch das Weinproblem gelöst wird,
eine Paraphierung sollte noch im September erfolgen, sind auch diese
Ergebnisse natürlich gefährdet.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Jour fixe HK und AK, ÖGB setzen.

Die wichtigsten Produzenten im Kaffeeverband ersuchen mich, ob ich
nicht doch noch vermittelnd eingreifen kann, um die drohende amtliche
Preisfestsetzung zu umgehen. Dazu erkläre ich mich außerstande, das
Preisverfahren gegen die 24 Firmen muß eingeleitet werden, weil ein
diesbezüglicher Antrag der AK und des ÖGB vorliegt. Die Kaffeeleute
werden bei der nächsten großen Paritätischen Kommission am 17.9. ihr
erstes Angebot, Kaffeepreissenkung um 2,7 % bis 11 %, wesentlich ver-
bessern. Am internationalen Markt wurde um 450 Mio $ von den Ban
Kaffee Organisationsstaaten interveniert, jetzt ist ihnen scheinbar
das Geld ausgegangen, der Rohkaffeepreis ist daher gefallen. Ich er-
kläre sofort, daß wenn es zu einer Vereinbarung der Sozialpartner über


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die Listenpreissenkung kommt, ich selbstverständlich bereit bin, das
Preisverfahren dann sofort einzustellen. Die Kaffeeleute können mir
auch nicht erklären, wie es zu den exorbitanten Steigerungen des
Vorjahres und auch heuer von Kaffeeimportziffern gekommen ist. 78 war
der normale Verbrauch 29.000 t, im Vorjahr ist er auf 36.000 t gestie-
gen und dieses Jahr wird er 40.000 t erreichen. Daß hier Kaffee in die
Oststaaten geschmuggelt wird, steht außer Diskussion. Die Frage ist nur,
wer, wie und wie können so große Mengen rausgehen, ohne daß dies je-
mand bemerkt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll dem Fall nachgehen.

Eine Aussprache mit allen Beteiligten, Koppe, Smolka, Meinhart, Knittler,
Einem, Schmidt, Preiß, wegen der Beschuldigung, daß Koppe Konsulent
des Reisebüroverbandes ist, kann nach stundenlanger Verhandlung bei-
gelegt werden. Trotzdem wird die Zusammenarbeit zwischen Koppe und
Smolka nicht besser. Für Albrecht, die an der Sitzung nicht teilnehmen
kann, weil sie ihre Zusage, die Welser Messe zu besuchen, einhalten
mußte, wird dieses Ergebnis zwar formell befriedigen, aber materiell
sicherlich nicht die Lösung sein.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Vielleicht sprichst Du dann mit jedem der Streit-
hähne extra noch einmal.

Der Molden-Verlag hat ein Buch herausgegeben, "Der Freizeitschock" und
nicht, wie es in meinem Tagesprogramm steht, "Der Freizeitschick". Der
Autor ist der Chefredakteur der Presse, Thomas Chorherr. Das Buch han-
delt, wie ich flüchtig feststellen kann, über das Problem, daß mit der
stets wachsenden Freizeit die Leute nichts anfangen können. Die Reglemen-
tierung der Freizeit, Wochenende, Urlaub usw., führt zu einer entspre-
chenden Konzentration bei den Freizeitangeboten und damit auch zur
schwierigen organisatorischen Bewältigung: überlastete und verschmutzte
Landschaft und See, Streßsituation, selbst in der Freizeit. Die Vor-
schläge die er macht, sind revolutionär. Jeder soll sich seine Arbeits-
zeit und Freizeit selbst bestimmen. Wie organisatorisch dann ein
industrieller Arbeitsablauf gewährleistet werden könnte, kann ich mir
dabei allerdings nicht vorstellen.

Der Herausgeber Molden diskutiert mit mir, daß in Österreich eine Buch-
produktion überhaupt nur aufrechterhalten werden kann, wenn man gleich-
zeitig in der Bundesrepublik einen entsprechenden Verlag, Vertriebs-


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absatz usw. besitzt. Unwahrscheinlich, daß Molden überhaupt in Öster-
reich neben vielen anderen Verlagen doch noch existieren kann.

Beim Essen des Vizepräsidenten der Handels- und Industriekammer
Pitowranow nütze ich die Gelegenheit, um auch auf der Handelskammerseite
klarzustellen, die Entwicklung auf dem sowjetisch-österreichischen
Außenhandel ist nicht nur unbefriedigend, sondern schon katastrophal.
In den ersten sieben Monaten haben wir um 7,4 Mrd. S, also fast um die
Hälfte mehr importiert als im Vorjahr und um fast 10 % weniger,
nämlich für 3,1 Mrd. S exportiert. Das Handelsbilanzdefizit beträgt
4,2 Mrd. S. Der Vizepräsident wird bei seiner Rückkehr sofort dieses
Problem mit Handelsminister Patolitschew besprechen. Er meint, eine
gute und neuerliche Lösung wäre, wenn Österreich in der Sowjetunion
eine Nationalausstellung machen würde, übrigens dann auch die Sowjet-
union in Österreich. Sallinger und ich erklären, daß wir dieses Pro-
blem prüfen werden, ich verspreche mir davon gar nichts. Die Aufträge
in der Sowjetunion haben ausschließlich politischen Charakter, dies
kann ich auch anhand des Papiermaschinenauftrages, den die Voith fest
zugesagt bekommen hat und dann den Finnen gegeben wurde, die sich be-
reits aus dem Rennen geworfen fühlten, eindeutig beweisen. Die sowje-
tische Handelskammer in Österreich wird jetzt einen neuen Sekretär be-
kommen, Afanasjew, der sehr gut Deutsch spricht, weil er durch zwei
Jahre bei der sowjetischen Militärkommandatur gearbeitet hat.

Der anstelle des Minister Patolitschew kommende Vizeaußenhandelsmini-
ster Zhurawlow ist Personalmann im Außenhandelsministerium seit 1970,
ist das erste Mal in Österreich und hat von den österreichisch-sowjeti-
schen Problemen keine Ahnung. Außenhandelsrat Nikolaenko hat des-
halb ja auch, als er mir die Botschaft, daß Patolitschew mit Kossygin
erst kommt, ja sofort gesagt, er ist eine Repräsentationsfigur. Auch
ihm gebe ich auf die Post für Patolitschew die unbefriedigende Ent-
wicklung der sowjetischen Aufträge mit, insbes. verweise ich darauf,
daß die Schiffswerften jetzt vor einem Auftragsloch stehen, das sie nicht
verkraften können. Überrascht war ich, daß der um 25 Minuten zu spät
kommende Besuch sich nicht einmal entschuldigt. Entweder ist Zhurawlow
so überheblich oder er hat sich deshalb so sehr geniert.

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Tagesprogramm, 5.9.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GD ÖMV


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: MR HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: AK


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: HK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Vizepräs. sowj. Handels- u. Ind.kammer


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Beamter HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Gen.Sekr.


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: vw. Referat ÖGB


                    Einträge mit Erwähnung:


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Botschafter


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: sowj. Handelsrat


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                              Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


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                                Einträge mit Erwähnung:
                                  GND ID: 118715194


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                                    Tätigkeit: Chefredakteur "Die Presse"


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: stv. sowj. Außenhandelsmin.


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: AK? ÖGB? VKI?


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                                          Tätigkeit: VKI


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Sekr. sowj. HK; Falschschreibung?


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                                              Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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                                                Tätigkeit: sowj. Vizeaußenhandelsmin.; Falschschreibung?


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                                                  Tätigkeit: AK


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