Montag, 8. September 1980
Dr. Eder, Direktor der Steyr-Daimler-Puch in Nigeria, ersucht mich
bei dem Besuch des nigerianischen Handelsministers Shaahu darauf zu
drängen, daß auch die Sattelschlepper, die derzeit nicht lizenziert
werden, in die Lizenz einzubeziehen. Über 1.200 sind jetzt in der letzten
Zeit von anderen Firmen importiert worden und bedingen eine harte Kon-
kurrenz gegen Steyr-Daimler-Puch. Tatsächlich können jetzt trotz der
Lizenz von LKWs die Steyr-Werke ihre LKW schwer verkaufen. Im nächsten
Jahr sollen 2.100 LKW und 1.500 Traktoren in Nigeria verkauft werden.
Assembliert werden sie in Nigeria. Insgesamt wurden bis jetzt 700 Mio. S
investiert. In diesem Jahr wird Steyr Produkte für eine Mrd. in Nigeria
absetzen können und für 300 Mio. andere österr. Firmen, von denen Steyr
zukauft. Für zerlegte LKW, die dann in Nigeria zusammengestellt werden,
verlangt die Zentralregierung einen differenzierten Zoll, bis 180 km 18 %,
in dieser Entfernung liegt British Leyland, bis 300 km 15 %, der Zoll für
Mercedes, Steyr-Daimler-Puch mit 1.300 km, von Lagos, sprich der Küste,
bezahlt für sein Werk in Bauchi nur 5 % Zoll.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND MARSCH: Bitte diese Zusammenstellung für die
Aussprache mit Shaahu in Tabellenform liefern.
Die Gespräche mit Vertretern der ital. Handelskammer über das Triester
Hafenproblem gaben mir Gelegenheit neuerdings gegen die Einführung der
Ölabgabe, die von der Zentralregierung jetzt von der Triest-Ingolstadt-
Pipeline verlangt wird, zu remonstrieren. Das Gerichtsverfahren darüber
ist noch immer anhängig und wird wahrscheinlich noch längere Zeit dauern.
Die Italiener wollen insbes. die Chancen für eine Liquidgashafen-Lösung
in Monfalcone resp. die zukünftigen Kohleanwandlungen in Triester Hafen
im Detail wissen, sofern Österreich dies betrifft. Kohle wird sicherlich,
auch wenn es zu keiner Pipeline zw. Triest und Österreich kommt, bei
der jetzt zu erwartenden Renaissance dieser Energiequelle eine bedeutende
Rolle im Triester Hafen spielen. Präs. Meo war daran sehr interessiert.
Bezügl. eines Gashafens in Monfalcone hat Dr. Longo zur Kenntnis genom-
men, daß dies mit der Austria Ferngas resp., da die Transportfrage von
der ÖMV geregelt wird, mit dieser in Detail verhandelt werden muß.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wie ging das Gespräch nachher weiter?
Der Festakt zur 25-Jahr-Feier der ÖFVW war sehr gut. Burgschauspieler
Hübsch hat nach einer Begrüßung von Zolles die Geschichte der ÖFVW
sehr humorvoll dargestellt. Ich war daher dann gar nicht mehr so bös,
daß ich keine Unterlagen bekommen hatte, denn ich hätte nach den An-
sprachen von Bgm. Gratz als Stadt, wo die Feier stattgefunden hat, LH
Maurer als Sprecher der Länder, Präs. Sallinger als dritter in
der ÖFVW, ich für den Bund, eine sonst sicherlich von mir humorvoll ge-
staltete Rede, gar nicht mehr auf die verschiedensten Gags eingehen
können. BP Kirchschläger hat der FVW volle Anerkennung gezollt und bei
dieser Gelegenheit gleich einen Appell an die Österreicher gerichtet,
nicht so viel ins Ausland zu fahren, um unsere Zahlungsbilanz nicht allzu
sehr zu belasten. Umrahmt wurde die Feier mit sehr kurzen, dafür umso
schöneren Musikstücken. 1 1/2 Stunden Dauer war genau richtig, damit die
Politiker nicht schon wie auf Nadeln sitzen und zum nächsten Termin
hasten. Überraschend für mich war, daß das Fernsehen überhaupt keinerlei
Aufzeichnungen machte. Beim Abendempfang für die Mitarbeiter der ÖFVW
hat mir dann der Pressemann Hofbauer erklärt, daß zuerst eine Zusage
des Fernsehens vorgelegen ist und nachher dann doch niemand kam. Die
Erklärung für mich ist, daß zum gleichen Tag das ASVG seinen 25-jährigen
Bestand feierte, die Ansprache des Bundespräsidenten von dort dann ge-
sendet wurde und man zwei Feiern halt nicht dem Seher zumuten wollte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Hofbauer wird einen diesbezügl. Protestbrief
der ÖFVW mit dir verfassen.
