Donnerstag, 29. Jänner 1981
Dem Betriebsratsobmann der Fa. Ebhart & Herout, Strobl, berichtete ich
über die Aussprache mit Willbrandt, Hofer KG. Zuerst wollte er be-
streiten, daß in der Margarine die Rezepturen geändert wurden. Er
glaube auch mir gegenüber die Firma verteidigen zu müssen. Letzten
Endes mußte er aber dann selbst zugegen, daß Fischöl in größerem
Ausmaß beigemischt wurde, um den Erlös nicht allzu sehr zu schmälern.
Er bestätigte, daß sein Chef Erhard auch ihm gegenüber autoritär, zu-
erst unnachgiebig und nachher völlig unmotiviert handelt. Hofer hat
eine eigene Marke Osana und von 1.000 bis 1.100 to pro Monat wird für
Hofer 45 % davon produziert.
Der Einkäufer von Hofer, Hr. Melchart, hat bei mir sofort wieder inter-
veniert, daß das Toilettenpapier unverzüglich einen Abschluß tätigen
müßte, ansonsten sie die Ware importieren. Eine Rücksprache bei der
Laakirchner ergab, daß diese sehr wohl verhandlungsbereit ist, doch
nur über die Preise kein Einvernehmen erzielt werden kann.
ANMERKUNG FÜR SC MARSCH U. HAFFNER: Die Fachverbände doch neuerdings
auf die Liefermöglichkeit aufmerksam machen.
Zur Tarnung für Albrechts 60. Geburtstag wurde in meinem Tagesprogramm,
und ich glaube auch bei ihr, eine fiktive Besprechung festgelegt.
Ich war sehr überrascht, daß damit nur die Zusammenkunft des ganzen
Büros mit Albrecht getarnt werden sollte. Albrecht selbst aber war
über die Geburtstagsfeier noch mehr überrascht und sehr erfreut. Sie
erfreut sich überall der größten Beliebtheit. In ihrer charmanten,
liebenswerten, herzlichen, aber so ganz gegen die Frauenemanzipations-
methode fraulichen, ich darf auch auch sagen, kindlichen Art freute
sich über den 60. Geburtstag so wie als 6-Jährige. Mit ihr kann man
sich wirklich freuen, auch dann, wenn ich persönlich dafür, wie ich
zu meiner Schande gestehen muß, keinesfalls diese Einstellung mit-
bringe.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Ich hoffe, Du verzeihst es mir.
Für die Fernseh-Wir-Sendung wurde ein Interview über die Intelligent-
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produkte, deren Exportmöglichkeit und die Innovationsnotwendigkeit der
österr. Wirtschaft gemacht. Der Kameramann, mit dem ich einmal in Bag-
dad, wie er sich erinnerte, zusammengearbeitet hatte, war sehr exakt,
ja fast schon penibel. Dies hat mich eigentlich sehr beeindruckt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wer ist dieser Mann?
Die beiden Direktoren der Flughafen-Gesellschaft, Kreit und Engel-
berger, wollen in Schwechat eine größere Aktivität entfalten. Prof.
Bernecker von der Wirtschaftsuniversität hat errechnet, daß der Flug-
hafen eine volkswirtschaftliche Leistung von 6–7 Mrd. S erbringt. Es
ist unwahrscheinlich, welche Milchmädchenrechnung manche Universitäts-
professoren sich gestatten. Die Erklärung für diesen gigantischen Be-
trag war, jedermann, der am Flughafen Wien ankommt, läßt soundso viel
Geld während des Aufenthaltes in Wien, wodurch diese Hausnummer zustan-
de kommt. Ich erklärte sofort, mit genau dem selben Recht könnten die
Zöllner für alle Einreisenden, allein die 120 Mio. Grenzübertritt mit
entsprechenden Ausgabenziffern multipliziert, dies für ihre Leistung
ausgeben. Tatsächlich sind am Flughafen 52 Beschäftigte und machen
einen Umsatz von 800 Mio S. Insgesamt gibt es 160 Betriebe mit 4.500
Beschäftigten. Die AUA allein hat 2,5 Mrd. S Umsatz, die 32 Linien
und 50 Chartergesellschaften machen einen ähnlichen großen. Die
Einnahmen setzen sich aus 70 % der Flughafengebühren und 30 % non
aviation, also anderen Einnahmen zusammen. Der Rechnungshof hat
in seiner Kritik aus den Jahren 73 bis 73 festgestellt, daß die
Flughafengesellschaft viel mehr marketing bei incoming machen müßte.
