Freitag, der 25. September 1981 bis Sonntag, der 27. September 1981

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Freitag, 25. bis Sonntag, 27. September 1981

Die Firma Steinbach, ein Wollerzeuger, der sich aus einem kleinen Gewerbe
betrieb, der Handstrickwollen herstellte, nach dem zweiten Weltkrieg
zu einem der größten Strickwollerzeuger entwickelte, bekam das Staats-
wappen. Durch einen reinen Zufall, weil ich wegen der Grazer Messe den
Nadelstreifanzug anziehen mußte, ihn aber im Auto nicht verdrücken
wollte, nahm ich eine Wollweste. Bei der Ankunft in Schwertberg be-
merkte ich schon, wie eine Frau, die dort die Werbung macht, freudestrah-
lend mich empfing. Vor Monaten hatte sie mit den gesamten Handstrick-
produzenten zur Energieeinsparung mir beim Pressefrühstück diese Weste
überreicht. Sie ist fest davon überzeugt, däß ich mich an alle Details
noch genau erinnere, und deshalb auch zu dem feierlichen Anlaß der Staats-
wappenüberreichung diese Weste angezogen habe. So bekomme ich einen
Ruf, für den ich gar nichts dafür kann, und wo der Zufall immer scheinbar
Regie spielt.

Mit der zweiten Staatswappenverleihung an die Fa. Synthesa, Tochterbe-
trieb einer sehr großen deutschen Lackfabrik in Perg, war ich wieder mit
dem Nadelstreif vollkommen unzweckmäßig gekleidet. In der Zwischenzeit
hat es zu regnen begonnen. Der Regen und der Staub von den Rohstoffen
der Lackproduktion beim Fabrikdurchgang waren für den Anzug verheerend.
Man müßte ja fast eine eigene Garderobe im Auto immer mitführen, um sich
entsprechend umkleiden zu können.

Die Betriebe betrachten es als eine ganz große Auszeichnung, daß sie
nicht nur das Dekret zur Führung des Staatswappens bekommen, sondern
daß sogar der Minister es ihnen in ihrer Produktionsstätte überreicht.

ANMERKUNG FÜR MARTIN Bitte wegen der ev. Essenseinteilung mit mir immer
Rücksprache halten.

Die Journalistendelegation, eingeladen von der ÖFVW im Einvernehmen und
mit Durchführung durch die NÖ Fremdenverkehrsdirektion, kam infolge ver-
schiedener Flugzeugverspätungen in Teilpartien in Amstetten an. Dadurch
hatte ich Gelegenheit, mit dem Fremdenverkehrsdirektor Hofrat Hlous über
die weitere Entwicklung der ÖFVW zu sprechen. Hlous hat sich bei der Ausei-
nandersetzung mit der Handelskammer, wer jetzt erster Stellvertreter in
der ÖFVW lt. Statut werden soll, nicht besonders engagiert. Von dritter
Stelle erfuhr ich dann, daß er mit seinem Funktionär, LR Schauer, der von


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der Handelskammer kommt, nicht besonders harmoniert. Hlous möchte daher,
obwohl er erst 60 Jahre ist, seinen Geburtstag haben wir sozusagen einen
Tag vorher zwar nicht gefeiert, aber gedacht, sehr bald in Pension ge-
hen.

Die vorgesehene Radlpartie mußte infolge Schlechtwetters abgesagt werden,
und ich habe sofort vorgeschlagen, wir müssen den Journalisten ein Er-
satzprogramm bieten. Zum Glück gab es in der Nähe ein Bauernmuseum, was
wir als erstes anschauten. Zu meiner größten Verwunderung erfuhr ich von
dem Bauern, der erst 8 Jahre seine Sammeltätigkeit ausübt, daß er noch
die verschiedensten Gegenstände zu einigermaßen erträglichen Preisen
kaufen konnte. Jetzt gibt er selbst zu, würde er kaum einen Bruchteil
um die 1 Mio. S erwerben können, die er immerhin selbst bis jetzt aufge-
bracht hat. In seinem Bauernhof hat er fein säuberlichst alles zusammen-
gestellt, fast 3000 Gegenstände, eine riesige Weinpresse, eine Lokomobile,
also auch nicht nur kleine Handgeräte. Daß er auf dieses Hobby sehr
stolz ist, kann man verstehen.