Erstmalig wurde ich zum Präsidium der soz. Fraktion des Gewerkschafts-
bundes geladen. Benya berichtete über die Aussprache mit Kreisky und
Androsch. Wenn ein ehrenvoller Abgang gesichert ist, gegen den niemand
etwas hat, wird Androsch zurücktreten. Übereinstimmende Meinung herrscht,
daß dies der einzige Weg ist, um die Spannung zw. Kreisky und ihm und
damit die unmögliche Zusammenarbeit zw. Bundeskanzler und Finanzminister
zu lösen. Zur Aufteilung des Finanzministeriums haben sowohl Kienzl als
auch ich festgestellt, daß dies von uns bereits in der Oppositionszeit
verlangt und auch die Begründung damals gegeben wurde. Die Trennung zw.
den Budgetaufgaben und der Verwaltung der Betriebe, insbes. auch der
Bankenaufsicht war allein aus sachlichen Gründen mehr als notwendig.
Natürlich hat jeder Finanzminister, wenn
gemeinsame Tätigkeit gerne wahrgenommen, weil er dadurch in Forderungen
an den Banken, Übernahme von Anleihen usw. wesentlich stärker war, wenn
er gleichzeitig das Aufsichtsorgan war und der Betreffende, der mehr
oder minder die Verträge der Vorstände genehmigte und auch verlängerte.
Kienzl hatte eine brutale Formulierung "Macht korrumpiert, totale Macht
korrumpiert total" geprägt, was sicherlich nicht zutrifft.
Das wirkliche Problem, welches dann aber auch sehr eingehend zur Sprache
kam, war, glaube ich, wie ich es formulierte, die jetzt nicht mehr ge-
schlossen auftretende Fraktion des ÖGB. Wenn in der Fraktion wegen des
Kernkraftwerkes oder wegen der Metallarbeiterproduktion von Waffen und Ge-
räten ein Beschluss gefaßt wird, dann muß zumindestens jeder sich passiv
an diesen Beschluß halten. Der Obmann der Bauarbeiter Rautner meinte so-
gar, hier ist es zu wenig, wenn sich einer neutral verhält, hier muß
man die Beschlüsse auch durchführen, sonst muß es zu einem Fiasko kom-
men. Der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft Prechtl war leider
nicht anwesend, auf den sich diese Unmutsäußerungen ganz besonders be-
zogen haben.
Das wirkliche Problem war natürlich, wer wird jetzt Finanzminister.
Benya sagte, da diese Entscheidung ausschließlich beim Bundeskanzler
liegt, hat er ihn nicht einmal gefragt, wen er letzten Endes bestellen
wird, und wie wird die Zusammenarbeit zw. dem neuen Finanzminister
und dem Gewerkschaftsbund funktionieren. Bezügl. der Abgrenzung und
Aufteilung stellte ich fest, daß das Handelsministerium keinerlei zu-
sätzliche Kompetenzen wünscht, da sie sie kaum verkraften könnte.
Wahrscheinlich kommt sowieso eine Regelung beim Bundeskanzler, wo alle
verstaatlichten und dann sicherlich auch die Bankenbetriebe betreut
werden, das Handelsministerium wird dadurch nur am Rande berührt.
Beim Panzerliefergeschäft Chile herrschte keine einstimmige Meinung,
übereinstimmend wurde nur festgehalten, daß man in Hinkunft vorsichtiger
vorgehen sollte. Eine ähnliche Stellungnahme ergab sich bei jetzt an-
laufenden Kernkraftwerksvolksbegehren. Der ÖGB hat mit allen Stimmen
beschlossen, daß sich jedermann am Volksbegehren und dann natürlich auch
an der Volksabstimmung beteiligen soll, jede demokratische Aktivität
wird vom ÖGB unterstützt. Bezügl. des Inhaltes Volksbegehrens wird die
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soz. Fraktion und hat ja auch so schon beschlossen die Aufhebung des
Atomsperrgesetzes unterstützen.