Der duty free shop wird von der AUA betrieben, nach Meinung der
Direktoren unzulänglich, man bekommt keinen Wein, keinen Käse, nur
um zwei wichtige Agrarprodukte zu nennen, welche in anderen Flug-
hafen angeboten werden. Da dieser duty free shop 24 Stunden offen ist,
ist es ein gutes Geschäft. Natürlich will es der Flughafen zurück-
haben. Seinerzeit hat man es der AUA gegeben, um ihr Defizit ein
wenig zu verkleinern. Gleichzeitig möchte aber dann die Gesellschaft,
daß keine Mehrwertsteuer berechnet wird. Ich erklärte mich sofort
für unzuständig. Ich stehe überhaupt auf dem Standpunkt, daß der
duty free shop eine vollkommen ungerechtfertigte Einkaufsmöglichkeit
für Flugpassagiere ist. Die Flughafengesellschaft möchte für die
4.500 Beschäftigten ein großes Kaufhaus direkt beim Flughafen.
Natürlich spekuliert sie darauf, daß sie wie eine Bahnhofsverkaufs-
stelle aufgrund der Ladenschlußverordnung in Niederösterreich auch
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am Samstag und Sonntag je 8 Stunden offen haben kann. Die Fa. EKAZENT
und Gerngroß interessieren sich dafür. Da die Autobahn spätestens 82
fertig sein wird, kann man vom Zentrum äußerst schnell und günstig bis
Schwechat zum Einkaufen fahren. Mit der Grundstücksverwertungsgesell-
schaft, eine Abschreibegesellschaft aus Deutschland, wurd jetzt das
Hotel fixiert. Bauen wird es Infrabau, betreiben Holiday Inn, 82/83
wird es fertig. Große Sorge bereitet der Flughafengesellschaft, daß
in immer stärkerem Maße anstelle daß alles nach Wien zugeflogen wird,
die AUA, die Lufthansa nach Frankfurt, die Swissair nach Zürich von
den Landeshauptstädten Direktflüge unternehmen. Dadurch hat die AAS,
welche den Inlandsflug bestreitet, 19 Mio. geplant, 28 Mio. S Defizit.
Indirekt fliegen z.B. 291 Passagiere täglich von Österreich nach
Amerika. Engelberger meinte, hier könnte die AUA ohne weiteres einen
Jumbo sogar einsetzen. Der Fehler dieser Überlegung ist nur, daß nicht
alle mit der AUA fliegen würden. Auch die tiroler Airline macht mit
2100 Passagieren pro Monaten den Fehler, daß sie nicht nur Innsbruck,
Wien, sondern jetzt auch Innsbruck, Zürich und Innsbruck, Frankfurt
fliegen wird. Derzeit hat sie eine 60 %-ige Auslastung und Defizit,
mit 70 % wäre sie barre , mit dieser Methode, meint der Flughafen Wien,
würden sie es nie erreichen. Natürlich wollen Engelberger und Kreit,
daß alles nur nach Wien transportiert wird.
Der Flughafen wird zu 50 % vom Bund, 25 % Wien und 25 % Niederöster-
reich kapitalmäßige Zusammensetzung auch eine Verlustabdeckungsbe-
stimmung im Vertrag aufnehmen. Beide Direktoren sind überzeugt, daß
sie dies niemals brauchen.