Als nächstes besuchten wir das Stift Seitenstetten. Der Abt wollte seine
schulische Leistung nur ganz bescheiden erwähnen, ich habe aber sofort
erklärt, daß aus Seitenstetten bedeutende Führer der konservativen
Partei hervorgegangen sind, z.B. Bundeskanzler Raab und der jetzige
Parteiobmann Mock. Die Schule ist jetzt zum Platzen voll, mehr Klassen
könnten sie gar nicht unterbringen, obwohl das Stift ein riesiger Kom-
plex ist.

Am Abend wurde dann noch ein Mostkeller besucht, den ein sangesfreudi-
ger Bauer sehr geschickt auch mit Abgabe von, wenn man so sagen will, einer
Mostjause verbindet. Dieser sangesfreudige Bauer mit seinen Familien-
angehörigen stimmte ununterbrochen Lieder an, was den Deutschen und auch
den anderen sehr gut gefallen hat, weshalb ich mich letzten Endes auch
dazu entschloß, mit der Mundharmonika zu begleiten. Dann war die Gaudee
natürlich komplett.

Wesentlich verspätet als vorgesehen besuchten wir dann in Neuhofen die
Ostarrichi-Gedenkstätte. 1946 wurden die 950 Jahre Österreich gefeiert. In
einer Urkunde über den Schenkung dieses Gebietes kam das erste mal der
Name Ostarrichi in Verbindung mit Neuhofen vor. Dies ist der Grund, daß
der dortige Bürgermeister alles daran gesetzt hat, daß eine Gedenkstätte
errichtet wird, was auch zur 975-Jahr-Feier dann geschah. Die Urkunde
selbst liegt im Bayerischen Staatsarchiv, aber eine ganz geschickt aufge-


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baute Ausstellung zeigte eben die Fotokopie dieser Urkunde und erörtert
sie. Gleichzeitig gibt es dort immer stets Wanderausstellungen, jetzt
war eine über die Entstehung des Staatsvertrages. Die ausländischen
Journalisten haben dann bei dieser Ausstellung festgestellt, daß über
die Initiative zu dem Staatsvertrag fast nur kommunistische Plakate ver-
wendet wurden. Ein Laie, der die Zeit nicht genau kennt und diese Ausstel-
lung ansieht, glaubt, rein die Kommunisten wären die Initiatoren zum Ab-
schluß eines Staatsvertrages gewesen. Da die Ausstellung von der nieder-
österr. Landesregierung, Kulturamt, gemacht wurde, trifft zwar den Bürger-
meister keine Schuld, dafür aber die ganze Wucht dieser Kritik, er wird
es angeblich weitermelden.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Mach den niederösterreichischen Sozialistenklub
darauf aufmerksam.

Das Interessante und Lustige aber ist überhaupt, daß wir 1946 950
Jahre Österreich aufgrund eben der Urkunde feierten. 1976, also 30 Jahre
später, 1000 Jahre Österreich, aufgrund des Einsetzens der Babenberger
in die Ostmark. Natürlich habe ich diese Story den Journalisten gleich
erzählt, weil ich dies für so typisch österreichisch finde, wir feiern
eben die Feste, wie sie fallen und wie wir sie brauchen. Ein glühender
Patriot wird mir dies vielleicht niemals verzeihen.

Zur Eröffnung der Grazer Messe, wo wir bereits schon um 8.50 Uhr wegen
Eintreffen des Bundespräsidenten anwesend sein mußten, sind wir ganz
zeitig früh von Neuhofen weggefahren, eigentlich müßte ich sagen, wollten
wir wegfahren, dann das Auto ist nicht angesprungen. Zum Glück war der
Wirt auch schon auf, hat uns dann abgeschleppt und so kamen wir noch
einigermaßen zeitgerecht nach Graz. Diese 75-jährige Festveranstaltung,
ausgezeichnet durch die Eröffnung des Bundespräsidenten, unterschied sich
auch bei den Reden wesentlich von den bisherigen Messen. Nur der Bür-
germeister Götz hat auf ein aktuelles Problem anspielend gemeint, man
sollte die Subvention von Großbetrieben unterlassen. Diese kosten Steuer-
gelder und gehen dann doch vielleicht zugrunde. In meiner Replik meinte
ich, wenn man dies früher wüßte, würden sich der Bund und das Land anders
verhalten, noch ist die Arbeitsplatzsicherung für uns so wichtig, daß
man selbst dieses Risiko in kauf nimmt.