Im Wiener Vorstand kam ich dann schon zum Schluß der Sitzung, die
wichtigsten Fragen wurden aber sowieso im Wiener Ausschuß dann neuer-
dings referiert und auch teilweise dort erstmalig behandelt. Gratz be-
richtete über die Herbstarbeit, insbes. daß Volksbegehren bezügl. der
Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf. Die Partei hat beschlos-
sen keine Empfehlungen rauszugeben, Rosenberger meinte, dies sollten
auch die soz. Organisationen tun. Dagegen hat sich Pöder sofort ausge-
sprochen, denn die soz. Gewerkschafter werden eine positive Empfehlung
geben. Heindl verwies mit Recht auf die jetzt schon anlaufenden Konferen-
zen. Seine Erfahrung, wenn er mit Atomgegnern konfrontiert wird, wie z.B.
Pauli Blau, so ist das für ihn keine Sachschwierigkeit, wohl aber eine
zeitraubende, ja sogar sinnlose Diskussion, weil überhaupt nicht auf
Sachprobleme eingegangen wird. In der weiteren Diskussion stellte sich
heraus, ich konnte dies ebenfalls nur unterstreichen, daß mit einer
sachlichen Information, also eben nur Informationskonferenzen, es sehr
schwer sein wird, wo Atomgegner zugelassen sind, und in Bezirkskonferen-
zen können diese natürlich auch das Wort ergreifen, wird es also kaum
Sachdiskussionen geben. Mehr Information, als die Regierung bei der
seinerzeitigen Frage Betrieb des Atomkraftwerkes oder nicht bereits
aufgewendet hat, wird kaum möglich sein, nur um ein Beispiel auch aus
dem Wiener Ausschuß zu zitieren. Der SJ-Obmann und ein guter Freund
von mir von der Landstraße, Woller, hat allen Ernstes behauptet, die
Partei hätte im Wahlkampf das Versprechen abgegeben, das Atomsperrge-
setz nicht zu ändern. Tatsächlich wurde nur gesagt, daß die SPÖ keinen
Antrag auf Änderung dieses Gesetzes stellen wird. Daß jetzt aus Baden
drei Ingenieure die Initiative ergriffen, die soz. Gewerkschaftsfraktion
dies aus reinen Wirtschaftsgründen unterstützt, glaubt zu meiner größten
Überraschung nicht einmal der Bgm. von Wien. Gratz ist davon überzeugt,
daß alles von den Atombefürwortern so arrangiert wurde. Der Hauptgrund,
warum die SPÖ sicher nicht positiv zu dieser Volksbegehrenaktion steht,
liegt daran, daß wenn weniger Stimmen dafür sind, als die SPÖ bei einer
Nationalratswahl Stimmen bekommt, dann glaubt man, in der Partei wäre
dies schön eine Niederlage. Für mich ist es ganz klar, daß wesentlich
weniger Stimmen für das Volksbegehren zu erwarten sind, weil man allein
schon dort hingehen muß, sich also deklariert, und weil, und darüber
gebe ich mich gar keiner Illusion hin, in unseren Organisationen viele
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Atomgegner zu finden sind. Innenminister Lanc verwies mit Recht darauf,
daß es bei diesen beiden Volksbegehren darum geht, daß die Badner die
Inbetriebnahme von Zwentendorf wollen, während die Fr. Dr. Schmitz ja
den Umbau in ein Kohlekraftwerk wünscht resp. in ein Gaskraftwerk. Bgm.