Überrascht war ich, daß doch auch für die VIP-Ankunft auch von den
Behörden bezahlt werden muß, für private Gesellschaften 1400 S pro
Stunde, Behörden 400 S. Internationale Behörden wir OPEC und UNO usw.
zahlen nichts, dafür muß das Außenministerium aufkommen. Ich erklärte
den beiden, daß ich sehr froh bin, nicht für die Fluggestion verant-
wortlich zu sein, das einzige, wo ich mich mit ihnen sofort solidari-
sierte ist, daß man im Interesse des Fremdenverkehrs mehr Charterflüge
wird genehmigen müssen. Die AUA ist sehr unzugänglich. Engelberger
teilt meine Meinung, daß durch die jetzt auch in Europa einsetzende
Billigsttarifpolitik die AUA mit ihrer Hochtarifpolitik sehr bald wird
in eine unmögliche Situation kommen. Private, die genau rechnen, kaufen
heute das Ticket irgendwo im Ausland und lassen den Teilstreckenflug
bis Wien aus, den Tarifanteil sozusagen verfallen und fliegen dann
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noch immer wesentlich billiger zu der gewünschten Destination. Früher
oder später wird es Reisebüros geben, die dieses Geschäft ganz offi-
ziell abwickeln. Dann wird die AUA nur mehr von Beamten und Dienst-
reisenden normal bezahlt bekommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Erkundige Dich bei den Reisebüros, wie das
heute schon defacto abgewickelt wird.
Herr Ehlers will für den Verein Pro Austria Nostra für eine Filmserie
180.000 S. Dies hätte MR Würzl Langer-Hansel, sozusagen seinem ehema-
ligen Chef, zugesagt. Bei einer Direktoriumssitzung hat allerdings,
ohne daß ich mit ihm reden mußte, der zuständige Referent MR Prodinger
dies entschieden abgelehnt, weil keinerlei richtlinienmäßige Deckung
dafür vorhanden ist. Das einzige, was ich Herrn Ehlers zusagte, war,
daß ich nichts dagegen habe, wenn er jetzt eine Beratungsstelle im Re-
gierungsgebäude womöglich für alle 5 Ministerien eröffnet.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wer ist dieser Ehlers?
Frau Merkert, die gestern schon bei der Pressekonferenz ATB anwesend
war und für Fremdenverkehrswirtschaft International in Frankfurt
arbeitet, wollte ein Spezialinterview. Da diese internationale Zeit-
schrift für uns von größter Bedeutung ist, habe ich mich natürlich mit
ihr eingehend und lange unterhalten. Sie bestätigte mir, daß wir eine
ausgezeichnete Fremdenverkehrspolitik, insbesondere die ÖFVW eine
exzellente Propaganda macht und das die Austria Tourist Börse, ATB,
wo sie jetzt das zweite Mal daran teilnimmt, wesentlich besser sei,
als die Internationale Tourist Börse, ITB, in Berlin. Dieses Lob hörte
ich sehr gerne, da es doch letzten Endes der Anstoß von mir , als ich
vor 7 Jahren in Berlin war und die ITB das erste Mal besuchte, so
etwas müßten wir in Österreich auch zusammenbringen, bei uns mit
weniger Mitteln, mehr Charme und vor allem besser organisiert und wes-
halb es auch für die Teilnehmer kommerzieller abgewickelt wird.
Ing. Geischläger, Hochkar, hat eine Förderung eingereicht, die MR
Würzl ablehnt, obwohl der zuständige Referent Ortmann meint, daß sie
richtlinienmäßig gedeckt sei. Ich ersuchte SC Jagoda sich den Fall
anzusehen und letzten Endes zu entscheiden. Zwischen Ortmann und Würzl
gibt es beträchtliche Spannungen. Ortmann hat durch sein eigens Ver-
schulden, wie ihm SC Jagoda klar und deutlich auseinandersetzte, sich
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um gewisse Aufstiegsmöglichkeiten gebracht. Da ein Disziplinarverfahren
jetzt eindeutig seine Unschuld bewiesen hat, steht seinem weiteren
Aufstieg nichts mehr im Wege. Sollte Ortmann aber sich trotzig zur
Seite stellen, dann vergibt er sich die letzte Chance. Ich selbst habe
erst jetzt seine weitere Ernennung nach Abschluß des Disziplinarver-
fahrens unterschrieben.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Mach Ortmann die wohlwollende Stellungnahme
Jagodas klar.
Die Aussprache mit SC Meisl, MR Fälbl mit HK, Dr. Gleißner und Dr.