Überrascht war ich von der Ausführung des LH Krainer, da in einer Woche
Landtagswahl ist, hat er ganz staatsmännisch überhaupt nicht polemisiert,
sondern nur rot und schwarz besonders herausgestrichen, so nach seiner


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Masche, alle sind wir Steirer, alle müssen wir nur eines vor Augen haben,
unsere geliebte Steiermark, ja nicht einmal gegen Wien hat er in seiner
Ansprache polemisiert. Dies kann ich auch gut verstehen, denn er wußte
ganz genau, daß ich schon darauf gelauert habe. In den Parteiveranstal-
tungen dagegen, kann man aus allen Berichten lesen, kämpft er nicht gegen
Gross, also seinen sozialistischen Gegenkandidaten, sondern ausschließlich
gegen Wien. Eine einzige Bemerkung, die er besonders mir entgegenkommend
machte, war, daß er bei der Begrüßung meinte, ich sei ein föderalisti-
scher Bundesminister, denn LH Wallnöfer hätte ihm wegen der Benzinpreis-
regelung gesagt, dies sei jetzt die Zeit der Länder. Wallnöfer hat als
Sprecher der Länder mit GD Bauer, also, wenn man so will, der Ölwirtschaft,
das Kompromiß, Preisfreigabe bis 31. Jänner nächsten Jahres, ausgearbei-
tet und auch vertreten. Dies gab mir die Gelegenheit, auf die Entstehung
dieser Vereinbarung genauer hinzuweisen, um damit klarzustellen, daß
dies ein Wunsch der Länder war, gleichzeitig habe ich neuerdings be-
kräftigt, daß ich mit Anfang des nächsten Jahres im Einvernehmen mit den
Ländern sofort die weitere Benzinpreispolitik festlegen werde. Ich bin
heute mehr denn je überzeugt, daß es zu keiner amtlichen Preisregelung
mehr kommt, wenn sich die Ölgesellschaften nicht exorbitant dumm resp.
ungeschickt benehmen.

Auch bei dem Pressegespräch, das ich ja bei jeder Messe in Graz führe,
kam natürlich wieder das Benzinpreisproblem besonders zur Sprache.
Selbstverständlich auch im Zusammenhang damit die gesamte Energieversor-
gung. LH Krainer wollte mir unter 4 Augen unbedingt einreden, daß die
Wahl für ihn keinesfalls gelaufen ist. Den großen Erfolg, den Niederl
hatte, als er nach dem Ableben Krainers sen. 2 Mandate noch dazugewin-
nen konnte, glaubt Krainer unter gar keinen Umständen zu erreichen. Er
ist todfroh, wenn er die Mandate, die er jetzt hat, halten kann. Mei-
nungsumfragen zeigen aber, wie wir alle wissen, ein gegenteiliges Bild.
Trotz größter Anstrengung von Gross läuft es bis jetzt leider entgegen
der SPÖ. Selbst wenn er, was anzunehmen ist, in der Oststeiermark, ein
tiefschwarzes Gebiet, ein wenig gewinnt, besteht die große Gefahr, daß
er in der Obersteiermark entsprechend verliert.

Zu meiner größten Überraschung erfuhr ich dann auch am Samstag, daß
die Mutter von Geschäftsführer Zolles schwerst erkrankt ist und ins
Spital mußte. Ich habe mit Zolles sofort vereinbart, daß ich daher allein
zu dieser Journalistenabschlußpressekonferenz resp. Begleitung fahre.
Wir besuchten den Sonntagberg, dort gibt es einen Kräutergarten vom
Naturheilverein, d.h. einen Gemeindebediensteten, der zur Demonstration


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alle möglichen Kräuter anbaut. Ich glaube, mehr als 2/3, die es überhaupt
gibt. Den Kräuterschnaps habe ich abgelehnt, aber den Kräutertee mußte
ich trinken.