Gratz hat gegen diese Kohlekraftwerke größte Bedenken, umso mehr als
er sich ja jetzt mit der NEWAG und der Verbundgesellschaft über die
Entschwefelungsanlage für das Kohlekraftwerk, welches zusätzlich gebaut
wird, geeinigt hat, und wird daher vom Standpunkt der Umweltbelastung
gegen dieses Projekt Schmitz' selbst Stellung nehmen. Der zweite Fragen-
komplex bezog sich auf das AKH. Hier hat Gratz darauf verwiesen, was
sein Bestreben bei Gesprächen mit der ÖVP ist, diesen größten Sozial-
bau außer Streit zu stellen. Der Vorwurf des Vorsitzenden des Unter-
suchungsausschusses, Steger, hat dazu geführt, daß jetzt die SPÖ und die
Volkspartei in eine Front gegen die Verdächtigung, beide hätten von
AKH-Schmiergeldern Parteispenden bekommen, geraten sind. Das wirkliche
Problem laut Gratz ist die Besiedlung des AKHs in vier Jahren. Stadt-
rat Mayr hat dann noch einmal bis ins letzte Detail die Entwicklungs-
geschichte und ganz besonders die Kontrollen, die von der Bundesregierung
Androsch und Gemeinde Gratz verlangt wurden, im Detail dargelegt. Kreis-
ky hat mit seinem Vorschlag, jetzt Kandutsch die begleitende Kontrolle
zu übertragen, die Frage in den Raum gestellt, wie jetzt ein Vetorecht
dieser Arbeitsgruppe Kandutsch dann so eingebaut wird, daß nicht die
jetzt sowieso sehr verzögernde Tätigkeit des Bauens weiter verzögert
wird. Da ja 2 Mrd. S pro Jahr verbaut werden, muß ein System gefunden
werden, daß dann nicht womöglich Bereitstellungsgebühren für Aufträge,
die erteilt wurden und die jetzt nicht zeitgerecht abgenommen werden,
zusätzlich entstehen. Als dritter Punkt wurde dann die personelle
Situation der Partei, sprich also Ablöse Androschs, gesprochen. Hier hat
Gratz festgehalten, daß er keine Kronprinzenrolle spielen wollte und
auch jetzt nicht will. Gegen die Art der Abberufung haben sich einige
Bezirksobmänner ausgesprochen, pro Androsch nur Hofmann von Florids-
dorf, wo Androsch ja auch Funktionär ist, und Tschema vom 20. Bezirk.
Androsch wird, und dies haben einige verlangt, in der Politik bleiben
als Nationalrat und gleichzeitig, zumindestens bis zum nächsten Bundes-
parteitag, dann muß er sich ja wieder der Wahl stellen, auch als Vor-
sitzenden-Stellvertreter.
Über diese Frage wurde bei uns dann auch am Abend im Präsidium lang
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und breit diskutiert. Da ich ja bereits vor Monaten auf diese Entwicklung
hingewiesen habe, waren ja unsere Funktionäre nicht so sehr über die
Tatsache überrascht. Größtenteils findet aber die Art, wie die Spitzen-
funktionäre über die Massenmedien sich gegenseitig oft Vorwürfe machen,
und dann insbes. über die Art der Ablösung sehr erschüttert, etwas, was
mich auch schon sehr lange ärgert. Ich bin ja auch davon fest überzeugt,
daß auch durch den Rücktritt von Androsch das Problem nicht aus der
Welt geschaffen ist, sondern dieser persönliche Streit, wie er sich in
der letzten Zeit dargelegt hat, vielleicht nicht im so starken Ausmaß,
aber sicherlich sowohl im Parteipräsidium als auch im Nationalrat dann
entsprechend unangenehme Situationen ergeben.
Im Präsidium kam erstmalig auch das Problem unserer Finanzierung von
Aktivitäten auf der Landstraße zur Sprache. Der Landstraßer Kirtag, der
Kulturverein Landstraße und viele andere Aktivitäten können nur durch
Mitwirkung durch Firmen finanziert werden. Die Frage, die sich dabei
stellt, ist, wer trägt dafür die Verantwortung. Ich persönlich glaube,
daß alle, die davon gewußt haben, diese Verantwortung mitzutragen haben.
Ich glaube nicht, daß es fair und schon gar nicht demokratisch ist,
wenn , um diesen Ausdruck zu gebrauchen, jemand im Regen stehen lässt.
Die Finanzierung einer Bezirksorganisation ist ungeheuer schwierig. Wie
unsere Sekretärin Tischler sagte, reichen die Einnahmen gerade für die
Personalkosten und für die Lokalmieten aus. Unsere Schulden an die
Wiener Organisation allein aus den Wahlkämpfen abzutragen, erscheint
deshalb fast unmöglich. Tischler und Heindl zerbrechen sich seit langem
den Kopf, wie wir über diese schwierige Finanzsituation hinwegkommen.
Beim Treffen mit den Mitarbeitern im Intercontinental konnte ich mich
dann durch eine launige Rede bei den Kolleginnen und Kollegen für ihre
Tätigkeit herzlichst bedanken. Geschäftsführer Zolles hat mich dann auf-
merksam gemacht, daß der anwesende Dr. Zedek jetzt auch seine Funktion
als Obmann des Kuratoriums für den Fremdenverkehr zurücklegt. Diese
Institution logiert derzeit bei der HK. Weniger was das Domizil betrifft,
sollte man eine Änderung herbeiführen, als daß es meiner Meinung nach
sehr zweckmäßig wäre, wenn Dr. Zolles diese Position bekommen könnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Heindl und mir sofort darüber Gespräche
führen.
Tagesprogramm, 8.9.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)