Marboe, über die Schutzbestimmung in der CSSR, langfristiger Vertrag,
einigten wir uns, daß doch die HK-Leute, die schon in Prag akkreditiert
wurden, zu den Verhandlungen über diese Schutzbestimmung fahren sollen.
Fälbl meint zu Recht, sie könnten feststellen, welche Variationsmög-
lichkeiten die Tschechen eventuell bereit wären zu akzeptieren resp.
die Möglichkeiten abzugrenzen. Gleißner, der zuerst größte Bedenken
hatte, war nachher froh über diese Möglichkeit und stimmte zu.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Unterlagen für Fälbl für nächstes Jour
fixe HK verlangen.
Der Personalvertreter Mag. Herold teilte mir mit, daß mit 31. Jänner
die Fallfrist für die Ausschreibung der diversen Abteilungen für die
Energiesektion erfolgen muß. Ich konterte sofort, da ich die Abtei-
lungen auflösen möchte, brauche ich diese Fallfrist nicht beachten.
Herold meinte, er hätte mit Peyerl jetzt schon Gespräche geführt und
glaube, daß er zu einer einvernehmlichen Lösung kommen kann. Ich stellte
sofort fest, in diesem Fall würde der Sektionsleiter Peyerl, welcher
auch das Vertrauen der Personalvertretung durch ihre Zustimmung zu
seiner Bestellung besitzt, mit der Personalvertretung ein Kompromiß
mir vorschlagen muß. Die Geschäftseinteilung und Besetzung würde in
diesem Fall dann entgegen meiner ursprünglichen Absicht wegen des
lieben Friedens willen vielleicht akzeptiert werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Kazda soll wirklich so schnell als möglich einen
Abschluß versuchen.
MR Kurzel berichtet mir, daß er mit dem Sektionsobmann Handel, Schönbich-
ler, und dem Sekretär Mraz die Zuckerhandelsspanne einvernehmlich fest-
gelegt hat. Es handelt sich um eine ganz kleine weitere Spannenerhöhung.
Bezüglich der Milcherzeugerpreise glaubt Kurzel, daß er mit 20 Groschen
wie im Vorjahr durchkommen könnte. Der Landwirtschaftsminister hat
vorgeschlagen, den Siloverzichtszuschlag um 5 Groschen und nicht, wie
die Freiheitlichen verlangt haben, um 10 Groschen vom 45 auf 50 Gro-
schen festzusetzen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jour fixe HK, aber auch AK setzen.
Bei der Direktoriumssitzung der ÖFVW kam die Beschwerde von Wien, daß
zu wenig für den Städtetourismus getan wurde, auch durch den Länder-
sprecher Hofrat Hlous zur Sprache. Zolles konnte nachweisen, daß dies
nicht der Fall ist. Das umfangreiche Unterlagenmaterial werde ich
dann Frau Vizebürgermeister Fröhlich-Sandner übermitteln. Die Direk-
toriumssitzung war eine reine Routineangelegenheit, anschließend dar-
an haben wir den neuen Betriebsrat der Beschäftigten empfangen und
mit ihm deren Wünsche besprochen. Der Obmann ist zu meiner größten
Verwunderung eine Frau.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wie setzt sich der Betriebsrat zusammen.
Prof. Grümm und Dipl.Ing Binner haben für den Kernkraftwerkunteraus-
schuß im Parlament auf Grund der Präzisierung der Wünsche der Oppo-
sition jetzt ein entsprechendes Detailprogramm ausgearbeitet. Heindl
und ich bestätigten ihnen, daß wir nicht wünschen, irgendwelche Poli-
tiker sollten jetzt zu diesem technischen Expertenfragen irgendwelche
Äußerungen abgeben, sondern es sollten die notwendigen Institute
Gutachten vorlegen. Die entsprechenden Briefe mit den Aufforderungen
habe ich bereits an die zuständigen Minister und vor allem an den
Bundeskanzler für die Reaktorsicherheitskommission gesendet. Binner
wird nun für die nächste Sitzung ein umfangreiches Detailprogramm vor-
legen. Die Verbundgesellschaft hat Satzinger versprochen, die Berech-
nungen über Kosten der Lagerung, des Abbruches des Gebäudes nach
Stillegung des Kernkraftwerkes und vor allem die Gesamtkosten der
Kernkraftwerkelektrizitätsproduktion vorzulegen. Prof. Grümm wird
mit der IIASA sprechen, um die internationale Situation von dort durch
ein Gutachten geschildert zu bekommen. Satzinger hat mit dem WIFO,
Dr. Musil, über die österreichische Situation verhandelt. Alle drei
werden bis zur nächsten Sitzung am 17. Februar einschlägige Gutachten
vorlegen.