Am Sonntagsberg in der Kirche fanden ständig Messen statt, so daß die
Besichtigung nur ganz kurz zwischen zwei Messen, wenn man so sagen will,
5 bis 10 Minuten, durchgeführt werden konnte. Beim Rausgehen kam mir
dann eine blendende Idee. Ich führte die Photographen auf die Orgel-
empore, dort störten sie nicht und hatten eine ganz neue und, wie sie mir
versicherten, einmalige Chance, die Kirche aus Perspektiven zu fotogra-
fieren, die sie sonst niemals bekommen. In Hinkunft, habe ich sofort un-
seren Organisatoren erklärt, sollten wir für die Fotografen immer spe-
zifische einmalige Möglichkeiten wählen, wie z.B. eben von erhöhten Pun-
kten der Kirche.

In Waidhofen an der Ybbs besichtigten wir dann ein Volkskundemuseum
des besten Konditors am Platz. Alle mußten durch sein Geschäft gehen,
was nebenbei bemerkt bumm-voll war, um dann in den obrigen Räumen eine
sehr interessante Ausstellung zu sehen. Auch dieser Konditor sammelt
seit längerer Zeit, hat sogar eine Stube aus 1630, die in einem Bauernhof
abgerissen werden sollte, sofort von einem Baumeister in sein Haus über-
tragen lassen, auch diese Sammlung war für die Gäste sehr beeindruckend.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mich bei Blümel daran erinnern.

In Waidhofen fand auch ein sozialistisches Freundschaftstreffen statt,
das ich während einer Pause besuchen wollte, leider kam ich um 5 Minuten
zu spät, die Versammlung löste sich schon auf, einige begrüßten mich
sehr freudig: "Aah, der Happy Pepi".

Die Ybbs wurde in Waidhofen früher durch ein Kleinkraftwerk genutzt.
Jetzt wurde nur eine Sohlstufe eingebaut, d.h. bei der Regulierung wurde
das Kleinkraftwerk nicht mehr wiedererrichtet. Andererseits habe ich in
OÖ den dortigen BR Helbich getroffen, der mich fragte, ob er eine Chance
hat, in Pinzgau im Habertal sein Kleinkraftwerk genehmigt zu bekommen.
Diese Chance hatte er sicherlich nicht, wie ich ihm sofort erklärte, weil
dort bestimmt die TKW ein Großkraftwerk außerhalb der Kernzone des Na-
tionalparkes errichten werden. Die Wasserrechtsbehörde macht in meinen
Augen eine eigenartige Politik. Auf der einen Seite werden Kleinkraft-
werke, die sich vielleicht rentieren könnten, bei Stromregulierungen nicht
mehr wiedererrichtet, auf der anderen Seite will man womöglich Kleinkraft-


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werke dort bauen, wo wir Großkraftwerke dringendst brauchen. Natürlich
spielt der Zeitfaktor eine große Rolle. Vor Jahrzehnten waren Kleinkraft-
werke überhaupt rentabel, dann wurden sie durch einen verhältnismäßig
billigen Strompreis uninteressant, jetzt sind sie wieder durch die Preis-
steigerungen sehr wohl interessant und rechnen sich. Zwischenzeitig wur-
den eben dann Flußregulierungen vorgenommen, ohne daß man die Energiever-
sorgung dabei an die Spitze stellte.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Die Energiesektion soll mit dem Landwirtschafts-
ministerium, Wasserrechtsabteilung, besser koordinieren.

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Tagesprogramm, 25.9.1981

61_1182_02

Tagesprogramm, 26./27.9.1981


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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      GND ID: 118764136


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        Tätigkeit: Bundesrat OÖ, ÖVP


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          Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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            Tätigkeit: GD ÖMV


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              Tätigkeit: Grazer Bürgermeister, FPÖ


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                Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


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                  Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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                    Tätigkeit: steir. ÖGB-Landessekr., dann LH-Stv.


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                      Tätigkeit: LR NÖ, ÖVP


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                        Tätigkeit: steir. LH, ÖVP


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                              Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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