Da von all diesen Arbeiten unsere Energiesektion nicht betroffen ist,
glaube ich, werden wir diesen Terminplan auch einhalten können. Satzinger
hat sich furchtbar geärgert, daß es tagelang dauerte, bis endlich die
Briefe aktenmäßig vorbereitet und dann auch versendet wurden, die die
Minister ersuchen, ihre entsprechenden Aktivitäten zu beginnen. Ich
kann nur feststellen, daß die Behauptung, als seinerzeit, nicht zuletzt
auf Vorschlag der Energiesektion selbst, SC Peyerl bestellt wurde,
dieser wird von allen tatkräftigst unterstützt, nicht mehr viel übrig
geblieben ist.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Dies kannst Du ruhig unseren Genossen drüben
sagen.
Auf der Wiener Konferenz hat Genosse Kreisky über die schwierigen
80-er Jahre, wir werden sie meistern, referiert. Die Konferenz war
denkbar schlecht besucht. Das Referat Kreiskys war im üblichen Rahmen,
zuerst Außenpolitik über die schlechte allgemeine Wirtschaftslage
weltweit und dann über die spezifischen Verhältnisse in Österreich und
welche Lösungsmöglichkeiten sich anbieten. Kreisky wäre nicht der
Außenpolitiker, wenn er nicht bei einer solchen Gelegenheit indirekt
wieder Außenpolitik macht. Als er auf die Wirtschaftsverhältnisse in
Europa zu sprechen kam und damit auch auf Großbritannien, mußte er auf
die Spaltung der Labour Party eingehen. Dies war auch meiner Meinung
nach deutlich beabsichtigt. Kreisky wollte und konnte dann darauf hin-
weisen, daß die größte sozialdemokratische Lokalorganisation, nämlich
die Wiener Partei, sich natürlich so wie er selbst nicht in die inneren
Angelegenheiten der Labour Party einmischt. Unverzeihlich wäre es aber,
nicht in diesem Fall einen Appell an die Labour Party zum Aufruf auf
Einigkeit ergehen zu lassen. Natürlich erntete er bei diesem Punkt
entsprechenden Beifall. Niemand weiß, ob es nützt, doch ist es auch
wieder ein Mosaikstein in der Außenpolitik Kreiskys. Daß eine Spal-
tung für die Labour Party, aber auch für ganz England schon einmal
verheerend war, lehrt die Geschickte. In der Zwischenkriegszeit wurden
durch die Abspaltung die Konservativen so stark, daß sie dann jahrzehnte-
lang die Regierung stellten und es gibt Labour-Abgeordnete, die meinen,
dadurch konnte diese konservative Regierung ihre Appeasementpolitik
gegenüber Hitler so kritiklos durchführen. Erst Churchill hat dann in
aussichtsloser Position den englischen Widerstand organisiert und durch-
gestanden und letzten Endes auch gewonnen. Kreisky bezeichnete ihn
daher als den größten Politiker der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts.
Sadat ist nach seiner Meinung für den Versuch mit Israel Frieden zu
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machen, der größte Politiker der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts.
Wo immer Kreisky redet, wo immer er referiert, die Außenpolitik be-
schäftigt ihn am meisten. Dies ist nicht nur sein Hobby, hier arbeitet
er auch mit großer Liebe nicht nur national, sondern international. Da
er immer wieder imstande ist, die Lage so darzustellen, daß, wie immer
er entscheidet, PLO-Anerkennung, ob Fortschritt oder nicht, er erweckt
stets bei seinen Zuhörern den Eindruck, er hat richtig entschieden und
sich im Interesse des Friedens und des Fortschrittes nicht nur einge-
setzt, sondern auch ein Stück dazu beigetragen.
Tagesprogramm, 29.1.1981
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)